Grübelt nach "gefühlter Niederlage": Trainer Armin Veh.
Grübelt nach „gefühlter Niederlage“: Trainer Armin Veh.

Der Stachel sitzt noch immer tief in Reihen der Frankfurter Eintracht nach diesem merkwürdigen 1:1 gegen Hertha BSC Berlin am Sonntagnachmittag. Woran lag es, dass das Team kollektiv so einbrach? Alle Struktur und Ordnung verlor, die sie Mitte der ersten Halbzeit so stark machte und nah an das 2:0 brachte? Und zum Schluss sogar noch froh sein musste, dass der Ausgleichstreffer erst zehn Minuten vor dem Abpfiff fiel, weil man die Partie sonst wohl noch verloren hätte? Marc Stendera kam am Sonntag nach Spielende zu dem Schluss, dass es womöglich an der Kraft gelegen haben könnte. Der Gegner aus der Hauptstadt gehört aktuell immerhin zu den fittesten Mannschaften in der Bundesliga. Pal Dardai hat die Berliner, die zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison noch eines der lauffaulsten Teams waren, fit bekommen. Viele warten nur noch drauf, dass Vladim Darida – Torschütze des Ausgleichstreffer – bald schon die magische 14 Kilometergrenze knackt.

Armin Veh aber widersprach nach Rücksprache mit den Spielern dieser Ansicht: „Daran hat es nicht gelegen, alle Spieler haben sich ordentlich gefühlt.“ Der Coach sieht keinen Grund, an dieser Version seiner Akteure zu zweifeln: „Das macht ja keinen Sinn, wenn sie mir was erzählen würden, was nicht so ist. Wir sind ein Team, und ich rede ja nicht mit Deppen.“ Man sei schließlich auch viel gelaufen – aber eben nicht mehr mit Ball am Fuß, sondern nur noch dem Gegner hinterher. Das Team habe das 1:0 verteidigen wollen, statt auf das 2:0 zu gehen. Die Folge: Die Hessen verloren völlig ihre Linie und ließen sich einschnüren. Auch wenn sich die Hertha bis zum Ausgleichstreffer keine hochkarätige Torchance mehr erspielte, bettelten die Adler förmlich um dieses Tor. „Wir sind gar nicht mehr vorne draufgegangen„, fand etwa Stefan Aigner. „Das war der Hauptfehler.“

Wo aber waren die Leader, die in dieser Situation helfen? Ein Marco Russ, Alex Meier oder Stefan Reinartz? Auch ihnen fehlte in diesen Momenten die nötige Sicherheit und auch das Selbstvertrauen, um den Kollegen entscheidend helfen zu können. Warum – fragte sich manch einer auf der Tribüne – kam nicht etwa Carlos Zambrano für die Schlussphase, um die Defensive zu stabilisieren? Oder ein Johannes Flum, der in der Mitte auch für Ordnung hätte sorgen können? Stattdessen kam in der 54. Minute mit Luca Waldschmidt ein junger Spieler, der als Joker schon überzeugen konnte – in dieser Phase des Spiels aber keine große Hilfe darstellte. Der Angreifer, der nach 31 Minuten schon wieder vom Platz genommen wurde, erlebte einen rabenschwarzen Nachmittag und gestand am Montag selbstkritisch: „Ich kann den Trainer ein Stück weit verstehen. Ich bin in erster Linie enttäuscht von mir selbst, ich habe viele dumme Fehlpässe gespielt.“

Luca Waldschmidt hakt den rabenschwarzen Nachmittag ab.
Luca Waldschmidt hakt den rabenschwarzen Nachmittag ab.

Er habe, so gibt der 19jährige zu, einfach nicht in die Partie hineingefunden. „Für mich ist es abgehakt.“ Stattdessen freut sich der gebürtige Siegener darüber, dass Veh ihm weiterhin das Vertrauen ausspricht. Der Coach: „Ich stehe auf den Jungen, er muss sich keinen Kopf machen. Er kann auch noch fünf solcher Spiele machen, das ändert nichts an meiner Meinung. Der Junge packt das.“ Es sind versöhnliche Worte, die eine unbefriedigend verlaufende Partie und einen komischen Sonntag jetzt auch abschließen lassen. Stattdessen richtet sich der Blick schon Richtung Samstag, wenn es am Tag der deutschen Einheit zum FC Ingolstadt geht. Der Aufsteiger ist gut in die Saison gestartet und konnte bereits 11 Punkte sammeln. Zuhause allerdings hakt es bei den Niederbayern – 0 Tore und nur 1 Zähler stehen hier auf der Habenseite. Die große Chance für die Eintracht, vor der Länderspielpause wichtige drei Punkte zu holen?

Dafür braucht es gewiss ein anderes Auftreten. Auch ohne Haris Seferovic, dessen Fehlen nur schwer zu kompensieren ist. Und weiterhin auch ohne einen klassischen Linksaußen. Mijat Gacinovic „kann das irgendwann mal spielen„, sagt Veh. „Aber er braucht noch Zeit.“ Zeit, die man in Frankfurt eigentlich nicht hat, wenn man nicht schon zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison den Anschluss an die oberen Ränge verlieren möchte. Noch steht die Liga ganz eng beisammen. Und so wirklich schlecht sind die Frankfurter mit ihren 9 Zählern ja auch nicht gestartet – trotzdem sorgte die englische Woche mit nur zwei Punkten für eine gewisse Ernüchterung. Den Glauben aber verliert Veh deshalb freilich noch nicht. „Wir sind nicht weit weg„, ist der Coach weiterhin von seinem Team überzeugt. Nach drei Spielen ohne Sieg gilt es nun Flagge zu zeigen in Ingolstadt – und dem negativen Trend ein Stoppschild vor die Nase zu setzen. Damit nicht schon im Herbst wieder die schon so häufig gefühlte bleierne Schwere über dem Stadtwald schwebt.

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5 Kommentare

  1. Typisch wäre, wenn wir den Ingolstädtern die ersten drei Heimpunkte bringen würden, aber ich WILL da niicht dran glauben. Wir holen einen Dreier, basta!

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  2. Das haben einige auch vor dem Spiel in Stuttgart geschrieben 😉 Ich hoffe mal, das wir das Ding gewinnen

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  3. Also ich denke auch, dass man am 8. Spieltag den Gegner etwas besser einschätzen kann. Ist ja oft so, dass die Aufsteiger von einer gewissen Euphorie getragen werden und auf der anderen Seite vom Gegner unterschätzt werden. Das darf uns nicht passieren und dann setzt sich hoffentlich die individuelle Klasse durch, die bei uns deutlich höher sein sollte. Bruno darf seinem Sohnemann auch gerne noch klar machen, dass er gefälligst aus dem Weg gehen soll, wenn AMFG14 angerauscht kommt…..ich bin zuversichtlich, dass wir in Ingolstadt nen Dreier holen.
    Und ein Unentschieden gegen Hertha….so schlecht ist das nicht. Die haben sich gefestigt und ebenfalls gut verstärkt im Sommer. Woher das Selbstverständnis kommt, dass wir solche Teams klar besiegen müssen hab ich noch nicht ganz kapiert. Das der Tabellenvierte nach 7 Spielen „nur“ 12 Punkte und ein bescheidenes Torverhältnis von +2 hat zeigt doch wieder ganz klar, wie eng die Liga ist und das bis auf Platz 1 für jeden alles drin ist.

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  4. @3:
    Einen Austeiger zu unterschätzen, sollte eigentlich keiner der „altgedienten“ Bundesligamannschaften passieren…..das wäre prinzipiell naiv.
    Ich gehe bei Deinem Satz, Bruno Hübner´s Sohn betreffend, von einem Witzchen aus, doch sei gesagt, dass wenn wir solche unsportlichen Hilfsmittelchen nötig hätten, weder noch länger was in der Buli zu suchen, geschweige denn etwas im Europa-Pokal verloren hätten.
    Niemand redet im Übrigen von „die Hertha hätte klar besiegt werden müssen“.
    Ein klarer Sieg zeichnet sich für mich auch nicht durch ein 1:0 aus, sondern mindestens ein 2:0 und eher noch höher.
    Doch wären wir 1. durchaus in der Lage gewesen, das 1:0 spielerisch zu halten und den 3-Punkte-Sieg heimzufahren und 2. ist es extrem dämlich und sträflich, in der Endphase eines Spiels mit so einem instabilen Spielstand keinen „Betonfußball“ anzurühren, um nicht wie der „begossene Pudel“ dazustehen, wie es dann leider passierte.

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  5. @4 das mit dem Unterschätzen passiert vielen Vereinen viel zu oft – wenn auch nicht absichtlich aber das ist von der Kreisliga bis in die Bundesliga so ne Sache, auch wenn es – und da geb ich dir recht – nicht passieren sollte. Ähnlich lästig finde ich es aber, wenn die Bayern im Pokal bei nem Viertligisten spielen und bei der Pressekonferenz erzählen wie stark der Gegner doch ist und das es nicht leicht wird blablabla….aber das ist n anderes Thema.
    Das mit dem kleinen Hübner war in der Tat ein Witz – ich glaube auch nicht, dass Bruno da große Chancen hätte bei seinem Jüngling. Der verdient inzwischen selbst ganz ordentlich und hat keinen Taschengeldentzug mehr zu befürchten.
    Und das Spiel gegen Hertha…natürlich hätte man es auch gewinnen können. Aber für mich sind das schon Clubs auf Augenhöhe. Das ist ungefähr der gleiche Etat…Bei uns haben mit Sefe und Zambrano zwei Stützen gefehlt/nicht gespielt und mit Aigner jemand quasi zum ersten mal Stürmer gespielt und das mit einem Nebenmann, der Null Spielpraxis hat (und auch keinen Sahnetag erwischt hat). Das Veh sich hier verkalkuliert hat ist klar aber bei einer 1:0 Führung mit Waldschmidt und Castaignos 2 frische Offensive zu bringen um wieder mehr Druck zu machen und vielleicht auf das 2:0 zu gehen ist ja vom Ansatz her auch nicht so verkehrt, hat aber nicht geklappt. 30-40Min. ein 1:0 zu verteidigen klappt auch nicht immer – auch wenn er Carlos, Flum und Medo gebracht hätte. Macht Luc das Ding rein, gewinnen wir vermutlich 2:0 und alles ist gut. Laut Hertha hätten die aber andererseits nen „klaren“ Elfmeter bekommen müssen und auch sonst waren unsere Chancen jetzt nicht so Mega (inkl. dem Tor), dass wir so ein Spiel gewinnen müssen. Hab mir vor dem Spiel auch nen Dreier gewünscht aber vom Spielverlauf her ists gerecht. Bei den letzten Spielen erinnere mich an ein 1:6 (das war schlecht!) und ein 4:4 wo alle zwar gejubelt haben wenn man mit viel Moral bei so ein Spiel in der Nachspielzeit dann doch noch einen Punkt holt aber letztendlich gabs auch dafür nur einen Punkt wie halt am Sonntag auch.

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