Hellmann, Bruchhagen„Lizenz oder Insolvenz?“ titelte die FAZ im Juli 2002 vor dem Showdown im Hotel Zeppelin in Stuttgart. Das unabhängige und neutrale Schiedsgericht der Deutschen Fußball-Liga (DFL) hatte über die Zukunft des Vereins Eintracht Frankfurt zu entscheiden. Es ging um nicht weniger als die Existenz eines Bundesliga-Gründungsmitglieds, dem drei Wochen zuvor schon die Lizenz entzogen wurde. Doch mit viel Schweiß und Geschick erledigte man seine Hausaufgaben und so entschied das ständige, neutrale Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen in einer nicht öffentlichen Sitzung, dass der Traditionsclub die Lizenz erhalte. Wer weiß, wo die Eintracht heute stünde, hätten die Richter ihre Daumen gesenkt. Ob es den Verein tatsächlich noch geben würde? Bald 13 Jahre später kann man sich am Main kaum noch vorstellen, dass es solche Zeiten wirklich einmal gab. Launisch präsentiert sich die Diva – wenn überhaupt noch – auf dem Rasen oder in der Kneipe am Riederwald. Auf Vorstandsebene ist es deutlich ruhiger geworden. Aus dem Skandalverein früherer Zeiten ist ein ganz normaler Bundesligist, der sich etablieren und sukzessive verbessern möchte, geworden. Eng verbunden ist dieser Wandel mit einem Namen: vom Saulus zum Paulus dank Heribert Bruchhagen.

Wie gut es den Frankfurtern inzwischen tatsächlich geht, wurde im vergangenen Monat wieder einmal deutlich. Im Februar besuchten der Vorstandsvorsitzende Bruchhagen und Finanzvorstand Axel Hellmann gemeinsam die Sportbusinessmesse „Spobis“ in Düsseldorf. Während Hellmann über die „Auslandsvermarktung“ referierte, besuchte Bruchhagen andere Vorträge zum Thema „Investoren im Fußball“. Hier stellt sich wohl die derzeit spannendste Frage rund um die Eintracht: Wie wird es finanziell in Zukunft weiter gehen? Es ist ein wahrer Drahtseilakt, den die Hessen vollführen müssen. Auf der einen Seite soll der Anschluss an die oberen Ränge hergestellt, auf der anderen Seite aber kein Vabanquespiel betrieben werden. Schließlich war es ganz harte Arbeit, den damals total verschuldeten Club wieder in die schwarzen Zahlen zu führen und auch dort zu halten. Seit dem 1. Dezember 2003 bereits hat Bruchhagen die Zügel bei den Hessen in der Hand. Seiner Politik „der ruhigen Hand“ war es dann auch zu verdanken, dass der Abstieg im Sommer 2004 verkraftet und ein Neuaufbau eingeleitet werden konnte. Die danach folgenden Jahre 2005 bis 2009 waren mit die erfolgreichsten der jüngeren Vergangenheit. 1.826 Tage blieb Friedhelm Funkel, der Nachfolger von Willi Reimann, bei den Hessen im Amt – genauso lange hielt es sonst nur noch Erich Ribbeck bei der Eintracht aus. Während dieser Ära, erklärt Bruchhagen, wurden alte Schulden in Höhe von 24 Millionen Euro abbezahlt. Immense Altlasten mussten also getilgt werden, vor allem der der unsäglich ISPR-Kredit. Es haben also einige „trojanischen Pferde in meinem Garten gestanden„, wirft Bruchhagen im Bericht bei sportschau.de einen weiten Blick zurück. Was aber hat es mit diesem ISPR-Kredit überhaupt auf sich?

SalouEs war die ereignisreichste und teuerste Transferperiode, die die Fans der Eintracht im Sommer 1999 erlebten. Nach einer nervenaufreibenden Spielzeit 1998/99, die mit dem 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern und dem Klassenerhalt endete, wurde der Kader umgekrempelt. Bachirou Salou, Rolf-Christel Guié-Mien, Horst Heldt, Thomas Sobotzik, Erol Bulut, Thomas Reichenberger, Dirk Heinen, Jens Rasijewski, Tibor Dombi, Thorsten Kracht und Chen Yang, der fest verpflichtet wurde, kamen für insgesamt 11,55 Millionen Euro an den Main. Das Geheimnis um diese ominöse Gelddusche wurde nur kurze Zeit später gelüftet: Der damalige Präsident Rolf Heller bestätigte damals, dass die Fernsehrechte an die Münchener Agentur ISPR veräußert wurden. Ursprünglich war geplant, dass die Eintracht von dem Tochterunternehmen der Kirch-Gruppe eine Einmalzahlung von fünf Millionen, sowie ein zinsloses Darlehen von zehn Millionen Mark, umgerechnet also knapp 8 Millionen Euro, erhält und dieses Geld innerhalb von fünf Jahren zurückzahlen muss. Das Ende des Liedes ist gut bekannt – im Sommer 2013 wurde letztlich die letzte, 2,5 Millionen Euro teure, Rate zurückgezahlt, insgesamt kostete der Kredit die Hessen 25 Millionen Euro.

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7 Kommentare

  1. Schöne Zusammenfassung……aber der Artikel fängt erst mit Seite 2 an, dann folgt Seite 1 und dann nochmal Seite 2.

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  2. Sehr interessanter Bericht, mit der einen oder anderen „Aha-Situation“ beim Lesen. Danke für die Mühe Christopher

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  3. @SGE74 und koppweh: Ja, danke Herri für vieles – das große ABER darf trotzdem nicht verschwiegen werden. Wo wären wir, wenn 2011 nicht gewesen wäre? Und diese Rückrunde hat Bruchhagen mit zu verantworten. In den ersten Wochen der Rückrunde, als unsere Stamminnenverteidigung ausfiel, wurde der Karren in den Dreck gefahren. Man hatte, obwohl mit drei Niederlagen in den ersten drei Rückrundenspielen, noch die Chance für die Innenverteidigung oder eine andere Position nachzulegen. Leider hatte man sich auf sein Punktepolster verlassen und nur die wenigsten hätten nach der damals so positiven Hinrunde noch an einen solchen Totalabsturz gedacht. Solange aber rechnerisch noch alles möglich ist, muss ein solches Szenario, gerade bei Mittelklasseklubs, immer wieder in Betracht gezogen werden. Der Abstieg 2011 wird auch immer wieder das Gesicht von HB tragen, wie er gegen Köln auf der Tribüne saß und eine Zigarette nach der anderen rauchte. Ein Bild, was ich persönlich auch vier Jahre später noch nicht vergessen habe.

    ABER – und jetzt kommt der Punkt, den ich ihm hoch anrechne – er hat die Konsequenzen getragen, sich gehäutet und geöffnet für neue Wege. Ein Sportdirektor wurde installiert, mit Veh ein Trainer verpflichtet, der gerne aneckt und seine Meinung kund tut – und HB hat sich in dieser Zeit finde ich sehr gewandelt. Wo er oftmals verbissen und verkrampft wirkte, ist er jetzt eine Spur lockerer geworden. Und das er sich jetzt auch für den „Paradigmenwechsel“ öffnet und weiterbildet, zeigt die Tatsache, dass er Vorträge zu diesem Thema besucht. Es ist sicherlich nicht immer einfach gewesen mit Herri und manchmal hat man schon die Faust in der Hosentasche geballt, wenn er uns wieder die Mittelklasse als etwas großartiges verkaufen wollte. ABER – und das war ein großer Schritt – er hat es geschafft, dass wirklich viele eingesehen haben, dass eine Zeit lang wohl nicht mehr möglich war. Diesmal aber – 2015 – ist wieder viel Bewegung in der Bundesliga – und wenn wir diesmal die Chance nutzen und im Strudel in die richtige Richtung treiben – dann kommen wirklich tolle Jahre auf uns und unsere Eintracht zu. Da warten spannende Monate auf uns – sowohl auf sportlicher, als auch auf finanztechnischer Ebene.

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  4. Lieber Christopher.

    Mit Herri kam die Seriosität und die notwendige Kontinuität wieder.
    Der Imagewechsel war ein wichtiger Baustein der garnicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
    Die Eintracht ist ein schlafender Riese.
    Das wir nicht ins Koma gefallen sind ist Heriberts verdienst.

    Die Ära Bruchhagen geht zu langsam zu ende und mit Hellmann sind wir gut aufgestellt fuer die Zunkunft.

    Solange Bruno bei der Eintracht bleibt is mir nicht bange.

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