Nach dem Abgang von Randal Kolo Muani ist das Kollektiv der Eintracht mehr gefordert. Auch die jungen Spieler können nun beweisen, dass sie bereit für die Bundesliga sind und ihren nächsten Entwicklungsschritt gehen. (Foto: imago images / Treese)

Nach dem Einzug in die UEFA-Conference-League am vergangenen Donnerstag, sollte die Eintracht am Deadline-Day noch einmal kräftig in Turbulenzen geraten und kurz vor Transferschluss in Frankreich Randal Kolo Muani doch noch ohne Ersatz an Paris verlieren. Unruhe, die die Mannschaft von Neu-Trainer Dino Toppmöller bereits die ganze Vorbereitung und auch die ersten Spiele der Saison begleitete. Gegen den 1.FC Köln sollte am Sonntag dann endlich wieder Ruhe einkehren und es drehte sich im Frankfurter Stadtwald zur Freude aller wieder um Fußball. Nach sechs Pflichtspielen unter Toppmöller wird immer deutlicher, dass der neue Trainer eine andere Art von Fußball spielen lassen möchte und die Zeiten des risikofreudigen Hurra-Fußballs in Hessen erst einmal vorbei sind. SGE4EVER.de hat das Spiel, die Fortschritte des Teams und den Taktik-Wechsel wie immer noch einmal für euch analysiert:

Schluss mit dauerhaftem Pressing

Die SGE stand in den letzten Jahren, egal ob unter Niko Kovac, Adi Hütter oder Oliver Glasner vor allem für eines: Power-Fußball. Die Adlerträger setzten ihre Gegner regelmäßig früh unter Druck und wollten bei Ballgewinnen blitzschnell umschalten. Oftmals schob die eigene Fünferkette, insbesondere die Außenverteidiger, so weit raus, dass die Gegner bei eigenen Ballverlusten regelmäßig in Überzahl-Situationen angreifen konnten. Hinzu kamen dann in der Defensive vor allem in der vergangenen Saison große Lücken im Defensivverbund und viel zu große Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen. So gut die Frankfurter auch offensiv agierten, ein Gegentor war inzwischen schon fast obligatorisch geworden. Toppmöller hat es sich seit Amtsantritt hingegen zur Aufgabe gemacht, im allerersten Schritt erst einmal die Defensive zu stabilisieren. Mit Robin Koch hat er inzwischen einen Abwehrchef gefunden, der die Abwehr koordiniert und den Spielaufbau ruhig und gekonnt verantwortet. Willian Pacho hat Evan N´Dicka schon nahezu vergessen gemacht und überzeugt mit einer unglaublichen Zweikampfstärke. Überraschend, aber gerade deshalb hervorzuheben: Auch Tuta hat sich inzwischen wieder enorm gesteigert. Während er in der Vorbereitung noch den alten Schlendrian in seinem Spiel hatte und die Rufe nach einer weiteren Verstärkung in der Innenverteidigung immer lauter wurden, hat Toppmöller weiter an den Brasilianer geglaubt und ihn aufgebaut. Tuta knüpft allmählich wieder an seine einstige Top-Form an und scheint enorm von der Sicherheit seiner Nebenmänner zu profitieren. Mit Ellyes Skhiri spielt Toppmöller zwar nur noch mit einer echten Sechs, verlangt aber von den vor Skhiri positionierten Achtern, dass sie die Position einnehmen, wenn der Tunesier sich ins Offensivspiel einschaltet. Die Praxis zeigt bisher: Es funktioniert. Die Hessen haben bisher erst drei Gegentore in ihren sechs Pflichtspielen kassiert, wobei alle drei nicht wirklich aus Abwehr- oder Kettenfehlern resultierten: Ein Sonntagsschuss, ein Torwartfehler von Kevin Trapp und eben ein von Philipp Max verschuldeter Elfmeter am Sonntag gegen Köln. Die Gegner schaffen es bisher nur selten sich echte Torchancen zu erarbeiten und die Frankfurter haben inzwischen auch endlich mehr Kopfballstärke in ihrer hinteren Reihe, sodass auch Standardsituationen oftmals sehr gut geklärt werden können.

Neues Positionsspiel (bisher) auf Kosten der Offensive

Die neue Ausrichtung von Toppmöller wird mit zunehmenden Pflichtspielen immer deutlicher. Gerade gegen Köln wurde in der ersten Halbzeit sehr gut erkennbar, was die Eintracht in Zukunft vorhat. Mit guter Raumbesetzung im eigenen Ballbesitz soll vor allem der Gegner laufen. Wenig verwunderlich liegt die SGE aktuell in der Ballbesitz-Statisik auf dem dritten Platz hinter Bayern München und Borussia Dortmund. Die Kölner mussten am Sonntag permanent hinterherlaufen und hatten keinen Zugriff auf die Adlerträger. Mit geschickten Positionswechseln versucht man nun endlich auch überraschende Elemente in das Offensivspiel einzubauen. Diese Positionswechsel werden zukünftig sicher noch optimiert in das Spiel der Eintracht fließen, um die gewisse Statik, die man aktuell in der Offensive noch hat, aufzulösen. Und doch ist diese Entwicklung positiv. Gerade in den vielen Englischen Wochen hat man in der Vergangenheit regelmäßig gesehen, dass die Frankfurter ihrem zuletzt intensiven Spiel mit ständigem Pressing Tribut zollen mussten. Drei Mal pro Woche konnte die Mannschaft das laufintensive Spiel nicht auf allerhöchstem Niveau leisten. Inzwischen läuft aber vor allem der Gegner und man kann in den Schlussminuten des Spiels, wenn der Gegner bereits müde ist, noch einmal mit Tempo und Wucht zuschlagen. Die beiden Last-Minute-Treffer gegen Mainz und Köln sind daher auch nicht wirklich Zufall, sondern auch dem durchgezogenen Positionsspiel geschuldet. Gegen Köln verlor die Mannschaft von Toppmöller in der zweiten Hälfte etwas die Struktur, was Toppmöller nach der Partie anmahnte, aber gerade das Ausbrechen aus der Struktur hat so für Gefahr und Überraschungsmomente vor dem gegnerischen Tor gesorgt. Nicht zuletzt deswegen kamen die Frankfurter noch zum verdienten Ausgleich in einem Spiel, dass sie aufgrund ihrer Dominanz gut und gerne auch gewinnen hätten können. Toppmöller wird daher nun vor allem daran arbeiten müssen, wie es dem Team gelingen soll sich aus ihrem Positionsspiel heraus auch gefährliche Torchancen zu kreieren. Aber dies ist vermutlich eben genau der nächste Schritt, den man erst jetzt angehen kann, wo man die Stabilität in der Defensive zurückgewonnen hat. Die Art und Weise wie die SGE sich von hinten heraus durchkombinieren konnte und das Spiel im Mittelfeld kontrollierte und diktierte, war in jedem Fall ein Meilenstein, der selbst dem gegnerischen Trainer Steffen Baumgart nicht verborgen geblieben war. Eine Entwicklung ist demnach in jedem Fall sehr deutlich erkennbar.

Toppmöllers Aufgabe mit vielen Talenten

Nach dem Abgang von Kolo Muani haben die Hessen zwar keinen Star-Stürmer mehr in ihren Reihen, aber es wurde sehr deutlich, dass die Frankfurter dies für ihre weitere Entwicklung auch gar nicht brauchen. Toppmöller, der ohnehin bisher sehr positiv mit den vielen jungen Spielern umgeht und ihnen Chancen bietet, hat nun die Möglichkeit, die Entwicklung des ein oder anderen deutlich früher voranzutreiben. Hugo Larsson hat sich beispielsweise in seinen beiden ersten Pflichtspielen über einen längeren Zeitraum bereits als echter Glücksgriff herausgestellt. Der Schwede überzeugt mit einer unglaublichen Ruhe und Passsicherheit in seinem jungen Alter von 19 Jahren. Auch Paxten Aaronson konnte in seinen bisherigen Einsätzen zeigen, dass er sich mit zunehmender Spielzeit auch schneller entwickeln und immer besser an die Anforderungen der Bundesliga anpassen kann. Mit Niels Nkounkou und Fares Chaibi kamen zwei weitere Rohdiamanten kurz vor Schluss in die Mannschaft und auch diese gilt es nun schnellstmöglich zu integrieren. Auch wenn man dem Team insbesondere aufgrund des großen Umbruchs noch viel Zeit zugestehen sollte, eine so deutliche spielerische Weiterentwicklung war bisher bei keinem neuen Trainer so schnell sichtbar. Spannend wird zudem sein, wie Toppmöller gegen offensivere und stärkere Teams taktisch agieren wird. Bisher haben die Adlerträger vor allem gegen Teams gespielt, die durch ihre defensive Kompaktheit zu überzeugen wissen. Auch wenn man in diesem Jahr vielleicht noch nicht die vorderen Plätze anpeilen darf, da der Kader runderneuert und sehr jung ist, hat man schlussendlich doch eine sehr spannende Mannschaft mit vielen Talenten, die alle für die Aufgabe Eintracht Frankfurt brennen. Nach den letzten Wochen und dem ganzen Wirbel um Kolo Muani weiß man zumindest im Umfeld der Eintracht wieder zu schätzen, dass das sehr viel mehr wert sein kann als der reine sportliche Erfolg.

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61 Kommentare

  1. Das mit dem fehlenden Stürmer ist natürlich etwas doof, aber Aberdeen und Helsinki haben absolut nicht das Niveau, uns gefährlich werden zu dürfen.
    PAOK ist da eine etwas andere Hausnummer, aber sicher auch durchaus beherrschbar.
    By the Way: ein 1:1 in Aberdeen im Jahre 1979 war das erste Spiel zum UEFA-Cup Sieg 1980. Wenn das kein gutes Omen ist.

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  2. Moin,
    Wenn ich mir die Abgänge so ansehe haben wir ne Menge an Qualität verloren und irgendwie fehlt uns jetzt nominell ein Stürmer! Aber wir haben uns ordentlich verstärkt und ich hoffe endlich die Kostic Lücke geschlossen, Mal sehen wie es nach weiteren 5 Spieltagen aussieht, wenn sich allebesser eingespielt haben.
    Ich sehe das ganze als Übergangssaison, die wenn es gut läuft auch wieder europäisch Enden kann!
    Sehe uns so das wir mit Abstieg und Meisterschaft nicht viel zu tun haben werden.
    Bis jetzt gefällt mir die Spielweise, wenn ich es mir doch manchmal ein Tick mehr offensiver wünschen würde! Aber vielleicht kommt es noch wenn die Abwehr Sattelfest ist.

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  3. Ich verstehe weder die Hektik, noch die Panik.

    Wir sind am 3.Spieltag und ungeschlagen.
    Wir in der Gruppenphase Europa.
    Wir in der zweiten Runde DFB-Pokal.

    Es ist noch eine fast ganze Hinrunde zu spielen, es folgt noch eine ganze Rückrunde.

    Wir haben das Geld in der Winterpause nachzulegen, die Karriereenden im Sommer von Rode und Hasebe sind mit Skhiri und Koch aufgefangen.

    Der Kader ist zu 90% rund und gut zusammengestellt. Es herrscht ein guter Konkurrenzkampf, vor allem setzt der Trainer auf das Kollektiv und damit auch alle Spieler ein.

    Klar fehlt ein Mittel-Stürmer, das wir der Situation geschuldet einfach nicht möglich. Ich freue mich lieber über die 9 Dinge die richtig gemacht wurden, als diese eine Sache, die nicht optimal war.

    Und wenn wir wegen der Sache Europa verpassen sollten, meine Fresse, dann haben wir Europa verpasst. Und ? Dann ist das so, man kann nicht alles richtig machen. Diese eine Sache verhindert vielleicht Europa, aber die neun anderen Dinge bringen uns nach vorne.

    Ich frage mich wirklich, wann wir jemals in dieser außergewöhnlich guten Situation waren?

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  4. wir können Europa gar nicht verpassen !
    Weil wir nämlich die ECL gewinnen und damit autooomatisch für die EuropaLeague qualifiziert sind ….

    Also alle Mann auf ein Finale in Athen 2024

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  5. Wie auch immer … Europa würde sehr traurig sein und womöglich weinen, wenn wir nächstes Jahr nicht dabei wären.

    Aber wir kommen wieder. Versprochen!!!

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  6. Europa nächstes Jahr über den Gewinn der ECL sehe ich am ehesten, sofern wir uns in der Winterpause adäquat verstärken! Die Gruppenphase sollten wir auch so überstehen. Dafür ist unsere Qualität zu hoch, um hier vorab die Segel zu streichen.

    Holen wir einen guten Stürmer zur WP, dann ist Europa über den Gewinn der ECL drin. Denn wenn der Sturm nachbesetzt ist, sehe ich uns definitiv gegenüber keinen anderen Verein schlechter. Wenn alle gesund bleiben, der Sturm nachgebessert wird, haben wir ne top Mannschaft!

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  7. Top-Elf:

    Trapp

    Tuta Koch Pacho

    Ebimbe Skhiri Larsson Nkounkou

    Götze Chaibi

    Ngankam

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  8. Ja, wie haben Schwachstellen:
    Fehlender (zweiter) Stürmer neben Ngankam, offensiv zu wenig Wucht, auf den Außen nur mittelmäßig (wird mit Nkounkou hoffentlich besser) und schwache Standards. Und natürlich hatten wir auch in vergangenen Jahren teils die gleichen, teils andere Schwachstellen.

    Aber ganz im Ernst:
    Fehlende Durchschlagskraft, Defensive Stabilität, Konteranfälligkeit, Mentalität, Zweikampfstärke, Abstimmung etc.
    Etwa 17 von 18 Bundesligamannschaften haben mehrere dieser Probleme. Selbst die Bayern und Dortmund haben nach Abschluss der Transferphase Mängel im ihrem Kader ausgemacht. Abgesehen von einer Handvoll Mannschaften hat keiner die Mittel, um alle Positionen hochkarätig zu besetzen und dazu noch auf Formkrisen und Ausfälle zu reagieren.
    Kaum ein Verein ist in allen Bereichen exzellent. Wird an einer Schwachstelle gearbeitet, leiden in gewissem Maße andere Bereiche.
    Und dann gibt es ja auch noch die Gegner, die die Spiele analysieren und versuchen, uns nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.
    Und wenn man auf irgendeiner Position überdurchschnittlich stark ist, werden einem die Spieler abgekauft.
    Es ist eine Sisyphos-Arbeit, sich nach oben zu arbeiten, zwei Schritte vor, einen zurück, neuer Kader, neuer Trainer, wieder neu aufbauen.
    Etwas zu meckern kann man immer finden.

    Wenn man sich aber mal ansieht, wie unsere Entwicklung in den letzten Jahren abgelaufen ist, dann kann man die, wenn man einigermaßen realistisch ist, nur positiv sehen. Das heißt nicht, dass man keine Kritik üben darf. Aber das einige immer so tun, als wäre es ein leichtes, alle Baustellen zu erkennen und zu eliminieren, alle Entwicklungen vorauszusehen und Lösungen parat zu haben, und nicht im Stande ist, die gute Arbeit, die zweifelsohne in den letzten Jahren geleistet wurde, anzuerkennen, nervt mich einfach nur.

    Da wird eine Saison lang rumgemäkelt und wenn am Ende ein gutes Ergebnis herauskommt, wird nach kurzer Zeit weiter gemäkelt und erzählt, nicht ist weiter entfernt als der Erfolg von gestern.

    Ganz großes Tennis.

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  9. Laura hat es in ihrer Spielanalyse sehr gut beschrieben: „Auch wenn man dem Team insbesondere aufgrund des großen Umbruchs noch viel Zeit zugestehen sollte, eine so deutliche spielerische Weiterentwicklung war bisher bei keinem neuen Trainer so schnell sichtbar.“
    Der Satz bringt es auf den Punkt. Die Mannschaften unter Hütter und Glasner hatten jeweils zu Beginn der Saison große Schwierigkeiten, die komplexen Ideen ihrer Trainer umzusetzen. Toppmöller hat einen anderen, nicht weniger komplexen Spielansatz. Aber offensichtlich scheint er klarer und strukturierter zu kommunizieren. Bisher war die Eintracht in jedem Spiel besser als im vorherigen. Unabhängig von den Punkten. Aber hey, keines von vier Pflichtspielen verloren als Neuling in Frankfurt mit einer komplett neu zusammengewürfelten Mannschaft – Chapeau. Wenn das so weitergeht, kann die SGE in dieser Saison noch das Ãœberraschungsteam werden. Nach dem umrühmlichen Abgang ihres plötzlich abgehobenen und geldbesoffenen Top-Stürmers hat die Eintracht im Moment niemand mehr ernsthaft für die Top-5 auf dem Zettel. Nicht einmal mehr die Eintracht selbst. Das heißt, wir werden wieder vom Gejagten zum Jäger. Die Rolle steht dem Verein sowieso besser – und tut dem jungen Team gut. Und dieses Team hat zweifellos Potential, schon jetzt seine stabile Grundstruktur, eine super gut besetzte Bank und eine sehr gute Spielidee. Weiter so.

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  10. @53. sge_chris1980

    Ich füge der Liste noch hinzu, dass wir viele Junge, teils sehr junge Spieler im Kader haben, bei denen noch wirklich großes Entwicklungspotential vorhanden ist.

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  11. @60: Da hast du Recht.

    Man darf auch nicht unterschätzen, das wir seit 2016 nunmal zwei Sportvorstände und vier Trainer hatten|haben. Da ist natürlich auch immer die Frage, wie man etwas kontinuierlich entwickeln kann. FB, NK und AH haben uns nach vorne gebracht, aber es war irgendwie abzusehen, das Sie nicht von langer Dauer in Frankfurt sind. OG hat uns auch nur als Sprungbrett gesehen.

    Meine Hoffnung ist, das MK und DT das anders sehen. Wir brauchen die Kontinuität auf der Ebene, damit sich etwas entwickeln kann. MK bekommt Tradition und Moderne super zusammen. DT hat wie @Laura gut geschrieben, in einem relativ kurzem Zeitraum die Spielweise ändern können und vor allem liefert er bereits Punkte.

    Ich hoffe der Aufsichtsrat wird sich zeitnah mit MK zusammen setzen und über eine Vertragsverlängerung sprechen.

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