06.07.2013, Fussball, 1. BL, Testspiel SKN St. Pölten - Eintracht FrankfurtEr spielte nur eine Saison für Eintracht Frankfurt, absolvierte gerade einmal 33 Spiele für die SGE, hat in dieser kurzen Zeit aber Spuren hinterlassen. Nicht wenige halten Lajos Détári für einen der besten Fußballer, die je für die Hessen gespielt haben. Sein Freistoßtreffer entschied das DFB-Pokalendspiel 1988 gegen den VfL Bochum, und sein Abschied nach gerade einmal einer Spielzeit sorgte für schwere Depressionen bei Eintracht-Fans. Schließlich gehört auch der Verbleib der umgerechnet 8,7 Millionen Euro (17,4 Millionen DM) aus dem Transfer zu Olympiakos Piräus immer noch zu den großen Mysterien der Vereinsgeschichte. In einem Interview mit dem Fußballmagazin „11 Freunde“ hat sich Détári nun zu seiner Karriere und zu seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt geäußert.

Nachdem er als Kind auf Bolzplätzen jeden Tag sechs bis sieben Stunden Fußball gespielt hatte, wechselte der hochbegabte Junge im Alter von 12 Jahren zu Honved Budapest, durchlief alle Nachwuchsmannschaften und wurde als 18-Jähriger in der ersten Mannschaft eingesetzt. Er galt als größtes Talent des ungarischen Fußball seit den Zeiten der „Goldenen Elf“ um Ferenc Puskás, Nándor Hidegkuti und Sándor Kocsis, wurde Torschützenkönig und Nationalspieler. Wie kam es zum dem Wechsel ins Ausland? „Ich hatte Vorverträge mit Barcelona und Monaco. Der Wechsel nach Frankfurt war eine politische Entscheidung, darauf hatte ich keinen Einfluss.“ Wie bitte? „Eigentlich durften ungarische Fußballspieler nicht vor ihrem 30. Lebensjahr ins westliche Ausland gehen. Weil Ungarn aber bei der WM 1986 so schlecht abschnitt, gab sich das Sportministerium liberaler und hob die Altersgrenze in speziellen Fällen auf. Die Funktionäre hofften, dass die Nationalmannschaft davon profitiert. Also durfte ich mit 24 Jahren wechseln.“

Aber warum dann ausgerechnet nach Frankfurt? „Die Bundesliga galt in Ungarn als sehr gute Adresse. Außerdem war Eintracht damals vielleicht sportlich eine graue Maus, aber die Mitarbeiter kannten alle Tricks. Vor allem der damalige Schatzmeister Wolfgang Knispel. Der trank mit den Ungarn ordentlich Tokajer. Angeblich, so erzählte man sich später, fiel mein Preis nach jeder geleerten Flasche um 100.000 DM.“ Mit einer Ablöse von 3,7 Millionen DM war Détári damals der teuerste Transfer der Bundesliga – entsprechend groß war der Druck, der auf ihm lastete: „Ich dachte die Bundesliga sei nichts für kreative Spieler, dort würden alle nur rennen und grätschen. Also sprach ich noch ein letztes Mal beim Ministerium vor, ob ein Wechsel nach Monaco nicht besser sei. Doch die Verbandsgranden hatten längst entschieden.“ Honved verkaufte seinen Star nicht, sondern verlieh ihn. Das Geld ging an den Verband, an den Détári auch 30 % seines Gehalts abgeben musste.

Die Eintracht hatte zu Beginn der Saison 1987/88 mit Berthold, Pahl und Falkenmayer wichtige Leistungsträger verloren. Die neu verpflichteten Spieler (neben Détári u.a. Dietmar Roth und Dieter Schlindwein) waren zu Beginn der Spielzeit noch nicht die erhofften Verstärkungen, sodass die Hessen nach vier Spieltagen auf dem letzten Tabellenplatz lagen. Détári brauchte einige Wochen, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen: „Ich konnte anfangs kein Deutsch und verstand nicht, was die Presse über mich schrieb. Aber natürlich merkte ich, dass die Stimmung miserabel war. Von den ersten sieben Spielen gewannen wir nur eins. Also setzte ich mich hin und lernte Deutsch. Ich dachte, wenn ich die Sprache beherrsche, wird auch mein Spiel besser.“

Zum Glück war Détári nicht der erste Ungar in Frankfurt. An schlechten Tagen hat er den Rat von István Sztani, dem Mitglied der Meistermannschaft von 1959, eingeholt. Aber auch Kalli Feldkamp, der damalige Trainer der Eintracht, Zeugwart Toni Hübner, der perfekt Ungarisch sprach, und Charly Körbel unterstützten ihn. Interessant ist die Antwort von Détári, ab welchem Zeitpunkt er sich wohl gefühlt habe in Frankfurt: „Wir spielten verschiedene Hallenturniere. Ich liebte diese Spiele, das Dribbeln, das schnelle Passen. Wlodzimierz Smolarek schoss damals Tore am Fließband, und ich legte ihm ein Ding nach dem anderen auf. Die Fans tobten, und ich fand den Spaß am Spiel wieder. Ich merkte, dass ich ein Teil dieser Mannschaft war.“

Und auch in der Bundesliga bekam er langsam Boden unter die Füße. Der Höhepunkt war mit Sicherheit der 28. Mai 1988, das Pokalfinale in Berlin. Nachdem er in der 81. Minute selbst gefoult worden war, zirkelte der Mittelfeldspieler den Ball unhaltbar für Bochums Torhüter Zumdick ins linke Toreck. „Als ich mir den Ball hinlegte, rief Frank Schulz: ‚Wir gehen dann schon mal zurück, Lajos! Der ist ja sowieso drin.’ Und dann landete er wirklich im Winkel. ‚Katze’ (Bochums Torhüter Zumdick, Anm. d. Red.) hatte keine Chance.“

Umso größer war die Enttäuschung, als Détári nur kurz nach dem Pokalfinale die Hessen verließ. In einem früheren Interview mit „11 Freunde“ aus dem Jahre 2007 hatte er gesagt: „Ich wollte eigentlich nicht weg. Die Zeit bei der Eintracht war sehr schön. Natürlich habe ich gehört, dass einige Vereine Interesse gezeigt haben, aber da war auch viel Politik im Spiel. Ich war ja nicht einmal definitiv verkauft an Frankfurt, sondern nur vom Verband ausgeliehen. Eintracht hatte in dieser Zeit auch viele Schulden, gerade beim Eishockey. Und das war für den Verein ganz einfach auch eine gute Möglichkeit, mich zu verkaufen, um an frisches Geld zu gelangen. Am Ende waren es 17 Millionen Mark … Das war ein super Geschäft für den ungarischen Verband und den Sportminister.

Eine Frage darf in diesem Zusammenhang nicht fehlen: Wo sind die Millionen aus dem Transfer geblieben? Détári lacht und spekuliert: „Verbuddelt im Riederwald?“ Aber auch er kennt die Antwort nicht: „Ich kann leider nicht weiterhelfen. Aber warum fragen Sie das? In den folgenden Jahren kamen doch gute Spieler: Jay-Jay Okocha, Uwe Bein oder Ralf Falkenmayer.“

Bei Olympiakos Piräus verdiente Détári nach eigenen Angaben drei- bis viermal so viel wie bei der Eintracht. „Aber ganz ehrlich: Ich wollte nie nach Griechenland, aber auch bei diesem Transfer hatte ich nichts zu melden. Der ungarische Verband delegierte mich dorthin. Am liebsten wäre ich nach Turin gegangen, da hatte ich bereits einen Vorvertrag unterschrieben.“ Später klappte es doch noch mit einem Wechsel nach Italien – allerdings ging er nicht zu Juventus, sondern zum FC Bologna. Es folgten weitere Transfers in die Provinz; Détári spielte nie länger als zwei Jahre bei einem Verein: Am Ende seiner Karriere landete er bei Xamax Neuchâtel, VSE St. Pölden und Dunakeszi VSE. „Natürlich hätte ich es mir gewünscht, irgendwo länger zu spielen. Und manchmal vermisste ich auch Frankfurt.

So bleibt Lajos Détári als der Unvollendete in Erinnerung, als jemand, der aus seinen Fähigkeiten nicht das Optimale herausgeholt hat. Aber überlassen wir dem 61-maligen ungarischen Nationalspieler das Schlusswort: „Natürlich hätte ich mit etwas mehr Glück und weniger Politik mehr aus meiner Karriere machen können. Trotzdem bin ich ganz zufrieden.

 

- Werbung -

5 Kommentare

  1. „Nicht wenige halten Janos Détári für einen der besten Fußballer“ – Ja, ja. Der gute alte Janos. 😉

    1
    0
  2. Denke ich an Lajos zurück, fange ich an zu träumen. Ein genialer Kicker!

    War damals in Berlin dabei, in der Eintracht Kurve, dort viel auch das entscheidende Tor zu unserem letzten Titel, seufz!!! Die anschließende Party am Kudamm werde ich nie vergessen 🙂

    0
    0
  3. … ein tränenreicher Tag. Ich vorm heimischen Fernseher (Das gabs damals schon in Farbe!) und Armin Kraaz hinterm Tor.

    0
    0
  4. 1988…damals mit einem uralten Bus (ohne WC) durch die DDR, Raststätten durfte man nicht anfahren, zuhause waren wir erst am nächsten Tag, irgendwann mittags. Detari, genialer Kicker, leider ferngesteuert und wo die Mios geblieben sind…wer weiss?

    1
    0

Keine Kommentare mehr möglich.

- Werbung -