Charly Körbel wäre fast beim Hamburger SV gelandet.

Karl-Heinz „Charly“ Körbel ist das personifizierte Gesicht der Eintracht. Dabei wäre fast alles anders gekommen, wie der „treue Charly“ jetzt im Interview mit dem Fußball-Magazin „11Freunde“ verraten hat. Denn 1964 nahm ihn sein Vater mit zu einem Spiel der Eintracht. „Doch die Eintracht verlor gegen den KSC, 0:7, auf dem Heimweg sagte ich: ‚Zu so einem Klub würde ich niemals gehen“, erinnert der 64-Jährige sich.

Probetraining mit Uwe Seeler

Und tatsächlich wäre Körbel beinahe beim Hamburger SV, anstatt bei der SGE gelandet. Hier war er beim Probetraining, als Sparringspartner für Uwe Seeler, der gerade von einer Verletzung wieder genessen war. „Ich hatte große Sorge, dass ich ihn aus Versehen wieder verletzen würde“, so Körbel. Der HSV wollte ihn anschließend verpflichten, doch der Dossenheimer entschied sich dagegen. Und ging ein Jahr später zur Eintracht. Wolfgang Kraus hatte den Kontakt hergestellt, wenig später sei Jürgen Gerhardt von der Eintracht vorbei gekommen. „Er brachte Blumen mit, da redet meine mutter heute noch von.“ Bei Kaffee und Kuchen sei der Wechsel perfekt gemacht worden, Körbel ging an den Riederwald und wohnte hier in einer Wohnung für Jugendspieler – direkt unter der Tribüne.

Autorennen im Riederwald-Stadion

An eine Anekdote mit Mitbewohner Raimund Krauth erinnert sich noch heute gerne: „Wir gingen nach unten, machten das Flutlicht im Stadion an und fuhren mit seinem Ford Capri eine Stunde lang Rennen um die Tartanbahn.“ Mit 17 etablierte sich Körbel bereits in der ersten Mannschaft. Sein Debüt ausgerechnet gegen Bayern München – und einen gewissen Gerd Müller. Etwas besonderes: „Vor allem, weil ich zu dem Zeitpunkt noch ein wenig Bayern-affin war. Ein halbes Jahr zuvor hatte ich in der Schule eine Projektarbeit über den FC Bayern geschrieben, zwanzig Seiten lang. Mein Sportlehrer war der Bruder vom FCB-Profi Rainer Ohlhauser und besorgte mir Autogramme.“ Gegen Bayern gewann Körbel in seinem ersten Spiel mit 2:1. Gerd Müller wurde einer seiner Lieblingsgegenspieler.

„Gegen Großen gewinnen, gegen Kleinen stolpern“

Doch bei all dem Erfolg blieb er auf dem Boden. Nach dem Pokalsieg 1975 wollte er mit den Großen feiern. Als er sich gerade eine Zigarre in den Mund gesteckt hatte, schrie ihn Trainer Dietrich Weise an. „Karl-Heinz, nehmen Sie das Ding aus dem Mund.“ Anschließend habe er nie wieder eine in den Mund genommen. Körbel wurde viermal DFB-Pokalsieger und gewann den Europapokal 1980. Warum es nie für einen Meistertitel reichte, erklärt Körbel mit den Zügen der „launischen Diva“: „Wir besiegten die Bayern mit 2:1. Am nächsten Spieltag verloren wir 0:1 in Oberhausen. Gegen die Großen gewinnen, gegen die Kleinen stolpern – das war schon immer ein Teil der Eintracht.“

Eintracht-Legende Charly Körbel gewann viermal den DFB-Pokal.

602 Spiele bestritt er für seine Eintracht. Doch beinahe wäre er bei Werder Bremen gelandet. Nachdem Bruno Pezzey 1983 wegen finanzieller Probleme gekündigt wurde und auch Bum-kun Cha den Verein verließ, schickte auch Körbel aus dem USA-Urlaube seine Kündigung. „Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft auseinanderfällt“. Doch bei seiner Rückkehr machte ihn Trainer Zebec zum Kapitän – und Körbel blieb am Main. Und hätte sogar 1992 im berüchtigen Saisonfinale gegen Rostock ein Comeback gegeben. Doch Dragoslav Stepanovic verzichtete darauf seinen Co-Trainer nochmal aufs Feld zu senden. „Ich sagte: Stepi, das ist ein großer Fehler. Wenn du deutscher Meister werden willst, dann nur mit mir.“ Der Rest ist bekannt.

Jay-Jays Tränen

Auf Jupp Heyneckes, den Körbel sehr schätzt, folgte Körbel 1995 als Eintracht-Trainer. Doch seine Zeit auf der SGE-Bank währte nicht lange. Manager Bernd Hölzenbein und Präsident Matthias Ohms feuerten ihn, „Jay-Jay Okocha weinte, als er von dem Ultimatum“ vorher hörte. Körbel ging nach Lübeck und Zwickau, wo er kuriose Erfahrungen machte. „Zwickau war eine Hochburg der Scientologen, und nach und nach wurde klar, dass Scientology den Verein übernehmen wollte“, erzählt Körbel. 1999 kehrte Körbel als Scout bei der Eintracht zurück. „Als ich meinen Dienst hier antrat, bestand die Scoutingabteilung aus zwei Ausgaben des „Kicker“-Sonderheftes, die in einer Schreibtischschublade lagen. Gemeinsam mit Ralf Weber baute ich die Abteilung dann auf“, so der „ewige Charly“, der heute Leiter der Eintracht Frankfurt Fußballschule und Vizepräsident des Regionalligisten Hessen Dreieich ist.

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8 Kommentare

  1. Mit einem Ford Capri ein Rennen auf der Tartan Bahn. Einfach nur klasse. Wenn man das heute machen würde, wird man von den Platzwarten wahrscheinlich gesteinigt.

    Charly ist einfach ein total sympathischer Typ, ich hatte das Vergnügen und konnte ihn persönlich kennenlernen.

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  2. Das unser Charly immer für einen Spaß zu haben ist zeigt auch folgende Anekdote. Nach dem Pokalsieg gegen Bochum hatten wir das Vergnügen unsere Sportplatzeinweihung gegen die SGE austragen zu dürfen. 2-3 Tage vor dem Spiel wettete unser Mittelfeldspieler mit unserem Verteidiger das er den Charly Körbel tunneln würde. Eine 3-Liter Flasche Asbach war der Einsatz. Und tatsächlich gelang ihm dies Mitte der ersten Halbzeit. Erst nach dem Spiel und nachdem unser Verteidiger seinen Wetteinsatz eingelöst hatte die Erklärung. Vor dem Spiel ging unser Mittelfeldspieler zum Charly , erklärte ihm die Situation und Charly lachte nur und sagte ……. klar machen wir.
    Das sind so Dinge die man einfach nicht vergisst. Allerdings auch das 0:17 nicht sowie den letzten Auftritt von einem gewissen Detari im Trikot unserer Eintracht. FORZA SGE

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  3. Ich durfte Charly auch mal im Rahmen eines Freundschaftsspiels auf dem Land kennenlernen. Da ist mir erst mal die Stimme und Luft weggeblieben, wenn einem 602 Bundesligaspiele gegenüberstehen. Unbegründet! Lockerer und netter Kerl – TOLLER TYP!

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  4. Mein erstes Eintracht-Spiel im Stadion am 05.5.84 gg Nürnberg: Abstiegskampf pur, wir müssen gewinnen.
    Charly macht zwei Buden und bricht sich ein paar Min nach seinem zweiten Tor das Schienbein…
    Nicht nur deshalb hat er sich sofort in mein Herz gebrannt!
    Gestern war ich im Kinofilm: auch da einfach nur herrlich, wie er erzählt, daß er vor lauter Freude nicht mehr wusste, was er überhaupt beim Pokalüberreichen machen sollte – obwohl es vorher tausendmal besprochen wurde 😉
    Charly, danke das wir dich haben!

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  5. Geiler Typ und super Fußballer. Das ist Tradition. Wenn man sich da gestern Wolfsburg gegen Leipzig im Pokal angeschaut hat – das ist einfach ne andere Welt.

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  6. Sind wir einfach froh, das wir noch solch‘ solide, bodenständige, sachliche und freundliche Typen in unserem Staff haben. Wie kein anderer verkörpert er noch so ein bisschen dieses „Oldschool“ oder dieses Traditionelle und diese Werte, die scheinbar im Profifußball gänzlich abhanden gekommen sind. Man hat bei ihm immer das Gefühl, das er anderen gerne das Rampenlicht überläßt, dementsprechend bescheiden ist und dann, wie auch im Kinofilm zu sehen, diese Begeisterung, ja fast diese kindliche Freude, daß er den DFB Pokal zusammen mit diesem bayrischen Stoffel in die Arena in Berlin bringen darf. Ein ehrlicher Typ, dessen mitwirken in unserem Verein überhaupt nicht mit Geld aufzuwiegen ist. Charly Körbel ist mehr Eintracht, als alle anderen.

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  7. @muc_adler:
    100% Zustimmung. Besonders Deine beiden letzten beiden Sätze treffen es ganz genau.

    Ich hatte ja schon weiter oben geschrieben das ich das Vergnügen hatte ihn kennenzulernen. Es war eine der eindrucksvollsten Begegnungen in meinem immerhin schon 58 Jährigem Leben.

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