Bisher haben wir uns in zwei Diskussionsbeiträgen auf Spurensuche begeben, wo es in dieser Saison bei der Eintracht hakt und welche Stellschrauben verändert werden können, um das Spiel der SGE zu verbessern. Im ersten Teil wurden die Rolle von Alex Meier und die Positionen im Mittelfeld auf den Prüfstand gestellt. Teil 2 widmete sich der Taktik der Eintracht und ihres Trainers Thomas Schaaf. Heute wollen wir uns einem besonders heiklen Thema annehmen: der Abwehr von Eintracht Frankfurt.
Bevor wir die einzelnen Spieler und ihr Verhalten im Mannschaftsgefüge betrachten, sollten wir uns vergegenwärtigen, was eine gute Abwehrleistung ausmacht: Neben der individuellen Qualität der einzelnen Spieler im Hinblick auf Zweikampf- und Kopfballstärke, Grundschnelligkeit, Beweglichkeit und Auffassungsvermögen sind dies in erster Linie Koordinationskompetenzen: eine gute Abstimmung zwischen den Mannschaftsteilen und der Abwehrspieler untereinander, eine geschickte Raumaufteilung, um Räume und Schnittstellen zu beherrschen, Positionswechsel, variables Aufbauspiel – um nur die wichtigsten Anforderungen zu nennen. Abwehrreihen, die über einen längeren Zeitraum zusammenspielen, entwickeln ein “blindes Vertrauen”, verstehen sich ohne laute Kommandos oder befolgen die Ansagen ihres Abwehrchefs.
Erinnern wir uns kurz an die von Trainer Schaaf vor der Saison ins Auge gefasste Abwehrformation: In der Innenverteidigung vor Torhüter Kevin Trapp setzte er auf Bamba Anderson und Carlos Zambrano; die Außenverteidigerpositionen sollten Constant Djakpa und Timothy Chandler bekleiden.
In dieser Aufstellung ist die Eintracht allerdings kein einziges Mal aufgetreten. Zunächst fiel Chandler verletzt aus und wurde auf der rechten Seite von Aleksandar Ignjovski ersetzt. Anderson und Zambrano liefen nur dreimal gemeinsam aufs Feld; zunächst hatte Anderson mit kleineren Verletzungen zu kämpfen, dann zog sich Zambrano einen schweren Außenbandriss zu. In der Innenverteidigung bemühten sich seitdem Marco Russ und Alexander Madlung an der Seite von Anderson – manchmal auch gemeinsam. Djakpa spielte die ersten vier Spieltage, zog sich dann einen Kreuzbandriss zu und muss seitdem zusehen, wie Bastian Oczipka ihn mehr schlecht als recht vertritt. Einmal durfte sogar der 18-jährige David Kinsombi auf der linken Außenbahn antreten. In jedem der bisher elf Saisonspiele stand zu Beginn eine andere Abwehrreihe auf dem Platz. Da passt es trefflich ins Bild, dass mit Kevin Trapp auch noch der Mann hinter der Abwehr langfristig ausfiel. Ohne Zweifel lässt sich in dem Verletzungspech die erste Ursache für die Anfälligkeit des Frankfurter Deckungsverbunds identifizieren.
Eine zweite Ursache steht damit in einem engen Zusammenhang: Die Abwehr ist nicht eingespielt, ständig wechselnde Formationen mussten sich immer neu finden und an unterschiedliche Laufwege gewöhnen.
Die dritte Ursache können wir gleich ergänzen: der Ausfall unseres Abwehrchefs. Wurde Zambrano in der Vergangenheit von manchem Eintracht-Fan durchaus auch kritisch gesehen, so weiß man seit dem 8. Spieltag, was man an dem Peruaner hat. Ohne ihn verlor die SGE fünf Pflichtspiele in Folge. Der Mannschaft fehlt allerdings nicht nur seine Zweikampfstärke und seine Präsenz in der Abwehrkette, sondern auch seine Unterstützung für die wechselnden, aber allesamt nicht überzeugenden Vertreter auf der rechten Außenbahn.
Mit den Außenverteidigerpositionen ist die vierte Ursache benannt. Ignjowski sieht seine Rolle eigentlich im defensiven Mittelfeld, wurde aber in den ersten drei Partien als Vertreter des verletzten Chandler in der Viererkette benötigt. Er zeigte anfangs keine restlos überzeugenden, aber akzeptable Leistungen. Auch wenn von ihm ganz selten Impulse in der Offensive gesetzt wurden, gelang es ihm zumeist – unterstützt von Zambrano -, seine Seite dicht zu machen. Ab dem 4. Spiel kehrte Chandler zurück, hatte aber sichtlich Mühe, sich in der neu formierten Abwehrformation der Hessen zurecht zu finden. Eine wiederholte Verletzung des US-Amerikaners zwang Schaaf, wiederum auf Ignjowski zurückzugreifen – ein Vertrauensvorschuss, den der Serbe mit zum Teil haarsträubenden Leistungen entlohnte (ich erinnere nur an das Spiel gegen Stuttgart). Chandler scheint das Duell der beiden Wackelkandidaten erst einmal gewonnen zu haben.
Auf der linken Abwehrseite zeigte Djakpa vier Spiele lang das, was man von ihm kennt: Einsatz, Kampfkraft, Technik, überraschende Pässe, aber auch Flanken in Hüfthöhe und manch unverständliche Ballverluste. Und wie für Zambrano gilt auch für ihn: Wir haben mittlerweile schätzen gelernt, was wir an ihm haben. Seinem Vertreter Oczipka fehlt es an der Grundschnelligkeit und am Biss im Zweikampfverhalten. Seine unbestrittene Ballfertigkeit und Stärke beim Flanken kamen kaum zur Geltung; von Spiel zu Spiel wurde er nervöser und leistete sich viele einfache Ballverluste. Vor allem im Zusammenspiel mit Takashi Inui wurde die linke Frankfurter Seite zum Einfallstor für gegnerische Konter.
Kommen wir zur Innenverteidigung, der Ursache Nummer fünf. Neben Zambrano fiel auch Anderson, die zweite vermeintlich “sichere Bank”, wiederholt aus, sodass Marco Russ immer wieder nach hinten rücken musste. Russ fühlt sich jedoch mittlerweile im defensiven Mittelfeld spürbar wohler, da dort seine fehlende Antrittsschnelligkeit und Defizite in der Ballbehandlung nicht so zum Tragen kommen. Wenn auch noch Madlung – der Not gehorchend – in die Innenverteidigung integriert wurde, gewann unsere Abwehr zwar nahezu jedes Kopfballduell, bot dem Gegner aber Lücken und Räume, in die schnelle, wendige Angreifer problemlos hineinstoßen konnten (erneut als besonders schlimmes Beispiel: das Spiel gegen den VfB Stuttgart).
Als seien Ursache 4 und 5 alleine nicht schon schlimm genug, bildeten sie im Zusammenspiel Ursache Nr. 6: die fehlende Abstimmung der Außen- und der Innenverteidigung. Ich erinnere an Oczipka, der schlafmützig wiederholt Abseitsstellungen auflöst, an hoch stehende Außenverteidiger, die vorne verteidigen wollen, aber fehlpassbedingt ihren Gegenspielern nachlaufen müssen, an handwerkliche Fehler beim rechtzeitigen Einrücken … Ich muss mich zügeln, denn wir sind bereits bei
Ursache 7: den unzähligen leichtfertigen Ballverlusten. Zugegeben: Dieses Problem betrifft die ganz Mannschaft, vor allem auch das defensive Mittelfeld und die offensiven Außenpositionen (Inui, Piazon). Aber insbesondere Oczipka und Ignjovski haben manche Eintracht-Fans in den letzten Wochen schier zur Verzweiflung getrieben.
In engem Zusammenhang mit den Abspielfehlern sind die Defizite im Aufbauspiel (Ursache 8) zu sehen. Wohlgemerkt: die Defizite der Abwehrspieler, die allerdings keineswegs allein für den holprigen Aufbau nach vorne verantwortlich sind. Nach der Verletzung von Zambrano beschränken sich die meisten Innenverteidiger auf hohe Bälle ins Nichts, und das Aufbauspiel der Außenbahnspieler wurde unter Ursache 4 bereits ausführlich dargestellt.
Zur Ehrenrettung der Abwehrkette darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass sie zumeist hinter einem unsicheren defensiven Mittelfeld agieren (Ursache 9), das zu den unter Ursache 7 und 8 beschriebenen Problemen erheblich beiträgt. Da auch die offensiven Außenbahnvertreter nicht selten ihre Defensivaufgaben vernachlässigt haben (Ursache 10), sahen sich die Außenverteidiger mehr als einmal einer erdrückenden Übermacht gegenüber.
Wie lassen sich die Probleme angehen? Die verletzten Djakpa und Zambrano werden erst im Laufe der Rückrunde wieder ins Spielgeschehen eingreifen können. Neue Spieler, die sofort weiterhelfen, sind in der Winterpause schwer zu bekommen und werden vermutlich eher für das defensive Mittelfeld verpflichtet werden. Vereinzelt wird eine Systemumstellung hin zu einer Dreier- oder Fünferkette (mit drei Innenverteidigern) oder sogar die Wiederbelebung des verloren geglaubten Liberos ins Spiel gebracht.
Fazit: Ich möchte dem Forum die Diskussion dieser Varianten überlassen, erlaube mir aber im Hinblick auf eine Gesamtbewertung an die oben geschilderten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Abwehrarbeit zu erinnern. Insbesondere das Verletzungspech bei den Defensivkräften hat der SGE zugesetzt und eine kontinuierliche Abstimmung verhindert. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass eine eingespielte, nicht ständig wechselnde Abwehrreihe, die von Verletzungen verschont bleibt, dem Spiel der Eintracht Stabilität, Ruhe und Sicherheit verleihen würde.
9 Kommentare
Ich bin mit nicht ganz sicher, aber sagt die Statistik nicht das wir ohne Zambrano in all den Jahren nur 1 Spiel gewonnen haben?! Das sagt doch eigentlich alles über unsere Abwehr.. Da er aber so schnell nicht wieder kommt sollte man wie schon beschrieben nicht alzu oft tauschen Anderson und Russ(ich kann Marco auch nicht mehr auf der 6 sehen) in der Innenverteidigung und dann rechts Chandler und und links die obergurke Bastian. Es ist echt bitter das Constant und Carlos ausfallen, aber wie gesagt man sollte das beste draus machen.
Eine andere Option ist, dass man einfach mal Hasebe hinten recht stellt. Klar fehlt dann wieder einer im Mittelfeld, aber ich glaube der würde wie in Wolfsburg seine Sache dort gut machen. Aber unser defensives Mittelfeld ist echt nicht berauschend.
Das hatte ich eben vergessen zu schreiben.. Falls Makoto auf der rechten Seite spielt dann bitte auch Flum ins defensive Stellen (das hätte ich in der letzten Saison nie gesagt, aber wir brauchen irgendwie frischen Wind auf der Position).
Sehr gut. Ich finde hier wurde genau erläutert woran es liegt.
"Wie lassen sich die Probleme angehen?"
Mit dem zur Verfügung stehenden Personal gar nicht. Die zweite Garnitur ist zu schlecht. Im Winter bekommt man auch nichts was weiter hilft. Wir können nur auf die Rückkehr der Verletzten hoffen.
Schalke will im Winter anscheinend paar Spieler loswerden: Obasi, Barnetta, Fuchs, Clemens
potentiell interessant für uns, besonderns Fuchs, könnte Linksverteidiger und linkes Mittelfeld spielen, genau unsere Problempositionen...
Schau mal da.
http://www.weltfussball.de/spielbericht/freundschaft-2014-november-japan-honduras/
Doch nicht so schlecht ?
Also bitte, was willste mit einem Fuchs der ist altersbedingt genauso " Schnell, körperlich wie geistig) wie unser Bastian O.
@DerKritiker: Sehe da eher den Namen Christian Clemens als interessant an. Flexibel auf den Flügeln einsetzbar und vielleicht - dies sollte aber genauesten (!!) geprüft werden - als Außenverteidiger aufbaubar?
Die Wahrscheinlichkeit ein Spiel zu gewinnen ohne Zambrano liegt bei 25%.
Die Wahrscheinlichkeit ein Spiel zu gewinnen ohne Zambrano aber mit OCZIPKA liegt bei 5%.
Die Wahrscheinlichkeit mit 12 Punkten in der Vorrunde abzusteigen liegt bei 99%.
Die Wahrscheinlich das Inui und Piazon noch mal ein Tor schiessen liegt bei 0%.
Die Wahrscheinlichkeit das Heribert Thomas entlaesst liegt bei 0%.
Die Wahrscheinlichkeit das wir nicht absteigen liegt momentan noch bei 50% .
Die Wahrscheinlichkeit das wir gegen Gladbach so spielen werden liegt bei ....
...................................Wiedwald
............... Russ....... .............. Bamba
Medojevic...................................................Chandler
................................Stendera
..........Aigner...................................Kinsombi
............................... Kittel
............Seferovic. .........................Meier
Aus meiner Sicht ist es müßig darüber zu diskutieren was wäre wenn, wenn wir mit unserer vermeintlichen Bestformation spielen würden, denn dass wird bis Ende April nicht passieren und dann kommen wieder die dicken Brocken. Die Lage ist viel zu Ernst, aber die verantwortlichen blenden das aus. Klar sagen sie, es wird eine schwierige Saison, aber dann haben sie "hundert" Argumente warum wir drin bleiben. Wenn sich im Winter nichts entscheidenes hauptsächlich in der Trainerfrage tut, wird es schwierig zwei, drei schlechtere Systeme und Mannschaften zu finden. Leider musste ich vor kurzem ja lernen, dass Bruchhagen den Trainer Schaaf durchdrückte, also wird es hier keine Änderung geben und somit wenig Hoffnung auf Klassenerhalt.
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