Unmittelbar nach der Partie war die Enttäuschung den Frankfurtern Spielern deutlich anzumerken. Trotz des Ausscheidens kann die SGE jedoch stolz auf ihre erste Champions-League-Teilnahme sein. (Bild: imago images / Eibner)

Nach dem schmeichelhaften Remis gegen den VfB Stuttgart am vergangenen Wochenende stand für die Eintracht in Neapel eine echte Mammut-Aufgabe an. Mit dem Handicap des 0:2-Rückstands, sowie dem Ausfall von Randal Kolo Muani und Jesper Lindström reisten die Frankfurter nach Italien, um an einem Wunder zu arbeiten. Am Ende musste man jedoch anerkennen, dass Neapel in der aktuellen Verfassung eine Nummer zu groß für die SGE war. SGE4EVER.de hat das Spiel wie immer noch einmal analysiert:

Umstellung auf Viererkette

Eintracht-Trainer Oliver Glasner stellte als Reaktion auf das Hinspiel das System von Dreierkette auf Viererkette um. Die Idee dahinter: Mehr Offensivspieler für das zuletzt eher schwache Pressing, um die Angriffsbemühungen des Gegners schon früh zu unterbinden. Im Vergleich zu den letzten Spielen, in denen man sich vermehrt fast bis zur Mittellinie zurückzog und nur halbherziges Pressing spielte, zeigte die Umstellung gleich zu Beginn der Partie Wirkung. Den Frankfurtern gelang es immer wieder den Gegner früh unter Druck zu setzen, Fehler zu erzwingen und auch die zweiten Bälle sollten endlich mal wieder in den Reihen der Hessen landen. Im Spielaufbau war zwar mehr Sicherheit als zuletzt vorhanden, aber es wurde auch deutlich, dass im Spiel nach vorne die Ideen und die Durchschlagskraft fehlte. Dies lag natürlich einerseits an dem Ausfall der beiden Offensivspieler Kolo Muani und Lindström, aber eben auch an der aktuellen Form. Die Kombinationen, die in der Hinrunde noch wie aus einem Guss und selbstverständlich wirkten, haben ihre Leichtigkeit verloren. Oft ist der letzte Pass zu ungenau, die Idee des einen Spielers nicht der Laufweg des anderen Spielers. Auch wenn die Adlerträger alles versuchten und sich gerade in der ersten Halbzeit wirklich teuer verkauften, wurde in den entscheidenden Szenen der Klassenunterschied eben doch deutlich. So auch kurz vor der Pause, als Neapel mit einem traumhaften herausgespielten Treffer doch noch in Führung gehen konnte. Ein schneller Pass in die Tiefe, eine traumhafte Flanke und dann war es schon geschehen. Den Frankfurtern fehlten in diesen Momenten schlichtweg die Mittel, um eine Mannschaft wie Neapel in der aktuellen Form zu stoppen. Trotzdem sollte Glasner mit der Umstellung auf Viererkette wichtige Erkenntnisse gewonnen haben, denn mit Aurelio Buta hat man auf der rechten Seite nun endlich auch einen echten Rechtsverteidiger, der trotzdem ausreichend Offensivdrang mitbringt. Mit Christopher Lenz hat man auch auf der linken Seite einen defensiv stabilen Linksverteidiger und durch diese Umstellung eben einen Spieler mehr im Pressing, was das zuletzt eingeschlafene Anlaufverhalten wieder etwas wiederbeleben konnte. Dies sollte definitiv auch für die kommenden Aufgaben in der Liga und im DFB-Pokal eine ernsthafte Überlegung für Glasner sein.

Die Formkrise nicht überwunden

Am Ende der Partie wurde es mit 0:3 für Neapel doch noch einmal deutlich. Über zwei Spiele musste man sich mit 0:5 geschlagen geben und war weit entfernt von einem ähnlichen Wunder wie in der Europa-League. Es fehlte neben spielerischer Klasse eben auch einfach das Momentum und die nötige Form. Es wäre spannend gewesen die Eintracht aus dem Herbst 2022 in Bestbesetzung gegen Neapel zu sehen, auch wenn ein Weiterkommen selbst dann sehr schwer gewesen wäre, jedoch hätte man das Achtelfinale so vielleicht etwas spannender gestalten können. Die Formschwäche 2023 hat auch vor dieser Partie keinen Halt gemacht und auch wenn sich die Mannschaft sichtlich bemühte, fehlte es eben auch weiterhin an Leichtigkeit und Selbstvertrauen. Viele Spieler stecken weiterhin in ihrer Formkrise – Mario Götze ist vielleicht auch so etwas wie ein Sinnbild dieses aktuellen Zustands. Aktuell scheint ihm nicht wirklich viel zu gelingen, ungewohnte Ballverluste, oft macht er das Spiel langsam und trifft nicht mehr die perfekten Entscheidungen und er fällt vor allem durch Lamentieren und Meckern über den Schiedsrichter auf. In den letzten vier Spielen hat er in jedem Spiel eine Gelbe Karte wegen Meckerns kassiert. Es mag der Frust über die aktuelle Situation sein, aber es wäre gut, wenn Götze sich wieder mehr mit sich und seinem Spiel beschäftigt und so auch der Mannschaft hilft. Aber Götze ist nur ein Beispiel, es gibt im Moment zu viele SGE-Spieler, die in einer Krise stecken. Tuta hatte beispielsweise zuletzt an nahezu allen Gegentoren eine Mitschuld oder sah zumindest nicht besonders gut aus. Die Hessen können es sich nicht erlauben zu viele formschwache Spieler in ihren Reihen zu haben, da aktuell auch die Alternativen auf der Bank fehlen oder Glasner zumindest viele der Spieler nicht als ernsthafte Option sieht. Bezeichnend dafür ist Lucas Alario. Selbst als die Frankfurter dringend Tore für ein Wunder brauchten, war Alario für Glasner keine Option zur Einwechslung.

Die Enttäuschung wird dem Stolz weichen

Auch wenn die Eintracht zuletzt auf internationaler Bühne für viel Furore sorgen und die unglaubliche Reise mit dem Europa-League-Titel krönen konnte, sollte ein Ausscheiden im Champions-League-Achtelfinale nicht allzu enttäuschend sein. Die Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren war unglaublich und natürlich gewöhnt man sich schnell an den Erfolg, aber selbstverständlich sollte er nie sein. Die SGE sollte immer wissen, wo sie herkommt und wo sie in ihrer Entwicklung steht. Es war die erste Teilnahme an der Champions-League in der Vereinsgeschichte und dabei sogar die Gruppenphase überstanden zu haben ist eine unfassbare Erfolgsgeschichte. Auf diesem Niveau konnte die Mannschaft reifen und viel lernen. Es wird jeden Einzelnen weitergebracht haben und sollte Ansporn genug sein, um sich jetzt in der Liga wieder voll zu fokussieren und alles dafür zu tun, vielleicht doch noch einmal in Richtung Champions-League-Plätze aufzuschließen. Auch im DFB-Pokal gibt es noch alle Möglichkeiten Großes zu schaffen. Nach dem Pokalsieg 2018 haben die Adlerträger es nie wieder nach Berlin geschafft. Es sollte der Traum jedes Spielers sein das Finale in Berlin zu erreichen. Zudem wird Glasner mit den neu dazu gewonnenen Trainingswochen auch weiter an der aktuellen Form arbeiten können und der gesamte Fokus liegt nun auf den noch verbleibenden Wettbewerben – das muss kein Nachteil sein. Schon am Sonntag gegen Union Berlin werden die Hessen gefordert sein im Duell mit einem direkten Konkurrenten endlich wieder dreifach zu punkten, um den Anschluss zu halten. Trotz des Ausscheidens sollte die Mannschaft auch das Positive aus der Partie mitnehmen, denn zumindest das Pressing war gegen Neapel wieder deutlich besser als zuletzt. Mit Kolo Muani hat man dann zudem wieder einen starken Stürmern auf dem Feld, der bei potentiellen Ballgewinnen für Gefahr sorgen kann.

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9 Kommentare

  1. Natürlich bin ich stolz auf unsere Eintracht, sogar mehr als das. Mit einem besseren Los wären wir sogar ins Viertelfinale gekommen. Wie sagte Hellmann schon vor der Auslosung in der DAZN-Doku : „Ich nehme alles, nur nicht Neapel“.

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  2. Wir können Stolz sein, die 15.-beste Mannschaft in Europa zu sein – Leipzig hat insgesamt höher verloren 🙂
    Aktuell haben wir eine Formkrise, die auch wieder vorbeigeht, wenn individuelle Fehler (wie bei Tuta) abgestellt werden. Dauerhaft auf einem hohen Niveau zu spielen, ist bei vielen Spielern neu und muss sich noch einpendeln.

    Jetzt heißt es, in Berlin punkten, zu Hause Bochum schlagen und im DFB-POKAL – nächste Runde erreichen!

    Forza SGE!

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  3. Wie immer eine gute Analyse!
    Super Gegner keine Frage , aber die Eintracht ist seit der Winterpause weit entfernt von ihrem davor schon oft gezeigten Leistungsvermögen.
    Sporting Lissabon , die wir in der Gruppenphase nach einem Lernprozess 0:3 zu Hause, im letzten Gruppenspiel auswärts 2:1 rausgekegelt haben, bezwingt den souveränen Tabellenführer der Premier League Arsenal in der Euro League.
    Nur ein Beispiel was alles möglich ist wenn die Formkurve stabil bleibt und das Selbstvertrauen im Lot ist.
    Da jetzt fast alle deutsche Mannschaften bis auf Bayern und Leverkusen, mehr oder weniger auf den Sack bekommen haben, hoffe ich, dass wir nun in der Bl gegen Union, die ebenfalls einbrechen, die Kurve bekommen.

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  4. So wie Neapel der Bruch Ende 2022 war (ok, vielleicht auch der Betrug gegen Dortmund) kann das Spiel in Neapel der „Bruch“ zurück sein.
    Am Sonntag werden wir es sehen. Ich hoffe es sehr.

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  5. Was im – wie immer sehr guten – Beitrag von Laura kurz anklingt und worüber ich mir auch schon Gedanken gemacht habe: Ist Alario wirklich so eine Graupe, dass Glasner ihn nicht mal in einer Situation bringt, in der wir eigentlich gar nichts mehr zu verlieren haben?

    Schwer vorstellbar. Dem wurde doch als „richtiger Neuner“ der Vorzug gegeben vor dem Bochumer Mittelstürmer, weil wir nach dem EL – Sieg es uns leisten konnten, „ein oder zwei Regale weiter oben“ zuzugreifen.

    Und dann kommt sowas dabei heraus? Hm. Als Stolperhannes und Chancentod ist er mir bei den Pillen nicht in Erinnerung gewesen. Aber gut, Glasner sieht die Spieler jeden Tag, und er entscheidet bestimmt nicht grundlos.
    Schlecht für Alario – und übrigens auch für uns. Ich hatte mich über den Transfer sehr gefreut seinerzeit.

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  6. Guter Kommentar, und natürlich sind wir stolz. Ja vielleicht kann sich die Eintracht jetzt Mal Ausnahmsweise auf die Bundesliga und den Pokal konzentrieren! Aber seit 2018 nie wieder nach Berlin geschafft, hört sich an, als wären wir schon zwanzig Jahre nicht mehr da gewesen 😉

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  7. @6: ich bin mir auch sicher, dass wir am Alario noch unsere Freude haben werden. Bisher kommt er an Kolo Muani und Borré einfach nicht vorbei, aber er kann was.

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  8. Neapel ist in dieser Saison sicher eine der schwersten Gegner, den man überhaupt kriegen kann. Selbst in unsere Bestform, die wir im Moment nicht haben, wäre das ein verdammt schwerer Gegner gewesen. Trotzdem bin ich glücklich, dass wir überhaupt in der Champions League und im Achtelfinale waren. Als Hasebe vor ein paar Jahren im Interview sagte, dass er sich noch einmal die Champions League Hymne im Waldstadion wünschen würde, war das das für mich ein schöner Traum. Inzwischen ist es Realität, und wir werden auch wieder dort spielen. Ob in der nächsten Saison werden wir sehen. Aber der Weg ist gut und der richtige.

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