Chandler hofft auf seinen dritten Titel mit der Eintracht

Du kennst die Vita der Eintracht, Ab- und Aufstiege waren bis zu deiner Rückkehr 2014 das einzig Außergewöhnliche der letzten Jahrzehnte. Hättest du dir jemals erträumen lassen, mit der SGE überhaupt mal einen Titel zu holen?
„Nein und deswegen bin ich als Frankfurter Bub umso stolzer darauf! Die Relegation 2016 war ein Knackpunkt in der Vereinsgeschichte. Wären wir runtergegangen, wäre einiges zusammengebrochen. Weil wir drin geblieben sind, konnte – auch wenn es schwer war – etwas Neues aufgebaut werden. Und von da an ging es dann wirklich bergauf, das hätte ich mir in der Form nicht erträumen lassen.“

Was war der Grund dafür?
„Wir haben jedes Jahr sehr viel harte Arbeit reingesteckt. Damit alles passt und wir diese Mentalität von Eintracht Frankfurt, die uns auch bei den Fans auszeichnet, auf den Platz bringen. Das waren die wichtigen, richtigen Schritte, die wir seit 2016 gemacht haben und deswegen sind wir so erfolgreich. Dass wir dann jetzt schon wieder im nächsten Finale stehen und einen Titel holen können, ist schon unglaublich.“

Wie oft sagst du dir unter dem Jahr noch ‚Ich bin Europa League Sieger‘?
„Zu oft, wirklich zu oft! Ich höre das auch zu oft! (lacht) Aber es ist toll! Du hast den DFB-Pokal gewonnen, du hast die Europa League gewonnen und hast jetzt noch mal die Chance, einen Titel zu gewinnen. Dann hätte ich drei Titel mit Eintracht Frankfurt gewonnen, dem Verein, mit dem ich groß geworden bin. Besser kann es für mich kaum sein.“

Im Interview 2019 nanntest du uns damals drei Wünsche: International spielen, Euro League Finale und DFB-Pokalfinale…
„Ja, die Haken habe ich mir auf jeden Fall jetzt schon gesetzt.“ (lacht)

Welche Wünsche hast du vier Jahre später denn dann noch?
„Jetzt noch mal den dritten Titel zu gewinnen und dann stetig weiter mit Eintracht Frankfurt zu wachsen. Wenn ich mit der aktiven Karriere aufhöre, möchte ich meinen Fußabdruck hinterlassen und weiterhin etwas bewirken. Für die Region und für die Fans. Das ist mir wichtig und liegt mir auch am Herzen.“

Wäre denn auch eine Karriere als Trainer etwas für dich?
„Schon, aber dann eher im Jugendbereich kurz vor dem Übergang zu den Profis. Trainer bei den Profis wäre eher nichts für mich. Ich will einfach dem Verein weiterhelfen, wenn ich aufhöre. Wo ich das am besten kann, um die Entwicklung fortzuführen, werden wir dann sehen.“

Trägt den Adler auf der Brust und im Herzen: Timothy Chandler. (Foto: Heiko Rhode)

Du bist der Letzte, der es aus dem Nachwuchsleistungszentrum geschafft hat. Mit Dario Gebuhr hat nun wieder einer einen Profivertrag erhalten. Warum ist es so schwer, einerseits Talente einzubinden und andererseits, diesen Sprung überhaupt zu schaffen?
„Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Wir hatten in den letzten Jahren keine zweite Mannschaft, die jetzt wieder da ist. Die spielt nun wieder in der Regionalliga und das ist für junge Spieler sehr wichtig. Da kannst du Spieler aufbauen. Vorher war der Sprung von der A-Jugend in den Profi-Bereich für viele sehr groß. Das ist schon mal ein erster Schritt. Für mich, der aus der Region kommt, ist es sehr wichtig, in einigen Jahren auch wieder darüber sprechen zu können: ‚Hey, wir haben hier einen Jungen vom Riederwald, der bei uns in der Startelf spielt, auf den wir setzen können!'“

In der U21 gibt es dann wieder ein Derby. Du hast dein Profidebüt auch gegen die Kickers gegeben (DFB-Pokal-Achtelfinale, 19.01.2011: OFC 0:2 Nürnberg), war das für dich damals eine besondere Motivation?
„Natürlich war das ein besonderer Ansporn! Als Frankfurter Bub gegen die Kickers zu spielen, war schon Wahnsinn. Es werden in der nächsten Saison für die Jungs auch gute Spiele, auf die sie sich freuen können. In solchen Spielen können sie sich dann beweisen. Sie sind dann im Männerfußball angekommen und können die nächste Entwicklung machen.“

Haderst du noch mit der Rückrunde, weil wesentlich mehr drin gewesen wäre?
„Hadern würde ich jetzt nicht sagen. Aber du denkst natürlich darüber nach, wenn du siehst, wie eng das am Ende in der Tabelle gewesen ist und wir nicht mehr von der Stelle gekommen sind. Dennoch lohnt sich das nicht. Das Umfeld hat über Meisterschaft oder Champions League gesprochen, man muss aber immer noch sehen: Wir sind Eintracht Frankfurt. Und wir wissen, woher wir kommen. Wir wollen Step für Step machen. Natürlich war die Rückrunde nicht gut. Zehn Spiele, in denen wir nicht gewonnen haben, das braucht man nicht schön zu reden. Aber ich bin mir sicher: Wir sind jetzt in ein Finale gekommen, können wieder einen Titel gewinnen und dann können vielleicht alle, die vorher noch unglücklich waren, wieder glücklich sein.“

Das hat 2018 in ähnlicher Konstellation ja auch geklappt!
„So sieht’s aus!“

Aber warum ist es so schwer in der Rückrunde? Ist das ein Eintracht-Phänomen?
„Das ist natürlich einfach, es darauf zu schieben. Ja, es ist nicht das erste Mal. Dieses Jahr haben wir in vielen Spielen nicht das auf den Platz gebracht, was uns die letzten Jahre eigentlich ausgezeichnet hat. Das haben wir vermissen lassen. Aber auch die Weltmeisterschaft im Winter hat uns sicherlich nicht in die Karten gespielt. Viele Leistungsträger waren dort und hatten eine immense Belastung die Saison über.“

Ein paar Worte zu Randal Kolo Muani. Du hast Alex Meier, die Büffelherde oder Andre Silva gesehen. Ist er der beste Stürmer, mit dem du zusammen gespielt hast?
„Er ist ein ganz spezieller Spieler und Stürmer. Ich glaube, keiner in Frankfurt hatte erwartet, dass er so schnell so gut einschlägt. Aber als ich seine Fähigkeiten, seine Schnelligkeit und Technik, zum ersten Mal im Training gesehen habe, war mir klar, dass er ein unglaublicher Spieler ist. Er wird bei Eintracht Frankfurt, wenn er bleibt, einen guten Weg machen. Er wird in Europa noch für Furore sorgen.“

Der eben erwähnte Silva wird am Samstag möglicherweise als Gegner auf dem Platz stehen. Was wird das Härteste gegen RB Leipzig sein? Was wird euer Ziel für die Anfangsphase der Partie sein?
„Ein frühes Gegentor würde uns nicht in die Karten spielen, das hat man gegen die Bayern gesehen. Das Umschaltspiel von Leipzig ist sehr gut. Wenn wir unsere fußballerische Qualität und vor allen Dingen das Herz bei den Zweikämpfen auf den Platz bringen, mag das Leipzig aber nicht. Das haben sie noch nie gemocht, wenn sie gegen die Eintracht gespielt haben. Wenn wir diese eklige Art mit der fußballerischen Klasse aufs Feld bringen, wird es sehr schwer für sie.“

Die Konstellation von Gonçalo Paciência mit Haris Seferovic bei Celta Vigo ist auch besonders. Seid ihr noch in Kontakt?
„Ja, sind wir. Es war auch witzig, dass Haris im Januar auch dorthin gewechselt ist. Ihm geht’s gut da drüben, auch wenn er dort noch nicht so viel spielt. Aber ich denke, wenn er fit ist, wird er auch häufiger spielen. Natürlich denkt er oft an Eintracht Frankfurt. Er sagt immer, dass er hier eine unglaubliche Zeit gehabt hat, wenn nicht gar die beste Zeit seiner Karriere. Er wird sicher noch sehr oft in Frankfurt vorbeischauen, er liebt es hier wirklich. Er pflegt den Kontakt zu mir und Seppl Rode sehr.“

Timothy Chandler war nach dem Titelgewinn nicht mehr einzufangen: Hier im Autokorso auf dem Weg zum Römer (Bild: Foto Rhode)

Ist das auch das Besondere? Marco Fabian oder David Abraham waren als Fans in Sevilla, sie halten nach wie vor Kontakt zu euch?
„Das ist das, was ich meine. Da sieht man, wie Eintracht Frankfurt die Leute bindet, wenn du gehst. Du bist fünf, sechs Jahre weg, aber du weißt trotzdem, dass du dich wie zu Hause fühlst, wenn du hierherkommst. Marco Fabian war so lange hier. Der läuft hier durch die Kabine, kommt zu uns in den Essensraum und fühlt sich wie zu Hause. Für uns ist das normal. Das ist wie eine Familie und deshalb weiß man als Spieler, was man an Eintracht Frankfurt hat. Selbst wenn man mal weggeht und wieder zurückkommt, ist man herzlich willkommen.“

Merkt man das auch, dass das andere Spieler so erzählen, die schon bei anderen Vereinen rumgekommen sind?
„Auf jeden Fall. Ich habe mit vielen Spielern schon Kontakt gehabt, die uns verlassen haben und dann sagen: ‚Wie es bei euch in der Kabine war, das habe ich noch nicht erlebt.‘ Das macht uns außergewöhnlich und hat uns zu den Erfolgen gebracht, die wir die letzten Jahre hatten.“

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9 Kommentare

  1. @Redaktion
    Wie schon mehrfach hier im Forum gewünscht, vermisse ich hier einen Bericht über die verschiedenen Fan-Aktivitäten am kommenden Wochenende in Berlin. Es werden zig Tausende zum Pokalfinale fahren – viele ohne Tickets für das Stadion. Da wäre es doch schön, wenn man als SGE-ler wüsste, wo was stattfindet und man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann.

    -Was passiert an Freitagabend? Gibt es da schon Fan-Treffen? Einer schrieb, dass man sich beim letzten Finale 2018 in Kreuzberg getroffen hatte.

    -Wie kann man den Pokal im alten Rathaus anschauen?
    Ich habe mal was gelesen, dass man den Pokal bis Samstagmittag im alten Rathaus anschauen kann.

    -Was passiert sonst noch auf dem Breitscheidplatz?
    https://profis.eintracht.de/news/adlerimanflug-eintracht-fantreff-in-berlin-60199

    Und das Wichtigste:
    -Wo kann man abends das Pokalspiel sehen? Gibt es Public-Viewing in Berlin? In welchen Kneipen werden die Eintracht-Fans anzutreffen sein?

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  2. @2
    Ich verstehe Dich absolut mit Deinen Fragen ! ABER muss das jetzt hier sein nach diesem tollen Interview mit Timmy ?
    Ein toller Frankfurter Bub , Eintrachtler und Aushängeschild.
    Prima Artikel , Danke

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  3. Guten Morgen,

    sobald wir Informationen über etwaige Aktionen in und um Berlin erfahren haben, haben wir Sie euch hier und das meistens in unseren täglichen SGE kompakts zusammengestellt.

    So z.B. hier (und das soll nur als Beispiel dienen) https://www.sge4ever.de/sge-kompakt-roemer-empfang-nur-bei-pokalgewinn/ Näheres zum Ablauf, wie im von dir von 2017 genannten Artikel, gibt es aber seitens des Vereins noch nicht. Aber: wir haben erst Mittwoch-Vormittag, du wirst bis Samstag sicherlich hierzu noch näher informiert werden.

    Es wird kein Public Viewing geben, dafür gibt es das im Deutsche Bank Park, darüber berichteten wir.
    Deine weiteren Fragen zum Thema: „Wo trifft man sich Freitagabend, wo Samstagabend?“ –> Das wird mit Sicherheit jeder ganz individuell für sich treffen, aber ein über alle Fangruppen hinweg organsiertes Treffen kann es doch aufgrund der Massen gar nicht geben. Die Fans werden Kneipen, kleinere Public Viewings, Biergärten und öffentliche Plätze fluten – wie immer, wenn die Eintracht mit großen Support auswärts unterwegs ist. Ehrlicherweise liegt darin doch auch ein wenig der Charme.

    Kurzum: Fahrt nach Berlin, lasst euch treiben und habt Spaß!

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  4. Bin am Samstag im Stadion, leider „nur“ Karten für den Bereich der Dosen bekommen (Gegengerade)

    Wer hat Erfahrung mit früheren Finals, wie streng wird das mit Heim- und Gästebereich, also Trennung der Fans gehandhabt und kann ich da trotzdem im Adler-Trikot aufschlagen???

    Forza SGE

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  5. @2
    Ich versteh dein Anliegen, bin 2017 selbst spontan ohne Karte allein nach Berlin gefahren. War am Alex und kann mich dann ehrlichgesagt gar nicht mehr dran erinnern, wo ich wie das Spiel sah.. wahrscheinlich in irgendner Sportsbar 😀 Definitiv nicht mit anderen Eintracht-Fans..wobei das der Plan war.
    Aber war schon okay, ich hatte ein schönes Wochenend.
    Ich würd an deiner Stelle nach dem Alex mal ‚Zur Glühlampe‘ tingeln. Da triffste auf jeden Fall SGE-Fans. Wie die Lage dann bei denen aussieht und ob du da nen Platz kriegst? Keine Ahnung.. aber zumindest findeste dort Fans, die im Notfall das gleiche Problem wie du haben 😉
    Es gibt auch noch das Veritas in Charlottenburg.
    Oder aber einfach eine der hier genannten (https://www.tip-berlin.de/essen-trinken/bars/fussballkneipen-in-berlin-vereine/) Kneipen aufsuchen. Da ist doch eh keiner für Leipzig. Denke, da kommt man schon auf seine Kosten. Kommt halt auch drauf an, was du willst: ab und zu mal ein Blick aufs Spiel werfen geht bei der Glühlampe ganz sicher und Eintracht-Stimmung haste garantiert.
    Gemütlich vor ner fetten Leinwand jedes Detail des Spiels mitkriegen und die Bierkarte durchsaufen funktioniert vielleicht im Hops & Barley besser. Und auch da musste halt erstmal abchecken, ob die überhaupt offen haben oder nicht vielleicht im Urlaub sind. Wichtig könnte es sein, flexibel zu bleiben 🙂
    Thema Fantreff Freitagabend: schau am besten im Eintracht-Forum bzw frag dort nach.
    Hoffe, ich konnte zumindest n bissi helfen..
    Viel Spaß in Berlin!
    Forza SGE

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  6. Oops, sorry.. statt Alex muss hier natürlich Breitscheidplatz stehen.. das hat sich ja geändert.

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  7. @3, 4, 7
    Vielen Dank für eure Antworten und Tips. Ich hoffe, Berlin ist fest in hessischer Hand. Dann werde ich schon den richtigen Platz finden.

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