27.09.2015, Fussball, 1. BL, Eintracht Frankfurt - Hertha BSC BerlinTrotz der gestern vom Verwaltungsgericht Darmstadt ergangenen Entscheidung hält die Stadt Darmstadt an der sog. Allgemeinverfügung fest, der zufolge Eintracht-Fans ein 36-stündiges Innenstadtverbot auferlegt wird. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz vertrat Darmstadts Bürgermeister Rafael Reißer (CDU) die Auffassung, der einstweilige Rechtsschutz gelte nur für die sechs Antragsteller, die vor Gericht Widerspruch eingelegt und Recht bekommen hätten. Die Stadt werde deshalb auch keine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen. Die sechs Antragsteller hätten in ihren jeweiligen Verfahren plausible Gründe für einen beabsichtigten Aufenthalt in Darmstadt glaubhaft gemacht. Eine konkrete Gefahr gehe von ihnen nach Einschätzung der Gefahrenabwehrbehörde derzeit nicht aus.

Reißer im Wortlaut: „Die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen basieren auf einer lediglich vorläufigen, summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sowie einer Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses mit dem geltend gemachten Individualrechtsschutzinteresse. Ich kann die vom Verwaltungsgericht Darmstadt vorgenommenen Prüfungen und Abwägungen nur bedingt nachvollziehen. So gesteht das Gericht der Stadt zwar zu, legitim Zwecke zu verfolgen, insbesondere die Verhinderung von Straftaten und anderweitigen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Auch spricht nach Auffassung der Verwaltungsrichter vieles dafür, dass es am Spieltag zu Gewalttätigkeiten und Rechtsgutverletzungen durch sogenannte Problemfans kommen wird. Vor diesem Hintergrund vermag ich es jedoch nicht nachzuvollziehen, dass das Gericht das ausgesprochene Aufenthaltsverbot für nicht geeignet hält, den legitimen Zweck der Gefahrenabwehr zu erreichen. Dies sehen Polizei und wir als Stadt anders. Deshalb soll die Allgemeinverfügung nicht aufgehoben werden.“

Abschließend äußerte sich Reißer wie folgt: „Ich bin mir in diesem Zusammenhang auch sicher, dass die Polizei im Einzelfall mit dem nötigen Fingerspitzengefühl vorgehen wird.“

Kommentar

Die Stadt Darmstadt und die Sicherheitsbehörden präsentieren sich vor dem wichtigen und brisanten Hessenderby in jeder Beziehung hilf- und konzeptlos. Seit dem Aufstieg der Lilien hätten sich die Verantwortlichen der Stadt und der Vereine Gedanken darüber machen können, wie man präventiv und deeskalierend auf die gegebene Rivalität reagiert. Offenbar ging man von Darmstädter Seite davon aus, dass das vom DFB verhängte Stadionverbot geeignet sei, die Spannungen herauszunehmen. Mittlerweile muss man konstatieren, dass dies eine gravierende Fehleinschätzung war. Ohne dass es eindeutige Hinweise für bevorstehende Auseinandersetzungen gab, griffen die Sicherheitsbehörden zu dem ungewöhnlichen Mittel der Allgemeinverfügung, das allenfalls für bürgerkriegsähnliche Zustände geeignet scheint. Die Stadt Darmstadt sah keine Veranlassung, mit Eintracht Frankfurt Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam ein Sicherheitskonzept unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze zu erarbeiten. Auch nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt bleibt Bürgermeister Rafael Reißer bei seiner Position und hält an dem Innenstadtverbot für Eintracht-Fans fest. Er präsentiert sich damit als unbelehrbarer Hardliner, dem offenbar nicht bewusst wird, dass das eigenmächtige und konzeptionslose Vorgehen der Darmstädter Sicherheitskräfte auf Frankfurter Fans provozierend und diskriminierend wirkt und von einer deeskalierenden Strategie weit entfernt ist. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Darmstadt bezeichnete auf hr3 das Verhalten der Stadt als „rechtsfern und beispielslos“ und wird in der FR mit den Worten zitiert: „Das zeugt schon von einem gewissen rechtsstaatsfernen Verhalten.“ Wir hoffen alle, dass die Frankfurter Fans morgen besonnener reagieren als der Darmstädter Bürgermeister und auf Provokationen und Gewalt verzichten.

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22 Kommentare

  1. Was ist denn das für eine Rechtsauffassung des Darmstädter Bürgermeisters: Der einstweilige Rechtsschutz gelte nur für die sechs Antragsteller, die vor Gericht Widerspruch eingelegt und Recht bekommen hätten. Wird jetzt Rechtsprechung in Darmstadt missachtet und die Grundrechte freier Bürger (friedlicher Fans) mit Füßen getreten, aus Angst vor ein paar wenigen Randalierern. Warum dürfen eigentlich Darmstadt Fans in die Innenstadt, dort gibt es auch randalierende Deppen. Herr Bürgermeister, warum sollten nicht generell gegnerische Fans aller Mannschaften ausgeschlossen werden? Könnte mir vorstellen, das deren Randale freudigen Deppen jetzt extra in nach Darmstadt kommen werden, da Sie ja in dieser Stadt so viel Aufmerksamkeit bekommen, und unsere Rechtsgesetzgebung nichts gilt und umgedeutet wird, wie in totalitären Regimen.

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  2. @5.SGECharly:

    deine Argumente sind schlagend. Wenn überhaupt, dann sollte man doch beide Fangruppierungen ausschließen,aber wie du es schon selbst wiederlegt hast geht das gegen die Bürgerrechte.Jedenfalls unfassbar, wenn man es oberflächlich betrachtet, man könnte meinen man will eine Auseinandersetzung der Fanszene provozieren. Grob fahrlässig.

    also können sich jetzt gewaltbereite frankfurter in darmstadt trikots jetzt die kneipen vornehmen, operation false flagg oder wie ?

    zu Änis: unfassbar, wieso hat er das getan. Wenn gegen ihn ein Verfahren eingeleitet wird, kann es dazukommen das seine Tore annuliert werden ? Quasi die spiele wo er getroffen hat, gegen uns gewertet werden ?frage ? gabs so etwas schon mal ?

    Alptraum…

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  3. Und dieser Mann, der Bürgermeister, trägt politische Verantwortung. Dieser „Herr“ ist ohne Konzept und in der Sache überfordert. Wo leben wir denn? Ich hoffe für uns alle, dass das nicht das letzte Wort war aus juristischer Sicht. Es lebe die Freiheit!!

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  4. „zu Änis: unfassbar, wieso hat er das getan. Wenn gegen ihn ein Verfahren eingeleitet wird, kann es dazukommen das seine Tore annuliert werden ? Quasi die spiele wo er getroffen hat, gegen uns gewertet werden ?frage ? gabs so etwas schon mal ?“

    Nein, siehe den Fall des Stürmers von Liverpool.

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  5. DERBYWOCHENENDE!!!!!!

    Geil das Darmstadt 1. Liga spielt…endlich mal wieder richtige Derbys.

    Morgen hauen wir sie weg und dann sollen sie die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holen, so, dass es kommendes Jahr wieder zwei Derbys gibt.

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  6. Wirklich unfassbar. Da wird an einer Verfügung, die von einem Gericht als rechtswidrig beurteilt wurde, einfach so festgehalten. Typisch CDU. Sollte diese Verfügung von der Polizei durchgesetzt werden und sich ich Nachgang als rechtswidrig herausstellen, müsste der Herr Reißer eigentlich wegen Amtsmissbrauch aus den Amt geworfen werden.

    Damit ist eine Eskalation mehr als wahrscheinlich geworden. Die Fans, die keinen Bock auf Stress mit der Polizei haben, bleiben zuhause, die „Fans“ die Bock auf Stress haben, kommen jetzt erst Recht. Die Polizei wird mit Sicherheit angewiesen NICHT deeskalierend aufzutreten, da mit Auseinandersetzungen im Nachhinein die Verfügung als richtig da steht. Also die Fans in Darmstadt werden von der Polizei gekesselt (formal natürlich nur, um die Personalien festzustellen und Platzverweise auszusprechen), die ersten werden mit Flaschen auf die Polizei werfen, die Polizei setzt Tränengas ein etc.
    Die Fanclubvertreter werden danach auf die brutale Vorgehensweise der Polizei verweisen, der nette Herr Beuth vom Innenministerium wird darauf verweisen, dass es nur dem bedachten Eingreifen der Polizei zu verdanken ist, dass bei den Zusammenstößen mit gewaltbereiten Hooligans nicht noch mehr Menschen zu Schaden kamen.

    Perfekte Taktik der Hardliner, um in Zukunft wieder so handeln zu können.

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  7. @10
    Jeder der ohne Grund festgehalten wird oder ein Platzverweis kassiert, würde ich empfehlen dagegen im Nachhinein vorzugehen, es gibt keine Rechtsgrundlage dafür. Unglaublich wie der Bürgermeister eine Entscheidung des Gerichts einfach ignoriert. Das man auch kein Kontakt im Vorteil zur Eintracht aufgenommen hat sagt auch alles.
    Das ist reine Willkür .

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  8. @euroadler:

    Ich würde niemandem empfehlen, gegen Aktionen von der Polizei vorzugehen. Sonst wird sehr schnell selbst irgendein Vorwurf konstruiert (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) und man selbst angeklagt. Und vor Gericht siegen fast immer die Polizisten…

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  9. Ich habe ja auch im Nachhinein geschrieben. Jegliches staatliches Handeln muss ja auf einer gewissen Rechtsgrundlage basieren. Die gibt es hier doch gar nicht. Eigentlich dürfte die Polizei aufgrund des Urteils des VGs meiner Meinung nach die SperrZone gar nicht umsetzen, da das Gericht die Allgemeinverfügung doch insgesamt für rechtswidrig erklärt hat.
    Durch so eine Aktion schürt man doch von Seiten des OBS erst recht Konfliktpotential.
    Hellmann hat genau das Richtige dazu gesagt im Interview mir dem Kicker.

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  10. @euroadler:

    Ja ich meine auch im Nachhinein. Aber selbst wenn du dich vollkommen korrekt verhältst und ich Nachhinein juristisch gegen die Polizei vorgehst, ist es üblich, dass ein Vorwurf gegen dich konstruiert wird. Wäre nur die Frage, ob man in diesem Fall dann gegen die Polizei vorgehen müsste oder gegen das hessische Innenministerium oder aber gegen die Stadt Darmstadt, da kenn ich mich nicht aus. Die beiden letzten Fälle sollten recht risikoarm sein, aber gegen die Polizei würde ich NIE vorgehen.
    Leider fehlt mir auch das juristische Wissen, um einzuschätzen, ob es irgendwelche Winkelzüge gibt, mit denen die Stadt Darmstadt das Verbot durchsetzen DARF. Aber ich bin letztlich voll deiner Meinung.

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  11. Das man da alleine schlechte Karten hat stimme ich dir zu, aber wenn es einige machen würden bin ich mir sicher das man da nicht bei jedem da was konstruieren kann. Ich reg mich einfach nur darüber auf, dass ein OB bzw. die Stadt meint er / sie steht über dem Gesetz. Mir geht’s hier weniger um die Polizei, die müsste sich nur hinterfragen, ob sie das rechtswidrige Verbot überhaupt durchsetzen darf. Auf jeden Fall hat die Stadt Darmstadt es geschafft nochmal Öl ins Feuer zu gießen.

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  12. Vielleicht will der Reißer ja mal Gouverneur von Tex ääh Hessen werden oder er soll als Law and Order Alternative zur AfD aufgebaut werden. Sorry, aber zu solch einem Verhalten fällt mir nur adäquater Unsinn ein.
    Gerichtsentscheidungen nicht zu akzeptieren steht einem demokratisch gewählten Repräsentanten nicht zu. Oder will er Öl ins Feuer gießen um hinterher sagen zu können, er hätte richtig entschieden?
    Bleibt Darmstadt fern und verabschiedet den Mannschaftsbus mit einem spontanen Straßenfest!

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  13. Erstmal bleibt einfach weg . Trotzdem so viele Eilanträge wie möglich . Die sollen sehen das es so nicht geht. Da kommen schon einige 10 000 € auf die Heiner zu. Wenn das Schule macht und die Stadt mit sowas durchkommt kann dies einen Dammbruch nach sich ziehen. Wer randaliert gehört zur Verantwortung gezogen das war´s auch schon

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  14. Ich bin mal gespannt auf die Schlangen mit SGE Fans beim Gericht.
    Bitte Fotos posten wenn ihr da seid!
    Die Polizei werden viel Spaß haben so ein Burgermeister zu dienen.Er gehört entlassen.

    Darmstadt blamiert sich.
    Es ist jetzt an der Zeit dass wir denen zeigen dass es sooo nicht geht.
    Und auf dem Platz werden wir sowas von motiviert sein!
    Auf jetzt.
    Mit 33 Punkte sind wir „back in business“

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  15. Von den eingesetzten Beamten wird nichts konstruiert. Im Gegenteil, viele schütteln den Kopf oder lachen über die Rechtsauffassung des OB. Im Grunde weiß doch jeder halbwegs Interessierte, dass Herr Reiser Willkür walten lässt und diese Willkür mit einem angeblichen, juristischen Schachzug rechtfertigt. Persönlich würde ich eine Strafanzeige aufgrund Verdacht der Rechtsbeugung begrüßen. Aber da die Politelite auch auf Bundesebene Rechtsbrüche begeht, wird man den aufrechten CDU Mann schützen. Wollen wir alle hoffen, dass sich die politiktreue Polizeiführung nicht beeinflussen lässt, remonstriert und keine übermäßige Härte an den Tag legt. Problematisch ist eben, dass wir Fussballfans sind und keine linken Gewalttäter, die wie bei M31, Blockupy und EZB Eröffnung eine ganze Stadt in Schutt und Asche legen und von der linken Presse und Politik in Schutz genommen werden. Also, zu Hause bleiben, klagen, Srafanzeige und Amtsenthebung anstreben.

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  16. @16, unter einem AfD OB würde diese Rechtsbeugung nicht vollzogen werden. Komisch, heute gab es auch kein Betretungsverbot für Linke und Antifa um das Kongresshotel des AfD Bundesparteitages. Obwohl im Vorfeld klar zu Straftaten aufgerufen wurde und bereits heute morgen 400 bewaffnete Linksextremisten die Polizei angegriffen haben. Bitte immer differenzieren wer für Gesetz und Recht eintritt und wer es offensichtlich mit Füßen tritt.

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  17. Holla, Maryland, alter Pirat, warum vergisst du in deiner Auflistung die rechten Untaten (Stadt in Schutt und Asche, HogeSa Köln)? Die sind mindestens genauso abzulehnen wie die linken.

    Du weißt jetzt schon, dass ein AfD Bürgermeister allein aufgrund seiner politischen Gesinnung niemals Rechtsbeugung begehen würde? Und die böse linke (Lügen-) Presse… Wir befinden uns in Zeiten wie jenen, in denen es schon mal angefangen hat.

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