Im Nachgang zu der Niederlage gegen den VfB Stuttgart entzündete sich in den Sportredaktionen, Foren und sozialen Medien eine heftige Diskussion darüber, warum Eintracht-Trainer Thomas Schaaf während der Begegnung keine Wechsel und keine Änderungen des Spielsystems vorgenommen hat. Da die unterschiedlichen Auffassungen sich auch in den Kommentaren zu dem Spielbericht auf SGE4EVER.de widerspiegelten, möchten wir den Faden nochmals aufgreifen und mögliche Alternativen zu Schaafs Entscheidung, keine Wechsel vorzunehmen, aufzeigen.
Um es gleich vorwegzunehmen: Das bisherige Abschneiden in dieser Saison soll keineswegs schlecht geredet werden. Es geht insbesondere auch nicht darum, die Kompetenz des Trainers infrage zu stellen, gar seine Ablösung zu fordern oder auch nur besserwisserisch darzulegen, dass andere Entscheidungen ein anderes Spielergebnis erbracht hätten. Seien wir ehrlich: Wenn das Spiel gewonnen worden wäre, würde kein Mensch über die unterlassenen Auswechselungen reden und die Sportredakteure wären voll des Lobes für Schaafs Festhalten an seiner Stammformation.
Die Begegnung gegen den Tabellenletzten wurde aber ebenso verloren wie zuletzt die Spiele in Freiburg, Mainz und Köln. Die folgenden Überlegungen werden deshalb vor dem Hintergrund zur Diskussion gstellt, dass die jüngsten Auswärtsniederlagen gegen schwächer eingeschätzte Gegner stets einem ähnlichen Ablauf folgten: Die SGE spielte ordentlich, hatte Gegner und Spiel im Griff, ging wiederholt in Führung und erlebte nach einem Gegentreffer einen Einbruch, der zu einer Niederlage und anschließendem Unverständnis aller Beteiligten führte.
Über die Gründe für die Auswärtskrise wurde in den letzten Tagen viel gerätselt und spekuliert. Ohne Anspruch auf Vollzähligkeit seien genannt: fehlende Führungspersönlichkeiten, Probleme im Defensivverbund, v.a. auf den Außenpositionen, mangelnde Reaktions- und Antrittsschnelligkeit, Zweikampfschwäche, schlechte Abstimmung im defensiven Mittelfeld, unzureichende Mentalität sowie alle möglichen psychischen Ursachen, über die sich die Sportpsychologen gerne auslassen (wir berichteten).
Wir möchten an dieser Stelle nicht über die Gründe für das unterschiedliche Auftreten zuhause und in der Fremde fabulieren, sondern uns darauf beschränken, die möglichen Alternativen aufzulisten, die dem Trainerteam im Spiel gegen den VfB Stuttgart zur Verfügung gestanden hätten:
Änderungen vor dem Ausgleichstreffer: Sicherlich, die SGE hatte das Spiel bis zur 63. Minute im Griff, zeigte aber nach dem Führungstreffer durch Haris Seferovic (51.) nicht den bedingungslosen Willen, den verunsicherten Schwaben durch einen zweiten Treffer den Todesstoß zu versetzen. Die Mannschaft wähnte sich in Sicherheit, beschränkte sich auf die Verwaltung des Ergebnisses und ließ den letzten Biss vermissen. Ein Zeichen von Seiten der Bank – beispielsweise die Einwechselung von Lucas Piazon, Nelson Valdez oder Sonny Kittel für den ermüdenden Inui – hätte den Spielern signalisieren können, dass sie mehr in der Offensive tun müssen.
Eine Alternative wäre gewesen, den schwächelnden Marc Stendera herauszunehmen und durch Kittel zu ersetzen. Diese Einwechselung hätte zu einer weiteren Verunsicherung der Stuttgarter beitragen können, da Kittel sowohl auf einer offensiven als auch einer defensiven Mittelfeldposition einsetzbar ist. Ein Botschaft an die Mannschaft wäre auch die Hereinnahme von Nelson Valdez gewesen, der als eine der wenigen „Führungsspieler“ seine Mitspieler mitreißen und ggf. aufwecken kann.
Änderungen nach dem Ausgleichstreffer: Die Erfahrung der letzten Auswärtsspiele lehrt, dass einem ersten Gegentreffer alsbald der zweite und dritte folgt. Diese Entwicklung antizipierend hätte Schaaf umgehend nach dem 1:1 die Defensive neu aufstellen können. Da mit Ausnahme von Zambrano die Viererkette mit eher langsamen und antrittsschwachen Spielern besetzt war, hätte eine Hereinnahme von Anderson (für Madlung) Abhilfe schaffen können. Um dem Eindruck einer allzu defensiven Ausrichtung entgegenzuwirken, wäre möglicherweise auch ein Doppelwechsel (eine zusätzliche Verstärkung der Offensive) sinnvoll gewesen.
Auch nach dem Ausgleichstreffer hätte ein Wechsel zur Doppelsechs eine Alternative sein können. Allerdings wäre eine Hereinnahme von Johannes Flum aufgrund fehlender Spielpraxis durchaus mit Risiken verbunden gewesen, sodass es nachvollziehbar erscheint, dass Schaaf diese Alternative nicht in Erwägung gezogen hat.
Stattdessen sei an dieser Stelle als weitere Defensivalternative der zeitweilige Übergang zu einer Fünferkette ins Spiel gebracht. Die Hereinnahme von Anderson als Unterstützung für Oczipka hätte die Geschwindigkeitsdefizite kompensieren und den Gegner verwirren können. Allerdings setzt eine solche Variante voraus, dass sie in vorangegangenen Übungseinheiten erprobt worden ist.
Die Entscheidung des Trainers, alle elf Spieler durchspielen zu lassen, wirft ein wenig schmeichelhaftes Licht auf das Zutrauen in die Jungs auf der Bank. Aber auch ohne Einwechselung wäre eine Umstellung des Spielsystems möglich gewesen. Da es v.a. wichtig war, Ruhe ins Spiel zu bringen und die ersten zehn Minuten nach dem Ausgleichstreffer unbeschadet zu überstehen, hätte Schaaf mit Stendera und Hasebe auf der Doppelsechs agieren oder Alex Meier zurückziehen können. Die Entstehung des Treffers zum 1:2 zeigt, dass sich Stuttgart unerwartete Räume eröffneten, die sie zum Leidwesen der SGE auch nutzten.
Mit diesen vorgestellten Alternativen wollen wir es erst einmal belassen. Die Vorschläge sind mit vielen Konjunktiven versehen, und es wäre reine Spekulation, darüber nachzudenken, ob sie zum Erfolg geführt hätten. Thomas Schaaf selbst zeigte sich nach dem Spiel unbeeindruckt von der Kritik und sah keine Veranlassung, ein „funktionierendes Gebilde“ zu ändern. Zumindest in diesem Fall gab ihm der Spielverlauf nicht recht.
12 Kommentare
Guter Bericht, aber man muss die Sache jetzt auch mal ruhen lassen.
Nein, ich finde das man darüber diskutieren sollte.
Eine Einwechselung von Ignovski wäre für Chandler auch möglich und nötig gewesen.
Bamba für Madlung oder Zambrano, denn Zambrano hat für mich den 2.Treffer in der Entstehung unterbinden müssen, er geht nur halbherzig an den flankenden Stuttgarter ran und lässt ihn ungehindert flanken.
Vorne hätte auch durchaus Valdez für Inui spielen können, dass hätte vorne ein Signal gegeben.
Der größte Fehler war für mich gar nicht zu handeln.
.
im nachhinein ist man immer schlauer ;-) ich glaub kaum, dass jemand ernsthaft in der 60igsten minute zambrano oder sonstwen
rausnimmt wenn wir um längen besser als der gegner sind, zumal wir das an sich sogar auch noch nach dem 2:1 waren.
stuttgart hat im gegensatz zu uns eben aus 3 schüssen 3 tore gemacht, damit hat sichs für mich nun aber auch.
was ich eigentlich loswerden wollte, bei all dem mist dieser tage (auch von mir mein aufrichtiges beileid an alle hinterbliebenen) ist eigentlich
OT. dadurch dass robben ne weile ausfällt (auch das wünsche ich ihm nicht) hat unser fußballgott wirklich realistische chancen
auf die torjägerkanone...
Und in ein paar Jahren heißt es dann:
Weiste noch, damals, als wir alle Abstiegskandidaten aufgebaut haben, obwohl wir meist die bessere Mannschaft waren und in Führung lagen?
a) Maanste die Saisong wo mer abgestieje sin?
b) Maanste die Saisong wo mers in de Euro Cup geschafft ham?
c) Maanste die Saisong wo mer Europa verkackt ham?
Genau, du Hannebambel, die Saison, die den Fluch der 86. Minute in den Schatten stellte.
Es reicht jetzt. Diese ganzen Diskussionen sind für mich Schwachsinn. Man kann nur hoffen, dass die Spieler das nicht lesen. Ein Trainer kann mit seinen Auswechslungen auch daneben greifen. Siehe Medojivic in Leverkusen. Huub hatte extremes Glück, er wollte den Matchwinner Maxim schon auswechseln..
Das Interview mit der Sportpsychologin in der FR einfach mal lesen und dann das diskutieren einstellen.
Also die FR sollte man seit einiger Zeit nicht mehr wirklich in Diskussionen einfließen lassen....
...gerade, was den Sportteil angeht!!!
Hast du das Interview denn gelesen? Die FR interviewete eine Sportpsychologin. Es geht ja nicht um das Gejammer von ID und TK....
@9
So ein Sportpsychologe hat sicherlich viel richtiges zu sagen. Aber wenn Schaaf nach dem 1:0 auf Doppelsechs und Beton umstellt und nicht auf Abseits spielt, will ich eine Mannschaft wie Stuttgart, die vorher nix geregelt bekommen hat, mal sehen. Und so ein Wechsel kann durchaus so ein Zeichen, wie ihn die Psychologin beschreiben hat, sein.
Allerdings ist es wie immer, wie mans macht ist falsch. Wenn Schaaf wechselt und auf Beton umstellt und es geht schief, sagt jeder, "wie kann man nur ..."
Unterm Strich bleibt, dass ich mich nach keiner Niederlage so geärgert habe wie nach Stuttgart, aber da ich mit einem langen Abstiegskampf gerechnet habe, bin ich am Ende des Tages eher zufrieden mit dem, was wir haben.
Ich klicke mich mal kurz ein. Auswechselspieler sind auf der Bank um, wenn es nicht läuft etwas zu verändern ,um Schwachpunkte zu ersetzen ,es kann keiner auf der Bank schlechter sein wie die erste 11 am Samstag .
Also war es kein Risiko 3x zu wechseln . Aber jetzt stelle ich mir die Frage ? Wollten wir überhaupt gewinnen.
Haben wir dem Vfb Stuttgart aus liebe zu AV die Punkte überlassen. So kam es mir jedenfalls vor. Und nicht nur mir.
Es tut doch der ganzen Liga besser wenn Stuttgart drinnen bleibt .Und Paderborn runter geht.(Rein Finanziell gesehen)
@11: Also uns würde ein Stuttgarter (und Hamburger) Abstieg finanziell weit mehr helfen als ein Paderborner... so geht es auch vielen anderen Vereinen, alleine durch die Sprünge im TV-Ranking.
Das machen dann die ca. 4000 Fans mehr, die diese Vereine (HSV und VFB) bei Spielen bei uns an Fans mehr mitbringen als Paderborn gewöhnlich, auch nicht wett.
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