Der Moment, in welchem sich Martin Hinteregger von der Profi-Bühne verabschiedete. Beim Spiel gegen West Ham in der Europa League (Bild: Foto Rhode)

Im großen „SportBild“-Interview erzählt Martin Hinteregger ausführlich über sein neues Leben und gibt gewohnt tiefe Blicke in sein Seelenheil. Während wir im ersten Teil vor allem auf seinen Werdegang zurückblicken, beschäftigt sich der zweite Teil auf die Momente, in denen er den Entschluss zum Karriereende gefasst hat. Wann hat er gemerkt, dass es Zeit dafür ist und wie ist die SGE mit dieser Entscheidung umgegangen?

Warum hat er nicht direkt sein Karriereende verkündet?

Als Schlüsselmoment bezeichnete der Österreicher immer wieder das magische Weiterkommen im Viertelfinale gegen FC Barcelona: „Für mich war es nach dem Sieg und dem Weiterkommen klar, dass ich den Schlussstrich ziehen werde. Dadurch konnte ich den Erfolg in Europa noch einmal anders genießen als die Teamkollegen.“ Viele haben sich im Nachhinein gefragt, warum er die Entscheidung dann nicht direkt verkündet habe. Doch auch hier gibt er eine schlüssige Erklärung: „Ich habe viel mit meinen Vertrauten diskutiert. Vor dem Finale hätte es Unruhe reingebracht. Kurz danach haben wir unseren Hinti-Cup organisiert, da hätte es dann statt des Turniers nur ein Thema gegeben. Als es um den Cup dann so viel medialen Wirbel gab, habe ich noch kurz überlegt, ob ich weiterspiele, weil ich so nicht aufhören wollte. Aber als sich das gelegt hatte, war klar, dass es richtig ist.“ Und die Verantwortlichen der Eintracht? Die waren selbstverständlich nicht erfreut über diese Nachricht: „Ich habe dem Verein kurz vor meinem Rücktritt am Telefon gesagt, dass ich aufhöre und hoffte, dass Eintracht dem nachkommt. Das war auch für den Klub nicht einfach, da gingen ihnen kurz nach der Corona-Zeit noch mehr Millionen an Wert verloren. Für das
Entgegenkommen bin ich immer noch dankbar. Mit Eintracht bin ich im Frieden auseinander.“ Sein Trainer Oliver Glasner habe ihn natürlich versucht zu überreden, doch auch, wenn dieser alles versucht habe, seine Entscheidung stand fest: „Wir hatten die ganze Saison über sehr speziellen Kontakt, weil es ein turbulentes Jahr für mich war. Der Trainer war für mich die größte Stütze. Im Nachhinein hätte er es sich nach so vielen grundlegenden Gesprächen vielleicht denken können, dass ich aufhöre.“

Hinteregger räumt mit Vorwurf auf: „Ich war da, aber verspätet“

Dass er sein letztes Pflichtspiel im Rückspiel gegen West Ham United bestritt und danach aufgrund seiner Muskelverletzung nicht mehr zum Einsatz kam, war hingegen schnell vergessen: „Meine Aufgabe war nach dem Halbfinale gegen West Ham erledigt. Ich habe schnell damit abgeschlossen. Mir war wichtig, dass ich bis zum Schluss gekämpft habe. So konnte ich das Finale wie die meisten Fans halbwegs genießen. Vom Trainer habe ich mir nur gewünscht, dass ich trotzdem einen Spind in der Kabine bekomme und auf der Bank war. So fühlt man sich mehr als Teil des Teams, und das hatte ich mir auch verdient.“ Seine Medaille vom Titelgewinn hängt mittlerweile übrigens in seiner Heimat in einem Museum. „Die Erinnerungen in meinem Kopf reichen mir“, so sein Argument. Doch mit einer Sache möchte er im Zuge des Titelgewinns noch einmal aufräumen. Nach dem Gewinn des Europapokals feierte der Verteidiger laut „Bild“ so lange, dass er die Verabschiedung seiner Eintracht-Kollegen verpasste: „Mir wurde vorgeworfen, ich wäre am Tag nach dem Korso nicht zum Saisonabschluss gekommen und hätte den Abschied einiger Teamkollegen verpasst. Ich war da, aber verspätet. Ich habe im Trainingszentrum geschlafen und habe bis halb zwei Mittags gebraucht, bis ich einigermaßen fit war. Als das Event um elf losging, habe ich also 15 Meter von allen entfernt geschlafen, ohne dass es jemand wusste.“

Meister Eintracht Frankfurt? „Davon bin ich fest überzeugt!“

Dass er nun mit einem anderen Blick nach Frankfurt schaut und die Entwicklung von außen betrachtet, findet er nicht tragisch. Er habe eine erfüllte Fußballer-Karriere erlebt. Einzig bei einem speziellen Fall würde er noch einmal ein wenig reumütig werden: „So wie ich die letzten dreieinhalb Jahre den Aufschwung erlebt habe, bin ich fest davon überzeugt, dass Eintracht bald Meister werden kann. Diesen Weg mitgehen zu können und in Frankfurt eine Meisterschaft zu gewinnen wäre das Einzige, wo ich wehmütig werden würde.
Das wäre größer, als Weltmeister zu werden.“ Die Eintracht und die Meisterschale – dafür wäre man vor einigen Jahre ausgelacht worden, doch heuer hält es Hinti für absolut realistisch und geht sogar so weit: „Ich habe schon vor zwei Jahren zum damaligen Trainer Adi Hütter gesagt: Der nächste Meister, der nicht Bayern heißt, wird die Eintracht. Davon bin ich nach diesem Herbst noch mehr überzeugt, so gut wie sie spielen. Ich hoffe nur, dass kein Spieler so schnell das Weite suchen wird und alle sehen, welche Erfolge mit Eintracht Frankfurt möglich sind. Und da rede ich nicht von einem DFB-Pokalsieg. Schon jetzt würde ich sagen: Wenn Filip Kostic auch noch da wäre, dann wäre man den Bayern auf den Fersen, und die müssten richtig Angst haben.“ Und das liegt vor allem an den Transfer-Kniffen, die die SGE jedes Jahr tätigt: „Mit Mario Götze und Randal Kolo Muani haben sie Mega-Griffe gezogen. Dazu sind Spieler wie Daichi Kamada, Jesper Lindström oder Djibril Sow noch einmal auf einer neuen Stufe. Und Sebastian Rode wirkt so fit wie noch nie. In Frankfurt können sich Spieler einfach entwickeln. Adi Hütter hat schon viel Vorarbeit geleistet, und mit Oliver Glasner ist jetzt einer der besten Trainer Europas da.“

Abgeschlossen mit dem Zirkus Profifußball

Es wird also dabei bleiben – Hinti kehrt nicht in den Profi-Sport zurück, auch nicht in einer anderen Funktion: „Als 30-Jähriger sage ich, dass ich hoffe, dass mein 45-jähriges Ich nicht in den Zirkus zurückkehrt. Ich kann mir auch gerade nicht vorstellen, dass ich noch mal aus Kärnten weggehe, hier habe ich mein Herz. Im Profifußball treffe ich wieder auf Leute, die nicht das Beste von einem wollen. Und eine Arbeit als Trainer kann ich mir nicht vorstellen. Nur Zeitungs-Kolumnist bleibe ich, weil ich einen spannenden Einblick geben kann.“ Dann viel eher als Fan im Block, doch auch das wird noch ein wenig dauern: „Ich denke, ich hätte nicht so viel Ruhe und wäre viel mit Fotosmachen beschäftigt. Die Zeit wird kommen, in der auch ich als Fan in der Kurve stehen werde.“

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12 Kommentare

  1. „Ich kann mir auch gerade nicht vorstellen, dass ich noch mal aus Kärnten weggehe, hier habe ich mein Herz. “
    Das sagt alles.

    Ich glaube auch, dass momentan am ehesten wir Meister werden wenn die Bayern schwächeln.

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  2. Wenn ich es erlebe, dass die Eintracht nochal Deutscher Meister wird, lauf ich naggisch durchs Dorf.

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  3. Ok, wenns dazu kommt, machen alle Eintrachtfans in Frankfurt einen Flashmob in sparsamer Kleidung.
    Damits keinen Ärger mit dem Ordnungsamt gibt, kann man sich ja vorne drauf den Adler ankleben.

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  4. Da entstehen gerade gruselige Bilder in meinem Kopf…… Egal, wenn wir Meister werden, ist es das wert 😉

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  5. @PeKa
    Perfekt! Der Plan steht!

    Ich halte mir jetzt schon mal vorsichtshalber den 27.05. frei 🙂

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  6. Du hast soeben eine riesengroße Eintracht Flashmob Party mit leichtbekleideten Menschen in naher Zukunft organisiert.

    Damit wirst du die 30.000 Eintracht Party im Camp Nou in Schatten stellen…;-)

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  7. Ok, also gebongt…ich werd hier den Flashmob zum Kölner Dom organisieren:-)
    Aber was mache mer dann beim Champions League Sieg in Istanbul ???

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  8. Wenn wir Deutscher Meister werden, dann wird das keine einmalige Sache werden.

    Erfahrungsgemäß kauft uns Bayern (und ggf. Dortmund) bevor das passiert die besten Spieler weg oder holen die sich ablösefrei. Insofern ist dieses Ziel sehr schwierig, aber nicht gänzlich unmöglich.

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