Weltmeister, Europameister, Champions-League-Sieger, UEFA-Cup-Sieger, Weltpokalsieger, zweimaliger deutscher Meister und viermaliger DFB-Pokalsieger: kein Spieler oder Offizieller der SGE kann eine derartige Kollektion an Erfolgen vorweisen wie Andreas Möller. Mit 14 Jahren wechselte der gebürtige Frankfurter vom BSC Schwarz-Weiß 1919 Frankfurt zur Eintracht. Vier Jahre später feierte er seinen ersten Titel im Trikot der Eintracht: Deutscher A-Jugend-Meister 1984/85. Es sollte bis zum heutigen Tage die letzte Meisterschaft der Eintracht-A-Jugend bleiben.
Im Oktober 2019 stellte die SGE Möller als neuen Chef ihres Nachwuchsleistungszentrums vor, mit einem Vertrag bis Juni 2022. Vorgänger Armin Kraaz, welcher die Geschicke des NLZ seit 2010 leitete, wechselte zur Fußball AG und übernahm die Stelle „Internationale Beziehungen und Sportkooperationen“, wo er sich um die Entwicklung und den Aufbau von Fußballnachwuchs- sowie Akademieprojekten in Nord- und Mittelamerika kümmerte. Vor und nach der Verpflichtung Möllers gab es bei einigen Fans der Frankfurter Eintracht Unmut bezüglich dieser Entscheidung, doch die Verantwortlichen ließen sich davon nicht beeindrucken und schenkten dem Ex-Spieler das Vertrauen.
Einstieg Möllers war „sehr holprig“
Vorstand Sport Fredi Bobic pries Möller damals als „einen erwiesenen Fachmann“ an, „der die erklärte neue Schwerpunktsetzung im deutschen Nachwuchsfußball auf individuelle spielerische Klasse und Tempofußball verkörpert wie kaum ein anderer“. Der Jugendchef der Eintracht gab im Interview mit dem kicker offen zu, dass sein Einstieg zwar „sehr holprig und teilweise auch nicht einfach“ gewesen sei, doch aktuell sei „alles okay“. Er versuche sich voll einzubringen und einen guten Job zu machen: „Eines können mir die Leute glauben: Schon als Fußballer war ich sehr ehrgeizig und zielorientiert. Wenn ich etwas anpacke, mache ich es richtig“. Die Fankritik habe er dabei aufgearbeitet und sein Blick gehe nach vorne: „Sehr gerne möchte ich das Thema hinter mir lassen und wünsche mir weiter die Fairness, die ich bereits in den letzten zwölf Monaten erfahren habe.“
Spielphilosophie: Mit hohem Pressing und direktem Passspiel schnell zum Tor
Noch im Jahre 2018 berichtete Nachwuchsspezialist Marco Pezzaiuoli, dass es bei der Eintracht „keine einheitliche Spielphilosophie“ gäbe. Darauf angesprochen positionierte sich Möller nun deutlich: „Wir wollen agieren statt reagieren, früh attackieren und mit direktem Passspiel den schnellsten Weg zum Tor finden“. Man habe diese Philosophie „nicht neu erfunden, nun aber ganz klar dokumentiert.“ Die Jugendtrainer der SGE seien nun dazu angehalten diese wichtigen Spielprinzipien zu trainieren. Es sei sein Ziel „eine einheitliche Handschrift erkennen zu lassen, auf und neben dem Platz.“ Beginnend mit dem Grundlagen- und Aufbaubereich der kleinsten Adlerträger bis zum Leistungsbereich solle den Spielern damit eine klare Orientierung an die Hand gegeben werden: „Mit dieser Spielphilosophie identifiziert sich jeder.“
Corona-Pandemie und gesellschaftliche Veränderungen belasten Jugendbereich
Erschwert wird Möllers Arbeit von der Corona-Pandemie. Zwar darf der Leistungsbereich von der U15 bis zur U19 immerhin trainieren, doch den jüngeren Mannschaften ist das Training versagt und man könne diesen „derzeit nur Online-Training anbieten.“ Zudem fehle es allen Mannschaften an Spielpraxis: „Das ist alles nicht so einfach, dieser Generation fehlt eine ordentliche Portion Fußball.“ Doch die Pandemie ist nicht alles, was den zukünftigen Generationen Problemen bereite. Möller beklagt auch die gesellschaftlichen Veränderungen, durch die beim Fußball viel weggebrochen sei: „Aus welchem Grund schließt man um die Mittagszeit den Sportplatz zu? Kann da vielleicht etwas kaputt gehen?“ klagt der 53-jährige. „Da, wo einst Bolzplätze waren, stehen heute oft Reihenhäuser. Deshalb ist viel Fußball, der früher vor dem Haus oder auf dem Sportplatz gespielt wurde, weggebrochen.“ Und auch die Schulen nimmt er in die Pflicht und fordert „eine größere Affinität zu Ballsportarten.“
Jugendspieler sollen mit weichen Faktoren gehalten werden
Neben der Ausbildung der besten Talente der Region, die über das Netzwerk der Jugendtrainer und Scouts gesucht werden sollen, wolle man zudem die Beziehung mit den Kooperationsvereinen intensivieren, welche „für uns schon viel Vorarbeit leisten“. In der Vergangenheit verließen einige von der SGE ausgebildeten Spieler wie beispielsweise Marko Marin, Emre Can oder Niklas Süle jedoch schon frühzeitig den Verein und wechselten zu anderen Clubs. Der Jugendspielermarkt sei „sehr aggressiv geworden“ berichtet Möller. Auch hier habe die Eintracht eine eigene Philosophie und „ganz klare Richtlinien, wie weit wir gehen“. Spieler um jeden Preis halten zu wollen sei dabei auch in Zukunft nicht angedacht: „Wenn man zu früh an das schnelle Geld denkt, wird es in den meisten Fällen nicht klappen…wir wollen doch kreative Spieler, eine Generation mit Straßenfußballern, und das gelingt am besten, wenn die Jungs in ihrem heimischen Umfeld bleiben“. Der neue Nachwuchschef monierte, dass es der Eintracht in der Vergangenheit an Geduld fehlte um die Spieler „weiter zu integrieren und zu halten“.
U23-Pläne derzeit kein Thema
Um den Sprung zu den Profis letztendlich schaffen zu können, würde auch die Wiedereinführung eines U23-Teams helfen. Doch Sportvorstand Bobic musste die Pläne pandemiebedingt zumindest vorübergehend auf Eis legen. Möller positioniert sich ausdrücklich für eine Wiedereinführung („wir müssen so viel Fußball anbieten wie möglich!“), derzeit sei dies allerdings aufgrund der Voraussetzungen kein Thema: „Da spielen auch infrastrukturelle Dinge eine Rolle.“
3 Kommentare
klingt gut
Ich rechne eher in 5 bis 8 Jahren damit, das brauchbare Jugendspieler rauskommen.
Dazu gehört auch die U23. Natürlich ist durch die Pandemie, das im Hintertreffen - dennoch halte ich es für wichtig und nachhaltig, diese bald wieder einzuführen. Denn die fehlt eindeutig aktuell.
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