Charly Körbel mit dem UEFA-Cup, den er 1980 als Spieler gewann. (Foto: IMAGO / Jan Huebner)

„Das ist nicht mehr meine Fußball-Welt“

Aber auch andere Erfahrungen habe Körbel gemacht, zum Beispiel bei der Champions-League-Auslosung 2022 in Istanbul, wo er den Europa-League-Pokal für die Eintracht hingebracht habe. „Jeder hat dort seine eigene Box. Da hatte ich den Gedanken: Für mich hat das nichts mit Fußball zu tun. Die Eintracht war auf dieser Ebene aber durchaus anerkannt als Europa-League-Sieger und dank des Engagements von Axel Hellmann. Andere Klubs hingegen haben nur wenig Aufmerksamkeit erhalten“, so der Rekordspieler der Bundesliga. Das sei nicht mehr seine Fußball-Welt. Daher habe er auch großen Respekt vor dem FC Bayern, „der diesen Spagat immer noch schafft: in der Liga der Allergrößten mitzuspielen und trotzdem eine gewisse Bodenständigkeit beizubehalten. Sicher auch durch die handelnden Personen wie Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. Deshalb bin ich auch ein Stück weit Bayern-Fan. Uli ist ein herzensguter Mensch, den du Tag und Nacht anrufen kannst. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.“

Körbel äußerte sich außerdem zu den aktuellen Entwicklungen des Fußballs und vor allem vieler Transfers nach Saudi-Arabien, wo viele Spieler mit teils horrenden Summen gelockt werden. Dabei gab er wieder eine Anekdote preis. Er selbst wollte mal aus finanziellen Gründen wechseln, damals zu Fenerbahce Istanbul, was aber nicht zustande kam. „Ich sage: Ich hatte kein Glück, sondern einen Schutzschirm. Wie so oft in meinem Leben. Während meiner Karriere war mir das noch nicht so bewusst. Aber inzwischen weiß ich durch meinen Glauben, welche Kraftquelle Jesus Christus für mich gewesen ist. Und dass er mich letztlich den Weg hat gehen lassen, der für mich der richtige war. Deshalb stehe ich jetzt auch öffentlich sehr gerne für meinen Glauben ein. Und ich freue mich, dass andere das genauso tun, zum Beispiel große Trainer wie Jürgen Klopp oder Marco Rose.“ Es sei für ihn wichtig, für seine Werte einzustehen.

„Ein Negativbeispiel war für mich das Auftreten des DFB in Katar. Das hätte ich als Spieler nie mit mir machen lassen. Unsere Spieler haben sich den Mund zugehalten – warum haben sie ihn nicht aufgemacht? Genauso hätten wir beim Thema mit der Binde Flagge zeigen müssen. Irgendwas hätte ich gemacht oder wäre vielleicht abgereist. Die Außendarstellung war für mich eine riesige Enttäuschung, das verüble ich auch vielen Funktionären: dass man versucht hat, sich durchzumogeln, indem man halt ein bisschen was macht, statt geradlinig für unsere Werte einzustehen. Entweder fahren wir eine Linie oder wir lassen es“, zeigte sich der 68-Jährige hier verärgert.

Trotzdem gebe es beim DFB auch andere Beispiele: „Ein Vorbild ist in meinen Augen auch Rudi Völler, ein Garant für Glaubwürdigkeit. Ich finde es cool, dass er Verantwortung übernimmt für den deutschen Fußball in dieser Situation vor der EURO im eigenen Land und einen Schutzschild bildet für Julian Nagelsmann als Bundestrainer. Es ist kein Zufall, dass Rudi mit einem einzigen Länderspiel gegen Frankreich einen echten Stimmungswandel eingeleitet hat. Die Leute glauben ihm einfach, auch wenn er wie wir alle mal Fehler macht und übers Ziel hinausschießt. Der Rudi ist der Rudi, das ist entscheidend. Er handelt nach seiner Überzeugung und nicht danach, wie etwas bei bestimmten Interessensgruppen ankommt. Genau solche Vorbilder brauchen wir. Im Fußball und in der Gesellschaft generell.“

Traditionsmannschaft als besonderes Objekt

Ab und zu schnürt sich auch Körbel noch die Fußballschuhe. (Foto: IMAGO / HMB-Media)

Er selbst versuche seinen Weg mit den oben genannten Werten zu gehen – auch als Organisator der Traditionsmannschaft der Eintracht. Ein Projekt, das ihm viel bedeute: „Eintracht in der Region, das ist mein Familientreffen, meine Kraftquelle. Wir haben jetzt einen Kreis von 75 Spielern aus unterschiedlichsten Generationen, die alle gerne kommen. Alex Meier, Chris, David Abraham, Anthony Yeboah, Ioannis Amanatidis, Lajos Detari spielen zusammen und erzählen sich alle ihre Geschichten von der Eintracht. Diese ganz besondere Eintracht-Tradition muss erhalten bleiben, und ich bin einfach wahnsinnig stolz, dazu beitragen zu können.“ Körbel betonte, dass der Vorstand dieses Projekt unterstütze: „Sie wissen ganz genau, wie wesentlich dieser Baustein für das Gebilde Eintracht Frankfurt ist, bei allen Herausforderungen, sich auch in der Moderne weiterzuentwickeln. Die Champions League ist irgendwann weg, die Europa League vielleicht auch. Aber die Tradition wird bleiben. Und die hält einen Verein und die Menschen zusammen.“ Daher sei für ihn klar, dass nicht Trophäen oder der finanzielle Erfolg das Wichtigste seien: „Das Schönste im Blick zurück sind für mich nicht die Erfolge oder Titel. Sondern das Miteinander, die Tatsache, dass die Freundschaften aus der Anfangszeit bis heute gehalten haben. Das versuche ich jetzt mit der Eintracht in der Region fortzuführen.“

Körbel unterstrich, dass er stolz auf seine Karriere zurückblicke – und im „Großen und Ganzen“ nicht viel ändern würde: „Als Bestätigung empfinde ich, dass ich zwar auch kritisiert wurde – aber nie demontiert. Man hat mir immer abgenommen, dass ich mein Bestes gebe für die Sache, für den Verein. Auch wenn ich kein Superstar war. Das gibt mir die Gewissheit, heute mit fast 70 Jahren hier zu sitzen und zu sagen: Es hat sich gelohnt!“

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4 Kommentare

  1. Der treue Charly, danke für über 50 Jahre Treue zu unserer SGE, das mit Katar fand ich ein ganz starkes Statement, es erinnert mich an Bisserl an die Suppenkasper Affäre. Nur über den FC Bauern Hühnchen müssen wir nochmal reden Charly, erst Katar Airways und jetzt haben sich die Spitzen dieses Vereines ob des Überfalles auf friedliebende Christen in Israel aus der Welt der Vereine die sich für Vielfalt und für das Existenzrecht von friedlichen und friedliebenden Menschen leider verabschiedet !!!

    #FürFriedenundEintrachtalleSGEben

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  2. Alles top, wie immer. Von mir aus auch die (man muss es leider sagen, auch wenn ich mir nachher den Mund mit Seife waschen muss) Wertschätzung für den FCB und was Rummenigge und Höneß die letzten Jahrzehnte aufgebaut haben. Nur die starke Betonung der Religion stößt mir auf. Ok, er glaubt halt dran. Aber die Werte, die wir (dehnbarer Begriff; also sagen wir mal ich) hier (dehnbarer Begriff; also sagen wir mal in Europa) heute leben, stammen zwar aus einer christlichen Tradition, wurden aber erst mit der Aufklärung transparent und universal. Ohne Aufklärung war auch das verlogener Dreck. Sorry. Und Aufklärung bedeutete eben auch die neutrale Analyse und Auseinandersetzung mit Religion und in vielen Bereichen das Loslösen davon. Bitte den Glauben nicht so in den Vordergrund stellen.

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  3. Ich zieh den Hut vor unserem Charly.

    Ich hatte teilweise Gänsehaut beim Lesen. Bis zu dem Absatz zum FCB. 😉 Nein, Scherz beiseite. Charly Körbel war und ist ein toller Mensch und Fußballer. Ein Vorbild durch und durch.

    Leider wird es solch einen Spieler wohl nicht mehr geben.

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  4. Ach Charly, sowas wie damals passiert gerade die letzten zwei Wochen jeden Tag! Und NEIN, die AFD hat damit, egal wie man zu ihr steht, überhaupt nix damit zu tun! Diesen Hass hat man sich importiert!
    Davor kann man nach wie vor die Augen verschließen, aber dann braucht man sich nicht zu wundern! Und schon gar nicht diejenigen in Misskredit zu bringen, die eben genau davor gewarnt haben!
    Und jetzt allesamt auf den Daumen runter! Bedenke, Schwarz und Weiss sind die einzig wahren Farben. aber Schwarz und Weiss Denke ist einfach daneben!

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