Taucht in eine andere Welt ab und denkt an seine Mitmenschen: Marco Fabian.

Der Ball liegt am Mittelpunkt, alle Akteure im Waldstadion warten stehend auf den Anpfiff – tatsächlich alle? Nein! Marco Fabian kniet auf dem Rasen, schließt die Augen, richtet sein Haupt gen Himmel und taucht für wenige Augenblicke in eine andere Welt ab. „Vor den Spielen bete ich nicht etwa für einen Sieg, sondern dafür, dass sich keiner der 22 Spieler verletzt. Dafür gehe ich kurz in mich und spreche zu Gott“, verriet der Offensivmann der Frankfurter Eintracht im Gespräch mit dem „kicker“. Obwohl Fabian schon früh im Leben einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen musste und seinen Bruder, der ermordet wurde, verlor, büßte er nichts non seiner Lebensfreude ein und blieb seinem Motto treu: „Man muss im Leben das Positive herausstellen.“

Wäre ein missmutiger, ungeduldiger Fabian schon gar nicht mehr bei Eintracht, sondern womöglich einem der Angebote im Sommer aus China, Katar oder Spanien erlegen? Der Mexikaner, der den Gewinn der Goldmedaille 2012 bei den Olympischen Spielen in London als seinen persönlichen Durchbruch bezeichnet, musste sich im ersten halben Jahr an das neue Land und die Umgebung gewöhnen. Seit rund 17 Monaten steht er bei den Hessen unter Vertrag – und ist heute nicht mehr aus der ersten Elf wegzudenken. Sieben Treffer, vier Vorlagen und sieben vorletzte Pässe machen ihn mit großem Abstand zum Top-Scorer der Eintracht, inzwischen sind alle Skeptiker und Kritiker verstummt.

Der Durchbruch in der Bundesliga hätte ihm möglicherweise bereits einige Jahre zuvor gelingen können. „Schon vor den Olympischen Spielen, mit gerade mal 23 Jahren, lag mir ein Angebot aus Deutschland vor“, gab er zu und erklärte: „Chivas ließ mich jedoch nicht gehen, sodass ich warten musste. Sie hielten die Tür lange geschlossen, aber dann hatte ich doch das Glück, den Sprung machen zu können. Lieber spät als nie.“ Sportdirektor Bruno Hübner nutzte eine Klausel, die Fabian den Ausstieg für rund 3,7 Millionen Euro ermöglichte. Sein Stammverein Deportivo Guadalajara – kurz Chivas – wollte ihn eigentlich nicht gehen lassen. Er setzte seinen Kopf jedoch durch, integrierte sich schnellstmöglich in Frankfurt und ließ seinen Ankündigungen, zügig wie ein Deutscher leben zu wollen, Taten folgen. „Die Disziplin, der Arbeitsaufwand, die Pünktlichkeit und der respektvolle Umgang“, zählte Fabian Eigenschaften auf, die er für typisch deutsch hält. „Jetzt ist ein gutes Jahr rum, und ich fühle mich schon etwas mehr wie ein Deutscher“, sieht er eine erste Zwischenetappe erreicht.

Auf dem Feld läuft es mit der Eintracht in diesem Jahr schon deutlich besser als in den ersten sechs Monaten. Das hohe Niveau aus der Hinserie konnte zwar nicht mehr gehalten werden, dennoch sind 41 Zähler nach einer schwachen Vorsaison eine passable Ausbeute. Ein Grund, weshalb es in der Rückrunde zu einem Einbruch mit zehn Spielen ohne Sieg kam war auch der Ausfall des Mittelfeldmannes. Seine Rückenverletzung tat nicht nur ihm, sondern der ganzen Mannschaft weh. Fabian bringt eine ganz besondere Note ins Spiel der Hessen, sobald sein Motor stottert, bekommt das ganze Team Probleme – deutlich zu sehen am vergangenen Samstag im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg (0:2). Er sieht seine Leistungsgrenze jedoch noch nicht als erreicht an – im Gegenteil: „Ich setze mir aber überhaupt kein Limit, sondern habe Appetit auf mehr. Tag für Tag arbeite ich daran, dass es weiter nach oben geht.“

Strahlemann Fabian als entscheidender Faktor im Eintracht-Mittelfeld.

Entsprechend selbstbewusst blickt der Spielmacher der Eintracht auf das am 27. Mai stattfindende DFB-Pokal-Finale gegen Borussia Dortmund und sieht eine „Fifty-fifty-Konstellation.“ Natürlich habe der BVB eine starke Truppe, „aber Fußball wird immer noch elf gegen elf gespielt, und wir haben bis jetzt gut gearbeitet und gezeigt, dass wir eine schlagkräftige Mannschaft sind.“ Die Vorfreude auf diesen Tag ist im gesamten Verein spürbar, alle wollen dabei sein beim ersten Endspiel nach elf Jahren. Für den Klub, aber auch für die Spieler im einzelnen, bietet sich eine große Bühne – schließlich werden Menschen aus weit über 200 Ländern das Duell der beiden Traditionsmannschaften vor den TV-Geräten verfolgen. „Wir wollen dieses Fußballfest genießen. Das wird ein unvergesslicher Tag, allein schon, weil wir dabei sind. Wir wollen ihn zu einem historischen Tag machen“, sagte Fabian und unterstrich seine Ambitionen: „Es ist mein großer Traum, dass wir den Pokal nach Frankfurt holen.“

Und wohl die letzte Chance, einen Platz in der Europa League zu erreichen. Frankfurt verpasste es, die im alten Jahr aufgebaute Ausgangslage zu verteidigen und rutschte von Rang drei nach 19 Spieltagen auf Platz elf ab. Fabian hat dennoch weiterhin das große Ziel, den Klub in den internationalen Wettbewerb zu führen und sich eine Art Denkmal zu bauen: „Ich möchte in dem Verein Spuren hinterlassen. Die Leute sollen später einmal sagen: Marco Fabian war ein Leistungsträger, als er hier gespielt hat.“ Neben seinen Plänen mit der Nationalmannschaft, mit denen er bei der WM 2018 in Russland gerne über das Achtelfinale hinauskommen will, richtet er seinen Blick auf die jüngeren Generationen: „Jenseits von konkreten Zielen will ich weiterhin als Vorbild für junge, heranwachsende Spieler dienen.“

Wird er dies auch über den Sommer hinaus in Frankfurt versuchen, wenn die Qualifikation verpasst wird? „Ich traue der Eintracht schlichtweg zu, dass sie irgendwann an einem europäischen Wettbewerb teilnehmen wird. Man weiß nie, was die Zukunft im Fußball bereithält“, ließ er sich das in der Profibranche übliche Hintertürchen offen, betonte im nächsten Satz jedoch: „Aber ich lebe in der Gegenwart und bin in Frankfurt wunschlos glücklich.“ Diese Zufriedenheit und Freude strahlt er wöchentlich aus – der von Trainer Kovac zum Azteken getaufte Marco Fabian.

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8 Kommentare

  1. Jeder SGE Fan, ob aus Frankfurt kommend, irgendwo anders aus der Republik kommend oder gar im Ausland wohnend – jeder Spieler der SGE und jeder Verantwortliche der SGE freuen sich ungemein auf das Pokal-Finale, wo das letzte 11 lange Jahre her ist.
    Doch darf die Bundesliga über die euphorische Vorfreude hierüber nicht ausgeblendet oder gar vernachlässigt werden, was bei manchen Akteuren und auch Fans derzeit mein Eindruck ist.
    Ohne vor dem historischen Spiel nicht noch Erfolge zu generieren, sind wir in Berlin noch viel weniger als ein Underdog….ich würde uns dann eher als Spielstatist sehen, der halt die gegnerische Mannschaft stellt, weil es die Statuten so vorsehen.
    Der Ehrgeiz, in Mainz und gegen Leipzig Erfolg zu haben, den Negativtrend zwingend stoppen zu wollen und sich hierdurch neues Selbstbewusstsein zu erarbeiten, sollte dringend vorhanden sein. Geschenkt bekommen wir in Berlin jedenfalls nichts, außer vielleicht eine reguläre Spielzeit von 90+ Minuten und kein bißchen länger, weil es dann bereits für den BvB reicht. Also aufwachen und in den noch 2 Spielen beweisen, dass wir berechtigt und als ebenbürtiger Gegner nach Berlin kommen werden.

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  2. ach ja der Marco –
    für sein Denkmal hätte er mal lieber die 100% Chance Samstag nicht 5 Meter über den Kasten gepfeffert .

    Aber IHM kann man eigentlich die wenigsten Vorwürfe machen – hat sich schon gemacht unser kleiner
    Speedy Gonzales.

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  3. Wenn er jetzt noch diese offensichtliche schauspielerei lassen würde, wäre ich sein größter fan… 😉

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  4. „„Ich traue der Eintracht schlichtweg zu, dass sie irgendwann an einem europäischen Wettbewerb teilnehmen wird. “

    Das könnte bis zu Deinem Karrierende in Frankfurt klappen, also wenn Du sie dort beenden möchtest. Aber wohl eher nicht innerhalb der nächsten zwei Jahre wenn kein finanzielles Wunder passiert. Aber in drei Jahren könnte es ja vielleicht mal klappen. Eine Glaskugel haben wir aber alle nicht, lieber Marco. 🙂

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  5. Ich bin definitiv ein Freund Fabians 🙂
    Ich bin so froh, dass er es hier geschafft hat. Charakterlich ein As und endlich mal ein Künstler auf dem Platz. Kämpferisch absolut integer und mit unverhohlener Zuneigung zur Stadt und Verein.

    Und bezüglich Europa: wir müssten nicht erst zur Rente Fabians in die Ränge kommen. Es hätte dieses Jahr schon sein können. Das hat sicher mit Finanzkraft auf Strecke zu tun, aber nicht in einem Jahr, wenn uns Europa auf dem Silbertablett serviert wird. Aber wir alle waren ja in der Winterpause schon satt! Dass wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben werden, hat den Allermeisten schon gereicht… und jetzt wird diese fehlende Gier auf einmal just von eben diesen Leuten der Mannschaft zum Vorwurf gemacht.

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  6. Falls unser Fussballgott nächste Saison nicht mehr spielen sollte, dann soll Abraham Kapitän und Marco Fabian Vertreter sein. Beflügelt ihn sicher noch mal extra

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  7. Ich war ja immer schon ein Fan Fabians auch als ihn hier alle als Fehleinkauf abgetan hatten- Ich bin auch davon Überzeugt , das er nächste Saison noch besser sein wird und wenn wir dann noch im Mittelfeld eine Unterstützung haben dann stehen wir sicher am Ende noch besser da und können endlich mal wieder über die Liga in Europa einziehen….
    Liebe Grüße aus dem Sonnigen Gran Canaria

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