Fredi Bobic hat viele Baustellen zu schließen. Wann kommt es zum ersten Deal?
Fredi Bobic hat viele Baustellen zu schließen. Wann kommt es zum ersten Deal?

Der Blick auf die Bundesligatabelle lädt alle, die es gut mit Eintracht Frankfurt meinen, zum Träumen ein. Platz vier mit 29 Zählern birgt jedoch zugleich eine große Gefahr mit sich: Die Fallhöhe ist enorm. „Wir haben uns selbst überholt“, gibt Sportvorstand Fredi Bobic im Gespräch mit „Sport Bild“ zu. Nachdem in der vergangenen Spielzeit der Klassenerhalt erst nach der Relegation gesichert wurde, ging es seitdem steil bergauf. Die Hessen zählen zusammen mit RB Leipzig und der TSG Hoffenheim zu den großen Überraschungsmannschaften der Hinserie und ließen sich auch von den wenigen Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen. Bobic nimmt vor dem Start in die Rückserie am Samstag um 18.30 Uhr bei Leipzig etwas Druck vom Kessel: „Wir wissen, dass wir auch dann eine sehr gute Saison gespielt haben, wenn wir am Ende Zehnter werden.“

Die sportlichen Verantwortlichen halten zunächst unumstößlich am Ziel, 40 Punkte zu erreichen, fest. Der 45-Jährige wird als Antreiber im Hintergrund daran mitwirken wollen, diese Marke schnellstmöglich zu knacken. Schon bei seinen Bewerbungsgesprächen im Frühjahr sagte er dem Aufsichtsratsboss Wolfgang Steubing, Präsident Peter Fischer und Aufsichtsratsmitglied Philip Holzer: „Wir können sehr viel erreichen, wenn wir geschlossen arbeiten und Ziele haben. Ich gebe mich mit Durchschnitt nicht zufrieden.“ Bobic hat den Anspruch, die Eintracht permanent verbessern zu wollen, auch wenn dies nur ein kleiner Schritt von „Platz 14 auf 13“ wäre.

Ziel Nummer 1: Demut statt Egoismus

Die von Ex-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen – auf Grundlage der wirtschaftlichen Voraussetzungen – sehr realistisch dargestellte zementierte Tabelle will der ehemalige Bundesligastürmer weiter aufbrechen und sich mit dieser Einschätzung nicht abfinden: „Dafür musst du klopfen ohne Ende. Wenn wir gemeinsam mit voller Überzeugung klopfen, zerlegen wir den Zement.“ Dafür müsse zunächst der Egoismus hinten angestellt werden. Vor allem in Traditionsvereinen ist dies eine ganz schwierige Aufgabe. Auf vielen Ebenen haben es sich Personen bequem gemacht, die an Posten kleben und diese nur sehr ungern räumen. Eigene Befindlichkeiten stehen dann über den Interessen des Klubs. Bobic arbeitet mit dem gesamten Team hinter dem Team daran, hier für eine neue Demut zu sorgen und das Motto „weniger ist mehr“ fest zu installieren: „Wenn du bescheiden deinen Weg gehst, hast du mit einem Klub und einer Stadt wie Frankfurt gute Chancen.“

Ziel Nummer 2: Keine Leihspieler mehr, sondern Substanz aufbauen

Ein zweiter entscheidender Baustein ist der Schritt weg vom Modell der Leihspieler. Sollte keine Einigkeit mit Jesús Vallejo, Michael Hector, Shani Tarashaj, Guillermo Varela und Ante Rebic erzielt werden, müsste das Team im Sommer erneut auf mindestens fünf Positionen umgebaut werden. Einzig im Fall von Rebic hat die Eintracht aufgrund einer Kaufoption die Zügel in der Hand, bei den übrigen Akteuren wird es noch viel Gesprächsbedarf geben. Die aktuell so positive sportliche Entwicklung hilft allerdings weiter, wie Bobic zugibt: „Wir werden als Verein interessanter für viele Spieler.“ So kämen Berater inzwischen auf ihn zu und hätten Ideen für Spieler, „die wir vorher hätten nicht bekommen können, weil wir nicht attraktiv genug waren.“

Der im slowenischen Maribor geborene Bobic will in den kommenden Jahren Substanz aufbauen und sieht die Eintracht derzeit als „gehobenen Aubildungsverein.“ Um sich dauerhaft oben festsetzen zu können müssen größere Erlöse erzielt werden, als es in der Vergangenheit der Fall war. Ehemalige Topspieler wie Sebastian Rode, Sebastian Jung oder Pirmin Schwegler wurden ablösefrei oder weit unter Wert ziehen gelassen, bei Stürmer Haris Seferovic droht dasselbe Szenario. Unter dem Sportvorstand sollen solche Fehler nicht mehr passieren, frühzeitig sollen die Verhandlungen über Vertragsverlängerungen oder mögliche Verkäufe vorangetrieben werden. So gelang es bereits, die Kontrakte von Leistungsträgern wie Timothy Chandler, Makoto Hasebe und David Abraham still und heimlich zu verlängern. Torhüter Lukas Hradecky oder Linksverteidiger Bastian Oczipka, deren Verträge noch bis 2018 laufen, könnten bald folgen.

Fredi Bobic stellt klare Forderungen an den Aufsichtsrat.
Fredi Bobic stellt klare Forderungen an den Aufsichtsrat.

Ziel Nummer 3: Frisches Geld generieren

Bobic will sich dabei jedoch nicht nur auf die TV-Geld-Tabelle und die daraus resultierenden Mehreinnahmen verlassen: „Mit etwas mehr Fernsehgeld ist es nicht getan. Das bekommen alle Vereine. Also brauchen wir mittelfristig mehr Kapital, um weiterzuwachsen.“ Bis März soll ausgelotet werden, wie frisches Geld in die Kasse gespült werden könnte. Dabei gehe es jedoch nicht einzig darum, die Mannschaft zu verstärken, sondern ferner um die Infrastruktur im und um das Waldstadion herum.

Ziel Nummer 4: Der Bau einer neuen Geschäftsstelle

Der Bau einer neuen Geschäftsstelle wäre ein „Quantensprung.“ Bobic betonte bei der Präsentation der Idee vor dem Sportausschuss der Stadt, „dass das ein ganz wichtiger Schritt in die Zukunft ist.“ Er malt ein düsteres Szenario, wenn es eine Ablehnung gebe: „Ohne dieses Zentrum wird Eintracht Frankfurt auf Dauer nicht bundesligafähig sein. Das ist sicher.“ Natürlich widerspricht der Blick auf die Tabelle aktuell dieser These.

Dennoch herrschen keine optimalen Bedingungen in den Innenräumen des Stadions vor. Außer der Fanshop, die Geschäftsstelle, das Museum und die wehenden Fahnen erinnert wenig an die Eintracht, wenn kein Spiel oder Training stattfindet. Die Wege sind weit, eine zentrale Anlaufstelle fehlt. Bobic, dem es auch um den kurzfristigen und schnellen Erfolg gehen könnte, stellt vorbildlich eigene Egoismen zurück: „Vielleicht bin ich nur zwei, drei Jahre da. Aber Eintracht Frankfurt soll es auch in den nächsten 20 Jahren gut gehen. Dafür brauchen wir dieses Zentrum mit professionellen Bedingungen.“ Es gehe nicht um ein schönes Haus, sondern ganz konkret um die Basis für Profifußball: „Gute Trainings- und Rehamöglichkeiten, Funktionsräume, Büros der Geschäftsstelle, kurze Wege.“ Nur wenn auch auf dieser Ebene alles gut laufe, könne der Samstag im Stadion erfolgreich verlaufen. Nicht nur Fredi Bobic wird mit großer Spannung darauf warten, ob die Stadt Ende Januar den Daumen hebt oder senkt.

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14 Kommentare

  1. Klingt ja alles sehr gut, bin sehr auf die Umsetzung und Nachhaltigkeit gespannt. Auch auf die zukünftigen Vertragsgestaltungen bei den Spielern bin ich sehr gespannt. Bin immer schon für 4-Jahresverträge bei Spielern gewesen, auch wenn ein Risiko besteht wenn sie floppen, aber irgendwie wird man die schon wieder los, wenn auch mit Verlust. Diese Verluste haben wir aber auch, wenn die Spieler ablösefrei gehen. Also, im 1. Jahr schauen was geht, im 2. vom guten Spieler im Sinne des Sports profitieren, im 3. Jahr ebenfalls sowie guten Verkauf oder Vertragsverlängerung anstreben, das 4. Jahr als Puffer für die Angebote und Vertragsverhandlungen haben.

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  2. Danke für den guten und interessanten Beitrag, Christopher. Wenn alle das so verinnerlicht haben, kann es Stück für Stück bergauf gehen und dahin wo wir dauerhaft hingehören! Jedoch brauchen wir auch ganz dringend eins: Mehr Kapital und höhere Ablösen beim Verkauf von Spielern erzielen. Man siehe sich mal nur Mainz an als Paradebeispiel wie es geht. Was ist schon Mainz im Gegensatz zu uns? Wir müssen cleverer sein und werden. Glaube der eingeschlagene Weg ist der richtige, sportlich sind wir am Limit, aber in anderen Bereichen haben wir jede Menge Luft nach oben sprich verdammt viel Potenzial nach oben! Auf Jetzt!

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  3. Erst sollte die Entscheidung für den Neubau im Dezember fallen.
    Dann wurde das Ganze auf Ende Januar verschoben. ( nur in welchem Jahr ? )
    Ich sage Euch, das wird so laufen wie bei der Rennbahn.
    Die Stadt bekommt das einfach nicht auf die Reihe, weil zu viele Leute da mitreden wollen.

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  4. Das mit den Mainzern ist für mich so eine Legende;-) Die sind aktuell mit dem Verkauf von Malli und Karius für dieses jahr immer noch bei -945.000 Euro. Und haben dafür zwei absolute Leistungsträger verloren. Dafür aber für Öztunali 5 Mio rausgehauen. Bin mir nicht sicher, ob der bei uns regelmäßig spielen würde. Die rettet das sie ab und zu mal einen teuer verkaufen. Aber in der gesamtbilanz sind die nicht wirklich gut.

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  5. in der Physik ist ein Quantensprung ein kaum zu erkennender Vorgang, weil so klein……

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  6. Es liegt auch viel am Verein, was er für seine Spieler an Ablöse bekommt.
    Siehe Bayern mit Rode und in 2-3 Jahren auch mit Rudy. Aktuell Dortmund mit Ramos für 12mio.
    Die oben genannten Punkte sind schlüssig. Problem wurde erkannt und es.wird dran gearbeitet.
    Jetzt kommt es darauf an wie schnell diese umgesetzt werden.

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  7. WILLIDEVILLE … Da hast du recht 🙂 *lol*

    Laut Duden wird das Wort „Quantensprung“ in der deutschen Sprache seit einigen Jahren aber auch benutzt für einen „… durch eine neue Idee, Entdeckung, o. Ä. ermöglichter Fortschritt, der eine Entwicklung innerhalb kürzester Zeit ein sehr großes Stück voranbringt …“.

    Für Physiker klingt das bestimmt nur als dummdeutsch und es ist streng genommen bestimmt eine Verhunzung der deutschen Sprache durch umgangssprachlich falsch genutzte wissenschaftliche Fachbegriffe 🙂 …. aber es ist sprachlich schon OK, als Normalo das Wort so zu benutzen, wenn man nicht gerade einen Vortrag an der Technischen Hochschule hält.

    Wir teilen uns den Klugscheißer-Preis.

    Forza SGE! Auswärtssieg! Ein Tor AMFG, ein Tor Hrgota!

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  8. Finde auch das Mainz ‚verklärt‘ betrachtet wird.

    Habe übrigens noch nicht die Überzeugung das Leihspieler nichts für eine nachhaltige Entwicklung sind. Ich denke ohne solche guten Leihspieler wäre der Wert der anderen Spieler auf dem Vorjahresniveau. Wenn Bobic, Hübner und Co. weiterhin so gute Spieler leihen (weil man sie nicht zu kaufen bekommt) dann sollen sie dies machen. Begeisternde Fussballspiele sind doch das Nachhaltigste was man braucht um Sponsoren zu gewinnen. Und gute Leihspieler sind mir da eher der Garant als vermeintliche Talente, die aber preiswert sein müssen.

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  9. Bei Quantensprung muss ich immer an Wissen vor Acht denken, da habe ich mal einen Vortrag gesehen, da hat der Physiker genau über die falsche Bedeutung gesprochen 🙂

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  10. @SGECHARLY.
    yep, seh ich auch so. Die Leihspieler haben geholfen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Alle anderen Spieler sind dadurch auch besser und wertvoller geworden. Und wir haben eine tolle erfolgreiche Hinrunde erlebt, die den ganzen Verein nachhaltig attraktiver für Spieler und Sponsoren und Umfeld macht.
    Wenn für uns ein bestimmter Wunsch-Spieler nicht zu kaufen ist, dann ist halt Leihen für mich die nächstbeste Option.

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  11. Komplett ohne Leihspieler muss ja auch nicht sein. Die Anzahl werden wir aber sicher zurückfahren. Es wird immr Spieler geben die uns helfen, die wir aber nur als Leihe bekommen.

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  12. @3
    Was kann die Stadt dafür wenn sich so ein Heiny vom Tierquäler Klub profilieren will?
    @1
    Verlust? Genau das soll doch siehe Punkt 2 nicht mehr passieren.Unter HB wurde schon genug Geld verschwendet oder verpasst.

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  13. @ 3 Warum so negativ? Länger als Elbphilharmonie (nebst finanziellen Umständen) oder BER wird es in keinem Fall dauern. 🙂

    Zum Thema Quantensprung: Das liegt aber auch daran, dass Menschen in Sachen Quanten vollkommen unterschiedliche Vorstellungen haben. Da wird die Sprache schnell verhunzt.

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  14. Sehr guter Artikel, Danke dafür. Ich sehe die Leihspieler auch nicht so kritisch; man darf nicht nur die entgangenen Gewinne sehen, sondern auch das Risiko, bei einem Kauf für einen Durchschnittsspieler Millionen in den Sand zu setzen; außer Vallejo hat von den Leihspielern ja bisher keiner so richtig eingeschlagen. Leihe mit KO ist eigentlich optimal.

    Ich denke aber, es gibt noch weitere Ansatzpunkte, um die Wirtschaftskraft der Eintracht zu steigern. Nur mal ganz knapp einige Ideen

    1) Kauf des Stadions – bei den aktuellen Zinsen günstiger als die Stadionmiete + Zusatzeinnahmen aus Konzerten etc. Dann um 10.000 Plätze aufstocken

    2) Merchandising/ Licensing – das ist aus meiner Sicht wirklich schwach, die Produkte, die es im Fan Shop gibt, finde ich als Fan ja schon sehr mittelmäßig. Ein „Sympathisant“ gibt für sowas kein Geld aus. Es fehlt da an guten Design und besserer Qualität

    3) Steigerung Fanbasis – Ziel muss es sein, 100.000 Mitglieder zu erreichen. Scheint aktuell zwar weit weg, ist aber durch gezieltes Marketing nicht aus der Welt. Das treibt Einnahmen bei Tickets, Merchanding etc.

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