Es läuft nicht bei der Eintracht. (Foto: Heiko Rhode)

Nach dem kürzlichen 2:1-Erfolg der Eintracht gegen Greuther Fürth am elften Spieltag ist nun ein Drittel der Saison schon wieder vorbei. SGE4EVER.de nimmt sich die Zeit, einmal zu analysieren, wie die sportliche Situation rund um Eintracht Frankfurt aussieht. 

Eintracht, wo drückt denn der Schuh?

Nach elf Spieltagen steht Eintracht Frankfurt mit zwölf Punkten auf Platz 14. Dies ist ein Punkteschnitt von 1,09. Bei solch einer Faktenlage müssen bei Bundesligisten eigentlich alle Alarm-Glocken angehen, denn da droht akute Abstiegsgefahr. Selbstredend sind noch 23 Spieltage zu absolvieren und jetzt schon von einem Abstieg zu sprechen, käme zu früh. Alarmierend ist aber, dass bei der SGE niemand das Wort „Abstiegskampf“ wirklich in den Mund nimmt. Weder der Trainer noch die Verantwortlichen oder die Spieler. Da drängt sich die Frage auf, ob denn die Brisanz der Situation eigentlich schon in den Köpfen angekommen ist. Beispiele von Traditionsvereinen, die die Gefährlichkeit des Tabellenkellers unterschätzt haben und dann abgestiegen sind, gab es in den letzten Jahren zahlreiche. Der HSV, Werder Bremen oder Schalke 04 waren alles Klubs, deren Ansprüche eigentlich in Europa lagen. Nun heißt es für sie Regensburg, Sandhausen und Aue.

Die Einstellung auf dem Feld passt mitunter gar nicht in Frankfurt. Moral beweist das Team von Oliver Glasner zwar derzeit fast wöchentlich. Entscheidende Tore fallen nicht selten in den letzten Sekunden einer Partie, was zweifellos positiv zu bewerten ist. Ein anderer Wert ist allerdings unterirdisch und auch das hängt mit Motivation zusammen: die Zweikampfquote. Eintracht Frankfurt belegt mit einer Zweikampfbilanz von 46,1 Prozent gewonnener Zweikämpfe abgeschlagen den letzten Tabellenplatz. Zum Vergleich: Greuther Fürth, die auf Tabellenplatz 18 stehen, gewinnen immerhin 48 Prozent ihrer Zweikämpfe. Das zweitschwächste Team in dieser Statistik ist derzeit der FC Augsburg. Dort gewinnt man 47,82 Prozent der Zweikämpfe. Das sind beinahe zwei Prozent mehr als in der Bankenmetropole. Hier muss der Finger ganz klar in die Wunde gelegt und die Gretchenfrage gestellt werden: Wieso ist Frankfurt dermaßen schwach im Zweikampfverhalten?

Zweikämpfe gehören zu den wichtigsten Situationen im Fußball. Durch gewonnene Zweikämpfe kann man schnell umschalten, gegnerische Angriffe unterbinden und Dominanz aufbauen. Dies sind alles Dinge, die den Hessen mitunter nicht gelingen. Pressing findet wenig bis gar nicht statt. Ausgenommen sei hier nur Rafael Borré, der sich in jedem Spiel die Füße wund rennt. Man lässt den Gegner größtenteils gewähren. Selbst wenn ein gegnerischer Spieler mit dem Ball auf den eigenen Strafraum zuläuft, dauert es viel zu oft sträflich lange, bis dieser überhaupt attackiert wird. Lammfromm wartet die Eintracht ab, bis es oftmals schon zu spät ist. Hier muss dann ganz klar auch Glasner in die Pflicht genommen werden. Die Bereitschaft, Zweikämpfe zu führen und zu gewinnen, ist ein wesentlicher Bestandteil, wenn man in der ersten Bundesliga bestehen möchte.

Schwachstellen im Kader

Und dann gibt es große personelle Schwachstellen. Allen voran kommt da der Sturm daher. Mit Borré wurde ein guter Transfer getätigt. Der Kolumbianer arbeitet und ackert so gut er kann. Aber oft genug erhält er keine Bälle. Das derzeitige Spiel von Eintracht Frankfurt geht ausschließlich über Filip Kostic und dessen Spezialität ist das Schlagen von brandgefährlichen Flanken. Diese können aber noch so gut sein, wenn vorne keine Spieler sind, die diese auch verwerten können. Sam Lammers steht komplett neben sich und muss seine Bundesligatauglichkeit nach sieben Bundesligapartien immer noch unter Beweis stellen. Aber dies alles nur auf den Niederländer abzuwälzen, wäre ein Fehler.

Denn die Strafraumbesetzung im allgemeinen funktioniert nicht. Viel zu oft stehen nur ein bis zwei Frankfurter in der gegnerischen Box. Kein Wunder also, dass Flanken nicht das Mittel der Wahl sind. Und dennoch ist Kostic mit vier Vorlagen und zwei eigenen Toren der derzeitige Topscorer. Im Winter wird im Sturm dringend personell nachgelegt werden müssen, denn Glasners Jungs lassen immer noch kein Spielsystem erkennen. Ohne Zielstürmer wird sich das vermutlich auch nicht ändern. Im Angriff kommen darüber hinaus zu wenige Bälle an und das liegt mitunter auch am fehlenden Pressing der Spieler. Gegnerische Teams stellen sich hinten rein und doppeln Kostic. Mit dieser Strategie wird Eintracht Frankfurt derzeit erfolgreich ausgeschaltet offensiv. Das ist dann einfach zu wenig.

Die zweite große Schwachstelle bei den Hessen sind die Außenverteidiger-Positionen. Es gibt im Kader keine bundesligatauglichen Rechtsverteidiger. Erik Durm, Danny Da Costa und Almamy Touré verbinden zwei Elemente: schwach nach vorne und äußerst wackelig nach hinten. Vorne können sie sich nicht durchsetzen und schaffen es in keinster Weise, Kostic auf Links zu entlasten. Hinten allerdings offenbaren ihre Seiten häufig solche eklatanten Lücken, dass die Innenverteidigung nicht selten total ins Schwimmen gerät. Alle genannten Spieler hatten gute Phasen in der Liga in der sie Säulen der Hessen waren. Ihre derzeitige Formkurve zeigt jedoch nach unten. Auch hier sollte im Winter eine probate Lösung gefunden werden. 

Schließlich gibt es dann die Lücke, die seit Jahren nicht geschlossen wird: Seit dem Abgang von Marius Wolf gibt es auf Rechtsaußen kein gefährliches Pendant zu Filip Kostic. Vielleicht kann Jens Petter Hauge das werden. Vielleicht sogar Borré. Aber solange vorne in der Spitze kein brauchbarer Stürmer steht, kann man solche Experiment nicht durchführen.

Hoffnungsmacher

Aber es ist auch nicht alles schlecht. Positiv hervorzuheben ist definitiv Keeper Kevin Trapp. Nach einem durchaus holprigen Start in die Saison mit einigen Patzern hat sich Frankfurts Nummer 1 gefangen und spätestens seit dem Europa-League-Spiel gegen Royal Antwerpen ist er ein sicherer Rückhalt und oft bester Frankfurter auf dem Platz. Das sieht offensichtlich auch Bundestrainer Hansi Flick so. Nicht umsonst wurde Trapp nach seiner Streichung nun wieder für die Nationalmannschaft nominiert.

Und dann ist da die Europa League. Die Eintracht ist international unangefochtener Tabellenführer in ihrer Euro-League-Gruppe. Einzig gegen Fenerbahce Istanbul gab es einen Punktverlust. Auf internationalem Parkett treten Glasners Mannen meist topmotoviert und mit guter Einstellung auf. Wenn dies auch in der Liga geschafft wird, fallen langsam Sonnenstrahlen durch den derzeit tristen und wolkenverhangenen Frankfurter Stadthimmel.

Fazit

Eintracht Frankfurt hat ein größeres Problem. Nach elf Spieltagen ist keine klare Linie des Trainers zu erkennen. Die Einstellung und Motivation auf dem Platz in der Bundesliga fehlt phasenweise komplett. Und das, obwohl es in der Europa League häufig gut funktioniert. Einzig die Moral ist hervorzuheben, bis zum Schluss zu kämpfen. Aber in puncto Zweikampfverhalten, Pressing und offensivem Aufbauspiel spielen die Hessen noch nicht bundesligatauglich. Es ist an der Zeit, dass man in Frankfurt den Tatsachen ins Gesicht sieht und aufhört, alles schön zu reden. Nach dem ersten Bundesliga-Drittel muss man klipp und klar von Abstiegskampf sprechen. Dies mag sich ändern, sobald sich das Team gefunden und einige Siege eingefahren hat, aber bis dahin heißt es kämpfen. Und kämpfen kann weh tun. Die Spieler sollten sich besser schnell daran gewöhnen.

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53 Kommentare

  1. Es läuft noch nicht so richtig. Aber so ganz furchtbar finde ich es auch nicht – habe mich über einige späte Treffer und auch einige Aktionen einzelner Spieler mega gefreut.

    Ich nehme die Situation an, wie sie ist und gewinne ihr auch etwas positives ab. Es ist doch irgendwie geil, von hinten anzugreifen, zu beweisen, dass wir da unten rauskommen, uns hocharbeiten. Das hat doch alles was. Glasner zeigt den Spielern einige eklatante Schwächen auf und es wird daran gearbeitet. Wir haben viel vor, ja – aber dieser Weg ist interessant und ich freue mich auf die nächsten Spiele.

    Glasner, Krösche und die Mannschaft – alle haben mein Vertrauen und das wird auch bis Saisonende wahrscheinlich so bleiben. Wenn wir 12 werden aber noch einige gute EuropaLeague Spiele haben – ok. Ich wäre einigermaßen einverstanden, wenn eine Entwicklung erkennbar wird.

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  2. @45, komisch das für dich die Laufleistung nicht mehr das A und O ist:-). Vielleicht täusche ich mich und es war jemand anderes der es Woche für Woche aufgeführt hat um zu belegen dass die Laufleistung entscheident ist.
    Alle Mannschaften die eine schlechte Passquote haben haben auch eine schlechte Zweikampfquote. Von den geführten Zweikämpfen sind wir wir in der oberen Hälfte aber verlieren zu viele, weil durch die hohe Zahl der Fehlpässe wir in einer schlechteren Position der Zweikampfführung sind. Meiner Meinung nach sollte man daran arbeiten, dass die vielen unnützen Fehlpässe abgestellt werden, das liegt nur am Positionsspiel und das lässt sich aufjedenfall gut trainieren,

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  3. Vielleicht in bisschen provokativ, aber keinesfalls böse gemeint:
    1. Verdient und unverdient Argumente sind die Vorstufe zum Liga-Zementieren.
    2. Glück und Pech gibt es vor allem hinsichtlich des Schiris oder Verletzungen aber nicht beim eigenen oder gegnerischen Spiel.
    Hält Trapp z. B. einen schweren Ball, ist das auf sein Können zurückzuführen und/oder der Schütze hätte es noch besser machen müssen. Oder anspruchsvoller, misslingt eine Flanke derart, dass sie unhaltbar ins Tor geht, ist das in dem Moment erfolgreiches Unvermögen. Würde diese Flanke wie gewollt beim Empfänger ankommen, der wiederum diese dann wie gewollt und erfolgreich verarbeitet, ist das doppeltes Können. – Wenn das erste Glück sein sollte, müsste das zweite dann nicht doppeltes Glück sein?
    Lange Rede, kurzer Sinn: Aus meiner Sicht hilft es nicht in diesen vier Kategorien zu denken bzw. zu argumentieren.

    Ein für mich wesentliches Argument in der aktuellen Situation ist, dass das Klima unter den Spielern und mit dem Trainerteam scheinbar völlig intakt ist. Und auch darüber hinaus gibt es wohl nichts Schädigendes.
    Das stimmt mich zuversichtlich, auch wenn ich weiß, dass noch viel Arbeit ansteht. Und vielleicht sehen wir ja in Freiburg einen positiven psychologischen Effekt durch die letzten Punktgewinne.
    Forza SGE!

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