Götze (l.) und Kamada (r.) lenken das neue System. (Foto: IMAGO / Sven Simon)

Das Heimspiel gegen RB Leipzig ist zweifelsohne als beste Saisonleistung der Frankfurter Eintracht zu beurteilen. Es ist, als hätte Laura, die eigentlich für diese Analysen verantwortlich ist und die ich hier heute vertrete, komplett ins Schwarze getroffen mit der Betitelung ihrer letzten Analyse gegen Werder Bremen: Der Knoten scheint tatsächlich geplatzt zu sein.

Enorme spielerische Qualität im Mittelfeld

Doch wie kommt das?
Die Antwort auf diese Frage ist vor allem im Mittelfeld zu finden und hat auch mit dem Abgang von Filip Kostic zu tun. Das Zusammenspiel von Djibil Sow, Sebastian Rode und vor allem Daichi Kamada und Mario Götze hat das Frankfurter Spiel auf ein komplett neues, bislang nicht dagewesenes Niveau angehoben. Der hochattraktive One-Touch-Fußball, der die spielstarken Leipziger verzweifeln ließ, fußt auf dem neuen Glasner-System. Dem System, das auf die Ära-Kostic folgte. Als noch der schnelle und fußballerisch begnadete Serbe den linken Flügel beackerte, sorgte es für keine Verwunderung, wenn mehr als 50 Prozent aller Angriffe über seine Seite liefen. Selbstredend war er auf seiner Position auch einer, wenn nicht sogar der beste Spieler der Bundesliga. Auch sei hier erwähnt, dass diese Ausführungen die Leistungen von Kostic in keinster Weise herabwürdigen sollen, wie kaum ein anderer prägte er das Spiel der Eintracht in den letzten Jahren. Nun, nach seinem Abgang, musste Cheftrainer Oliver Glasner aber umstellen. Was in den letzten Spielen noch etwas holprig aussah, nahm spätestens seit dem Bremen-Spiel genaue Konturen an und gipfelte in dem Fußballfest gegen RB Leipzig am vergangenen Samstag. Es fällt auf: Häufig schaffen es die Hessen jetzt, Tore durch die Mitte zu erspielen.

Und das liegt daran, dass Daichi Kamada, der die Form seines Lebens zu haben scheint, und Mario Götze völlig neue Freiheiten im Glasner’schen System haben. Beide lassen sich bei gegnerischem Ballbesitz weit fallen, sind bei eigenen Angriffen aber mehr denn je die Lenker des Geschehens. Was Götze in das Frankfurter Spiel brachte ist eine gewaltige Übersicht. Wenn ein Spieler sich frei läuft, dann sieht der WM-Held von 2014 das und bringt mit gnadenloser Präzision Zuspiele an. Auch über 60 Meter, wenn es sein muss. Gleichzeitig hat Kamada seine Skills im Dribbling noch einmal verbessert. Durch kluge Ballannahmen, Körpertäuschungen und Tricks gelingt es ihm jetzt viel häufiger, Gegner stehen zu lassen und dazu kommt sein Torriecher. Zum Vergleich: Nach 32 Spielen in der letzten Saison hatte Kamada vier Bundesligatore erzielt. In der laufenden Spielzeit sind es nach fünf Spieltagen bereits drei.

Die beiden Offensivmotoren Götze und Kamada haben diese Freiheiten, weil Sebastian Rode und Djibril Sow ihnen den Rücken freihalten. Die beiden Spieler lassen sich bei eigenem Ballbesitz fallen und agieren einige Meter hinter Kamada und Götze. 

Tempovorteil SGE

Dazu kommt, dass Randal Kolo Muani unheimliche Qualität im Sturm mitbringt. Nicht nur ist er pfeilschnell, er hat auch das Auge für seine Mitspieler und ist nicht eigensinnig. Er und Lindström sind die beiden gesetzten Umschalt-Sprinter. 

Durch den Abgang von Kostic, werden Spieler wie Götze und Kamada gesucht und haben nun die Freiheiten, ihre Stärken perfekt auszuspielen. Mit Kostic zusammen hing gerade Kamada häufig auch mal durch, da das Kostic-System ihn häufig vor Schwierigkeiten stellte – Das ist nun anders und eine mögliche Erklärung für die Leistungsexplosion des Japaners. Mannschaften wie RB Leipzig, die selbst das Spiel bestimmen wollen und Räume bieten, sind daher anfällig.
Auch in der Defensive hat Glasners Schachzug funktioniert: Evan N’Dicka ist ein Verteidiger, der sich auch gerne mal in der Offensive miteinschaltet und da durch seine Schnelligkeit zu punkten weiß. Gegen Leipzig aber verzichtete der Franzose darauf komplett und setzte seine Schnelligkeit defensiv ein. Symptomatisch war dafür, wie mühelos er in der Mitte der zweiten Halbzeit den schnellen Timo Werner einholte und den Ball zurückeroberte. 

Sicherlich war das Spiel keine Sternstunde des Leipziger Fußballs. Die Mannschaft von Domenico Tedesco wirkte nie wirklich, als sei sie im Spiel angekommen. Aber man kann eben auch nur so gut spielen, wie es der Gegner zulässt und die Eintracht ließ an diesem Abend gar nichts zu.

Dennoch ist jetzt aber Vorsicht geboten: Ja, das Spiel gegen Leipzig war äußerst stark, aber gegen Sporting Lissabon muss der Fokus wieder zu 100 Prozent vorhanden sein und vor allem bleibt es abzuwarten, wie das neue Glasner-System gegen tiefstehende Mannschaften funktioniert. Derzeit aber lässt es Fan-Herzen höher schlagen.

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7 Kommentare

  1. Aber man kann eben auch nur so gut spielen, wie es der Gegner zulässt und die Eintracht ließ an diesem Abend gar nichts zu. Dazu gibt es nicht mehr zu sagen. Amen…

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  2. Guter Bericht und gute Analyse.
    Und genau zum falschen Zeitpunkt kommt leider die Verletzung von Rode.
    Aber wir haben noch einen alten Hase (n) in der Hinterhand und unseren neuen Mann Ebimbe.

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  3. @2 meilo87

    Kaum hatte ich die Analyse veröffentlicht kam die Meldung mit Rode rein… Sonst hätte ich das hier selbstredend schon erwähnt… Bitter für ihn, bitter für die Eintracht!

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  4. Apropos Analyse. Kann mir Mal jemand sagen, welche Position Kolo gespielt hat? Der war ja überall. Flanke von rechts, Flanke von links, Steilpass auf Kamada von der 10er-Position. Ich hab vor lauter staunen und feiern nicht alles mitbekommen – hat er auch Mal kurz im Tor gestanden?

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  5. Man sollte jetzt nicht mit den Belobigungen überdrehen. Ja, die Leistung gegen Leipzig war super. Jetzt kommt das Zubrot Lissabon, das gut überstanden werden muss. Und dann am Samstag wird sich zeigen wo wir wirklich stehen. Die Wolfsburger stehen gewaltig unter Druck, sie müssen eigentlich punkten. Und wir haben uns in den letzten Heimspielen gegen Wolfsburg immer schwer getan ( verloren ). Es wäre schade wenn wir am Samstag wieder mal eine Ernüchterung erleben müßten. Ich würde mir wünschen, dass wir die Wolfsburger wieder mal mit einer Niederlage nachhause schicken.

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  6. @ 5 Du weißt wer diesen Verein aktuell trainiert ? Und was zuletzt passierte, als dieser Trainer bei einem Anderen Verein auf der Bank saß und bei der SGE zu Gast war???? ( Diese Woche ist eine 9 Punkte Woche ) Forza CL SGE

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  7. Tedesco hat das 4:0 vom Samstag nicht überlebt, Kovac wird den Samstag auch nicht überstehen. Das kennt er ja schon – beim letzten Mal war es ein 5:1. Wir haben Kovac sehr viel zu verdanken: Relegation, Stabilisierung einer wirklich unterdurchschnittlichen Truppe, Pokalsieg. Aber er ist gegangen – das bekommt vielen nicht gut, wenn ich an unsere Spielerabgänge denke (wo war Rebic eigentlich gestern abend? und warum sitzt Silva – ein Stürmer von Weltklasse-Format – bei RB auf der Bank? Wer bei uns 28 Buden macht, kann in Leipzig oder Dortmund 35 machen.
    Und heute abend: Nerven behalten und das Europa-Gesicht zeigen. Ich freu mich drauf.

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