Flo: „Alter, was geht denn hier ab? Wir führen einfach 2:0 in Barcelona. Träume ich?“ So oder so ähnlich waren sicher meine Gedanken in der Halbzeit. Und irgendwie, obwohl ich mir oft einreden musste, dass ja noch 45 Minuten und vielleicht mehr zu gehen ist, drifteten meine Gedanken an das Halbfinale. Im anderen Viertelfinale war die Sache recht klar, also ging es direkt mit dem Handy auf die Flugseiten und ich buchte – mit viel, viel Hoffnung und noch mehr Vorfreude – einen Flug nach London.
Aber jetzt ging es erstmal weiter. Barca kam natürlich mit dem Messer zwischen den Zähnen raus, aber mit viel Glück und noch mehr Können hielt die SGE-Defensive stand. Und in der 67. Minute wurde es dann noch besser: Der an diesem Tag überragende Filip Kostic schweißte einen Ball von halblinks ins lange Eck – und die SGE führte 3:0. In Barcelona. Drei zu Null. Kann mich mal jemand zwicken? Jep, machte Barca selbst. Aber an diesem Tag lief einfach alles und ein Tor von Sergio Busquets wurde wegen Abseits aberkannt. Erst ganz spät – als selbst ich nicht mehr nervös wurde, traf Barca zweimal.
Der Party im Block tat das aber keinen Abbruch. Einem „Einer geht noch, einer geht noch rein“ folgte ein „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ und natürlich ein „Im Herzen von Europa“. Und dann, nach 99 langen Minuten pfiff der Schiri ab. Der Jubel war natürlich riesig und ich muss zugeben, dass bei mir und meinen Leuten, mit denen ich seit Jahren zum Fußball fahre, Tränen geflossen sind. Tränen des Jubels, der Erleichterung und des Stolzes. Eintracht Frankfurt, meine Eintracht, hat gerade eben einfach mal den großen FC Barcelona aus dem Europapokal geworfen. Und dann kam mir wieder mein Satz in den Sinn: „Leute, wie geil wäre eigentlich Barcelona?“ – daraus wurde an dem Abend: „Leute, wie geil war eigentlich Barcelona?“
Cettina: Gut, dass du die zwei Tore von Barcelona noch mal erwähnt hast, weil in meiner Wahrnehmung waren die so gut wie gar nicht vorhanden. Der Treffer von Busquets ging komplett unter, da ich zu dem Zeitpunkt gerade mit Fans der Heimmannschaft diskutiert habe, die uns erzählen wollten, dass wir einem Verein wie Barcelona mehr Respekt zollen sollen. Ihr könnt euch vorstellen, welch heftigen Lachanfall dass bei mir ausgelöst hat. Auch das späte Tor von Memphis Depay habe ich nur ganz am Rande mitbekommen, da ich da schon weinend in einer Jubeltraube stand. Ich weiß nicht mal mehr ganz genau, wann ich das Stadion wirklich verlassen habe, aber nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich mit einem Pärchen aus meinem Bus raus und von dort aus direkt in die Arme anderer Frankfurt-Fans gerannt. Eigentlich wollten wir nur zurück zum Hotel, um die Afterparty mitzunehmen, aber der Rückweg stellte uns vor große Herausforderungen.
Unser Hotel war knapp fünf Kilometer vom Stadion entfernt und nachdem wir Barca aus dem Europapokal gekickt haben, wollten uns die Taxifahrer nicht mehr mitnehmen. Die meisten zeigten uns den Mittelfinger und beschimpften uns, doch das führte nur zu einem breiten Grinsen auf unseren Gesichtern und so machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Zwischendurch trafen wir immer wieder auf weiß gekleidete Frankfurter, die singend und lachend auf Bürgersteigen, Bänken und Grünflächen saßen und bei jeder kleinen Gruppe hielten wir an, umarmten uns, jubelten zusammen und tranken immer wieder ein Schlückchen vom Wegbier.
Gegen 2:30 Uhr kamen wir endlich am Hotel an und obwohl unsere Beine weh taten, der Magen knurrte und auch die Busfahrt noch in den Knochen lag, verwandelten wir die Lobby des Hotels in eine Frankfurter „Fanmeile“. Die Party erreichte ihren Höhepunkt kurz vor Sonnenaufgang, als sich irgendwie herumgesprochen hatte, dass bei uns noch gefeiert wird und dadurch immer mehr Fans vorbeikamen. Gott sei Dank hatten wir noch mehrere Paletten Bier und Apfelwein von der Hinfahrt übrig und so konnte die Feier noch bis 7:00 Uhr fortgesetzt werden. Danach fielen auch die Letzten ins Bett, um zumindest ein Stündchen Schlaf abzubekommen, bevor es wieder mit dem Bus nach Deutschland ging. Die Heimfahrt war wesentlich ruhiger, da die meisten Mitreisenden unter akutem Schlafmangel litten und das Erlebte erstmal verarbeiten mussten. Doch auf jedem Parkplatz trafen wir andere Anhänger der SGE und spätestens dann wurde wieder wild gesprungen und ein lautes „Oh Eintracht Frankfurt Schalalalalala“ angestimmt. So ging das ganze 24 Stunden weiter, bis wir endlich vollkommen fertig aber rundum glücklich Zuhause ankamen.
3 Kommentare
Danke für diesen Artikel! Herrlich!
Top. Ich war leider nur live am Fernseher dabei. Ich habe mir die Wiederholung dann ungläubig immer und immer wieder bis früh in die Morgenstunden gegeben. Neben dem 5:1 gegen Kaiserslautern durch Jan Aage mit dem Nichtabstieg in letzter Sekunde eines meiner absoluten Eintracht-Highlights seit 1975 weil völlig unerwartet.
Geiler Artikel:-)
Einer der schönsten Abende als Eintracht Fan! Wird sicherlich nie vergessen werden, auch nicht beim ach so großen FC Barcelona haha. Wir gehören nun quasi auch zur Barca Historie, ob sie es so wollen oder nicht.
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