Peter Fischer ist Eintrachtler vom Scheitel bis zur Sohle. (Foto: IMAGO / Hartenfelser)

Präsident Peter Fischer ist eines der ganz großen Gesichter von Eintracht Frankfurt. Mit seiner klaren politischen Positionierung gegen Rechts und der Fan-Nähe ist er ein äußerst beliebter Mann im Verein und im gesamten Deutschen Fußball. Nun gab der 66-Jährige der „Bild“-Zeitung ein längeres Interview, in dem er sich zu seiner derzeitigen Lage und dem Verein äußerte.

Erst vor kurzer Zeit wurde Fischer erneut zum Präsidenten der Frankfurter Eintracht gewählt und er wird dieses Amt somit, aller Voraussicht nach, die nächsten vier Jahre inne haben. Dennoch blickt er schon auf die Zeit danach: „Wir denken aktuell darüber nach, wo wir etwas verändern müssen. Wo es Defizite gibt. Wir versuchen, dem Wachstum der Eintracht gerecht zu werden. Das letzte Jahr hat noch mal einen gewaltigen Schub gegeben. Wir sind jetzt ein riesiger Verein und haben einiges zu tun.“ Auch wenn er sich noch nicht allzu viele Gedanken um einen möglichen Nachfolger für sein Amt mache, so wünscht sich der gebürtige Licher dennoch, dass er bei der Suche nach einem Nachfolger mit von der Partie wäre. „Nach der Legislaturperiode bin ich 26 Jahre im Amt und fühle mich auch dazu verpflichtet, den Verein so zu übergeben, dass es gut wird“, so der Präsident.

Dass Fischer bei der letzten Wahl rund 20 % Stimmen im Hinblick auf die Wahl davor verloren hat (von 99 % der Stimmen waren es jetzt „nur“ noch 79%), sieht er gelassen. „Ich wusste das vorher. Die Ultras informierten mich schon im Vorfeld darüber. Es gab auch Signale, die sagten: ‚Wir wollen, dass Du Präsident bleibst, aber auch ein Zeichen setzen.‘ Man wollte Druck aufbauen wegen der kommenden Frage der Kapitalmaßnahmen der Fußball AG und aus Angst vor einem möglichen Verkauf weiterer Anteile. Ich nehme das zur Kenntnis.“ Er wisse, dass viele Fangruppierungen am liebsten 100 % der Anteile bei Eintracht Frankfurt selbst sähen und nicht in den Händen von Investoren, jedoch steht er hinter den Entscheidungen, die in der Vergangenheit getroffen wurden. Weitere Verkäufe von Anteilen schließt Fischer nicht aus, aber knüpft diese an ganz klare Regeln: „Da sind sich Präsidium und Verwaltungsrat einig. Wir werden nur dem zustimmen, was absolut nötig ist – und keine Türen bedenkenlos öffnen für die Geldgeber. Die Korridore sind klar abgesteckt.“

Verlorenes Standing bei Ultras und Fanbase?

Ich habe regelmäßig Gespräche mit Eintrachtlern, die sehr lange schon in der Kurve sind. Und ich kann mir immer noch ein Spiel im Fan-Block anschauen,“ weiß er und ist sich dessen bewusst, dass nicht alle Eintracht-Fans jede Entscheidung gut finden und mittragen. Noch immer würden ihm Fans ein Bier ausgeben oder nach Selfies fragen und Fischer ist sich auch sicher, was der Grund dafür ist: „Sie müssen nicht alles gut finden von mir; aber am Ende verbindet uns die Leidenschaft, das Beste für diesen Klub zu machen. Das will ich auch beibehalten.“

Einer dieser Fälle, wo sich das Vereinsoberhaupt nicht nur Freunde machte, war seine Fanansprache vor dem UEFA-Supercup gegen Real Madrid im Spätsommer. Dort hatte Fischer die Fans dazu ermahnt, nicht für Ausschreitungen zu sorgen und keine Pyrotechnik mehr abzufackeln, weil sonst Geisterspiele in der Champions League drohen würden. Fischer sieht das ganze differenziert: „Was ich dort gesagt habe, war sicher eines der klarsten Statements meiner Karriere. (…) Eine Stunde danach ist der Fan-Marsch zu mir vors Hotel gekommen. Tausende haben den Verkehr lahmgelegt und gesungen: ‚Peter gibt einen aus…‘ Also: Ich kann das schon einschätzen. Was der Klub braucht, ist wichtiger, als dass ich es unter den Tisch fallen lassen kann, um mir mehr Schulterklopfer abzuholen. Ich denke und handele im Sinne der Eintracht und versuche, eine Balance zu halten.“

Tiefe Gräben in der Fan-Gemeinde sieht Fischer nicht. Er weiß um die Heterogenität der Kurve: „Es gibt schon immer heterogene Verhältnisse. Mit unterschiedlichen Einstellungen. Da stehen welche, die Pyro scheiße finden. Und es gibt andere, die sagen: ‚Das lassen wir uns nicht nehmen‘ – und die suchen Argumente in der Fan-Kultur. Unterschiede gibt es in allen Bereichen: Manche wollen Meister werden und noch einen Kracher im Sturm einkaufen – andere lieber in der 3. Liga spielen ohne den ganzen Kommerz.“

Nach wie vor geschockt zeigt sich der Präsident von dem Hitler-Gruß-Vorfall am Rande des Champions-League-Spieles bei Olympique Marseille. Dort hatte ein Eintracht-Anhänger öffentlich die verbotene Geste gezeigt und das schlug medial weite Wellen. „Dass es im eigenen Haus passiert und es mit meinem Verein in Verbindung gebracht wird, das ist natürlich grausam“, so Fischer, der bekannt dafür ist, sich kompromisslos gegen Rechts zu stellen. „Und obwohl wir so viel für historische Aufarbeitung tun, ich ständig Vorträge halte, immer mit der jüdischen Gemeinde in Kontakt stehe – da denkt man schon: Das darf doch nicht wahr sein. Das macht schon richtig traurig.“ Die Staatsanwaltschaft kümmere sich um den Täter, sobald Name und Anschrift geklärt sind. Für Fischer ist da aber nicht Schluss: „Aber ganz klar, wenn das geklärt ist mit Name und Anschrift – und vorausgesetzt er ist Vereinsmitglied – dann wäre klar, dass er aus dem Verein fliegt. Dazu Stadionverbot. Alles was wir tun können, würden wir auch anwenden.“

Träume und Appell

Der große Traum von Peter Fischer ist es, einmal mit der Eintracht gegen den FC Liverpool zu spielen. „Mein Traum von einem Spiel in Anfield; das kann ja noch kommen in den nächsten Jahren.“  Als Fischer Präsident der Eintracht wurde, zählte der Verein 4.600 Mitglieder. Heute sind es über 120.000. Die SGE ist der weltweit größte Sportverein, der eine Fußball-Profimannschaft hat. Etliche Sportarten bietet die Frankfurter Eintracht an. „Jetzt ist noch Bobsport dabei, und weitere werden dazukommen. Bei der Mitgliederzahl werden wir förmlich überrannt und weiter wachsen – was wir zu schätzen wissen. Aber weil wir so wachsen, haben wir natürlich auch Wachstumsschmerzen.“ Neben fehlenden Sportflächen sei eines der größten Probleme, noch „Kümmerer“ zu finden, die sich für den Verein engagieren. Vor allem Ehrenämtler, die in vielen Abteilungen händeringend gesucht würden. „Aber auch wir merken, wie schwer es ist, jüngere Leute dafür zu begeistern, Lebens- und Freizeit zu spenden für eine Aufgabe im Verein. Doch wir brauchen sie.“

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8 Kommentare

  1. „Fischer, der bekannt dafür ist, sich kompromisslos gegen Rechts zu stellen“
    Hat sich Fischer eigentlich je zu Hinteregger geäußert, der Journalisten, die kompromisslos gegen Rechts recherchieren, ohne jeden Nachweis als linksextrem diffamiert? (❁´◡`❁)

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  2. Endlich mal wieder dieses Thema… der steilpass geht aber gehörig schief … geh noch mal ins training…

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  3. Er passt einfach zu uns und ich bin froh, dass wir ihn haben. 120.000 Mitglieder plus Tausende weitere Fans werden sich nie alle einig sein und man kann es nicht allen Recht machen. Man kann vieles in Frage stellen oder einfach den Moment genießen. Es war noch nie so einfach und entspannt Eintrachtfan zu sein und ich wünsche uns allen, dass es 2023 so weiter geht. Neben den tausenden Katastrophen in dieser Welt, kann man das geilste Hobby der Welt um so mehr gebrauchen! Eintracht!

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  4. @1
    Hinti hat letztenendes selber die Reißleine gezogen und die Eintracht verlassen. Ohne diesen Schritt, der ihm mit Sicherheit nahegelegt wurde, hätte die Eintracht ihn nicht weiter behalten (können).
    Auf diese Weise kamen alle mit einem blauen Auge davon und haben ihr Gesicht gewahrt.

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  5. In der Causa Hinti weiß man nicht was genau hintenrum gelaufen ist, aber PF hat sich wie @1 schreibt dazu nie geäußert was ich persönlich etwas schwach fande. Ich glaube auch wie @4 völlig richtig schreibt,dass Hinti der Schritt auch etwas „nahegelegt“ wurde weil PF sonst wohl auch etwas offiziellen „Gesichtsverlust“ erlitten hätte. Es ist nun wie es ist, Hinti fühlt sich damit offensichtlich wohl und die Zahlen geben Herrn Fischer Recht, trotzdem glaube ich,dass etwas weniger Populismus Fischer gut tun würde,sonst holen ihn Dinge ganz schnell ein ( “ Wer nicht geimpft ist, gehört nicht dazu“) und oft etwas verkannt wird,dass im Hintergrund von den Leuten die sich nicht so in den Vordergrund stellen, hervorragende Arbeit geleistet worden ist,von der dann Fischer öffentlichkeitswirksam für seine Person profitiert. Etwas mehr Verein und etwas weniger PF One-Man-Show fände ich persönlich besser, in letzter Zeit hatte ich das Gefühl das er das auch etwas beherzigt und sich mehr auf den Verein konzentriert, vielleicht auch durch den kleinen Dämpfer bei der Wahl.

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  6. „Vor allem Ehrenämtler, die in vielen Abteilungen händeringend gesucht würden. „Aber auch wir merken, wie schwer es ist, jüngere Leute dafür zu begeistern, Lebens- und Freizeit zu spenden für eine Aufgabe im Verein. Doch wir brauchen sie.““

    Dann bitte mal anfangen über das Thema Wertschätzung nachzudenken…es ist nicht alles rosarot in der Eintracht Angestellten Welt…Mitarbeiter sollten alle gleich sein…aber einige sind gleicher als gleich….!

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  7. @5
    Sehe ich genauso.
    Fischer, damals als Vorsitzender einer Präsidenten-Findungs-Findungs-Komission der Eintracht, selbst zum Präsidenten gewählt, hat es insgesamt recht gut gemacht, in mitunter auch sehr schwierigen Zeiten. Mittlerweile wurde wohl auch die Rolle des Präsidenten intern etwas enger definiert.
    Fischer, kein Glattgebuegelter, keiner, der sich windet, einer mit Charisma.
    Wenn ich da z.B. so ganz weit in den Süden schaue, wer dort auf dem Präsidentenstuhl sitzt (und nicht nur da) dann sind wir in Frankfurt mit Peter Fischer gut dran.

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  8. Inwiefern kommt ihr denn darauf, Hinti wäre der Schritt nahegelegt worden? Hinti nimmt kein Blatt vor den Mund, Hinti ist immer geradeheraus, warum sollte er es da plötzlich nicht sein? Hinti hat ganz klar geäußert, dass er bereits vor Barcelona gemerkt hat, dass ihm das ganze Fußballerleben nicht mehr so Spaß macht wie früher und er was anderes braucht. Er hat Barcelona und den EL-Triumph dann als krönenden Abschluss gesehen. In seinem Buch im Jahr zuvor gab es schon eine Episode, die überall zitiert wurde, in der er so etwas dargelegt hat, dass bei ihm vielleicht mal so ein Moment kommt.

    Wenn er das so klar geäußert hat, warum dann immer irgendetwas anderes hineininterpretieren?

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