Die Kovac-Brüder sind auf der Suche nach dem richtigen Schlüssel.
Die Kovac-Brüder sind auf der Suche nach dem richtigen Schlüssel.

Der Wunsch von Trainer Niko Kovac, den er am Mittwoch nach dem Training äußerte, hat sich nicht erfüllt: „Gegen wen wir spielen ist egal. Hauptsache wir haben ein Heimspiel.“ Losfee Matthias Sammer zog die Auswärtspartie bei Borussia Mönchengladbach, das sich etwas glücklich im Viertelfinale des DFB-Pokals mit 2:1 beim Hamburger SV durchsetzte. Die Fohlenelf hat sich unter Dieter Hecking dennoch wieder stabilisiert und tanzt noch auf drei Hochzeiten. In der Bundesliga ist das Team in der Rückrundentabelle mit zwölf von 15 möglichen Punkten auf Rang eins platziert und konnte den Anschluss an die oberen Ränge herstellen, im Europa-League-Achtelfinale treffen die Gladbacher auf den FC Schalke 04 und im Pokal geht es gegen die Hessen um den Einzug ins Finale nach Berlin.

In der aktuellen Form der Eintracht-Mannschaft löst die Auslosung dieser Begegnung keine Euphorie aus. Das Team hat in den vergangenen Wochen den Faden und jegliche spielerische Leichtigkeit verloren. Die Kompaktheit kam abhanden, die Form ebenfalls und ferner hat das Verletzungspech ein enormes Ausmaß angenommen. Zehn Akteure werden am Sonntag ab 15.30 Uhr gegen den SC Freiburg definitiv nicht zur Verfügung stehen, bei Makoto Hasebe und Bastian Oczipka ist ein Einsatz ebenfalls noch nicht gesichert.

Die Eintracht, die in der Hinserie noch begeisterte und überraschte, befindet sich aktuell in einer ganz schwierigen Phase. Das Ziel Klassenerhalt kann kaum noch glaubwürdig verkauft werden, der Traum von der Reise nach Berlin schwirrt ebenfalls in den Köpfen der Spieler und des Umfelds herum. Kovac wird nicht müde zu bremsen und auf die 40-Punkte-Marke zu verweisen. Der Trainer stapelt dabei nicht tief, sondern er beobachtet und erkennt genau: Je weiter oben das Team ist, desto schwerer werden die Beine. Im Pokal gegen Arminia Bielefeld wurde deutlich, welcher Druck auf den anscheinend noch zu schmächtigen Eintracht-Schultern lag. „Wir hatten Angst davor, etwas zu verlieren“, erkannte nicht nur Sportdirektor Bruno Hübner. Das frühe Tor von Danny Blum, das dem eigenen Spiel im Normalfall gut tun müsste, half den Hessen nicht.

Im Gegenteil: Statt Sicherheit und Ruhe auszustrahlen, wechselten sich Fehlpässe und hektische Aktionen ab. Bezeichnend für diesen Grad der Anspannung war ein Freistoß in der Schlussphase. Statt sich Zeit zu nehmen und zu sortieren, wurde dieser schnell und planlos ausgeführt. Kovac sprang wild durch seine Coaching-Zone, weil der Ball anschließend verloren ging. Doch große Impulse von der Bank konnten beim schmeichelhaften 1:0-Erfolg gegen den Zweitligisten kaum gesetzt werden. Guillermo Varela kämpft sich nach monatelanger Verletzungspause mühsam heran, Shani Tarashaj blieb erneut alles schuldig, Branimir Hrgota ist etwas aus dem Blickfeld gerutscht, Max Besuschkow braucht noch, genauso wie Marius Wolf, Zeit. Und Marco Russ? So emotional die Rückkehr auch war – eine Partie über 90 Minuten zu bestreiten ist noch nicht realistisch.

Auch Mijat Gacinovic sucht die Form, die ihn im Sommer zum Hoffnungsträger werden ließ.
Auch Mijat Gacinovic sucht die Form, die ihn im Sommer zum Hoffnungsträger werden ließ.

Ist eine schnelle Überwindung der Krise in Sicht? Drei Niederlagen ohne eigenes Tor in der Bundesliga und Rang 16 in der Rückrundentabelle haben dem so furios aufgebauten Selbstvertrauen einen mächtigen Knacks verpasst. Gegen die Arminia fanden nur 79 Prozent der Bälle ihren Mann, eine Zweikampfquote von 48 Prozent ist ähnlich schwach wie die Torschussbilanz von 9:17. Die persönlichen Formkrisen einiger Spieler dauern inzwischen wochenlang an: Mijat Gacinovic konnte den dauerhaften Nachweis, wirklich ein Mann für die Bundesliga zu sein, noch nicht erbringen. Michael Hector, in der Hinrunde phasenweise mit ordentlichen Leistungen, patzt in jeder Partie gravierend, die Außenverteidiger Timothy Chandler und Bastian Oczipka machen, wie auch Omar Mascarell oder Makoto Hasebe, derzeit nicht den gewohnt stabilen Eindruck. Weil kein Ball mehr „in die Box kommt“ wechseln sich Alex Meier, Ante Rebic oder Hrgota in Sachen Torungefährlichkeit ab – oder aber die Eintracht schwächt sich mit Platzverweisen – siehe David Abraham oder Haris Seferovic – selbst.

Es geht dabei weniger um einzelne Spieler, sondern vielmehr um das Kollektiv, das wieder zusammenwachsen muss. Kovac ist in dieser Phase gefordert zu zeigen, ob er Lösungungsansätze vermitteln und das Team wieder in die Spur zurückführen kann. Der 45-Jährige gestand bereits ein, zuletzt wohl eher die falschen Akzente gesetzt zu haben. Wurde der Kader überschätzt und in Abu Dhabi deshalb womöglich falsch trainiert? Zu sehr der spielerische Aspekt hervorgehoben, weil gedacht wurde, die kämpferische Note sei verinnerlicht? Oder lässt sich die aktuelle „Leistungsdelle“ nur mit dem Verletzungspech erklären?

Die Eintracht ist noch in einer komfortablen Situation. Platz sechs ist mehr als alles, was vor der Saison erwartet wurde, der Einzug ins Pokal-Halbfinale ist ebenfalls ein großartiges Ereignisse für das Umfeld und die Weiterentwicklung des Klubs – nicht nur der unerwarteten Mehreinnahmen wegen. Und doch dürfen kritische Fragen nicht komplett ausbleiben: Wurde die dünne Personaldecke im Defensivbereich etwas unterschätzt? War es genug hier mit Andersson Ordònez einen „Perspektivspieler“ aus Ecuador zu holen, statt sich im deutschsprachigen unterklassigeren Raum umzuschauen? Warum kam mit Wolf ein weiterer Akteur für die Flügel, obwohl dort mit Rebic, Gacinovic oder Blum bereits drei Spieler im Kader standen? Wurden die Schmerzen bei Marco Fabián, der sich bereits im letzten Spiel des Jahres 2016 gegen den 1. FSV Mainz 05 häufiger in den Hüftbereich fasste, unterschätzt – und zugleich die vorhandene Qualität etwas überschätzt?

Vor der von Kovac als „richtungsweisende Partie“ ausgekorenen Begegnung gegen die Freiburger wird es vor allem darauf ankommen, das Team mental zu stärken. Die Mannschaft agiert derzeit „am Limit“, bekommt deshalb am Donnerstag die Zeit, sich auszuruhen. Die Spielzeit ist noch lang, genauso die Verletztenliste. Das Programm bis zur Länderspielpause Ende April hat es mit den Spielen gegen die Breisgauer, den FC Bayern München und den Hamburger SV in sich. Nach dem kurzen Break folgt sofort eine englische Woche mit den Begegnungen gegen Gladbach, den 1. FC Köln und den SV Werder Bremen. Spätestens danach sollte endgültig bekannt sein, wohin die Reise führt. Fabián zumindest, der aktuell so schmerzlich vermisst wird, könnte nach den Länderspielen dann wieder mithelfen, die Eintracht in die richtige Spur zu führen.

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18 Kommentare

  1. Sehr gut zusammengefasst, auch mit berechtigten Fragen versehen. Wollen wir hoffen das es am Sonntag besser läuft als gegen Ingolstadt und Bielefeld zuletzt.

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  2. Wir könnten schon längst wieder siegen wenn er Hector nicht jedes mal wieder aufstellen würde

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  3. alpi, der Junge ist nicht alleine verantwortlich. Macht Rebic das Ding gegen Berlin, gehen wir mit einer Führung in die Pause. Verschießt Hasebe im Spiel davor nicht den Elfer, holen wir einen Punkt. Hector hat gute und schlechte Szenen. Aber er ist nicht der Alleinschuldige. Und er ist momentan in der Liga von den 4 IV leider der einzig verbliebene.

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  4. Ich verstehe das ganze rumgehacke auf Hector nicht mehr ganz.
    Klar er hatte viele Spiele in denen er nicht gerade gut war aber er hat sich in letzter Zeit meiner Meinung nach ziemlich gesteigert. Gerade gegen Hertha hat er vor allem ziemlich ruhig gespielt im Gegensatz zu vorherigen Spielen und hat auch in er Spieleröffnung gute Arbeit geleistet. Und er köpft die ganzen Bälle die immer geflogen kommen hinten raus also so schlecht wie ihn viele machen finde ich ihn echt nicht.

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  5. @4
    Sehe ich genau so. Gegen Bielefeld hatte er auch vorne mal eine gute Kopfballchance nach einer Ecke. Er ist definitiv nicht der alleinige Schuldige für die aktuelle Form. Mit einer Innenverteidiung die aus 2 Außenverteidigern besteht würde ich definitiv nicht spielen wollen. Einer mal als Ersatz geht in Ordnung aber nicht 2.

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  6. sehr gute Bestandsaufnahme.
    Es macht z.Zt. überhaupt keinen Sinn , bestimmte Entwicklungen oder Ergebnisse an einzelnen Spielern festzumachen. Die Mannschaft als Ganzes muss wieder funktionieren,die Mannschaft muss einzelne, die schwächeln auffangen und mitziehen. Wie NK so schön und richtig sagt : zurück zu den Basics !
    Auch am Sonntag können wieder nur die spielen, die da und die gesund sind , also muss auch Hector spielen. Ich kann ihn auch wirklich nicht so schlecht einstufen, wie mancher das hier macht. Er ist Teil der Mannschaft und wenn diese wieder besser funktioniert, sind auch seine Leistungen o. k., wobei jeder weiß, dass er kein Hummels mehr wird.
    Ich vertraue darauf und hoffe nicht nur auf Sonntag, ich freue mich auch. Wir sind der „12. Mann“, haben eine schöne Choreo diesbezüglich gehabt und werden unseren Teil leisten. Im Vertrauen auf Besserung
    Forza SGE !

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  7. Natürlich ist Hector nicht der Alleinverantwortliche bei Gegentoren. Der geneigte Fussballinteresierte weiß, das die Verteidigung im modernen Fussball vorne bei den „Stürmern“ anfängt. Es sind nicht selten Fehlerketten. Siehe z.B. das Foul von Hector gegen Ingolstadt das zum Elfmeter führte, was ging dieser Situation voraus? Ein lamentierender Hasebe der die Arbeit einstellte. Es ist auch für mich zu einfach es nur auf einen Spieler zu schieben wenn die ganze Mannschaft nicht gut spielt. Aber das alles ändert nichts daran, das ich vom Auserkoren von Spielern zu Sündenböcken ebenfalls nichts halte, wie die für mich nicht bundesligataugliche Spieleröffnung Hectors, sowohl als auch seine Spielauffassung/Antizipation/Handlungsschnelligkeit nicht ausreicht auf diesem Niveau.

    Das ist meine subjektive Wahrnehmung.

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  8. Hector allein die Schuld geben ist Quatsch, aber er stellt ein erhöhtes Risiko dar. Argumente wie; er muss erstmal ankommen, zählen nicht mehr. Kritik die von vielen geäußert wird, betrifft seine Spielweise und nicht seine Person.
    Warum durfte er gegen Bielefeld ein Freistoss in die Nordkurve schießen??
    Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.
    Abraham war gegen Bielefeld auch schwach. Bei hohen weiten Bällen der Bielefelder hatte er seine lieben Mühen.
    Hrady hatte einige kuriose Abschläge gegen Bielefeld dabei.
    Aktuell ist Kovac und die Eintracht viel in den Medien, weil Kovac eine Debatte über Schmertmitteleinnahme bei Spielern offen angesprochen hat.

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  9. ich sehe das problem eher in der offensive. 277minuten kein tor mehr erzielt und ohne tor kann man nunmal nicht gewinnen und dann reicht ein treffer gegen uns….. wenn spielerisch nichts geht dann sollten wir wenigstens an standards arbeiten denn auch die waren zuletzt grottig.

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  10. @10
    Ja das sehe ich auch als die Hauptursache. Gerade gegen Freiburg die vorne gut sind und immer ein Tor schiessen können, aber hinten dünn sind , kommt es darauf an auch mal ein Tor mehr zu schiessen. Hoffentlich spielt Hrgota vorne mal wieder, Meier ist momentan total außer Form. Lieber als Joker. Aber würde schon mit richtigem Sturm spielen, Tarashaj ist auch null torgefahrlich, dann lieber Rebic und Hrgota vorne zusammen.

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  11. „wenn spielerisch nichts geht dann sollten wir wenigstens an standards arbeiten denn auch die waren zuletzt grottig.“

    Richtig!

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  12. Kovac hat schon recht, wenn er darauf hinweist, dass die Gegner
    mittlerweile taktisch anders gegen uns spielen.
    In der Vorrunde haben sie noch versucht durch unser Mittelfeld
    zu kombinieren und sind in unserem Pressing regelmäßig hängen
    geblieben. Es fällt auf, dass alle jetzt versuchen mit hohen Bällen
    hinter unsere hoch stehende Abwehr zu kommen und dann mit
    schnellen Spielern in die freien Räume zu starten. Auch Freiburg
    wird garantiert so spielen.
    Damit hat ein Mann wie Abraham schon Probleme und Hector noch
    mehr.
    Kovac wäre aus meiner Sicht gut beraten mit Hasebe als Absicherung
    zu spielen und den schnellen Chandler in die Mitte zu nehmen.
    Unser größtes Problem aber ist: Wir haben keinen offensiven Mittelfeldspieler.
    Mascarell denkt und handelt rein defensiv, Gacinovic erobert viele Bälle
    und verliert sie oft wieder in sinnlosen Dribblings.
    Man kann nur beten, dass Fabian und hoffentlich auch Stendera bald
    wieder spielen können.
    Dazu kommt: Wir haben nur zwei Stürmer mit Niveau, Rebic und Blum.
    Tarashaj und Hrgota sind zu weich in ihrer Spielweise.
    Und Meier macht mich traurig. Viele hoffen und träumen ja noch,
    aber woher soll es kommen? Zieht man Wagner, Modeste und Ibisevic
    zum Vergleich heran, dann sieht man Sprints in die Gasse, schnelles
    Anbieten am kurzen Pfosten, Lösen aus der Deckung zum Doppelpass
    usw. All das fehlt bei uns.
    Ich würde zur Zeit mit Fünferkette spielen, dabei Varela und Oczipka
    außen, Hector und Chandler innen und dahinter flexibel Hasebe.
    Davor Mascarell und Gacinovic, und vorne mit Blum, Rebic und Tawatha,
    der zur Zeit unser bester Flügelstürmer ist.
    Ein Tor schaffen die drei allemal.

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  13. Ich habe nach wie vor großes Vertrauen in Niko Kovac. Er ist näher an der Mannschaft als wir Leser und Schreiber. Ich denke nicht, dass er von mir oder wem auch immer Ratschläge benötigt, wen oder wie er aufzustellen hat. Wenn er nicht aus dem Vollen schöpfen kann, sieht man das Problem, dass nicht alle Spieler im Team 1 : 1 zu ersetzen sind. Auf einmal stellen wir fest, dass eine feste Größe wie Abraham schwächelt, dass Gaci noch nicht der große Hoffnungsträger ist, dass Meier nicht oder wenig liefert, dass Kreativspieler zur Zt. nicht vorhanden sind …

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  14. Ich frage mich, welche unsere Spur ist?
    Was war denn unser Saisonziel? Wie viel haben wir uns denn zu Beginn der Saison von dieser Mannschaft erwartet? Jetzt, wo es mal außerordentlich gut geklappt hatte, weil einfach viel zusammengepasst hatte, drehen wir wieder durch und nach drei Niederlagen kommt wieder solch eine kritische und alles negativ sehende Stimmung auf. Ich frage mich warum? Spielen wir schlechter als erwartet? Wir sind seit Saison auf der Spur ganz links gefahren und zwar am Limit. Das wir nun durch stärkere Fahrzeuge überholt werden, bzw. bei gewissen Handicaps nicht in der Lage sind mitzuhalten ist doch klar. Unsere Spur ist weiter rechts, zumindest mit dem jetzigen Gefährt.

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  15. @17
    Ist dieser Kommentar wirklich nötig, auch wenn er nur „ironisch“ gemeint ist 😉
    Auf Alpi erstelle mir doch mal bitte eine Aufstellung für die komplette Verteidigung, ohne Vallejo,Abraham,Hasebe und Hector 🙂

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