Haris Seferovic: Neustart nach der Schocktherapie?

Haris Seferovic hat lange geschwiegen. Der sonst in Interviews und sozialen Netzwerken hyperaktive Schweizer verordnete sich selbst nach dem Eklat in der Halbzeitpause des Spieles gegen den VfL Wolfsburg eine – freiwillige oder unfreiwillige – mediale Pause. Und das war gut so, denn in den letzten Wochen kam für den emotionalen Seferovic einiges zusammen: die Auswechselung gegen die Wölfe, der öffentliche Rüffel von Trainer Veh, das Unverständnis von Seiten der Fans und die Verbannung auf die Ersatzbank. In Augsburg gewährte ihm der Coach ein paar Minuten Einsatz am Ende des Spiels, gegen Stuttgart blieb er 90 Minuten draußen und in Köln hatte er nach seiner Einwechselung in der 60. Minute einen rabenschwarzen Tag (SGE4EVER.de-Note: 5). Hinzu kam die Diskussion über einen möglichen Abschied aus Frankfurt, das Bangen um die Nationalmannschaftsnominierung für die Europameisterschaft und zuletzt Gerüchte um Disziplinlosigkeiten, bei denen auch immer wieder der Name Seferovic genannt wurde.

Im Winter wollte die Eintracht das Offensivspiel mit vier Neuverpflichtungen verbessern – und der Schweizer Nationalspieler schien das Opfer dieser Neuformation zu werden. Die Überlegung, mit zwei Spitzen anzutreten, war zu den Akten gelegt worden und hinter Alex Meier kämpften mehrere Spieler um die begehrten Plätze – von Seferovic, der mit seiner neuen Frisur nur noch mühsam von Huszti zu unterscheiden ist, war mehrere Wochen lang keine Rede mehr.

Ende Februar sieht die Welt jedoch wieder ganz anders aus: Die Hoffnungen auf die neu verpflichteten Spieler sind geschwunden: einzig Marco Fabián verspricht, eine Verstärkung für die Rückrunde zu werden. Da der Trend der Eintracht gegenwärtig nach unten zeigt, scheint sich Trainer Veh auf den Kader der Hinrunde zu besinnen, und damit kommt auch Haris Seferovic wieder ins Spiel. Unter den Augen des Schweizer Nationaltrainers Vladimir Petkovic wurde Seferovic nach der Halbzeit für den völlig indisponierten Szabolcs Huszti eingewechselt und konnte überzeugen. Mit seiner Schnelligkeit, seiner Laufbereitschaft und Willensstärke brachte er Qualitäten mit, die dem Team 45 Minuten lang gefehlt hatten. Petkovic, der viele Sky-Zuschauer damit irritierte, dass er in einem Interview in der Halbzeitpause Seferovic mit dem Hamburger Drmic verwechselte, sah das laut “Bild” genauso: “Haris hat gezeigt, dass er Frankfurt helfen kann. Er muss jetzt einfach so weiter machen. Ich denke, er hat kapiert, was passiert ist.” Eine Verbannung auf die Ersatzbank als erzieherische Maßnahme? Petkovic ist davon überzeugt, dass sie notwendig war: “Das war eine Schocktherapie. Sie war ganz gut für ihn. Als junger Mensch kann er Fehler machen, aber er muss dazu stehen und daraus lernen.”

Seferovic hatte deutlich mehr Ballkontakte als beispielsweise Stefan Aigner, biss sich in jeden Zweikampf und war sichtlich bemüht, eine Reaktion zu zeigen. Sein schönes Zuspiel auf Aigner hätte sogar fast die Führung gebracht. Auf Seiten der sportlich Verantwortlichen weiß man – trotz aller Querelen – um den Wert von Seferovic für die Mannschaft. Sportdirektor Bruno Hübner lässt deshalb auch keinen Zweifel: “Wir können es uns gar nicht leisten, Haris links liegen zu lassen.”

Und was sagt Seferovic selbst dazu? Er gibt sich nach wie vor ungewohnt schmallippig und bescheiden: “Es kann noch besser werden. Ich arbeite weiter an mir, um so viele Einsätze wie möglich zu bekommen.”

Ach ja: Haris Seferovic hat heute Geburtstag. Wir gratulieren herzlich und wünschen ihm und uns, dass wir bald wieder den Haris sehen, der uns mehr als ein Jahr lang begeistert hat.