Jens Grahl mit seinen Torhüterkollegen beim Jubel über den Europa-League-Sieg 2022 (Foto: Rhode)

Es ist wohl das Schicksal eines jeden Ersatzkeepers: anspruchsvolle Trainingseinheiten, strapazierende Auswärtsfahrten und wenig Aussicht auf regelmäßige Einsatzzeiten. Das Alles bei dem Anspruch, permanent das Leistungsniveau abrufen zu können, falls die etatmäßige Nummer eins ausfällt. So in etwa stellt sich die Gemengelage auch bei Jens Grahl dar, der 2021 vom VfB Stuttgart an den Main wechselte.

In Folge 53 des offiziellen Eintracht-Podcasts „Eintracht vom Main“ erzählt der 34-jährige Torhüter von seiner derzeitigen Situation bei den Hessen, seinen Torhüterkollegen und von seinen bisherigen Stationen in der Bundesliga, bei denen er die ein oder andere Bekanntschaft machte, die er in Frankfurt wieder traf.

Grahl wusste im Sommer 2021 selbstverständlich was auf ihn zukommen würde, als er den Schritt zur Eintracht wagte und neben der unangefochtenen Nummer eins der Frankfurter Kevin Trapp auch mit dem kurz vor ihm verpflichteten Diant Ramaj konkurrierte. Grahl ist mittlerweile die etatmäßige Nummer drei der SGE. Mit dieser Rolle kann er sich aber anfreunden, wie er im Podcast verrät: „Natürlich will man spielen. Aber es ist wichtig, seine Rolle anzunehmen. Es bringt mir nichts, jeden Tag Trübsal zu blasen.“ Vielmehr sieht Grahl die wenigen Chancen, die er bekommt, als Gelegenheit sich auszuzeichnen. „Man sieht, dass es ganz schnell gehen kann“, spielt er auf sein einziges Spiel an, das er bisher für die Eintracht absolvierte. Bei der 0:2-Niederlage in der vergangenen Rückrunde bei Union Berlin stand Grahl erst- und letztmals für die Hessen zwischen den Pfosten. Dass das Spiel unmittelbar auf die magische Nacht von Barcelona folgte, war aus seiner Sicht zeitlich ungünstig: „Nach dem Erfolg in Barcelona war das schwierig.“ Man habe den Mannschaftskollegen angemerkt, dass sie platt waren. „Ich wurde da einfach ins kalte Wasser geschmissen. Dafür trainiert man“, resümiert Grahl.

Trapp ist „einfach ein geiler Typ!“

Mit seinen Torhüterkollegen verstehe er sich sehr gut. Zumal es zu Ramaj die Verbindung gibt, dass beide aus derselben Gegend kommen. Dass dieser aufgrund seines großen Selbstbewusstseins in einer gewissen Form abhebe, befürchte Grahl nicht: „Ich will ihn gar nicht runterholen. Das ist seine Art. Manche kommen damit zurecht, manche nicht.“ Auch am eingeschlagenen Weg des 13 Jahre jüngeren Torwarts hat Grahl überhaupt keine Zweifel: „Der soll sein Ding machen, damit ist er bisher gut gefahren und ich denke, er wird noch für Furore sorgen in den nächsten Jahren.“ Einer der das in der Vergangenheit bereits tat, ist die Nummer eins der Frankfurter. „Kevin bringt einfach alles mit. Er hält Weltklasse-Bälle, hat die Persönlichkeit, die ihn auch als Mannschaftsführer auszeichnet“, ist Grahl voll des Lobes für seinen Kollegen. „Für mich ist er einer der Besten, wenn nicht sogar der Beste, mit dem ich je zusammenarbeiten durfte. Deswegen bin ich froh, dass wir uns auch so gut verstehen. Er ist einfach ein geiler Typ!“. Mit dem Albaner Simon Simoni verpflichtete die Eintracht dieses Jahr ein weiteres Nachwuchstalent, das sich mit seinen jungen 18 Jahren künftig auch berechtigte Hoffnungen auf Startelfeinsätze machen dürfte. „Ich denke, er orientiert sich gut an uns anderen. Von ihm werden wir auf jeden Fall noch einiges hören“, ist sich auch Grahl sicher.

Ãœber Hoffenheim und Stuttgart zur Eintracht

Der gebürtige Schwabe war bei seinen bisherigen Stationen in Fürth, Paderborn, Hoffenheim und Stuttgart regelmäßig die Nummer zwei und hatte entsprechend wenige Pflichtspieleinsätze für die erste Mannschaft zu verzeichnen. Bei seiner ersten Profistation in Fürth kam er für die Zweitvertretung in der Regionalliga zum Einsatz: „Ich durfte bei den Profis trainieren und habe in meinem ersten Jahr neben der Jugend schon in der zweiten Mannschaft gespielt. Für meine Entwicklung war das super.“ Nach drei Jahren in Franken folgte bei der TSG 1899 Hoffenheim sein mit sieben Jahren bis dato längster Aufenthalt bei einem Verein. Grahls Start im Kraichgau fand während eines Wendepunktes für den gesamten Verein statt. „Ich kam damals im ersten Hoffenheimer Bundesligajahr. Ralf Rangnick war Trainer und ich habe zum ersten Mal gesehen, was es für einen Unterschied zwischen der Zweiten Liga und der Bundesliga gibt. Das war für mich ein Riesenschritt“, erinnert sich Grahl. Während der wegen einer schweren Meniskusverletzung schwierigsten Zeit in seiner Karriere in Paderborn, lernte er den heutigen Sportvorstand seines Arbeitgebers Markus Krösche kennen, der damals noch sein Teamkollege war. Etwas wehmütig schaut Grahl auch auf seine Stuttgarter Zeit zurück. Besonders für seine Heimatstadt, wo er früher selbst noch als Fan in der Kurve stand, hätte der 34-Jährige gerne ein Spiel gemacht: „Mir war es leider nicht vergönnt, dort im Neckarstadion ein Spiel zu machen. Ich komme direkt aus Bad Cannstatt, das ist mein Zuhause“.

„Der ganze Mitarbeiterstab ist wie eine große Familie“

Aber auch in Frankfurt fühle er sich „pudelwohl“. „Schon wie ich aufgenommen wurde, war außergewöhnlich. Es ist klar, dass man bei einem neuen Verein, einem neuen Arbeitgeber, ein bisschen nervös ist. Aber hier war das direkt wie nach Hause zu kommen, wie Familie“, erinnert er sich an seine Anfangszeit in Hessen und ergänzt: „Das ganze Umfeld, die ganze Region lebt für den Verein. Der ganze Mitarbeiterstab ist wie eine große Familie.“

Einen ganz besonderen Kontakt im Stab pflegt Grahl zu seinem Trainer Jan Zimmermann. „Zimbo“, wie der genannt wird, sei ein außergewöhnlicher Torwarttrainer. „Er hat immer ein offenes Ohr und ist echt ein Wahnsinns-Typ, mit dem ich mich auch privat sehr gut verstehe“, schwärmt Grahl. In der Mannschaft selbst gebe es trotz der Multinationalität keinerlei Sprachbarrieren: „Natürlich können ein paar nur wenig Deutsch, aber Englisch ist universell. Auf dem Platz ist es sowieso egal, wie du mit einem redest. Du musst dich einfach blind verstehen. Ich sage immer, man spricht die „Fußballersprache“, die verstehen wir alle.“

Sein ursprünglich bis Sommer 2025 datiertes Arbeitspapier hat Grahl erst zu Beginn des Jahres bis 2026 verlängert. Künftig ist der Schlussmann für das Torwarttrainerteam vorgesehen. Bisher leitete er einige Einheiten bei der U16-Nachwuchsmannschaft der Adler. Dort sehe er sich auch: „Ich bin nicht der Typ, der den ganzen Tag im Büro sitzt.“ Er mache zwar auch den Feldspieler-Trainerschein, denke aber, dass er eher für die speziellen Typen, die Torhüter, da sei. Und wer weiß, vielleicht erhält Grahl ja etwas unverhofft vor dem Ende seiner aktiven Karriere auch die Gelegenheit, sich noch ein zweites Mal im Frankfurter Tor auszuzeichnen.

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3 Kommentare

  1. Er wusste, was seine Rolle werden wird.
    Daneben wird man ihm versprochen haben, ihn langsam in das TW Trainer Team zu integrieren.
    Als ok TW nicht irgendwie in der dritten oder vierten Liga rumzuhampeln, 3 bis 4 Jahre stabiles Geld zu verdienen und als surplus noch Titel gewonnen zu haben… Nicht die schlechteste Karrierewahl.
    TW ticken ja anders als Feldspieler, da wird kaum innerhalb einer Saison gewechselt. Von daher sieht man die eigene Karriere eher etwas aufgeräumter…

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  2. Man hat schon den Eindruck, dass die Torwartzusammenstellung sehr ausgewogen ist. Sowohl Ramaj als auch Grahl machen den Eindruck, dass sie jedem anderen seine Einsatzzeit gönnen, trotz der eigenen großen Fähigkeiten. Ramaj traue ich auch zu, Stammtorwart und ein echter Anker im Team zu werden. Er strahlt so eine Ruhe aus.

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  3. Sympathischer Typ der Jens Grahl. Das es wie @ 2 schreibt nie irgendwie Stress gibt ist absolut ein großer Vorteil.

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