Chen Yang (hier in einem späteren Spiel gegen die Hertha) bereitete beim 4:0 den ersten Treffer vor.
Chen Yang (hier in einem späteren Spiel gegen die Hertha) bereitete beim 4:0 den ersten Treffer vor.

Im November 1999, der sensationelle Klassenerhalt mit einem 5:1-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern lag gerade einmal etwas mehr als fünf Monate zurück, ging es für die Frankfurter Eintracht trotz teurer Einkäufe schon wieder gegen den Abstieg. Nach einem starken Saisonstart und der Tabellenführung nach dem 2. Spieltag war die Erfolgsserie der Mannschaft um Trainer Jörg Berger gerissen. Das Träumen von höheren Zielen wie dem Europapokal-Einzug hatte sich nach acht sieglosen Spielen in Serie erledigt. Die Realität im letzten Herbst des Jahrtausends hieß einmal mehr Überlebenskampf. Am 11. Spieltag reiste die Hertha aus Berlin zu einem richtungsweisenden Spiel an den Main. Auch die Charlottenburger – immerhin Champions League-Teilnehmer – lagen als Tabellenzwölfter weit hinter den eigenen Erwartungen zurück und erlebten bei den Hessen einen weiteren Rückschlag. Der 4:0-Heimsieg der SGE sollte allerdings keinen Wendepunkt einer verkorksten Hinrunde darstellen, sondern lediglich das letzte Hurra eines großen Frankfurter Trainers.

Der Eintracht war in dieser Partie ihre tiefe Verunsicherung anzumerken. Vor knapp 28 000 Zuschauern im Waldstadion zog sich die SGE weit zurück und überließ den ebenfalls nur wenig selbstbewussten Gästen das Spiel. Nach einer Anfangsphase ohne jegliche Torchancen war es der erste Konter der Gastgeber, der für den ersten Jubel im Rund sorgte. Der Chinese Chen Yang bediente Neuzugang Rolf-Christel Guié-Mien, der den Ball ohne Probleme an Ungarns späterem EM-Held Gabor Kiraly vorbei ins Tor schob (17.).

Es war der Auftakt in eine Phase, in der die Eintracht wahrlich nicht überragend spielte, dafür aber mit ungewohnter Effektivität glänzte. Ralf Weber ließ per Freistoß das 2:0 folgen (23.) und Jan-Aage Fjörtoft beendete seine Torflaute per Schlenzer – 3:0 (28.). Hertha war nach diesem Dreierschlag völlig konsterniert, während die Eintracht sich nun einen seltenen Luxus erlauben konnte. Bereits nach 36 Minuten nahm Trainer Berger den erkrankten Guié-Mien vom Feld und brachte den jungen Patrick Falk.

Von den Berlinern, die noch wenige Tage zuvor sensationell in die Zwischenrunde der Königsklasse eingezogen waren, war auch im zweiten Durchgang wenig zu sehen. Die Gäste spielten viel zu umständlich und luden die SGE immer wieder zu gefährlichen Kontern ein. Nur einmal hätte der sichere Heimsieg der Berger-Elf an diesem Tag noch kippen können, doch Berlins Rekdal scheiterte per Foulelfmeter an Oka Nikolov (51.). Spätestens nach dieser Szene war allen Besuchern im Stadion klar, dass dem dritten Saisonerfolg der Hessen an diesem Tag nichts mehr im Weg stand.

Hertha brach nun regelrecht ein und schien nur noch den Abpfiff herbeizusehnen. Die Eintracht wiederum fuhr etliche Konter, sündigte aber in deren Ausführung. „Wir haben viele Fehler gemacht, zum Beispiel sind wir unsere Konter beschissen gefahren. Ich habe immer gedacht, wenn es hinten bei uns klingelt, dann wird es noch mal eng“, schimpfte Torschütze Weber nach der Partie. Den Schlusspunkt setzte mit Horst Heldt ein weiterer Neuzugang vom Elfmeterpunkt. Sein Treffer zum 4:0 (89.) sicherte den Erfolg ab und schob die Frankfurter mit nunmehr elf Punkten auf Rang 14.

Jörg Berger wurde im Winter 1999 bei der Eintracht entlassen.
Jörg Berger wurde im Winter 1999 bei der Eintracht entlassen.
Am Main wurde nach der Partie kollektiv durchgeatmet und das Ende der Krise herbeigesehnt, doch die Mannschaft sollte keinen Rückenwind aus dem klaren Heimsieg gegen die Hertha mitnehmen. Bis zur Winterpause folgten satte sechs Niederlagen am Stück, mit dem Tiefpunkt einer 0:3-Pleite am 17. Spieltag beim SSV Ulm. Frankfurt lag an Weihnachten acht Punkte hinter einem Nichtabstiegsplatz. Der Kredit von Retter Jörg Berger beim Frankfurter Vorstand und Umfeld war damit verbraucht. Er wurde entlassen und für ihn kam mit Felix Magath ein weiterer Trainer, der eine unvergessliche Frankfurter Rettungsgeschichte schreiben sollte. Das Heimspiel gegen die Hertha aber ging als letzter Punktspielsieg der Eintracht unter Publikumsliebling Berger in die Geschichte ein.

Tore: 1:0 Rolf-Christel Guié-Mien (17.), 2:0 Ralf Weber (22.), 3:0 Jan-Aage Fjörtoft (28.), 4:0 Horst Heldt (89., Foulelfmeter).

Eintracht Frankfurt: Nikolov – Janßen, Kutschera, Kracht, Rasiejewski (46. Bulut), Weber, Heldt, Dombi, Guie-Mien (36. Falk), Yang, Fjörtoft (81. Gebhardt). Trainer: Berger.

Hertha BSC Berlin: Kiraly – Konstantinidis, Sverrisson, Wosz, van Burik (36. Michalke), Daei, Thom, Rekdal (59. Preetz), Schmidt, Neuendorf (46. Sanneh), Aracic. Trainer: Röber.

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3 Kommentare

  1. Ich kann mich gut an das Spiel erinnern – Berlin war klar überlegen, aber jeder Frankfurter Schuss war ein Treffer. Das Besondere daran war allerdings, dass ein Jahr später das Heimspiel gegen Berlin 0-4 verloren ging, obwohl die Leistung der Eintracht deutlich besser war. Die beiden Partien sind ein wunderbares Beispiel dafür, dass man Spiele nicht nur hinter aufgrund des Ergebnisses schön – oder schlechtreden sollte. Im 4-0 unter Berger konnte man auch die schlechte Verfassung der Mannschaft sehen, im 0-4 danach unter Magath einen besseren Zustand.

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  2. Ist das Jörg Berger im Spätherbst 1999 oder ist das ein jüngeres Bild? Darauf sieht er schon verdammt krank aus.

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