Riesen Jubel auch auf der Bank beim entscheidenden Tor zum 2:1 von Randal Kolo Muani. Alle stürmten voller Freude auf das Spielfeld und unterstrichen den großen Teamgeist der Eintracht. (Bild: imago images / Eibner)

Nach der nahezu skandalösen Niederlage gegen Borussia Dortmund in der Bundesliga ging es für die Eintracht in Lissabon um den erstmaligen Einzug in das Achtelfinale der Champions-League. Die Ausgangslage war klar: Nur mit einem Sieg konnten die Hessen das Achtelfinale noch erreichen. Nach der ersten Halbzeit sah es lange so aus, als sei der europäische Traum der SGE geplatzt und selbst die Europa-League nicht mehr erreichbar. Was dann in der zweiten Halbzeit passierte war einmal mehr ein Abend für die Geschichtsbücher. Die Adlerträger haben es tatsächlich geschafft und mit ihrem Sieg Geschichte geschrieben. SGE4EVER.de hat das Spiel wie immer noch einmal analysiert:

Gehemmte erste Halbzeit

Die Frankfurter kamen nur schwer in ihr alles entscheidendes Entscheidungsspiel. Oliver Glasner veränderte seine Mannschaft im Vergleich zum Spiel am Samstag gegen den BVB nur auf einer Position. Djibril Sow kehrte für Kapitän Sebastian Rode zurück in die Startformation. Die SGE hatte Probleme in die Zweikämpfe zu kommen, konnte ihr Pressing nicht wie gewohnt umsetzen. Die ballsicheren Portugiesen waren in ihren Umschaltsituationen immer wieder gefährlich und stellten zugleich in der Defensive die Räume gekonnt zu. Viele leichte Ballverluste und Abspielfehler sorgten immer wieder für Ballgewinne von Lissabon und auch wenn sich daraus nicht unzählige Großchancen ergaben, wirkte es so, als seien die Portugiesen deutlich besser im Spiel. Jesper Lindström konnte seine Geschwindigkeit genauso wenig wie Randal Kolo Muani ausspielen, da die Eintracht schlichtweg nicht in die dafür nötigen Umschaltmomente kam. Immer wenn die Hessen im Ballbesitz waren, waren die Portugiesen bereits in ihrer Defensive formiert und ließen so gut wie keine Räume für die Eintracht. Fast schon folgerichtig ging Lissabon dann auch mit einer ihrer ersten nennenswerten Chancen in Führung und nutzten einen defensiven Fehler, der sonst sicher stehenden Abwehr, eiskalt aus. Zur Halbzeit waren die Adlerträger ausgeschieden und aufgrund des Ergebnisses in Marseille nur Vierter in der Tabelle und somit komplett raus aus dem europäischen Wettbewerben.

Rode als Gamechanger

So aussichtslos die Situation auch schien, Glasner hatte noch einen Plan in Petto. Er wechselte Rode für den kaum zur Geltung kommenden Lindström ein und schob damit Daichi Kamada wieder eine Position nach vorne. Was für viele zunächst irritierend war, stellte sich im Nachhinein als goldrichtig heraus. Die Körpersprache des Kapitäns war von Beginn an von hoher Aggressivität, großer Leidenschaft und Glaube geprägt. Er warf sich in jeden Zweikampf, setzte Zeichen, war sowohl vorne als auch hinten gefühlt überall zu finden. Völlig zurecht wurde er hinterher als Man of the Match gekürt. Mit ihm, Kamada und Götze gelangen in der Offensive plötzlich Kombinationen. Mit wenigen Kontakten konnten die Hessen plötzlich in die Spitze kombinieren und mit klugen Seitenverlagerungen Räume schaffen. Auch das Pressing funktionierte nun endlich und die Frankfurter bekamen ihre Umschaltsituationen. Der Druck auf Lissabon wurde zunehmend größer und durch die eigene Aktivität konnte nun auch Gefahr auf das gegnerische Tor ausgeübt werden. Genau in dieser Phase spielte ein Spieler von Lissabon im Strafraum den Ball mit der Hand und der anschließende Elfmeter sollte das Spiel ganz auf den Kopf stellen. Kamada, der noch vom gegnerischen Torwart in die üblichen Psycho-Spielchen verwickelt wurde und von den Lissabon-Fans mit einem Laserpointer im Gesicht irritiert wurde, reagierte auf all das nur mit einem müden Lächeln, um wenige Augenblicke später eiskalt zu verwandeln. Der Ausgleich setzte Kräfte frei, während bei Lissabon nun zunehmend Nervosität spürbar wurde. Den Portugiesen gelang es kaum noch sich wirklich aus dem Druck zu befreien und die zweiten Bälle landeten von nun an nahezu alle in den Reihen der SGE. Als sich dann Kolo Muani nach Zuspiel des eingewechselten Ansgar Knauffs ein Herz fasste und mit dem Vollspann aus spitzem Winkel ins lange Eck traf, brachen bei den Adlerträgern alle Dämme. Was zur Halbzeit noch unmöglich schien wurde wirklich wahr: Die Eintracht drehte das Spiel.

Eine unglaubliche Mentalität

Wie die Mannschaft das Ergebnis dann über die Zeit brachte, bewies einmal mehr, dass die Frankfurter gereift sind. All die Rückschläge haben das Team von Glasner nicht umgeworfen, im Gegenteil, man hat daraus gelernt und sich weiterentwickelt. Die Souveränität am Schluss hatte etwas von einer Spitzenmannschaft. Im Grunde war der Schlüssel zu diesem historischen Erfolg aber einmal mehr die unglaubliche Mentalität dieser Mannschaft. Mit schweren Beinen aus den letzten Wochen hat das Team angetrieben durch ihren Kapitän im zweiten Durchgang noch einmal alles in die Waagschale geworfen. Wieder einmal ist man viele Kilometer mehr gelaufen als der Gegner und niemand war sich zu schade für den Mitspieler den Extrameter zu laufen, wenn es nötig war. Im Kollektiv hat man sich gegen das drohende Ausscheiden gewehrt und später die Führung verteidigt. Die SGE steht alles andere als zufällig nun im Achtelfinale der Champions-League. Die Mannschaft von Glasner hat sich diesen Erfolg redlich verdient, weil sie Rückschläge weggesteckt hat, aus Fehlern gelernt hat und immer den Glauben an die eigene Stärke bewahrt hat. Hinzu kommt, dass die Hessen inzwischen eben auch noch mehr als den Teamspirit und die Mentalität haben, nämlich spielerische Klasse. Glasner ist es gelungen die Mannschaft enorm weiterzuentwickeln. Mit variablem Angriffsspiel, hervorragendem Umschaltspiel und einer starken Verteidigung ist die Eintracht inzwischen eben auch spielerisch eine richtig gute Mannschaft. Unabhängig davon welchen großen Brocken die Frankfurter im Achtelfinale erwischen: Dieser Truppe ist auch im Achtelfinale alles zuzutrauen.

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6 Kommentare

  1. Eine Spitzenmannschaft schießt Dortmund unter den Umständen mit 5:2, 6:2 aus dem Stadion (die Chancen waren da); insofern sind wir noch keine Spitzenmannschaft, aber auf einen guten Weg. Ansonsten ist der Kommentar aus meiner Sicht richtig.

    Wichtig ist, das wir den langen Atem haben und aus den Situationen lernen. Man sieht aber, das wir derzeit körperlich und mental am Limit spielen, wenn man das Dortmund und die erste Halbzeit gegen SL nimmt. Aber wir haben eben noch eine Bank, von der man zulegen kann (Was wir letztes Jahr nicht hatten). Insofern stehen wir dort, wo wir jetzt stehen, mit allen Möglichkeiten nach oben (aber auch noch nach unten). Abwarten, jedes Spiel spielen und möglichst viel punkten. Wir werden über kurz oder lang eine Spitzenmannschaft, sofern uns nicht der VAR oder andere nicht beeinflussbare Dinge eben aufhalten. Alle beeinflussbaren Dinge haben wir im Griff, lernen daraus und setzen diese Erkenntnisse gut um.

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  2. @sge_chris1980 : Realistischer Kommentar, mit den nötigen paar Tropfen Wasser im Wein.

    Was Glasner machen kann, macht er, denke ich. Mir imponiert auch, wie er es macht. Und gegen Schmu hat kein Trainer der Welt eine Chance.

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  3. Hallo Laura,
    am besten hat mir in Deiner Analyse das klare Bekenntnis im
    letzten Absatz gefallen: Wir sind eine Spitzenmannschaft.
    Du schreibst von variablem Angriffsspiel (was für ein Fortschritt
    gegen die „Kosticflankerei“), hervorragendem Umschaltspiel
    (ein Pass und es brennt) und einer starken Verteidigung.
    Gerade hier sind es noch „Kleinigkeiten“, die uns noch besser
    machen werden:
    Ebimbe hat gegen OM und jetzt gegen Lissabon zwei mal nur
    nach dem Ball geschaut und seinen Mann übersehen und Jakic
    geht gegen BD zu früh nach vorne und öffnet die Mitte für
    Bellingham als Beispiele. Das gibt dann die Punkte auf dem i.
    Glasner wird an solchen Dingen feilen.
    Rode als Gamechanger:
    Rode ist besonders wertvoll, wenn er nach der Pause in das Spiel
    kommt. Die Schritte der Gegner werden kürzer, das giftige
    Pressen und Doppeln lässt nach, die Räume werden größer.
    Übersicht und Kampfkraft ersetzen langsam Tempo und Hektik.
    Dann kann Rode all seine Routine und Dynamik voll einbringen,
    was er dieses mal besonders eindrucksvoll getan hat.
    Außerdem wird Kamada dann für die Offensive frei.
    Einwechseln ist nicht so schön für Rode, aber besser für ihn und
    für die Mannschaft.

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  4. Aus der Pressekonferenz (Aussagen Glasner):
    – Lindström ist angeschlagen in das Spiel gegangen, es war auf de Kippe, ob er spielen sollte. Lindström wollte aber, und das Trainerteam hat ihn gelassen. (bei einigen Sprints konnte man das mE sehen, es dürfte kaum einen Abwehrspieler geben, der es mit Lindströms speed aufnehmen kann, und in HZ 1 waren 2-3 Laufuelle, in denen der Gegner schneller war)

    – das Trainerteam hat festgestellt, dass die Mannschaft alles „nach Plan“ macht, aber halbherzig. In Kombination mit Lindström war halt die Frage, Borré rein? Oder Zugriff und Konsequenz durch Rode.

    Hat alles gut geklappt, Rodes Einsatz hat den anderen den push gegeben, selbstwusster aufzutreten und das zu liefern, was sie können.

    Bravo an alle, es zu erkennen, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen und es auf den Platz zu bringen.

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  5. Ich war auch total überrascht, dass Rode als defensiver Mittelfeldmann unseren Stürmer Lindström ersetzt hat. In Rückstand liegend offensiv gegen defensiv tauschen war für mich erst einmal nicht nachvollziehbar. Aber Oliver Glasner ist ein Taktikfuchs und hat Alles richtig gemacht. Glasner würde sogar Mario Gomez und Timo Werner zu weltbesten Stümern weiterentwickeln…

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