Fantalk: „Glaube nicht, dass der Liga Angst und Bange werden muss“

Sieben Zähler aus den ersten drei Partien, Tabellenplatz sechs und sogar die Champions-League-Startplätze scheinen erreichbar: Ein Auftakt nach Maß ins neue Jahr – oder? Denn spielerisch stottert der SGE-Motor noch gewaltig. Zitterte sich die Eintracht gegen RB Leipzig noch zum knappen Auswärtserfolg, gab sie den sicher geglaubten Sieg gegen Darmstadt 98 nach 2:0-Führung noch spät aus der Hand und auch das Nachbarschaftsduell gegen Mainz 05 war bei Weitem kein glanzvoller Auftritt der Adlerträger. Warum scheint die SGE trotz guter Punkteausbeute wieder nicht so richtig aus den Startlöchern zu kommen? Im zentralen Mittelfeld glänzt aktuell ein alter Bekannter in neuer Rolle: Mario Götze fühlt sich auf seiner defensiveren Position sichtlich wohl, leitete mit seinem Kopfballtor am vergangenen Freitag den Frankfurter 1:0-Sieg über die Mainzer ein. Aber muss er trotz namhafter Konkurrenz auch dauerhaft gesetzt sein? Und zu was ist die Mannschaft mit den Winterverstärkungen in dieser Saison noch zu leisten im Stande?

Darüber diskutierten die Teilnehmer im ersten SGE4EVER.de-Fantalk des Jahres 2024.

Der Fantalk ab sofort auch auf YouTube

Der Fantalk erscheint während der Saison an jedem Bundesliga-Wochenende, an dem Eintracht Frankfurt ein Heimspiel bestreitet, sonntags zwischen 11:30 Uhr und 12:30 Uhr auf SGE4EVER.de und im Laufe des Tages auch auf YouTube. Ihr wollt auch einmal mit uns diskutieren? Dann bewerbt euch über das Fantalk-Bewerbungsformular und seid bei einem der nächsten Fantalks, die per Online-Videokonferenz geführt werden, dabei.

An der heutigen Debatte nehmen SGE4EVER.de-Redakteurin Nadine Peter und die beiden Eintracht-Fans Alexander Buck und Björn Francesco Untiedt teil. Die Moderation übernimmt SGE4EVER.de-Chefredakteur André Eichhorn.

These 1: „Trotz des Sieges gegen Mainz – Aktuell fehlt der Mannschaft der Biss und der Wille, ein Spiel unbedingt an sich reißen zu wollen.“

Nadine: „Das kann man nach den Spielen gegen Darmstadt und Mainz durchaus so sehen. Ich bin trotzdem etwas vorsichtig zu behaupten, dass der Mannschaft der Wille fehlt. Der Wille muss immer da sein und den würde ich der Mannschaft auch nicht abstreiten. Dafür stehen einfach zu viele Punkte auf der Habenseite. Für mich hat das eher etwas mit der Tagesform der Mannschaft zu tun. Die Mannschaft sollte aber eigentlich immer so eingestellt sein, dass sie am Wochenende nicht nur motiviert, sondern auch geistig und körperlich fit ist. Ich habe das Gefühl, dass sie sich mit den Neuzugängen noch nicht so ganz gefunden hat und auch das taktische System von Dino Toppmöller noch nicht komplett verstanden hat. Für mich ist es daher weniger eine Sache des Willens sondern eher des Könnens.“

Alex: „Man merkt sehr, dass die drei Afrika-Cup-Fahrer fehlen. Als Skhiri am Freitag eingewechselt wurde, war gleich eine ganz andere Präsenz da. Wenn drei solcher Spieler fehlen, wirft das eine ganze Mannschaft durcheinander.“

Björn: „In gewisser Weise befinden wir uns immer noch im Umbruch, mit einem neuen Trainer und sehr vielen neuen Spielern. Ich denke, dass da immer kleine Puzzleteile fehlen. Der Mannschaft sollte da noch etwas Zeit gegeben werden. Wir haben jetzt auch andere Spielertypen im Team, da ist einfach weniger Kampf und mehr Fußball drin.“

Nadine: „Ich denke auch, dass es noch ein paar Wochen dauert. Im Februar wird durch die Conference League der Spielrhythmus mit zwei Spielen pro Woche auch wieder deutlich erhöht. Ich glaube nicht, dass wir in den nächsten Wochen hier „High-End-Fußball“ erwarten können, aber die Winterneuzugänge haben definitiv das Potenzial dazu. Es ist aber schon so, dass Dino Toppmöller taktisch höchste Ansprüche hat. Er ist ein Perfektionist, der Wert auf schönen Fußball legt, auch wenn das zuletzt nicht so gelungen ist. Das liegt auch daran, dass die gesamte Mannschaft aktuell noch dabei ist, den Trainer von Woche zu Woche besser zu verstehen. Das braucht vermutlich noch die ganze Saison. Dann muss man darauf hoffen, dass die Mannschaft nach dem Sommer in großen Teilen so zusammen bleibt und man dann in der neuen Saison eine ganz andere Eintracht sehen wird. Diese Saison ist für mich eine Übergangssaison. Von den gesammelten Punkten her, kann man sich dafür nicht beschweren, da habe ich tatsächlich Schlimmeres befürchtet.“

Björn: „Ja, wir können mit der Punkteausbeute zufrieden sein. Wir haben zu dieser Saison so wichtige Spieler verloren. Wir haben jetzt auch andere Spielertypen dazu bekommen, die wollen mehr Fußball spielen. Daran müssen wir uns jetzt in Frankfurt gewöhnen.“

Alex: „Ich sehe es auch so, dass wir noch im Umbruch sind. Unter Toppmöller fällt mir besonders das Taktische auf. In den Jahren zuvor sind wir es offensiver angegangen, haben aber auch entsprechend viele Gegentore bekommen. Ich glaube, als Zuschauer denken wir da oft noch an die Offensive der letzten Jahre zurück. Jetzt haben wir ein anderes Spielsystem, das deutlich defensiver ausgerichtet ist. Das muss sich alles noch etwas finden. Auch kämpferische Ansätze sind schon erkennbar. Das wird aber alles noch Zeit brauchen.“

These 2: „Mario Götze hat auf defensiverer Position eine neue Identität gefunden: Sein Tor unterstreicht seinen Anspruch auf einen Platz in der Startelf.“

Alex: „Er hat die Startelf definitiv verdient. Er hat sich auf der defensiveren Position gefunden. Dort kann er das Spiel mehr lenken und auch beruhigen. Wenn ihm ein Pass unter Druck zugespielt wird, weiß er sofort, wo der Ball als nächstes hingespielt werden soll.“

Björn: „Ich finde auch, dass ihm die Position besser liegt, aber für mich sind Skhiri und Larsson dort gesetzt. Daher sehe ich Götze in dieser Saison tatsächlich eher auf der Bank. Auch auf der 10er-Position würde bei mir Chaibi vor Götze spielen.“

Alex: „Larsson wird noch einmal in eine Phase kommen, in der es nicht so läuft. Ich finde, es sollten Skhiri und Götze auf der 6er-Position spielen. Gerade, weil Außenrum noch so viele andere junge Spieler spielen, können die von deren Erfahrung profitieren. Ich finde es gefährlich, alle Jungen von Anfang an spielen zu lassen.“

Nadine: „Wenn man Götze in der Mannschaft hat, gehört er für mich auch in die Startelf. Nicht wegen seines Namens, sondern weil er auch so spielt. Das hat man auch am Freitag wieder gesehen. Er ist für mich der absolute Stratege in der Mannschaft und besonders auf dieser Position. Er lenkt das Spiel, hat enormen Weitblick und hat die Gabe auch junge Spieler zu führen. Larsson agiert für mich manchmal noch zu ungestüm, da fehlt eben dieses ruhige Element. Götze gehört für mich – egal ob auf der 10er- oder auf der 6er-Position – in die Startelf. So können auch junge Spieler wie Chaibi und Larsson punktuell entlastet werden.“

Björn: „Wir haben noch sehr viele Spiele, entsprechend wird Götze seine Einsätze von Beginn an bekommen. Wenn Marmoush allerdings wieder zurück kommt, haben wir auch auf der offensiveren Position einen Konkurrenzkampf zwischen van de Beek und Götze.“

Alex: „Ich denke, abhängig vom Gegner, wird Toppmöller auch mehr rotieren. Bei einer Umstellung könnte beispielsweise Marmoush hinter Kalajdzic spielen, wo Marmoush sein ursprüngliches Spiel besser umsetzen könnte.“

Nadine: „Toppmöller hat ja in der Hinrunde schon relativ viel rotiert. Jetzt mit den Neuzugängen hat er noch mehr Optionen. Wie sich das dann taktisch darstellt, kann man jetzt noch nicht sagen. Die Flexibilität ist auf jeden Fall höher als noch in der Hinrunde. Das sind für Toppmöller eher Luxus-Herausforderungen.“

These 3: „Drei Spiele, drei schwache Leistungen und trotzdem sieben Punkte. Der Liga sollte Angst und Bange werden, wenn die SGE erst so richtig loslegt.“

Björn: „Hoffentlich! (lacht) Das Spiel gegen Darmstadt war als Zuschauer schon schwierig. Gegen Mainz haben wir zumindest die drei Punkte geholt. Ab jetzt muss die Mannschaft aber auch wieder Gas geben und auf dem Platz zeigen, dass sie Fußballspielen kann und will.“

Nadine: „Ich glaube nicht, dass der Liga Angst und Bange werden muss. Ich bin sehr gespannt, ob die Eintracht aus den vergangenen beiden Spielen gelernt hat. Zwischen Darmstadt und Mainz habe ich bei der SGE keinen großen Fortschritt erkannt. Spielerisch war es keine große Kunst. Mit Köln wartet jetzt eine ähnliche Mannschaft wie Darmstadt und Mainz. Die Kölner stehen mehr unter Druck als die SGE. Ich habe wenig Hoffnung, dass die SGE nun auf einmal das Gaspedal findet und die Kölner mit 4:0 vom Rasen schickt. Ich denke, es wird ein ähnlicher Kampf wie am Freitag und zuvor. Es braucht einfach diese Saison, um sich zu finden. Vielleicht reden wir über diese These in einem Dreivierteljahr anders.“

Alex: „Ich bin positiv optimistisch und denke, dass wir nächste Woche ein ganz anderes Spiel sehen werden. Wenn Skhiri und Chaibi wieder in die Startelf rücken, wird das das Spiel komplett verändern. Kalajdzic könnte dadurch weiter entlastet werden und vielleicht sehen wir auch mal das erste Kopfballtor von ihm.“

Nadine: „Die Eintracht tut sich gegen Mannschaften, die defensiver agieren nunmal deutlich schwerer. Das 5:1 gegen Bayern war das typische Beispiel, dass sie sich gegen spielstarke Mannschaften leichter tut.“

Björn: „Gegen vermeintlich schwächere Mannschaften waren wir ja eigentlich schon immer der Aufbaugegner. Mittlerweile verlieren wir solche Spiele wenigstens nicht mehr. Wir sind ja gerade schon dabei, das spielerisch zu lösen. Toppmöller bekommt das hin.“

Alex: „Dass wir tabellarisch so gut dastehen, ist auch kein Zufall. In der Mannschaft steckt potenzial. Deshalb sehe ich es nicht so schlecht. Dafür, dass es eine Übergangssaison ist, läuft es echt total gut. Ich tippe am Ende auf Platz sechs bis acht in der Liga.“

Nadine: „Dass wir mit einem Abschneiden zwischen Platz sechs und acht wieder große personelle Verluste erleiden, glaube ich nicht. Man steckt da sowieso nicht drin. Selbst in der letzten Saison, als man sich in der letzten Minute noch für Europa qualifizierte, als keiner mehr damit rechnete, ist dieser große Umbruch passiert. Ich bin eher gespannt, ob wieder ein großer Einbruch in der Rückrunde erfolgt oder ob man diese solider Punktausbeute über Wochen beibehalten kann.“

Björn: „Ich denke, diese Phase hatten wir schon zu Beginn dieser Saison und kommt in diesem Jahr nicht mehr.“