In der Frankfurter Rundschau stellt sich Neuzugang Bamba Anderson den Fragen von Thomas Kilchenstein.

Frankfurter Rundschau: Herr Soares de Oliveira, wieso werden Sie Bamba genannt? Ihr Vorname ist doch Anderson.

Bamba Anderson: Als ich acht Jahre alt war, stand ich in Rio mit Flamengo bei einem Jugendturnier im Endspiel. Es gab Elfmeterschießen und mir zitterten die Knie. Im portugiesischen heißt das „perna bamba“. Ich war so aufgeregt vor dem Schuss. Prompt habe ich verschossen. Seitdem heiße ich Bamba.

Frankfurter Rundschau: Wie stark schätzen Sie Ihre neue Mannschaft ein?

Bamba Anderson: Die Eintracht ist eine große Mannschaft, und diese Mannschaft will noch besser werden. Wir sind abgestiegen, aber wir arbeiten daran, gleich wieder aufzusteigen. Zwar haben wir viele, neue Spieler dazubekommen und die Gruppe muss sich erst noch finden. Aber nach dem letzten Spiel gegen, wie hieß der Gegner noch mal…

Frankfurter Rundschau: ….Braunschweig….

Bamba Anderson: …. ja, so ein schwerer Name mit so vielen Konsonanten. In dem Spiel hat man schon gesehen, wie gut die Mannschaft ist. Die Kombinationen waren klasse, wir haben spielerisch überzeugt. Tag für Tag, Training für Training, Spiel für Spiel werden wir besser.

Frankfurter Rundschau: Sie spielten letzte Saison in der ersten Liga, jetzt eine Klasse tiefer. Warum gingen Sie zurück? Ist das für Sie ein Rückschritt?

Bamba Anderson: Für mich ist das kein Rückschritt. In Gladbach habe ich zuletzt nicht mehr gespielt, hier spiele ich. Ist das ein Rückschritt? Ich glaube nicht. Außerdem bin ich zu einem großen Verein gewechselt, der zwar in der zweiten Liga spielt, aber mit Sicherheit in der nächsten Saison wieder oben spielen wird. Ich bin einen Schritt zurückgegangen, aber ich werde bald zwei Schritte nach vorne tun.

Frankfurter Rundschau: Warum haben Sie in Gladbach nicht richtig Fuß gefasst?

Bamba Anderson: Um ehrlich zu sein: das weiß ich selbst nicht. Ich war dort zur falschen Zeit. Die Mannschaft hat schlecht gespielt, geriet in eine Krise. Wenn man dann reinkommt, kann man als Spieler praktisch nichts mehr ausrichten. Es war eine schlechte Phase, trotzdem war es schon seltsam, dass ich so wenig gespielt habe.

Frankfurter Rundschau: Jetzt sind Sie hier im Hotel im Stadtwald, allein, ihre Familie ist noch in Mönchengladbach?

Bamba Anderson: Nein, sie sind noch weiter weg, in Rio. Wir sind im Mai in Urlaub nach Brasilien gefahren. Ich wusste ja nicht, was mit mir passiert, ob ich in Gladbach bleiben würde oder nicht. In zwei Wochen kommen sie nach Frankfurt. Ich freue mich sehr auf meine kleine Tochter, sie ist erst vier Monate alt. Ich habe sie einen Monat lang nicht gesehen. Wenn sie endlich da ist, möchte ich sie nur noch in meinen Arm nehmen. Die Familie ist für mich das Wertvollste.

Frankfurter Rundschau: Wie leben Sie hier in Deutschland, wie kommen Sie mit den Deutschen zurecht?

Bamba Anderson: Ich lebe nun seit zweieinhalb Jahren in Deutschland. Die Sprache ist verdammt schwer. Aber für Familien mit Kindern ist es sehr angenehm. Hier ist alles viel ruhiger. Meine erste Station war in Osnabrück, ein Jahr habe ich dort gelebt. Aber ich habe kein Deutsch gelernt und praktisch ein Jahr verschenkt. Aber ich habe großes Interesse, die Sprache zu lernen, das will ich unbedingt. Ich kann vieles verstehen, auch kleine Dialoge auf Deutsch sprechen. Aber auf dem Spielfeld gibt es keine Sprachprobleme, da verstehe ich alles, ich kann auch Kommandos geben.

Frankfurter Rundschau: Da ist es gut, dass noch ein anderer Landsmann, Caio, da ist.

Bamba Anderson: Klar, Brasilianer sind Brasilianer. Obwohl ich Caio erst seit kurzem kenne, haben wir ein gutes Verhältnis. Wir haben schon einiges gemeinsam unternommen. Er ist ein bisschen zurückhaltend, aber ein guter Junge.

Frankfurter Rundschau: Haben Sie noch andere Kontakte in Frankfurt?

Bamba Anderson: Ja, mit den Kollegen vom Team, vor allem mit Martin Fenin, Alex Meier, Pirmin Schwegler. Die hören Musik, sogar meine Samba-Musik, wir tanzen, toll. Die Eintracht ist eine Super-Truppe, das Betriebsklima ist optimal. Ich weiß nicht, wie es früher war, aber wenn das so bleibt, kann es hier nur bergauf gehen.

Frankfurter Rundschau: Ist das Leben schwer in Deutschland?

Bamba Anderson: Das Leben ist sehr gut hier.

Frankfurter Rundschau: Wie war es am Anfang für Sie?

Bamba Anderson: Am Anfang war es sehr schwer. Ich wusste gar nichts von Deutschland. Zwei Probleme hatte ich zu Beginn: erstens das Klima, selbst im Juli war es sehr kalt. Hier ist ein anderer Sommer als in Brasilien. In Brasilien ist der Sommer ein Sommer, sehr heiß. Und zweitens, die Sprache. Ich wollte schon ein paar Sachen sagen, das konnte ich aber nicht.

Frankfurter Rundschau: Wie ist der Umgang mit den Deutschen?

Bamba Anderson: Die Deutschen sind sehr zurückhaltend, eher für sich, kaum einer guckt, was der andere macht. Ich bin ein Carioca, das bedeutet, ich respektiere alle Menschen, so wie sie sind. Ich denke so, egal, wie man über mich spricht, ob gut oder nicht: Hauptsache sie reden über mich.

Frankfurter Rundschau: Caio hatte anfangs große Schwierigkeiten, sich zurecht zu finden. Er fand die Deutschen zunächst, sagen wir, gewöhnungsbedürftig.

Bamba Anderson: Ja. Wir sind Ausländer hier. Die Leute hier denken wohl, wir seien hier, um ihnen den Platz wegzunehmen, wir seien gekommen, nur um Geld zu verdienen. So denken auch viele in Rio, dass uns die Ausländer unseren Strand wegnehmen. (lacht)

Frankfurter Rundschau: Was vermissen Sie am meisten?

Bamba Anderson: Natürlich die Familie. Und den Strand und die Sonne: Am Wochenende ist es in Brasilien immer sehr laut, man trifft sich, Freunde und Familie kommen zusammen, die Musik ist laut, man trinkt Bier. Hier ist es am Wochenende in der Stadt eher ruhig.

Frankfurter Rundschau: Was gefällt Ihnen an Deutschland am besten?

Bamba Anderson: Die Sicherheit.

Frankfurter Rundschau: Haben Sie ein fußballerisches Vorbild?

Bamba Anderson: Ja, Juan von AS Rom, Innenverteidiger der Selecão, früher auch bei Flamengo. Seit ich klein bin, verfolge ich seine Karriere.

Frankfurter Rundschau: Ist 2014 für Sie ein Ziel?

Bamba Anderson: Wenn ich eine sehr gute Zeit in Gladbach gehabt hätte, dann wäre ich heute weiter und die WM im meinem Land wäre ein Ziel für mich. Aber es ist noch lange Zeit bis dahin, man weiß im Fußball nie, was passiert. In der Selecão zu spielen, wäre für mich ein Traum. Ich bin noch jung und es kommen noch einige Weltmeisterschaften. Es hängt von mir ab.

Frankfurter Rundschau: Wie kommt man von Rio, von Flamengo zum FC Tombense nach Minas Gerais?

Bamba Anderson: Da habe ich nie gespielt.

Frankfurter Rundschau: Steht aber in den Unterlagen.

Bamba Anderson: Als Jugendspieler hat ein Berater mit mir einen Vertrag mit Tombense pro forma abgeschlossen, er hat im Grunde die Rechte an mir gekauft. Ich habe aber immer für Flamengo gespielt, ehe ich nach Europa ging. Ich war fast zehn Jahre bei Flamengo, von neun bis 19, saß dreimal bei den Profis auf der Bank, hab öfter in Maracana gespielt.

Frankfurter Rundschau: Am Montag steigt das Spitzenspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Ist das ein besonderes Spiel für Sie?

Bamba Anderson: Es ist etwas anderes, ich freue mich auch darauf, aber es nichts besonderes. Etwas besonderes wäre es, wenn ich in der Selecão spielen würde. Aber gegen Düsseldorf – da spiele ich gegen alle, die ich kenne, da habe ich noch viele Freunde. Durch diesen Klub habe ich auf mich aufmerksam machen können in Deutschland, deshalb kam ich in die Bundesliga und letzten Endes nach Frankfurt.

Frankfurter Rundschau: Haben Sie einen Beruf gelernt?

Bamba Anderson: Nein, ich war immer Fußballspieler. Ich war im Gymnasium, habe die Schule ein Jahr vor dem Abitur abgebrochen, um mich ganz auf die Karriere zu konzentrieren. Schule und Fußball gingen nicht mehr unter einen Hut.

Frankfurter Rundschau: Was wären Sie geworden, wenn Sie kein Fußballer wären?

Bamba Anderson: Vielleicht ein Sambista.

Frankfurter Rundschau: Ein was?

Bamba Anderson: Das ist ein Musiker in einer Samba-Band, ein Pandeiro, ein Tamburin-Spieler. Ich liebe den Samba, die Musik. Ich war in Rio oft in den Samba-Schulen, etwa in Viradoro oder Mangeira, die beste aber ist Salgueiro. Schreibt aber nicht, dass ich Samba tanze. Außer wenn ich ein Tor schieße.

Das Interview führte: Thomas Kilchenstein Übersetzung: Maria Sousa Silva

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4 Kommentare

  1. Sehr sympathisches Interview. Spielerisch gefällt er mir unter den Neuen am Besten. Seine Entwicklung ist, denke ich, ist auch noch nicht abgeschlossen. Der könnte ein richtig guter Rückhalt in der Abwehrkette werden.

    Haben wir auf Bamba ne Kaufoption?

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  2. Man kann aus diesem Interview gut raushören, dass er eher nicht mehr nach Gladbach will.
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  3. 1,5 Mio. EUR stehen im Raum, falls Frankfurt die Option zieht. Falls Bamba aber wie in Düsseldorf als der beste Innenverteidiger ausgezeichnet wird, ist das ein angemessener Preis! 🙂

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