Vor ziemlich genau fünf Jahren zog Eintracht-Fan Michael Hellman (43) aus Rödermark nach Finnland. Er arbeitet für “Areva” und seine Firma schickte ihn in den Norden, da dort ein neues Atomkraftwerk gebaut werden sollte. Zunächst sollte er nur für ein Jahr entsendet werden. Nun wird er mindestens noch ein weiteres Jahr mit seiner Frau und seinen Kindern in Finnland bleiben. Seine Eltern konnte er nicht mit in seine neue Heimat nehmen. Sie sieht er nur ein paar Mal im Jahr bei seinen wenigen Besuchen in Deutschland. Gerade zur Weihnachtszeit ist das für alle Beteiligten keine schöne Situation. Zumal Michaels Schwester auch im Ausland lebt – in den USA. Ein Discounter hat die Familie letztes Jahr zu Weihnachten zusammengeführt und daraus einen emotionalen Werbespot gemacht, der derzeit über die TV-Schirme flackert.
Im Interview mir SGE4EVER.de erzählt Michael, wie der Werbespotdreh ablief, wie es sich als Exil-Adler in Finnland so lebt und warum seine Nachbran inzwischen auch alle Eintracht-Fans sind. Im Werbespot ist Michael übrigens derjenige, der am Klavier sitzt und die schöne Überraschung für seine Eltern musikalisch untermalt.
SGE4EVER.de: Wie ist es dazu gekommen, dass du und deine Familie für Penny diesen Werbespot gedreht haben?
Michael Hellmann: Das war Zufall – wie so oft im Leben. Eine alte Bekannte meiner Schwester (Geschäftsführerin von zeitspuren.tv) ist von der Filmproduktion (Jetpack) beauftragt worden, drei Storys für eine weihnachtliche Werbekampagne für den Discounter “Penny” zu finden. Über die Social Networks hat sie dann meine Schwester angesprochen und gefragt, ob sie nicht daran interessiert wäre. Nach anfänglichem Zögern hat meine Schwester dann mich gefragt und wir haben uns bei “Penny” um eine der drei Storys beworben. Dafür mussten wir einen Bewerbungsclip an Penny schicken und abwarten, ob wir ausgewählt werden. Es hat ja dann geklappt. Aber damit war es noch nicht entschieden, jetzt mussten unsere Eltern noch mitmachen. Sie wurden von der Agentin (die alte Freundin meiner Schwester) – natürlich separat – angesprochen und gefragt, ob sie für einen kleinen Sender eine Doku drehen würden. Über Familien/Eltern, die Weihnachten getrennt voneinander verbringen, weil sie nicht in nächster Nähe zusammen leben. Meine Eltern haben dem zugestimmt, was vielleicht auch daran lag, dass sie die Agentin auch von früher kannten. Sonst wäre es am Ende vielleicht noch daran gescheitert, dass unsere Eltern kein Interesse gehabt hätten. Also alles in allem ein großer Zufall: “Penny” beauftragt Jetpack, diese zeitspuren.tv und die Geschäftsführerin kennt uns von früher.
Wie lief das bei dem Dreh ab? Wie viel Zeit habt ihr dafür investiert und ist das wirklich alles echt gewesen?
Das war schon eine ziemlich aufwendige Produktion. Die Crew, die das abgedreht hat, war teilweise über 15 Personen stark. Sie waren erst zwei Tage bei meinen Eltern, um die angebliche Doku zu drehen, und sind dann später nach Finnland geflogen. Dort haben wir das komplette Wochenende gedreht. Die Crew ist dann weiter in die USA gereist und hat dort zwei Tage mit meiner Schwester un deren Familie gedreht. Dann sind sie gemeinsam mit ihnen nach Deutschland geflogen und wir von Finnland. Wir haben uns dann am Freitag vor Weihnachten 2015 in einem Hotel in Frankfurt getroffen. Samstag haben sie mit meinen Eltern noch den 2. Teil der kleinen “Doku” gedreht und die Überraschung vorbereitet. Sie haben ihnen verkauft, dass die Produktion so begeistert von dem Material waren, dass sie unbedingt noch Filmen müssen, wie sie den Weihnachtsbaum schlagen und holen. Sonntag vor Weihnachten war es dann soweit. Meine Eltern sind aus dem Haus raus, um den Baum zu schlagen und wir hatten drei Stunden Zeit, um den Garten für den Dreh mit dem anderen Teil der Crew vorzubereiten. Somit waren meine Eltern schon in Begleitung von einer Kamera. Die anderen drei warteten dann auf den großen Moment im Garten. Meine Eltern wussten von gar nichts. Sie haben auch nicht geahnt, dass wir nach Deutschland kommen würden. Ich habe ihnen gesagt, dass ich über die Feiertage arbeiten muss und meine Schwester kann sich so einen Flug mit Sack und Pack nicht so ohne Weiteres leisten. Es war eine sehr intensive und lange Zeit alles in allem, aber unvergesslich für uns, die so eine Produktion normalerweise nicht zu sehen bekommen. Und die große Überraschung war der krönende Abschluss einer aufregenden Woche.
Cool wäre es ja gewesen, wenn du als Eintrachtfan in dem Clip beispielsweise einen SGE-Schal getragen hättest. So etwas war nicht möglich?
Das wäre vielleicht sogar möglich gewesen, denn uns wurden keine Maßgaben vorgegeben, wie wir uns zu kleiden haben. Noch nicht einmal eine Maske haben wir bekommen! Und ich dachte, die machen mir die Falten weg und ich sehe aus wie der Bruder von George Clooney (lacht).
Wie verfolgst zu als Exil-Adler die Spiele der Eintracht in Finnland?
Ich habe Sat-Empfang und PayTV. Von daher verpasse ich kein Spiel unserer Eintracht. Die TV-Programme der Finnen sind recht übersichtlich – lohnt sich bei 5,5 Millionen Einwohnern nicht ein breites TV-Programm anzubieten. Von daher war die SAT-Anlage ein Must-Have, um nicht die Geschehnisse im Heimatland zu verpassen.
Bist du ab und an auch nochmal in deiner alten Heimat und hast dann die Gelegenheit zu einem Heimspiel zu gehen?
Ich komme ca. zwei Mal pro Jahr in die Heimat und das für kurze Zeit. Da lässt sich das Heimspiel im Stadion leider nicht immer verbinden. Meistens hatte die SGE während meiner letzten Besuche ein Auswärtsspiel und das schaue ich dann gemeinsam mit meinem Daddy bei einem gepflegten deutschen Pils (lacht). Wobei ich mich inzwischen an die finnische Braukunst gewöhnt hab, da schmeckt es auch super.
Gibt es in Finnland inzwischen auch ein paar Eintracht-Fans? Lukas Hradecky hat den Bekanntheitsgrad der Eintracht in Finnland sicherlich gesteigert?
Im Kollegenkreis haben wir noch ein paar SGE-Fans, weil einige aus der Rhein-Main-Region kommen. Aber vor allem erzähle ich meinen finnischen Nachbarn von der Eintracht und natürlich wissen sie, dass Lukas unser Keeper ist. Also alles SGE Fans (lacht). Wobei Fußball in Finnland keinen großen Stellenwert hat. Eishockey ist dort das, was bei uns Fußball ist. Wenn wir irgendwann wieder in Deutschland sind und unsere finnischen Freunde uns besuchen kommen, dann nehme ich sie mit ins Stadion – das haben wir schon abgemacht!
Was traust du der Eintracht in dieser Saison noch alles zu?
Ich bin davon begeistert, wie sich die Mannschaft entwickelt hat und bin jetzt schon Niko Kovac-Fan. Der macht eine klasse Arbeit! Vor allem war ich skeptisch, ob der Multikulti-Kader schnell zusammen findet und habe befürchtet, dass die Saison eher ein Kämpfen um den Abstieg wird. Aber nun sieht es ziemlich vielversprechend aus. Wenn immer 100 Prozent gegeben wird und jeder für jeden kämpft, dann können wir den Platz vielleicht halten und am Ende wieder Europa begeistern. Aber alles im einstelligen ist schon besser als erhofft. Die Hauptsache ist, dass die SGE allen Spaß macht und die Mannschaft auch in nächster Saison so bleibt wie sie ist – und mit Kontinuität kommt Erfolg von ganz alleine.
Ein Kommentar
Schöne Geschichte! Weihnachtliche und Eintrachtliche Grüße nach Finnland.
Hätte mich noch mehr über den Spot gefreut, wenn diverse Eintracht-Merchandise-Artikel zu sehen gewesen wären. GLG aus der geilsten Stadt der Welt
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