Bruno Hübner und Eintracht Frankfurt scheinen inzwischen so eng miteinander verwachsen zu sein, dass man sich kaum vorstellen kann, dass es mal eine Zeit vor dem emsigen Sportdirektor gab. Der Abstieg 2011 tat weh und wurde, nach nur einem Sieg in einer ganzen Rückrunde, als große Demütigung empfunden. Die Fans der Hessen litten und es dauerte seine Zeit, bis das Vertrauen in die Mannschaft wieder zurückgekehrt ist. Mit der richtigen Transferpolitik sorgte Bruno Hübner dafür, dass nichts mehr an den Sommer 2011 erinnert, außer die wertvollen „Überbleibsel“ Alex Meier, Pirmin Schwegler, Sebastian Jung und Sebastian Rode. Ansonsten wurde der viel zitierte Satz „jeder Stein wird umgedreht“ zur Maxime erhoben.

Dies hatte zur Folge, dass Hübner inzwischen knapp 80 Transfers in seiner zweijährigen Amtszeit getätigt hat. „Als ich angefangen habe, waren wir in die zweite Liga abgestiegen. Da stand ein Umbruch an, den wir mit einigen neuen Spielern eingeleitet haben. Einige davon, das wussten wir, können uns nur temporär helfen. Mit der Rückkehr in die erste Liga war der nächste Schritt notwendig. Dass wir uns so schnell in der Bundesliga etabliert und auf Anhieb die Qualifikation für die Europa League geschafft haben, machte die Kadergestaltung noch ein bisschen komplizierter: Wir mussten uns plötzlich qualitativ auf einem ganz anderen Level umsehen. Eintracht Frankfurt gehört nicht zu den Vereinen, die alles zahlen können. Deswegen mussten wir bei manchen Transfers einen Kompromiss eingehen. Wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, muss man auch ein kalkulierbares Risiko eingehen„, erklärt der Sportdirektor den Werdegang im Interview mit der FAZ. Bruno Hübner ist stolz, dass sich inzwischen ein Spieler der Kategorie Tranquillo Barnetta den Hessen im besten Fußballalter anschließt: „Wenn solche Spieler mit dieser Qualität finanziell machbar sind, muss Eintracht Frankfurt in so einer Situation einfach zuschlagen. Barnetta kann uns auf jeden Fall weiterhelfen, seine Standards zum Beispiel sind klasse. Außerdem verstärkt er mit seiner Erfahrung unseren Kader, von dem noch niemand sagen kann, wie er die Dreifachbelastung wegsteckt.“

Aufgrund der Europa League Qualifikation werden die Frankfurter inzwischen anders wahr genommen. Dies bekam der Sportdirektor bei Verhandlungen auch schon zu hören: „Grundsätzlich sagen mir meine Gesprächspartner immer, wenn wir verhandeln, dass ich nicht so viel jammern sollte. Dann heißt es, die Eintracht sei schließlich ein gestandener Bundesligaklub und könne sich schon etwas leisten.„. Es bedarf der typischen Überzeugungskunst Hübners, um die Realität aufzuzeigen:  „Oftmals sind die Herren auf der anderen Seite der Tische dann doch überrascht, wenn sie hören, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Unsere vergleichsweise bescheidenen Möglichkeiten werden bei den Finanzstarken immer mit Skepsis betrachtet. Aber es ist korrekt, wir werden neuerdings anders wahrgenommen. Die Eintracht gilt mittlerweile als ernstzunehmender Konkurrent, der zum Beispiel bei angestrebten Leihgeschäften nicht mehr mit dem früheren, teilweise vorhandenen Entgegenkommen rechnen kann. Es ist durch das Erreichen des sechsten Platzes in der letzten Runde eine neue Schwierigkeitsstufe auf dem Transfermarkt für uns hinzugekommen.“

Hübner wird in den Kreisen der Eintracht immer wieder dafür gelobt, dass er die Sprache der Jugend spreche. Das größte Kompliment für die Tüchtigkeit des Sportdirektors gab es wohl von Christian Heidel, Manager vom FSV Mainz 05: „Egal, wo ich anrufe, Bruno hat auch schon angefragt.“ (Frankfurter Rundschau, 21. Mai 2013). Bruno Hübner besitzt ein exzellentes Netzwerk und vor allem eine hohe Überzeugungskraft: „Wir wollen bei Transfers künftig früher dran sein als mancher Mitbewerber und so eine Entscheidung zu unseren Gunsten ermöglichen, obwohl wir eben nicht alle Summen zahlen können. Deswegen ist es wichtig, dass man ein gutes Gespür für die Spieler hat, sie charakterlich gut einzuschätzen lernt, um unter Zeitdruck zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Da kann es nicht schaden, wenn man weiß, wie man dieser Profigeneration helfen kann, was in ihren Köpfen vorgeht.“

Nach der Transferphase ist vor der Transferphase. Auch jetzt werden schon wieder neue Ziele anvisiert, die aber noch nicht realisiert werden können: „Jetzt gibt es schon Überlegungen. Wer etwas erreichen will, muss schnell sein. Natürlich dürfen wir momentan noch niemanden offiziell ansprechen, sondern erst im Januar, so wie es die Statuten des DFB vorsehen. Aber die Konzepte und Ideen, was wir möchten und mit wem wir es realisieren wollen, entstehen selbstverständlich schon. Dazu kommen erste Trainingsbeobachtungen und Analysen – all das verbessert die eigene Position.“ Auch die Überlegungen, ob man mit einem Spieler aus den eigenen Reihen Kasse machen könne, spielt eine Rolle. Es Abgang dürfe das Team aber nicht über Gebühr strapazieren.

Erstaunlich gelassen sieht Bruno Hübner den bevorstehenden Vertragsgesprächen entgegen: „Als Klub sollte man nicht zu früh Verträge verlängern, denn dann besteht die Gefahr, dass vielleicht eine Art Selbstzufriedenheit entsteht. Ich finde es sinnvoll, wenn in der Truppe eine notwendige Spannung herrscht, als wenn immer nur alle fröhlich sind. Wenn man mit der Leistung eines Spielers nicht zufrieden ist und es ihm frühzeitig sagt, hat er ein halbes Jahr Zeit, dies zu korrigieren. Er kann sich ständig selbst hinterfragen. Davon können beide Seiten profitieren.“ Bei Alex Meier erhofft er sich, dass dieser seinen Vertrag verlängert und die Vorteile, die ihm das Frankfurter Umfeld bietet, weiter zu schätzen weiß. Kein Nachteil wäre es sicher auch zu wissen, ob Armin Veh auch in der kommenden Saison noch Trainer ist: „Optimal ist natürlich, dass man weiß, wer der Trainer in der nächsten Saison ist.“ Hübner gibt aber abschließend auch etwas sehr wichtiges zu bedenken: „Man soll aber auch als Verein immer eine eigene Philosophie besitzen, wie die Mannschaft aussehen soll. Man sollte als Verein stark auftreten, denn wenn man mit einem Trainer immer nur für ein Jahr verlängert, würde das in der Konsequenz bedeuten, dass man auch mit den Spielern nur kurzzeitige Verträge machen darf. Das macht nur wenig Sinn!“

 

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9 Kommentare

  1. warum die überschrift ist top. lädt zum lesen ein und man denkt vorher noch drüber nach was denn jetzt schon wieder los sei!
    top beitrag und zusammenfassung des interviews.

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  2. Geht leider mehr in Richtung Fullquote als Zusammenfassung. Und die Überschrift – nunja.

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  3. @sgelg: Das war sicherlich nicht das Ziel ;-). Das inzwischen schon ein prägnantes Zitat eines Interviews als Überschrift so kritisiert wird, hätte ich nicht erwartet… Aber gut, man lernt nicht aus.

    Schade, dass dabei einige wirklich spannende Thesen untergehen. „Man soll aber auch als Verein immer eine eigene Philosophie besitzen, wie die Mannschaft aussehen soll“ ist z.B. ein solcher. Ich finde, dass wir inzwischen eine klar erkennbare Philosophie besitzen. Jeder der Transfers wurde nicht nur getätigt, weil der Trainer sie wollte, sondern weil sie einfach in das Konzept passen. Flexible, spielintelligente Spieler, die lückenlos in das System der Mannschaft passen und wodurch Ausfälle von Stammspielern scheinbar problemlos aufgefangen werden können. Und mit Barnetta wurde jetzt auch noch auf die Schwäche bei Standardsituationen reagiert.

    Das hat Sinn und Verstand und kann somit i.m.A. auch von einem anderen Trainer fortgeführt werden. Ich will damit nicht sagen, dass Armin Veh locker austauschbar ist – aber wenn ein neuer Coach kommen sollte, findet er ein stabiles Gerüst vor, welches Jahr für Jahr punktuell verstärkt wird und sich dann hoffentlich gemeinsam weiter entwickelt.

    Die Gespräche mit Bruno Hübner sind meistens, um noch auf die Kritik in Beitrag 4 einzugehen, so komplex, dass Zusammenfassungen seiner Zitate wohl zu sehr verfälschen würden, was er denn sagt. Man muss ihn sprechen lassen, seine Thesen zu interpretieren sollte jedem selbst offen gelassen werden!

    LG
    Christopher

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