Gut gelaunt: Danny da Costa im Gespräch mit SGE4EVER.de-Redakteur Benjamin Heinrich.

Was bei dir auch spannend ist, dein Facebookprofil hat gerade mal knapp über 7000 Abonnenten, der letzte Eintrag datiert vom Pokalsieg, deine Instagramseite hast du gelöscht. Eine bewusste Entscheidung, die soziale Medien nicht für sich zu nutzen?
„Die Facebookseite gibt es wirklich noch? (lacht) Eigentlich wollte ich die auch komplett rausnehmen. Scheinbar gibt es sie noch. Gut zu wissen. (lacht) Wirklich benutzt habe ich die nie. Nein, das ist schon eine bewusste Entscheidung. Mittlerweile ist es fast schon wie eine Belastung. Ich merke, dass es zu sehr die Überhand genommen hat. Da war der Zeitpunkt für mich gekommen, zu sagen, dass ich das eigentlich nicht brauche. Wenn ich überlege, wofür ich es genutzt habe, ist es am Ende eigentlich nur Zeitverschwendung gewesen, da noch vertreten zu sein. Manche Menschen nutzen das gerne, versuchen sich so ins Gespräch zu bringen. Teilweise bewusst, teilweise unbewusst, manche positiv, manche negativ. Aber wenn ich sehe, was letzten Endes bei rumkommt und wie sich darauf eingeschossen wird, ist das schon extrem geworden. Bei dem einen oder anderen schaue ich mir den Instagram-Account an und weiß, wo ich die Person wann antreffe und wie das Leben aussieht. Das geht mir dann persönlich zu weit. Klar, ist man sich bewusst, dass man eine Person des öffentlichen Lebens ist und sich der eine oder andere Fan auch dafür interessiert. Das hätte ich als kleiner Junge sicher auch schön gefunden. Am Ende muss es jeder für sich wissen. Aber ich bin nicht der Typ, der es unbedingt braucht, in der Öffentlichkeit zu stehen.“

Damit einher geht eben auch, dass die Fans wenig über die Privatperson Danny da Costa wissen. Wer ist denn Danny außerhalb des Fußballplatzes?
„Man darf mich auch gerne einfach mal ansprechen und mich fragen. (lacht) Wer bin ich außerhalb des Platzes? Ein ziemlich ruhiger und zurückhaltender Typ, der gerne mal nascht (lacht). Ich komme nach Hause und mache mir erstmal Gedanken, wie der Rest des Tages aussieht und wann ich das nächste Mal etwas zu essen bekomme (lacht). Wenn ich vom Training komme, dann freue ich mich darauf, abschalten zu können und mich mit anderen Dingen als nur dem Fußball zu beschäftigen. Ich lese beispielsweise gerne oder verbringe meine freie Zeit auch sehr gerne an der frischen Luft. So viel mehr gibt es da aber eigentlich gar nicht zu wissen.

Und worüber redest du am liebsten, wenn es gerade nicht um Fußball gehen soll?
„Ich unterhalte mich über viele unterschiedliche Dinge, die tagesaktuellen Dinge beispielsweise. Das ergibt sich einfach, wenn man zusammen eine Serie schaut, Nachrichten gesehen hat. Ich merke schon, dass es immer mehr in die Richtung geht, Zuhause weg vom Fußballthema zu kommen. Wenn ein Trainingslager in Amerika ansteht beispielsweise, lese ich mich vorab schon mal in die politische Situation ein, schaue, was die Amerikaner drüben so veranstalten. Auch wenn man in die Ukraine fliegt, gegen Donezk, aber in Charkiw spielt. Dann möchte man auch wissen, warum spielt man eigentlich dort? Am Anfang meiner Karriere habe ich mich sehr intensiv mit dem Thema Wirtschaft auseinandergesetzt, das ist im Laufe der Zeit leider etwas verloren gegangen. Da habe ich mir aber fest vorgenommen, das wieder mehr zu machen, vielleicht auch schon zeitnah. Ich habe mein Abitur damals ja nicht vollkommen umsonst gemacht, auch Wirtschaft im Leistungskurs belegt. Und ich kann auch sonst ganz gut mit Zahlen. Wenn ich dann mal studiere, möchte ich auch etwas in die Richtung machen.“

Das heißt, die Nachfolge von Oliver Frankenbach oder Axel Hellmann wäre langfristig auch ein Ding für dich?
„Ehrlich gesagt, eher nein. Dann ist man automatisch wieder Aushängeschild und Gesicht vom Verein. Da wäre ich froh, dann im Hintergrund agieren zu können.“

Generell bist du ja eine absolute Frohnatur und deine Laune sorgt ja auch für die eine oder andere lustige Aktion, ob Sprüche nach dem Spiel oder ein Selbstinterview. Sitzt einem da nicht irgendwann auch mal der Berater im Nacken und versucht einen zu bremsen oder lässt sich ein Danny da Costa in keine Form quetschen?
„Er sagt schon immer wieder: ‚Sei einfach du, sei authentisch, so wie du bist‘. Aber ich versuche selbst schon drauf zu achten, dass es nicht zu viel wird. Ich bin insgesamt sicherlich schon ein lustiger Typ, gerade auch privat neige ich öfters mal dazu, in unangebrachten Situationen mal Dinge von mir zu geben, wo andere sich angucken und denken, was da gerade in meinem Kopf vorgeht. (lacht) Gerade weil ich so eine Art an mir habe, ist es leicht auch in so eine Schiene zu rutschen, dass man der absolute Spaßvogel und nur Quatsch im Kopf hat. Aber so einfach ist es nicht. Man kann genauso gut ernsthafte Gespräche über ernsthafte Themen mit mir führen. Da versuche ich schon die Balance zu finden. Aber man braucht auch diese gewisse Portion Spaß und Freude im Leben. Wenn man nur traurig durchs Leben geht, hat man auch nicht viel davon.“

Du scheinst dich bei der Eintracht ja grundsätzlich sehr wohl zu fühlen. Nicht umsonst hast du deinen Vertrag ja auch ohne Not vorzeitig verlängert. Dein Ex-Kollege Christoph Kramer hat in den letzten Tagen mit der „FAZ“ darüber gesprochen, dass Fußballprofis irgendwann einen Punkt erreichen, wo Geld egal ist, weil sie so viel verdienen und auf andere Dinge Wert legen können. Wie siehst du das?
„Wenn es ihm so gut geht, dann muss ich ihm mal dazu gratulieren. (lacht) Nein, ich kann ganz gut einordnen, wie er das meint. Mittlerweile sind das echt Summen, die kaum vorstellbar sind. Wenn man die Transfersummen hört, hat man das Gefühl, wenn ein Spieler für 15 Millionen gekauft wird, ist er geschenkt. Unter zehn Millionen ist eigentlich wie ablösefrei. Da hat er schon recht. Es hat extreme Ausmaße angenommen. Aber wenn ich für mich persönlich spreche, war es für mich ohnehin immer so, dass ich bei einem Verein, an einem Ort sein wollte, wo ich mich rundum wohl fühle. Da habe ich nie drauf geachtet, ob ich woanders mehr Geld verdienen könnte. Für mich ist letztendlich das wichtigste, dass ich am Wochenende auf dem Platz stehen und Fußball spielen kann. Ich weiß, wie ich ticke, wie ich bin. Wenn ich in einem Verein wäre, wo mir das Umfeld nicht zusagen und ich mich nicht wohlfühlen würde, könnte ich meine Leistung nicht bringen. Dann könnte ich vielleicht mehr verdienen, aber würde dann Woche für Woche auf der Bank sitze. Das ist vielleicht nicht so leicht nachzuvollziehen. Aber als Fußballer möchte man auch auf dem Platz stehen. Ich schaue, wo ich mich wohlfühle und wo ich eine Heimat habe. Die habe ich hier in Frankfurt definitiv gefunden. Da mache ich auch kein Geheimnis draus, das sieht man mir auch an.“

Sein bislang größter Erfolg: Der Gewinn des DFB-Pokals im Mai 2018 gegen den FC Bayern. (Foto: imago/Revierfoto)

Im vergangenen Sommer gab es ja auch erneut einen Umbruch. Hand aufs Herz: Hast du selbst auch darüber nachgedacht, die Eintracht nach einem Jahr wieder zu verlassen? Manch einer hat es ja getan und einer ist mit einer kurzen Zwischenstation sogar beim FC Barcelona gelandet. Kevin-Prince Boateng hat wohl in jedem Fall einen überragenden Berater.
„Das stimmt (lacht). Die Eintracht ist wohl auch ein super Sprungbrett. Es war relativ früh ersichtlich, dass wir als Mannschaft so nicht zusammenbleiben wie beim Pokalfinale. Ich hatte mir damals aber gesagt, wir haben eine coole Truppe zusammen und sind dabei uns etwas aufzubauen. Da wollte ich Teil von sein. Man konnte sehen, dass die Mannschaft sich entwickelt. Die meisten waren und sind noch sehr, sehr jung. Da kann etwas entstehen. Und das ist eine spannende Aufgabe, deshalb wollte ich unbedingt hier bleiben. Ich habe mich nie mit etwas anderem beschäftigt. Für mich war nach dem Pokalsieg direkt klar, dass ich bleibe und noch möglichst viele schöne und erfolgreiche Zeiten mit der Eintracht erleben möchte.“

Wie groß sind deine Ambitionen nochmal einen Titel zu holen? Möglichst sogar mit der Eintracht? Und verfolgst du als Spieler auch einen Karriereplan?
„Nicht wirklich. Ich habe bei meiner Vertragsverlängerung schon gesagt, dass ich hier einen Verein habe, bei dem ich mich rundum wohlfühle, möglichst lange bleiben und ähnlich erfolgreiche Jahre erleben möchte wie die letzten eineinhalb Jahre.“

Es gibt ja unfassbar viele Jugendliche, die den Traum vom Fußballprofi in sich tragen. Du bist jetzt schon ein paar Jahre im Geschäft. Was glaubst du, war bei deiner Entwicklung entscheidend, dass du es am Ende tatsächlich gepackt hast?
„Da spielt eine ganze Menge eine Rolle. Wenn ich überlege, mit wie vielen Spielern man in den U-Nationalmannschaften gespielt hat, die es letztendlich doch nicht geschafft haben. Bei denen man damals sogar das Gefühl hatte, dass sie weiter sind als man selbst und auf jeden Fall Profi werden. Talent spielt eine Rolle, aber ich glaube, was viel wichtiger ist, ist das Gefühl und der Wille sich selbst verbessern zu wollen und sich nicht auf seinem Talent auszuruhen. Das habe ich in der Jugend gut verinnerlicht gehabt. Ich musste viel arbeiten, um oben anzukommen. Die Schwierigkeit ist es dann, wenn man oben ist, das beizubehalten, noch mehr zu leisten und den Sprung endgültig zu schaffen. Aber das sollte man sich als junger Spieler zu Herzen nehmen. Es klingt wie eine blöde Floskel, aber da steckt viel dahinter. Man sollte nie aufhören, an sich zu arbeiten und sich nicht darauf verlassen, ein gottgegebenes Talent zu haben.“

War da deine schwere Verletzung auch ein Knackpunkt?
„Den Schienbeinbruch hätte ich jetzt nicht unbedingt gebraucht. (lacht) Aber ich habe mir in Leverkusen schon nach meinen ersten Einsätzen einen Muskelbündelriss zugezogen. Dort in der Reha arbeiten zu müssen und zu sehen, das Fußballprofisein auch anders aussehen kann, tat auf gewisse Art und Weise gut. Als es dann nach der Verletzung in Leverkusen schwer wurde, habe ich gemerkt: ‚Junge, du hast eine Riesenchance, du musst aber mehr dafür tun als bisher.‘ Das habe ich dann gemacht und den Umweg über die zweite Liga gewählt. Was mir auch gutgetan hat, weil der Fußball dort doch nochmal anders ist. Kampf- und Laufbereitschaft spielt nochmal eine größere Rolle. Da konnte ich viel lernen und das hat mir geholfen, diese Entwicklung zu nehmen.“

Welche Rolle hat in alldem und vielleicht auch generell dein Glaube gespielt? Gläubige Fußballer sind heutzutage ja auch eher selten geworden.
„Das hilft mir definitiv. Ich habe es mir auch beibehalten, dass ich vor den Spielen in der Kabine nochmal in mich gehe und bete. Das habe ich von Anfang an immer so gemacht, das gibt mir ein gutes Gefühl und eine gewisse Ruhe. Gerade auch in meiner Verletzungszeit hat es mir sehr geholfen den Glauben zu haben und dran glauben zu können, dass da jemand ist, der einem auf dem Weg zurück helfen kann.“

Wenn wir schon von deinem Kämpferherz sprechen: Bald dürftest du (Anm. d. Red.: mit Timothy Chandler und Almamy Touré) wieder ein, zwei Konkurrenten auf deiner Position haben. Freust du dich schon drauf?
„Dass man nicht ein ganzes Jahr lang konkurrenzlos sein würde, ist normal. Die hatte ich letztes Jahr ja aber auch. Ich habe also keine zitternden Knie. Konkurrenz ist immer was Gutes, das sehen wir bei uns auch auf anderen Positionen. Da kann man sich hochpushen. Timmy kenne ich ja schon, Almamy habe ich jetzt kennengelernt. Ein Spieler, der wirklich Qualität mitbringt. Für den Trainer ist das auch eine tolle Sache drei Spieler zu haben, die die Position gut ausfüllen. Mein Ziel ist aber klar, mich durchzusetzen und meinen Platz zu behalten. Ich versuche im Training meine Leistung zu bringen und das am Wochenende zu bestätigen.“

Wie war es für dich in der Hinserie, als du quasi eine Stammplatzgarantie hattest? Wie motiviert man sich da als Spieler?
„Ich habe es selbst nie als selbstverständlich gesehen zu spielen. Wenn ich es nicht gut gemacht hätte, hätte er eine Lösung gefunden und wen anders dort hingestellt. Wenn ich in die Spiele gehe, versuche ich mir selbst Ziele zu setzen, wie beispielweise so wenige Zweikämpfe wie möglich zu verlieren oder ein Tor vorzubereiten. Das nehme ich mir vor Spielen vor und das pusht mich. Ich wollte und will mir selbst immer zeigen: ‚Du spielst Bundesliga, weil du es verdient hast und nicht weil es keine andere Option gibt.‘ Das hat mich angetrieben.“

Am Donnerstagabend dürfte es sicher keiner Extramotivation bedürfen. Flutlichtspiel, Europa, es geht ums Weiterkommen in die nächste Runde, darum, den Traum weiterzuleben. Nach dem 2:2 aus dem Hinspiel ist noch alles drin. Mit welcher Erwartung gehst du in dieses Spiel? Vorstand Axel Hellmann sagte, dass er Schakhtar stärker als Lazio oder Marseille einschätzt.
Nachdem ich gegen sie gespielt habe, kann ich das bestätigen. Ohne Marseille oder Lazio Unrecht tun zu wollen. Man darf auch nicht vergessen, dass Donezk vorher noch kein Pflichtspiel hatte. Sie haben eine enorme Qualität und sind nicht zu Unrecht in den letzten Jahren Stammgast in der Champions League gewesen. Aber da muss uns keiner mehr motivieren. Jedem ist bewusst, was wir dort erreichen können. Wir haben eine gute Ausgangssituation. Die Chance, in die nächste Runde einzuziehen, möchte jeder nutzen und ergreifen!“

Was muss am Donnerstag passieren, um eine Runde weiter zu kommen?
„Bei uns muss die Null stehen, wir müssen kompakt agieren. Es würde alles erleichtern, wenn wir ähnlich wie in Charkiw in der Anfangsphase ein Tor erzielen würden. Das würde uns noch mehr Selbstvertrauen und den nötigen Schub, um bestehen zu können, geben.“

Was wäre für dich persönlich am Ende der Saison eine „gute“ Saison? Nochmal eine Qualifikation für Europa? Oder gar der Sieg in der Euro League?
„Wenn wir in der Tabelle ähnlich abschneiden wie letzte Saison, ist es auf jeden Fall eine gute Saison gewesen. Das würde jeder hier bestätigen. Das haben wir uns bis jetzt erarbeitet und das wollen wir uns auch nicht mehr nehmen lassen. Wir wollen in der Tabellenregion bleiben und in der Euro League wäre es schön, die Runde jetzt zu überstehen und so weit zu kommen wie möglich. Mal sehen, wo die Reise noch hingeht.“

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4 Kommentare

  1. Es ist erfrischend, so ein tolles Interview eines Fußball-Profis zu lesen. Und dann gehört er auch noch Eintracht Frankfurt!
    Ich wünsche mir, dass er noch viele Jahre der Eintracht erhalten bleibt und von großen Verletzungen verschont bleibt!

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