20.09.2005, Fussball, 1. BL., Eintracht Frankfurt vs. FC Bayern MünchenTrostlos! Hoffnungslos! Und lange Zeit sieglos! Es war eine schlimme Hinserie, die die Fans der Eintracht in der Spielzeit 1999/2000 miterlebten mussten. Dabei waren die Erwartungen nach dem geglückten Last-Minute-Klassenerhalt im Sommer zuvor riesengroß. Die Macher der Hessen ließen sich nicht lumpen und warfen, bestärkt durch das ISPR-Darlehen, mit frischem Geld nur um sich. Mit Bachirou Salou, Rolf-Christel Guie-Mien oder Horst Heldt sollte der Großangriff auf die internationalen Plätze gestartet werden. Und dann ging es auch noch so gut los für die Mannschaft des viel zu früh verstorbenen Trainers Jörg Berger. Erst wurde der Aufsteiger aus Unterhaching mit 3:0 aus dem Waldstadion geschossen, eine Woche später gewann man nach 0:2 Rückstand noch 3:2 beim SC Freiburg und der Punktgewinn am 3. Spieltag gegen den MSV Duisburg rundete einen ordentlichen Start ab. Manch einer der Verantwortlichen am Main hat sich damals bestimmt schon auf die Schultern geklopft und den Sekt für rauschende Europacup-Nächte kalt gestellt – die Ruhe und Sachlichkeit, die ein Heribert Bruchhagen heutzutage ausstrahlt, war vor 15 Jahren in der Führungsriege der Eintracht schlicht und einfach nicht vorhanden. Und so sollte das teuer zusammengekaufte Team noch viele Nackenschläge in dieser Hinserie erleben. Genau genommen gelangen bis Jahresende noch ein Remis (10. Spieltag/1:1 gegen Arminia Bielelfeld) und ein Sieg (11. Spieltag/4:0 gegen Hertha BSC Berlin). Ansonsten war die SGE zum Punktelieferant verkommen und so kam es im Winter, wie es kommen musste: Berger, der ein halbes Jahr zuvor noch die Titanic gerettet hatte, wie es Jan-Aage Fjörtoft bildlich ausdrückte, musste nach 11 Hinrundenzählern und 8 Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz gehen.

Der Nachfolger hieß Felix Magath. Es war ausgerechnet der Mann, den die Eintracht im April zuvor noch aus dem Amt beim SV Werder Bremen geschossen hatte (ähnliches passierte ja auch dann bei Thomas Schaaf einige Jahre später…). Und der Schleifer drehte im Winter an den richtigen Stellschrauben. Mit Dirk Heinen wurde ein erfahrener Torhüter verpflichtet, der den zuvor oft glücklos agierenden Oka Nikolov auf die Bank verdrängte. Zusammen mit Thomas Reichenberger, der allerdings im Sturm nicht die gewünschten Akzente setzen und nur einen Treffer erzielen konnte, kam er aus Leverkusen. Und irgendwie schaffte es Magath, das zuvor so verrüttete und kaum noch bundesligataugliche Team wieder in die Spur zu bringen. Dabei begann der Marathonlauf denkbar ungünstig mit einer 0:1 Niederlage bei den heimstarken Hachingern. Es war eine von nur vier Niederlagen in dieser Rückrunde. Die Adler sammelten bis zum 33. Spieltag überragende 27 Zähler. Der Klassenerhalt wäre also frühzeitig gesichert gewesen, wenn da nicht noch die Lizenzverstöße, die zu zwei Punkten Abzug führten, gewesen wären. So kam es am letzten Spieltag im Waldstadion zum Showdown gegen den Aufsteiger aus Ulm. Am 17. Spieltag noch schossen die Spatzen die Adler mit 3:0 aus dem Stadion. Doch am 20. Mai 2000 herrschten andere Bedingungen vor. Die Baden-Württemberger fanden nach einer 1:9 Heimniederlage gegen Bayer Leverkusen am 25. Spieltag überhaupt nicht mehr in die Spur zurück und gewannen bis Saisonende nur noch eine Partie. Das von Magath angeführte Team hingegen spielte eine überaus stabile Rückrunde und verkraftete auch Niederlagen in München, Leverkusen oder Berlin ohne größere Probleme.

HeldtDoch als Schiedsrichter Helmut Krug die Partie im ausverkauften Stadtwald vor 58.245 Zuschauern anpfiff, flatterten den Spielern und ihrem Anhang gehörig die Nerven. Man merkte auf einmal: Alles das, was man sich so mühevoll aufgebaut hat, könnte an diesem sonnigen Samstag bei herrlichsten Temperaturen noch zerschlagen werden. Doch in einer nervös geführten Partie hatten die Hessen zunächst alles im Griff und gingen nach 24 Minuten durch Bachirou Salou in Führung. Die Adler suchten schon in der 1. Halbzeit die Entscheidung und mussten einen herben Rückschlag verkraften. Nach Lupfer von Leandro an die Latte konnte der damalige Topstürmer der Gäste, Hans van de Haar, vier Minuten vor dem Pausentee ausgleichen. Nun war sie wieder da, die Nervosität. Im Waldstadion ging die Angst um, dass man doch noch absteigen könne. „Ich hatte weiche Knie„, gab Alexander Schur damals unumwunden nach Schlusspfiff zu. Im zweiten Durchgang spielte sich die Partie dann auch vor allem im Mittelfeld ab, einzelne Vorstöße der Gäste aber trieben die Schweißperlen auf die Stirn des Frankfurter Anhangs. Doch in der 89. Minute fand die Nervenschlacht endgültig ihr Ende. Thomas Reichenberger wurde im Strafraum gelegt und der an diesem Tag so starke Horst Heldt verwandelte den fälligen Strafstoß sicher. Aus! Vorbei! Das nächste Wunder vom Main war vollbracht. 30 Rückrundenzähler ließen die Frankfurter zur drittstärksten Mannschaft der Rückrunde, direkt hinter den beiden Topteams aus München und Leverkusen, aufsteigen. „Ich weiß nicht, ob Magath wie Berger die Titanic gerettet hätte. Aber auf jeden Fall wären alle Überlebenden sehr fit gewesen. Unser nächstes Trainingslager ist in Alcatraz„, sagte Fjörtoft damals – es war wohl halb augenzwinkernd und halb ernst gemeint, wie die nächste Spielzeit zeigen sollte.

Diese allerdings war zu diesem Zeitpunkt noch ganz weit weg. Das nächste Wunder war vollbracht, fast genau ein Jahr nach dem bis heute historischen 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern am 29.05.1999. Nach dem Abpfiff von Schiedsrichter Krug war die Erleichterung daher zunächst auch grenzenlos. Ein riesiges „Felix for President“-Plakat an der Anzeigentafel wurde entrollt und die ersten Fans stürmten den Rasen. Erneut hoffte der Anhang darauf, dass der Verein aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat – und wieder musste man einsehen, dass man sich auch diesmal irrte. Doch der triste Alltag war an diesem Nachmittag des 20. Mai im Jahr 2000 noch ganz weit weg…

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10 Kommentare

  1. Daraus könnte man jetzt ableiten, Felix Magath wird nicht President aber Nachfolger von HB! Der Name fehlt doch hier noch. Erfahren in allen Bereichen, Halsstarr, von sich selbst überzeugt, was willst mehr??

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  2. Die Frage wäre bei aller Liebe zu wem? Zu mir, zu Felix Magath??
    War ja nur Ironisch gemeint zum allgemeinen Rauschen im Pressewald, da fehlte halt der Name irgendwie.
    Und mal ernsthaft, davon abgesehen das diese Personalien bei uns gar nicht geht, die Kompetenzen hätte er tatsächlich.

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  3. Seit dieser Saison und insbesondere dem, was in den 2,5 Jahren danach folgte, sehe ich alles, was mit der Eintracht zu tun hat gaaaanz entspannt.

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