Sportvorstand Fredi Bobic hat bei Eintracht Frankfurt in seiner kurzen Zeit schon einiges geleistet und viel bewegt. Seit der Schwabe bei den Hessen das Zepter schwingt, weht ein frischer Wind durch den Stadtwald. Bobic hat sich als Baumeister erwiesen, der der Eintracht eine Blutauffrischung zuführt. Der letzte Stein, der bisher verlegt wurde, ist der zukünftige Neubau der Geschäftsstelle inklusive neuer Funktionsräume, womit die Eintracht ihre Infrastruktur aufrüsten möchte, was nicht nur den Profis, sondern auch der Jugendabteilung des Vereins zu Gute kommen soll. Die Stadt Frankfurt hat dem Klub Ende Januar den Zuschlag für den Bau auf der Tennisanlage am Waldstadion erteilt. Nach Fertigstellung der neuen Räumlichkeiten ist geplant, die U17 und U19 Mannschaften vom Riederwald an die Arena zu holen, damit diese im Schatten der Profis trainieren können. Das würde eine noch engere Zusammenarbeit zwischen dem eingetragenen Verein und der Aktiengesellschaft möglich machen.
Schon jetzt wird seit dem Amtsantritt Bobics vertraut mit der Jugendabteilung zusammengearbeitet. Er wolle jeden Spieler ab der U15 mit Namen kennen, hat der 45-Jährige mal behauptet. Das zeigt, wie wichtig dem ehemaligen Profi die Jugendarbeit ist. Seit Bobic als Sportvorstand bei der Eintracht tätig ist, wurden Furkan Zorba und Aymen Barkok mit Lizenzspielerverträgen ausgestattet. U17-Spieler Sahverdi Cetin steht an der Schwelle zu den Profis, durfte mit ins Trainingslager nach Abu Dhabi reisen und sich Trainer Niko Kovac vorstellen. Ebenso zeigen auch Transfers wie die von Max Besuschkow und Marius Wolf, in welche Richtung es gehen soll. Auch bei der Rückholaktion von Renat Dadashov hatten Bobic und seine Profiabteilung die Finger mit im Spiel.
„Für uns ist es gerade bei jungen Akteuren schwierig, sie an den Verein zu binden“, behauptet Bobic in einem Interview mit „SPOX“. Das bekam die Eintracht in der Vergangenheit bereits zu spüren. Auch hier dient der Fall Dadashov als Beispiel, als dieser 2014 von RB Leipzig abgeworben wurde. Die SGE konnte, was das Geld angeht, nicht mit dem von einem österreichischen Getränkehersteller finanzierten Konstrukt mithalten. Schon damals wurde sich über das offensive Vorgehen der Sachsen beschwert. Doch nicht nur in Deutschland gibt es finanzstarke Konkurrenz, weiß Bobic zu berichten, denn auch „die Engländer sind sehr aggressiv, weil sie viel Geld in den Markt pumpen.“ Um dagegenzuhalten empfiehlt der 45-Jährige: „Wir müssen das Geld, was wir aus England bekommen, in den Nachwuchs investieren, um Spieler auszubilden.“
Generell ist der ehemalige Stürmer nicht gewillt, die Talente des Vereins ziehen zu lassen, „aber da wirken mehrere Kräfte.“ Schließlich spielen auch andere Parteien wie Eltern und Berater eine Rolle, die in solchen Fällen vehement auf einen Wechsel drängen würden, „obwohl man es selbst eigentlich nicht will.“ Als Grund, dass er dem Ganzen skeptisch gegenübersteht, nennt er nicht nur die niedrigen Transfererlöse für den Klub, sondern auch die Tatsache, dass ein Wechsel oftmals schädlich für die jungen Spieler sei. „Im Alter von 15 oder 16 Jahren ist es für die Entwicklung oft kontraproduktiv, aus der gewohnten Umgebung herausgerissen zu werden“, erzählt der ehemalige Bundesligastürmer und erklärt einen solch frühen Wechsel, egal ob ins Ausland oder innerhalb Deutschlands, als sinnlos.
Verstehen kann der Sportvorstand trotzdem, wenn es Talente wegzieht und die Eltern überzeugt werden können: „Alle Jungs gehen eben auch ihren Träumen nach und haben keinerlei Erfahrung.“ Der Umgang mit solchen Offerten sei für die Beteiligten sehr schwierig: „Wie sollen auch die Eltern damit umgehen, die einen ganz normalen Job ausüben und auf einmal solch ein Angebot auf dem Tisch liegen haben?“, fragt sich Bobic. Oftmals würden diese dann sofort an eine große Karriere des Sprösslings denken. Dass die meisten jedoch auf dem Weg zum Profi scheitern, werde selten betrachtet. „Es wird immer nur von denjenigen geredet, die es geschafft haben, und nicht von denen, die scheitern – und die meisten schaffen es eben leider nicht“, betont der ehemalige Nationalspieler.
Das Ganze bereitet dem Europameister von 1996 ein wenig Sorge. Die jungen Akteure werden bei den europäischen Spitzenklubs oftmals in ihrer Entwicklung gestoppt, wie das Beispiel Martin Ödegaard zeige. Viele namhafte Klubs aus ganz Europa kämpften vor zwei Jahren um das norwegische Jahrhunderttalent. Ödegaard zog es nach Spanien zu Real Madrid, mittlerweile ist er auf Leihbasis beim SC Heerenveen in den Niederlanden gelandet. Der Offensivspieler und der Verein müssten nun abwarten, ob „er noch der Top-Star wird, den man sich bei Real erhofft hatte“, sagt Bobic. Ödegaard hat gewiss noch die Chance, einer zu werden, andere Spieler jedoch mutieren, zumeist nach unzähligen Leihgeschäften, vollends zu Kaderleichen und werden früher oder später ganz vergessen. „Verlorene Seelen“, nennt Bobic solche Spieler, die sich in den – vor allem in England – viel zu großen Kader der Vereine nicht durchsetzen können.
„Im Ausbildungsalter gilt es dazu, sich gegen viele andere durchzusetzen und erst einmal Profi zu werden“, kann Bobic noch aus seiner eigenen Erfahrung berichten. Die Eintracht unterstütze die Spieler und helfe bei der richtigen Einordnung ihrer sportlichen Lage, wobei auch das Leben neben dem Fußballplatz eine Bedeutung habe. Der Klub versucht auch in diesem Bereich, die Akteure nicht alleine im Regen stehen zu lassen. „Wir als Verein wollen sie auf dem Weg ins Erwachsenen-Alter begleiten und mit Rat und Tat zur Seite stehen“, erklärt er. Dabei sollen die Spieler ihren Charakter nicht verlieren, denn nicht nur Talent und Grundtugenden wie Fleiß und Disziplin seien auf dem Weg zum Profi von Nöten, sondern auch „das eigene Ich zu bewahren“, sagt Bobic, denn eines sei klar: „Das Schulfach Charakterbildung gibt es nicht.“
Ein Kommentar
GrabbiGrabbi: Wichtiges Thema. Bobic spricht die entscheidenden Punkte an. Mit der Strategie, nicht nur die fussballerische Karriere der jungen Spieler in den Focus zu rücken, gibt Bobic eine Antwort auf den überhitzten Spielermarkt.
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