Thomas Berthold ist mit der Vereinspolitik bei Eintracht Frankfurt nicht einverstanden.
Thomas Berthold ist mit der Vereinspolitik bei Eintracht Frankfurt nicht einverstanden.

Thomas Berthold ist für seine klaren Worte die Eintracht betreffend bekannt. Erst neulich wetterte er im „Sport1-Doppelpass“ gegen Sportdirektor Hübner und den damaligen Trainer Armin Veh. Und auch jetzt, in der schweren Phase der SGE, meldet sich der TV-Experte mit äußerst kritischen Tönen in der „Frankfurter Neuen Presse“ erneut zu Wort. Seine Kritik richtet sich diesmal vor allem gegen die Zusammensetzung des Aufsichtsrates und das Konstrukt, in dem die Fußball AG und der e.V. miteinander verstrickt sind. „Das fängt mit dem Gesellschaftervertrag zwischen Verein und Fußball AG an. Es kann nicht sein, dass dadurch im Aufsichtsrat mehr Vereinsvertreter sitzen als Vertreter des Profi-Fußballs“, meint er. Dem Aufsichtsrat fehle es daher an der nötigen Fußballkompetenz. „Ein Vorstandsmitglied, ein Manager und ein Trainer verstehen etwas vom Fußball. Drei Mann in einem Unternehmen, das bald 100 Millionen Euro umsetzt, das ist Wahnsinn.“ In der Industrie sei das undenkbar. Er wünscht sich daher, dass in dem Kontrollgremium mehr Leute Platz nehmen würden, die aus dem aktiven Profifußballgeschäft kommen.

In der Tat ist es sicherlich kein falscher Ansatz, dieses Konstrukt zwischen AG und Verein bei der Eintracht in der heutigen Zeit einmal auf seine Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Denn über die Gewichtung der Abhängigkeiten lässt sich streiten. Rein wirtschaftlich sollte die Muttergesellschaft nie von der Tochtergesellschaft abhängig sein. Bei der SGE ist das aber in gewisser Weise so. Denn ein wirtschaftlicher Totalabsturz der AG hätte gleichfalls den Absturz des Vereins zur Folge. Ob man sich in dieser Diskussion allerdings auf die Personen einschießen sollte, so wie es Berthold tut, sei einmal dahingestellt. Zudem ignoriert Berthold in seiner Kritik an dem Gesellschaftervertrag die Mehrheitsverhältnisse. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates hatte nicht zuletzt den Sinn, die wirtschaftliche Kompetenz zu stärken – die im Vorstand fehlt – und die finanzstarken „Freunde der Eintracht“ einzubinden.

Die sportliche Kompetenz, die er in dem Gremium fordert, braucht die Eintracht viel eher im Vorstand und auf der operativen Ebene. Dabei darf jedoch auch der wirtschaftliche Aspekt nicht aus den Augen verloren werden. Denn dem Vorstand der Eintracht würde sicherlich jemand gut tun, der schon einmal ein mittelständisches Unternehmen geleitet hat, Personalverantwortung kennt und gleichfalls einige Jahre im Profifußball tätig war.

Berthold kritisiert darüber hinaus auch einige Entscheidungen des Vorstands, die der Aufsichtsrat „einfach durchgewunken“ habe. Als Beispiel hat er sich auf die Wintertransfers eingeschossen, im Speziellen auf den Kauf des Mexikaners Marco Fabián: „3,5 Millionen sind für die Eintracht so viel wie 30 Millionen für die Bayern. Die Münchner aber hätten sich einen so teuren Spieler mehrfach vor Ort angesehen, bevor sie ihn verpflichtet hätten.“ Dem ist entgegenzuhalten, dass es jetzt noch zu früh ist, den Transfer von Fabián als Flop zu bezeichnen. Der Mittelfeldspieler hat in den letzten Wochen kaum Chancen bekommen, sich im Spiel zu beweisen. Dennoch hat er, beispielsweise mit seiner Siegtorvorlage in der Partie gegen Wolfsburg, schon erahnen lassen, welche Qualität er hat. Die Personalplanung in der Winterpause sei laut Berthold dennoch ein „Kardinalfehler“ gewesen. Man habe drei Spieler für fast die gleiche Position geholt, darunter Szabolcs Huszti: „Wer zuletzt in China gekickt hat, der hat dort nur Feierabendfußball gespielt“, äußert er sich despektierlich.

Bertholds Kritik richtet sich vor allem gegen den Aufsichtsrat und Vorstands-Etage der SGE.
Bertholds Kritik richtet sich vor allem gegen den Aufsichtsrat und die Vorstands-Etage der SGE.

Aus dieser Personalpolitik resultiere in Bertholds Augen ein weiterer Schwachpunkt der Hessen: Ihnen fehle eine klare Philosophie. Der 51-Jährige fragt sich, wofür die Eintracht heutzutage stehe. „Früher stand sie mal für guten Fußball.“ Heute werde zu viel improvisiert und meist zu kurzfristig geplant. Die sportliche Leitung habe es seiner Meinung nach „total versäumt“, rechtzeitig einen Spieler aufzubauen, der den nicht jünger werdenden Alex Meier „zunächst ergänzt und dann ersetzt“. Auch dieser These muss aber ein bisschen der Wind aus den Segeln genommen werden. Denn schließlich wurden mit Martin Fenin, Vaclav Kadlec, Joselu, Haris Seferovic und Luc Castaignos immer wieder junge Stürmer geholt, die allerdings unterschiedlich eingeschlagen haben.

Generell bemängelt der Weltmeister von 1990 die Nachwuchsarbeit des Vereins. Dass die U23 abgemeldet wurde, sei eine „Katastrophe“ und die räumliche Trennung zwischen den Jugendmannschaften, die am Riederwald trainieren, und den Profis versteht er auch nicht: „Welcher Cheftrainer schaut sich denn da mal ein Jugendtraining an?“ Er ist der Meinung, dass es dem Eintracht-Nachwuchs an Perspektive fehle. Denn den Sprung von der U19 zu den Profis schaffen tatsächlich nur die wenigsten. In der Tat wäre es wünschenswert gewesen, dass im Nachwuchsbereich endlich mal ein sinnvolles Fundament und ein klarer Plan entworfen worden wäre. Die Abmeldung der U23 hätte dafür ausreichend Raum für eine Neuausrichtung geboten. „Da gehen die Talente halt lieber nach Darmstadt oder Mainz“, stellt Berthold konsterniert fest. Apropos Mainz. Auch zum kommenden Gegner der Eintracht hat der ehemalige Innenverteifiger etwas zu sagen: „Mainz hat es geschafft, mit einer geschickten Verkaufspolitik viel Geld zu erwirtschaften. Die haben eine klare Spielidee, holen dann die dafür passenden Trainer“, sagt er und impliziert mit dieser Aussage, dass die Eintracht all dies nicht hat.

Wenn man all diese Kritikpunkte von Berthold zusammenfasst, könnte man seine Meinung so einordnen, dass er sich schlicht Sorgen um die Zukunft des Vereins macht, für den er 119-mal selbst das Adlertrikot überzog, und kaum Chancen sieht, die sportliche und wirtschaftliche Situation langfristig auf sichere Beine zu stellen. Es sei halt in Fußball-Deutschland so, dass oben die Bayern, Dortmund und ein, zwei andere stehen und dahinter die Konkurrenz nach den internationalen Fleischtöpfen hechele: „Und wer weniger Geld hat, der muss halt weniger Fehler machen.“ Da er das Beispiel Bayern und Dortmund von sich aus einbringt, muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass in diesen beiden Vereinen übrigens überhaupt keine Fußballfachleute im Aufsichtsrat sitzen und sie dennoch sehr erfolgreich sind …

Berthold macht sich mit solchen Aussagen im Vereinsumfeld sicherlich keine Freunde. Er, der ewige Nörgler, der scheinbar immer erst dann etwas zu sagen hat, wenn der Zug schon abgefahren ist. Dennoch muss man fairerweise dazu sagen, dass der Ex-Eintrachtspieler schon seit Jahren den Finger in die Wunde legt. Und dass sich seine Thesen dabei scheinbar ständig wiederholen, verdeutlicht, dass sich bei der SGE in den letzten Jahren nichts wirklich geändert oder gar verbessert hat.

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60 Kommentare

  1. Klingt doch schonmal nach einem guten Plan. Wegen der Location können wir uns ja bis Sonntag einigen und dann was reservieren – wäre klasse, wenn es eine Gruppe von 10 Leuten wird 🙂

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  2. Nochmal zur Mainzer Legendbildung. Die sind mit Andersen aufgestiegen (also so wie wir mit Veh). „Nur“ haben die noch zur rechten Zeit die Weichen richtig gestellt. Demnach auch hier (noch) alles richtig gemacht.

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  3. Habs mir gerade mal angesehen. Andersen hat damals ein Pokalspiel verloren und wurde noch vor Bundesligastart gefeuert. Geile Aktion. Das bei uns, und alle halten den Vorstand für bescheuert ( mich eingeschlossen). Entweder muss ich ihn gleich zum Saisonende kicken oder ihm Zeit geben. Aber sie hatten im Endeffekt Recht, weil tuchel für ihn übernahm.

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  4. @ 50: absolut richtig! man kann es drehen,wie man will: führung und managment auch in dieser hinsicht absolut naiv und verträumt bei uns. warum hat man keine alternativen zur hand? warum holt man nicht den polen aus frankreich für links? etc…

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