LSB-Präsident Rolf Müller legt noch einmal den Finger in die Wunde.
LSB-Präsident Rolf Müller legt noch einmal den Finger in die Wunde.

Bayern München in Katar, Borussia Dortmund in Dubai und Eintracht Frankfurt in Abu Dhabi – die Reise der drei Bundesligisten in die Vereinigten Arabischen Emirate hat für heiße Diskussionen in der Heimat gesorgt. Das Fass zum überlaufen brachte der Münchener Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge mit seiner bereits im Dezember getätigten Aussage in der Sport Bild: „Wir wissen, dass wir in ein Land fahren, in denen die Menschen teilweise eine andere Kultur als in Deutschland pflegen. Wir informieren uns. Aber ein Trainingslager ist keine politische Äußerung. Niemand sollte Dinge vermischen, die nicht zusammengehören.“ Inzwischen hat die Debatte ordentlich Fahrt aufgenommen. Rolf Müller, Präsident des Landessportbund Hessen, schoss bereits am Mittwoch scharf in Richtung Eintracht (siehe Kommentar). „Gerade Fußballspieler werden häufig als Vorbilder verehrt und sollten sich auch wie solche verhalten„, legte er den Finger in die offene Wunde. „Wenn Clubs also in Länder wie Katar oder Abu Dhabi reisen, erwarte ich zumindest eine kritische Einordnung von Seiten des Vereins.“ Im Gespräch mit SGE4EVER.de untermauerte Müller nun seine Kritik.

SGE4EVER.de: Herr Müller, Sie haben mit Ihren Worten eine echte Lawine ausgelöst und von der Eintracht zumindest eine kritische Einordnung erwartet! Was hätten Sie sich hier von Heribert Bruchhagen, Bruno Hübner oder einem anderen Verantwortlichen gewünscht?
Rolf Müller: Das muss nicht in der Öffentlichkeit geschehen. Mein Anliegen war, dass man sich schon im vorhinein überlegt, ob Abu Dhabi der richtige Ort für ein Trainingslager ist. Wenn man als Spitzenmannschaft eine internationale Bühne betritt, hat das auch eine politische Wirkung. Man sollte daher überlegen: Ist diese Entscheidung richtig oder hätte man nicht, wie anderen Bundesligaclubs auch, nach Spanien, Portugal oder in die Türkei fahren können. Es muss ja nicht unbedingt ein Staat sein, der von seinen Menschenrechten her sehr kritisch bewertet wird.

Sehen Sie überhaupt nichts Positives an einer Reise von Fußballmannschaften in den „Nahen Osten“? Gerne wird ja von Fußballern und Vereinen als Botschaftern gesprochen…
Ich will gar nicht die Olympischen Spiele 1936 in Berlin nehmen, sondern was in Peking (Olympische Spiele 2008, Anm. d. Red.) oder in Sotschi (Winterspiele 2014, Anm. d. Red.) war. Da wurde dieses Argument ja auch immer benutzt, ganz nach dem Motto: Da ist ja ein bisschen Öffnung und da tut sich was. Das Ergebnis ist, dass sich am Ende überhaupt nichts ändert, sondern das Gegenteil eintrifft. Ich möchte dazu ein ganz banales Beispiel anführen: Ein jugendlicher Fan von Alex Meier denkt, wenn er hinfährt und trainiert, dann kann das ja nichts böses sein. Das zeigt, dass das System eher stabilisiert und nicht in Frage gestellt wird. Ich würde da als Tourist auch nicht hinfahren. Sportler haben eben eine große politische Verantwortung. Ich widerspreche hier auch Karl-Heinz Rummenigge – das kann man nicht trennen!

Eintracht-Vorstand Axel Hellmann hat nach Ihren Worten scharf zurückgeschossen: „Man muss von jemandem in einem sportpolitischen Spitzenamt erwarten, dass er unterscheidet. Abu Dhabi ist nicht Katar.“ Ist Ihnen bei der Bewertung ein grober Fehler unterlaufen?
Herr Hellmann soll sich erst einmal anschauen, wie die Frage nach den Menschenrechten von Organisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch beantwortet wird. Natürlich gibt es Unterschiede, aber Herr Hellmann hat sehr stark – und das macht es noch viel schlimmer – auf die wirtschaftlichen Aspekte hingewiesen und gesagt: „Wir sind ja nicht in Saudi-Arabien.“ Rein zufällig spielt die Eintracht jetzt aber am Sonntag gegen einen Verein aus Saudi-Arabien. Also da ging bei seinen Aussagen ein bisschen was durcheinander.

Noch etwas weiter gefragt: Hat DFL-Chef Christian Seifert, der vor der Winterpause noch sagte, dass die Vereine sich auch international noch stärker vermarkten müssten, den Bruch mit der Moral nicht noch angeheizt?
Das mag so sein. Internationale Auftritte muss man allerdings differenzieren. Was mir hierbei vor allem problematisch erscheint ist, dass Herr Rummenigge sagt, wir brauchen 1,2 Milliarden Euro Fernsehgelder und dann sollen diese Fernsehgelder auch noch unsolidarisch unter den Spitzenclubs verteilt werden. Ich glaube, da haben einige in diesem Geschäft die Bodenhaftung ganz stark verloren.

Herr Müller, was konkret erhoffen Sie sich von ihren Worten? Denken Sie, dass tatsächlich eine breitgefächerte öffentliche Debatte angeregt wird und sich dadurch auch im Denken der Profivereine etwas verändert?
Ich nehme mich jetzt nicht so wichtig, aber das Medienecho hat mich sehr überrascht. Es zeigt, dass offensichtlich in weiten Teilen der Öffentlichkeit ein gewisses Unbehagen da ist. Es wäre schön, wenn es dazu führt, dass man diese künstliche Trennung zwischen Sport auf der einen Seite und Politik auf der anderen Seite überdenkt. Zu sagen, das Sport mit Politik nichts zu tun hat, gilt schon in einer Gemeinde nicht und gilt auf internationalem Parkett somit erst recht nicht.

Würden Sie sich einen Dialog zwischen Verbänden, Vereinen und der Politik wünschen? Damit solche öffentlich ausgetragenen Debatten in Zukunft vermieden werden können?
Das wäre sehr ratsam. Man müsste auf dieser Ebene unbedingt einen Dialog anregen. Aber die Bundesligaklubs haben nicht umsonst eine eigene Organisation, nämlich die DFL. Dort spielen kommerzielle Gründe eine große Rolle. Und ich glaube, der Gedanke, dass man mit England mithalten möchte, wird sich dabei möglicherweise am Ende als Rohrkrepierer erweisen.

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12 Kommentare

  1. Kritisches Thema, ja. Aber dass sich ausgerechnet der LSB Vorsitzende hier in den Vordergrund spielen muss…
    Der LSB ist eine Unterorganisation des Deutschen Olympischen Sportbunds, dieser wiederum Bestandteil des IOC (u.a. Vergabe der Olympischen Spiele in moralisch zweifelhafte Länder).
    Der IOC-Vorsitzende Thomas Bach war übrigens, bis er dieses Amt antrat, Vorsitzender des Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry e. V, also der Deutsch-Arabischen Industrie- und Handelskammer, die u.a. Handelsdokumente von Unternehmen legalisiert , die in arabische Länder exportieren wollen. Dabei wird bescheinigt, dass die Produkte keine Teile aus Israel (auch böse) enthalten.
    Wo de hieguggst find’ste was!

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  2. Vielen Dank für das Interview. Der Dank beschränkt sich auf SGE4EVER. Herr Müller hat nun seine Bühne gehabt. Sein Gequatsche bereitet mir Schmerzen. Sollen die Vereine bei ihren Planungen tatsächlich erst bei Amnesty oder Human Rights nachfragen, ob der Ort, das Land „koscher“ ist. Mich interessiert überhaupt nicht, dass der Herr in den Emiraten keinen Urlaub machen würde. Ich übrigens auch nicht; aber das ist meine Sache und wird Euch auch net interessieren. Demnach darf in der Türkei auch kein Trainingslager gemacht werden. Man sollte dann auch nicht mehr in Ländern auftreten, die keine Flüchtlinge aufnehmen. USA-Fan Alex Meier sollte dann noch prüfen, ob der Staat, in dem er Urlaub macht, noch an der Todesstrafe festhält. Und in Köln würde ich mit einer Mannschaft sowieso nicht mehr auflaufen … (Achtung Satire)

    Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna und machen nur noch Trainingslager in der Erbismühle???

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  3. Es ist schon schlimm, wenn solche Träumer und Theoretiker auf
    diesen Positionen sitzen und dann auch noch den Mund aufmachen.
    Wenn die deutsche Wirtschaft mit all den Ländern auf der Liste von
    Amnesty und Human Rights keine Geschäfte machen würde, könnten
    wir uns nur noch gegenseitig die Haare schneiden.
    Praktisch Jede (!) deutsche Exportfirma arbeitet mit Abu Dhabi.
    Jeder, der diese Länder kennt, weiß, dass wir von außen nichts ändern
    können. Schon gar nicht durch Abgrenzung und Kritik, die man nicht
    versteht.
    Man sollte dem Sesselpubser Müller nicht so eine große Bühne geben.
    Er weiß nicht, wovon er redet.

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  4. Ach ja, und dann nennt er noch die Türkei als unbedenkliches Reiseziel. Mann, Mann, Mann!

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  5. deutschland müsste man dann aber auch sehr kritisch beurteilen weil deutschland mit vielen länder wo menschenrechte ignoriert werden, grosse geschäfte macht!
    kritisch vor allen deswegen weil für deutschland wohl auch der profit über menschenrecht und menschenleben geht!
    also wer meint hier andere kritisch zu beurteilen sollte erstmal vor der eigenen haustüre kehren.
    man könnte genauso gut die usa kritisieren , weil diese im letzten jahr durch die staatsmacht sehr viele menschen n auf offener strasse nahezu hingerichtet hat. oder israel das einen völkermord begeht. oder die türkei die die opposition verfolgt und geiselt usw.
    also wenn schon kritisch sein, was ja gut ist wenn es um verbesserung geht, dann doch bitte nicht so scheinheilig und auch an die eigene nase packen.

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  6. Naja, wenn man so weit geht, gibt es kein Land auf diesem Planeten, das man besuchen dürfte.

    Mir ist wichtig , dass gewisse Mindeststandards eingehalten werden. Und da wäre der arabische Raum, kritisch. Allerdings auch die Türkei. Aber die brauchen wir ja, deshalb is das okay. Und Europaspiele in Aserbaidschan, Olympia in CHina, da war nix vom LSB zu hören. Aber bei den dooofen FUßballern kann man es machen.

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  7. Hallo Leute.
    Es ist schon beachtenswert , daß dieser in seinem wahrnehmungsumfeld gestörrte oder zumindest desorientierte quacksalber eine solche plattform bekommt um seine unsäglichen ansichten zu äussern. Er sollte nach meinem dafürhalten darübernachdenken , welche fehler oder bessergesagt welche thesen er vertritt. Seine zum teil erschrenkende rudimentäre betrachtungsweise kann einem nur erschrecken .Man möge bedenken : dieser mensch vertritt auch unsere jungend. Armes LSB-Gebilde. Die frage könnte auch sein für was brauchen wir die klobrillen fetischist überhaupt.

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  8. In einem muss ich Müller zustimmen: Es ist ein gewisses Unbehagen da. – Dieses beschleicht mich, wenn ich mir seinen Mist anhören oder anlesen muss. Ich habe mal recherchiert, wo man Trainingslager und Wettkämpfe austragen könnte, ohne dass sich jemand daran stört. Das da wären Liechtenstein, Tonga und Lummerland. Im ersten Fall könnte sogar mancher Kicker noch schnell Kontoauszüge abholen.

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  9. Du hast noch daheim im eigenen Stadion vergessen ,obwohl ich vergass wenn das die Stadt mitkriegt kostet es gleich wieder XXXX mehr.

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  10. Hatte mich ja in dem Vorgängerthread zu diesem Thema schon ausführlich geäußert, möchte jedoch noch etwas anmerken.
    Dem Herrn Müller möchte ich gerne folgende Frage bzw. Denkaufgabe stellen:
    Worauf hätte es hinausgeführt, bzw. wo wären wir heute, wenn wir als Deutsches Volk nach den zwei verursachten und verlorenen Weltkriegen, aus denen das Wort „Menschenrechtsverletzung“ noch wie eine Verharmlosung klingt, von der Weltgemeinschaft, insbesondere den USA, den angrenzenden Beneluxländern und Großbritanien gemieden, ignoriert, boykottiert und abgekanzelt worden wären?
    Dann hätte sich Deutschland nie und nimme, gerade in den 50er-Jahren (Wirtschaftswunder etc.) so positiv entwickelt.
    Von Nato-Mitgliedschaft und UN-Veto-Staat, möchte ich hierbei noch gar nicht reden.
    Was wäre gewesen, wenn die Weltgemeinschaft bzw. die FIFA uns zum Zwecke der Abstrafung für das Geschehene von 1914 – 1918 und 1939 – 1945 nicht hätte an der Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz teilnehmen lassen. Wir hätten zumindest einen WM-Titel weniger.
    Wir wurden gerade durch die innerstaatliche Öffnung uns Deutschen gegenüber wieder in die Weltgemeinschaft integriert.
    Also bitte Herr Müller, wie es hier auch schon andere geschrieben haben, zunächst mal die eigene Vergangenheit beleuchten, bevor man solch „dicke Bretter bohrt“.

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  11. Die Stadt Frankfurt trägt durch die hohe Stadionmiete zum Teil dazu bei …….das wir gezwungen sind neue Geldquellen zu akquirieren……….
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  12. Auf die Idee, nach Abu Dhabi zu reisen, kam übrigens Ex-Coach Armin Veh. Dafür ist ihm der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen im Gegensatz zu damals mittlerweile dankbar. „Sein Wunsch, nach Abu Dhabi ins Trainingslager zu fliegen, löste bei mir keine Begeisterung aus. Heute muss ich sagen: Das war eine kluge Entscheidung von Armin.“
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    Qjelle Kicker http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/startseite/619288/artikel_warum-kooperiert-die-eintracht-mit-al-ain.html
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