Aljaksander Hleb ist auf und davon, die Eintracht schaut nur hinterher. (Quelle: imago images / Sportfoto Rudel)

Höchste Höhen, tiefste Tiefen. Das wissen wenige Vereine so gut zu vereinen wie die Frankfurter Eintracht. Heute wollen wir einen Blick auf ein mächtiges Tief werfen. Mit von der Partie sind Felix Magath, Oka Nikolov und ein alter Bekannter im falschen Trikot.

Es ist der Sommer nach der Jahrtausendwende. Am Main hat sich in der Saison 2000/2001 schon viel getan, bevor überhaupt Fußball gespielt wurde. Am 01. Juli 2000 wurde die Eintracht Frankfurt Fußball AG gegründet, Präsident des Vereins wird ein gewisser Peter Fischer. Die Liga startet mit einem Sieg gegen Unterhaching und einer 1:4-Niederlage gegen den 1. FC Köln. Dann, am 26. August 2000, ging es zur ersten Runde des DFB-Pokals nach Stuttgart. Der VfB in Runde eins? Nein, aber die Amateure des VfB Stuttgart. Nur 1700 Zuschauer verirrten sich zu der Partie ins Gottlieb-Daimler-Stadion, knapp 400 aus Frankfurt.

Die Eintracht findet nicht ins Spiel

Die Eintracht übernahm vom Anpfiff an das Spielgeschehen. Wie zu erwarten, zogen die Amateure sich tief zurück und ließen die Gäste spielen. Die Adlerträger spielten in der Zentrale mit Legende Alexander Schur, Christoph Preuß und Rolf-Christel Guie-Mien, doch so richtig in Trab kam das Trio nicht. Immer häufiger verstolperte man im Ballbesitz die Kugel, immer häufiger kam der Pass nicht beim Mitspieler an. Nach einer Viertelstunde kam der Ball zu Stuttgarts Youngster Aljaksandr Hleb, später für Arsenal und Barcelona aktiv. Er nahm Tempo auf, Frankfurts Markus Lösch und Horst Heldt versuchten ihn zu stellen, doch Hleb ließ beide stehen wie Slalomstangen im Training und fand mit einem Pass Stürmer Vaccaro in der Mitte – 1:0 für den VfB Stuttgart II. Schockstarre in den Reihen der Eintracht. Wild gestikulierte Magath am Spielfeldrand. Schur und Preuß versuchten im Mittelfeld die Fäden zu ziehen, doch vom Rest der Mannschaft kam nicht viel. Viel Ballbesitz war die Folge, doch kaum ein Pass fand den Weg in die gefährliche Zone vor dem Tor der Stuttgarter. Die SGE schob den Ball von links nach rechts, ohne eine Idee zu haben.

Reingestolpert

Nach gut einer halben Stunde kamen die Amateure des VfB mal wieder in Ballbesitz und konterten zügig. Mit drei einfachen Pässen war die komplette Frankfurter Hintermannschaft überspielt, Abwehrspieler Torsten Kracht kam viel zu spät nach hinten geeilt und Stuttgarts Schmiedel schob völlig frei zum 2:0 ein. Die Eintracht versuchte nun sich aufzubäumen. Gegen die zweite Mannschaft von Stuttgart wollte man sich nicht die Blöße geben. In der 39. Minute rollte der Ball hinaus zur Außenlinie, wo Heldt ihn mitnahm und mit einer Flanke Jan-Aage Fjörtoft suchte. Der Ball verrutschte ihm, die Flanke wurde immer länger, und prallte zur Überraschung von VfB-Torwart Chvalovsky gegen den Innenpfosten. Der Abpraller fand dann tatsächlich den Weg zu Fjortöft und der Norweger konnte nicht mehr verfehlen. So stolperte die Eintracht den Ball zum 2:1 Anschlusstreffer ein. Danach war Halbzeit und die Hessen mussten sich ordentlich schütteln. Die zweite Halbzeit konnte nur besser werden.

Notbremse zu Unzeiten

Magath musste etwas tun. Er brachte Marco Gebhardt und Gerd Wimmer für Erol Bulut und Alexander Schur. Die Eintracht begann die ersten Minuten etwas hoffnungsvoller. Souverän sah das nicht aus, doch könnte die Partie vielleicht noch gedreht werden? Wieder war es Youngster Hleb, der die hessischen Hoffnungen zerschlug. Nach Ballgewinn der Stuttgarter ging es blitzschnell: Hleb ließ Petar Hubchev links liegen, Lösch nahm die Verfolgung auf, konnte Hleb aber über 40 Metern nicht einholen. Lösch griff nach vorne, zog an Hleb um ihn zu stören, der Weißrusse taumelte und stürzte. Elfmeter für Stuttgart II und Rot für Lösch wegen einer Notbremse. Stuttgarts Vujevic verwandelte sicher zum 3:1. Die Hessen kamen nie in die Partie und nun führte eine Amateur-Mannschaft mit 3:1 gegen die Eintracht, die auch noch in Unterzahl agieren musste. Frankfurt hatte nun drei Möglichkeiten: aufgeben, nachgeben oder alles geben. Leider entschied die Mannschaft sich für ersteres.

Zum Abschuss frei

Na? Erkennt ihr den späteren Eintracht-Kapitän? (Quelle: imago images / Sportfoto Rudel)

Was nun folgte, war desaströs. Der VfB II war von nun an eindeutig besser und den Hessen in allen Belangen haushoch überlegen. Vujevic spielte an der Mittellinie einen Querpass und begann Richtung Tor der Eintracht zu sprinten. Die Frankfurter ließen ihn gewähren, lediglich Preuß heftete sich an seine Fersen. Der Ball kam zurück zu Vujevic, Preuß vermochte ihn nicht zu stoppen und der arme Nikolov musste sich erneut in einer Eins gegen Eins Situation geschlagen geben. 4:1. Was für eine Klatsche. Die meisten Fans dürften längst abgeschaltet haben und verpassten somit den Auftritt eines Mannes, der später das Trikot mit dem Adler tragen sollte. Im Theater wäre es der Schlussakt: Auftritt des Antagonisten. In der 78. Minute kam er in der Nähe des Frankfurter Strafraums an den Ball, umkurvte gekonnte Wimmer und drosch den Ball aus spitzem Winkel in die Maschen – 5:1 für Stuttgart. Ioannis Amanatidis, später Torjäger und Kapitän der Hessen, traf für die Stuttgarter Amateuer und der junge Grieche hatte Blut geleckt. In der 90. Minute segelte noch einmal eine hohe Flanke vor das Gehäuse der Eintracht. Der inzwischen eingewechselte Jens Rasiejewski kam zu spät und der, noch bartlose, Amanatidis nagelte den Ball humorlos per Volley unter die Latte. 6:1 hieß es am Ende. Der VfB Stuttgart II düpiert die SGE, der Kicker schrieb von einer „Riesenblamage.“ Es war die höchste Niederlage, die je eine Bundesligamannschaft gegen eine Amateur-Mannschaft hinnehmen musste.

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3 Kommentare

  1. Solche Berichte stimmen doch hoffnungsvoll…..und ich bin sicher, den allermeisten hier, war der Spieltag völlig fremd……
    (Ironie aus)

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  2. Und ich saß damals vor dem Radio, hörte HR1 und dachte nur noch: „ das kann doch alles nicht wahr sein“!!

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  3. Shit….das hatte ich eigentlich schon verdrängt gehabt! Das war wirklich extrem bitter…

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