Was Niko Kovac auch anpackt ist bislang von Erfolg gekrönt.
Was Niko Kovac auch anpackt ist bislang von Erfolg gekrönt.

Wenn Schiedsrichter Robert Kampka die Partie der Frankfurter Eintracht beim SV Werder Bremen anpfeift, liegt der Abstiegsgipfel der vergangenen Saison etwas mehr als ein halbes Jahr zurück. Die Mannschaft von Trainer Niko Kovac lieferte am 14. Mai ein ganz schwaches Spiel an der Weser ab und ließ sich vor allem in der zweiten Halbzeit viel zu weit hinten reindrängen. Mit seinen Wechseln verdeutlichte der Coach frühzeitig, dass er nur darauf aus war, irgendwie das 0:0 zu halten. Die Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Offensivkraft Luc Castaignos (inzwischen bei Sporting Lissabon aktiv), der kurz vor Schluss kam um für Entlastung zu sorgen, foulte an der Mittellinie und war somit der Verursacher des Freistoßes vor dem entscheidenden Treffer durch Papy Djilobodji.

Seitdem ist viel Zeit vergangen und es hat sich einiges verändert, wie Kovac am Freitag zufrieden feststellte: „In der Kürze der Zeit ist viel im Klub und der Mannschaft passiert.“ 13 Spieler (die Nachwuchsspieler und Rückkehrer Joel Gerezgiher inklusive) kamen, zehn Akteure verließen den Klub. Kovac, Sportvorstand Fredi Bobic und Sportdirektor Bruno Hübner hatten bei der Suche nach neuem Personal vor allem im Sinn, die Mentalität im Kader zu verändern und mehr Gedankenschnelligkeit in das Spiel der Hessen zu implementieren. Nach zehn Spieltagen kann unumwunden gesagt werden: Der Plan ist bislang aufgegangen. 18 von 30 möglichen Punkten sind eine starke Bilanz, die vor der Spielzeit nur die wenigsten dem Fast-Absteiger der Vorsaison zugetraut hätten.

„Wir haben uns bisher in allen Bereichen verbessert“, erkannte ein sichtlich zufriedener Kovac und hielt eine Eloge auf sein Team und den Verein: „Das beginnt im konditionellen Bereich und setzt sich aber auch im spielerischen und taktischen Bereich fort. Wir sind unberechenbarer geworden. Die Mannschaft hat sich auch mental weiterentwickelt. Das Gesamtkonzept und die Entwicklung ist richtig gut zu sehen. Auch im Klub – da bewegt sich was auf allen Ebenen. Es freut mich das alles zu sehen, aber wir sind noch nicht am Ende.“ Der 45-Jährigen hatte bislang in seiner Zeit in Frankfurt ein glückliches Händchen und hat mit viel Fleiß und Elan geschafft, dass seine Pläne umgesetzt wurden. Da ist etwa…

… eine stabile Defensive:
Acht Gegentore haben die Hessen in dieser Saison erst kassiert – darunter alleine fünf in den Partien gegen Hertha BSC (3:3) und den FC Bayern München (2:2). Torhüter Lukas Hradecky verließ sein Gehäuse bereits fünfmal mit einem zu Null im Gepäck – und führt diese Kategorie zusammen mit keinem geringeren als dem Nationaltorhüter Manuel Neuer an. Die Eintracht kann auf eine kompakt stehende und unnachgiebig gegen den Ball arbeitende Defensive aufbauen. Unterstützt von Libero Makoto Hasebe stellen David Abraham und Jesús Vallejo ein Bollwerk dar. Und vor der Fünferkette, flankiert von den bislang so starken Außenverteidigern Bastian Oczipka und Timothy Chandler, räumen Omar Mascarell und Szabolcs Huszti gründlich auf. Für jeden Gegner ist es schwierig, eine Lücke im engmaschigen Netz der Eintracht zu finden. Unter Ex-Coach Armin Veh kassierten die Hessen noch 1,6 Gegentore im Schnitt. Seitdem Kovac Steuermann ist, fällt gegen die Frankfurter durchschnittlich nur noch ein, in dieser Spielzeit gar nur noch 0,8 Treffer.

… die mentale Stärke:
Bekam die Eintracht in der Vergangenheit ein Gegentor, war dies gleichbedeutend mit einem Nackenschlag. Bis zum 26. Spieltag konnten die Hessen nur dreimal eine Partie drehen, wenn sie hinten lagen. Meistens fiel das Team jedoch auseinander und ergab sich seinem Schicksal, wie diverse hohe Niederlagen zeigten. Diese Zeiten sind jedoch passé unter Kovac. Die Mannschaft wirkt mental gefestigt, sie verkraftet – wie gegen die Bayern passiert – sogar einen Platzverweis und erreicht in Unterzahl noch den Ausgleich (2:2). Die Eintracht gewinnt inzwischen gar Spiele, die in der Vergangenheit mit großer Wahrscheinlichkeit verloren gingen – oder wer hätte auf einen Auswärtssieg am 4. Spieltag beim FC Ingolstadt (2:0) gewettet, nachdem zuvor Bayer 04 Leverkusen (2:1) besiegt wurde?

… die neue Vielfältigkeit:
Die Eintracht emanzipiert sich immer mehr von Alex Meier und verteilt die Verantwortung auf mehrere Schultern. Mijat Gacinovic, der den Siegtreffer gegen den 1. FC Köln erzielte, war bereits der achte Torschütze in dieser Spielzeit. „Was Eintracht Frankfurt war, war Alex Meier – das ist so und wird auch so bleiben“, sagte Kovac anerkennend, um dann allerdings anzufügen: „Ich bin mit ihm sehr zufrieden, aber wir haben viele Spieler.“ Branimir Hrgota scheint derzeit, mit Blick auf die Auswärtsspiele, höher im Kurs zu stehen als der Frankfurter Fußballgott. Auch wenn diese Personalie weiterhin für viele Diskussionen sorgen wird: Dass diese überhaupt geführt werden und mit der Regel – „ein fitter Meier muss immer spielen“ – gebrochen wurde, spricht für die Weiterentwicklung der Mannschaft.

… das neue Auswärtsgesicht
Die Eintracht tritt in der Fremde inzwischen deutlich selbstbewusster auf und versucht, dem Kontrahenten die eigene Spielidee aufzudrücken: „Wir wollen uns selbst weiterentwickeln und nicht so auf den Gegner konzentrieren“, erklärte Kovac und fordert den nächsten Schritt von seiner Mannschaft: „Wir wollen unseren eigenen Spielstil entwickeln.“ Vor rund einem halben Jahr wären solche Worte noch undenkbar gewesen. Die Frankfurter gingen mit der Vorgabe in die Partie, defensiv stabil zu stehen und vorne die ein oder andere Chance herauszuarbeiten – im wahrsten Sinne des Wortes. Kombinationen über mehrere Stationen, ein gepflegtes Aufbauspiel von hinten heraus oder klare Spielzüge waren Mangelware. Inzwischen kennen die Spieler ihre Aufgaben und setzen diese um – auch in der Fremde. Sicherlich – die 0:1-Niederlagen gegen den SC Freiburg und den SV Darmstadt waren Rückschläge. Aber diese, so stellte es Kovac nüchtern fest, werden sich nicht vermeiden lassen: „Es freut mich das alles zu sehen, aber wir sind noch nicht am Ende. Wir werden auch mal wieder hinfallen, aber wichtig ist, dass wir dann schnell wieder aufstehen und nicht von unserem Weg abekommen.“

Bei allem Lob für die tolle Entwicklung der vergangenen Monate, gibt es in diversen Bereichen noch Luft nach oben. Die Zweikampfquote ist – trotz aller guten Defensivarbeit – deutlich ausbaufähig. Zusammen mit den Bremern präsentierte sich keine Mannschaft in den Nahduellen schwächer, als die Eintracht. Mit durchschnittlich 47 Prozent gewonnener Duelle teilen sich die Hessen mit den Werderanern den letzten Tabellenplatz. Und dann sind da noch die Neuzugänge. Vallejo und Mascarell sind bislang die einzigen beiden, die sich das Prädikat Stammspieler erworben haben. Michael Hector hat sich nach zwei Platzverweisen zu Beginn aus der ersten Elf gefoult und kommt jetzt am starken Vallejo nicht mehr vorbei. Die restlichen Transferzugänge kämpfen vor allem mit Verletzungen: Taleb Tawatha, Danny Blum, Guillermo Varela und Shani Tarashaj werden noch wochenlang ausfallen, Topjoker Ante Rebic pendelt ebenfalls häufig zwischen Kader und Ärztezimmer. Es wird noch viel zu tun geben bei der Eintracht – doch mit einem Sieg in Bremen am heutigen Sonntag könnte ein neuerliches Ausrufezeichen gesetzt werden. Und dann? „Dann werde ich mich mit meinem Bruder und dem Armin Reutershahn hinsetzen und ein Glas Rotwein trinken.“

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10 Kommentare

  1. Ich will heut zum kack fc wieder aufschließen. …. aber ich befürchte, mehr als n unentschieden wird’s nicht….

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  2. 1* Ich musste auch nachschauen 😀
    ‚eine Ansprache oder eine schriftliche Äußerung, die betont durch Lobrede, ehrende Worte und Komplimente charakterisiert ist.‘
    Interessant fand ich auch: ‚Demgegenüber sehen nur wenige Lexika und digitale Nachschlagewerke die Eloge auch „negativ“ im Sinne von übertriebenem Lob, überschwänglicher Lobrede, Schmeichelei.‘
    Passt aber gut im Kontext..mal wieder was gelernt 🙂
    Kann man dementsprechend auch einhessen bspw ‚Elooch mich net!‘

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  3. Immer wieder unser Mittelfeldturbo Huszti ……..
    Also nicht im Winter nachzulegen wäre total fahrlässig. Wir spielen seit Wochen nur mit einem Außenflügel (Mijat) und brauchen dringend Entlastung für ihn. Auf Blum oder Rebic HOFFEN können wir nicht. Am liebsten wäre mir hier eine Kurzleihe bis Saisonende. Ein Spieler, der auf Links- oder Rechtsaußen für Dampf macht. Dann klappt das auch wieder mit unseren Mittelstürmern. Bin auch ein bisschen enttäuscht von dem anderen Schweizer. Da kommt auch irgendwie keine Leistung. Zwar fehlt er aufgrund einer Mandelentzündung, aber wenn er mal spielt … Da hab ich mir also auch mehr erwartet.

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  4. wer Kovac´ Augen gesehen hat, als er das mit dem Rotwein gesagt hat, der hat den Schalk ganz deutlich gesehen. Der wusste genau, was er da gesagt hat. Ich habe herzhaft gelacht. Schon stark, wie NK solche Scherze ganz seriös verpackt.

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  5. ach ja … 2 Junge auf der Bank … Hoffentlich haben wir die Führung, dass mindestens einer Praxis sammeln kann.

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  6. Gegen Bremen ist quasi schon ein Endspiel um den Klassenerhalt. (einer von vielen Spielen :P)
    Da wird wohl keiner von den jungen Spielern zum Einsatz kommen, sofern sich keiner verletzt.

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