Mussten einiges ertragen, durften am Ende doch feiern: die Eintracht-Fans. (Foto: imago/PA images)

Zwei stimmungsvolle Fanlager, Gänsehaut-Atmosphäre im Stadion und ein packendes duell auf dem Platz. Das Endspiel um Europas Krone war ein Festtag für den Fußball – trotz Uefa und spanischer Gastgeber. Denn deren Gebaren ließ viele Fußballfans fassungslos zurück. Vier Beispiele:

1. Choreos: Aufregung kurz vor dem Anpfiff im Frankfurter Block. Sicherheitskräfte konfiszierten plötzlich Teile der Frankfurter Choreografie. Offenbar, weil sie etwas außerhalb des Frankfurter Fansektors hingen. Gestört hat sie jedenfalls sonst niemanden. Die Adler-Anhänger revanchierten sich und entkleideten kurzerhand die Uefa-Werbebanner. Bei Glasgow Rangers machten die Sicherheitskräfte die Choreo gleich ganz zunichte. Wie die Fangruppe „Union Bears“ mitteilte, habe man 5.000 Fahnen in viel Arbeit und in 27 Stunden Autofahrt nach Sevilla gebracht, um dort trotz vorheriger Absprache von Sicherheitsbehörden mitgeteilt zu bekommen, dass Teile der Fahnen nicht ins Stadion gelassen werden. Grund seien die Bambus-Stöcke der Fahnen.

2. Wasser: Dass Tausende Fans, die den ganzen Tag bei mehr als 35 Grad im Schatten in der Stadt unterwegs sind, Durst haben würden, sollte eigentlich keine Überraschung sein. Umso skandalöser waren die Zustände am Finalabend. Teilweise schon eine halbe Stunde vor Anpfiff, spätestens zur Halbzeit, waren die Vorräte an Wasser aufgebraucht. Auf dem Portal Rangers Review heißt es in einem Bericht: „Andere Stände hatten vor dem Anpfiff kein Wasser mehr, sondern nur noch zuckerhaltige Getränke und alkoholfreies Bier zum Preis von acht Euro. Einige Fans behaupteten gar, dass ihnen mehr als die angekündigten drei Euro berechnet wurden. Aber sie waren so verzweifelt, dass sie sich nicht mehr beschwert haben.“ Als die Spieler die Situation erkannten, reichten einige Rangers-Akteure ihren darbenden Fans ein paar Wasserflaschen. Denn zu allem Überfluss drehten die Sicherheitskräfte irgendwann auch noch das Wasser an den Hähnen der Toiletten ab, wo sich Fans zumindest etwas Abkühlung geholt hatten. „Ich habe einem Fan meine Sonnencreme gegen einen kleinen Schluck Wasser gegeben“, schildert der Rangers-Anhänger die dramatische Situation.

Ein anderer Glasgow-Fan schilderte Rangers Review: „Außerhalb des Stadions wurden 500 ml Wasser für rund 20 Euro verkauft. Das ist natürlich ein Skandal.“ Die billige Uefa-Ausrede gegenüber Sport1: „Obwohl die Menge an Speisen und Getränken, die von den Konzessionären geplant wurde, viel größer war als das, was normalerweise bei einem ausverkauften Heimspiel im Sanchez-Pizjuan-Stadion serviert wird, reichte sie nicht aus, um die außergewöhnliche Nachfrage an diesem Tag zu befriedigen, und die UEFA möchte sich bei den Fans für die entstandenen Unannehmlichkeiten aufrichtig entschuldigen.“ Die Fans beider Lager haben Anzeige gestellt.

3. Sicherheitskontrolle: Schon bei Stadionanreise mussten beide Fanlager mehr als eine halbe Stunde in der prallen Sonne warten bis Mannschaftsbusse und Uefa-Offizielle vorgefahren waren. Die Polizei sei sehr aggressiv vorgegangen, berichten Augenzeugen. Auch die Sicherheitskontrollen ließen viele Fans verärgert zurück. „Von einem Rangers-Fan vor mir wurde die Sonnencreme in den Müll geworfen, seine Liter-Wasserflasche ausgeleert, seine Powerbank und seine AirPods weggeworfen„, heißt es bei Rangers Review. Die britische Zeitung „The Sun“ berichtet sogar von einem schottischem Fan, dessen Medikamente inklusive Insulin am Einlass abgenommen wurde. Auch Journalist und Eintracht-Fan Tobias Zervos berichtet auf Twitter: „Und zu all dem Überfluss sorgte die völlig undurchdachte Zugangskontrolle noch für tonnenweise Elektroschrott in Form von Powerbanks, die abgenommen wurden, obwohl diese offiziell gestattet waren. Was nur logisch ist, wenn der Zugang per elektronischem Handy-Ticket erfolgt.“

4. Tote Hose in der Stadt: Tausende Eintracht-Fans wollten nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte nur eines: feiern. Doch keine Chance. Während die Mannschaft in einer Disko ausgelassen ihren Triumph zelebrierte, schauten die meisten Fans in die Röhre. „Das nächste Getränk gab es in einer teilnahmslosen Stadt, die nach Abpfiff schon jede Getränkequelle verrammelt hatte, erst spät nach 1 Uhr nachts„, erzählt Eintracht-Fan Zervos. „Zurück auf einem verwaisten Fanfest, dass so alles andere als Partystimmung versprühte.“ Tatsächlich gab es hier zwar noch eine Kleinigkeit zu trinken und zu essen, aber wirkliche Partystimmung wollte nicht mehr aufkommen. Der Journalist und Eintracht-Fan Swen Thissen fasste auf Twitter passend zusammen: „Zum Abschluss des historischen Fußballtages habe ich noch einen Vorschlag für die UEFA: Finals nur noch in Stadien, in denen es bei 40 Grad auch Wasser zu kaufen gibt, und nur in Städten, in denen nicht um 1 Uhr Sperrstunde ist. Es danken: die Fans.“

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21 Kommentare

  1. Kann man alles 100% bestätigen

    Glücklicherweise war die Stimmung friedlich denn all diese Punkte hätten und haben sehr leicht zu Unruhe und Aggressionen geführt…das Anstehen vor den Kontrollen in der Sonne und vor allem das fehlende Wasser waren ein Verbrechen

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  2. Alles geschilderte trifft zu. Es bleibt zu erwähnen, dass das Leitungswasser das dann in der 2ten Halbzeit abgestellt wurde, voll Chlor und fast ungenießbar war. Neben mir hatten einige Magenkrämpfe….
    Nicht zu glauben: Getränke dürfen nicht mitgenommen werden und dann fehlt jegliche Flüssigkeit bei 35 Grad. Zudem hatte die UEFA empfohlen Powerbanks mitzubringen, damit ja kein Akku leer ist….
    Wir hatten GsD von den Wegwerfern am Eingang rechtzeitig Info bekommen und konnten die PBs im Bus 2 Straßen vorm Eingang abgeben.
    Die Orga war erbärmlich und zusätzlich eine Polizei ohne jegliches Fingerspitzengefühl, Hauptsache sinnlos Wege versperren, Fans zusammentreiben und mit Pferden durchreiten….

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  3. Charly das mit dem Zusammentreiben habe ich auch nicht verstanden…die Masse wurde auf eine Kontrolle hingetrieben…als es mir nach 1 Stunde zu anstrengend wurde, bin ich aus der Masse raus und der Plan war zu warten…dabei festgestellt, daß parallel zur Masse 4 Kontrollen frei waren…da sind wir dann innerhalb von 2 Minuten durch…diese Organ war das reinste Chaos

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  4. Puh. Sevilla – sehr schöne Stadt, aber auch hier hat man die Menschenmenge nicht ernst genommen. Völlig überfordert.

    Ich wollte mich noch mal bei den Eintracht Fans bedanken, die mir mein Lime Fahrrad nach dem Spiel gewaltsam entrissen haben. Leider konnte ich die Fahrt nicht stoppen und ihr könnt mit dem gesparten 6€ etwas anfangen…

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  5. Wir wurden am Stadion ohne ersichtlichen Grund von der spanischen Polizei komplett umzingelt.
    Bei 37 Grad  wurde es voller und enger, die Eingänge waren verschlossen und wir standen in der Masse.

    ABER,
    das schlimmste war, ab dem Moment im Stadion waren alle Kioske und Versorgungsstände geschlossen.

    So waren wir  mehr als 6 Stunden (nur im Stadion) ohne Wasser.

    Also halfen wir uns mit Leitungswasser aus den Toiletten.
    Das Wasser war so gechlort, dass Durchfall die Folge war.

    Und nach dem Spiel war in Sevilla alles geschlossen.
    Erst am Flughafen konnten wir endlich Wasser holen.

    Das heißt, wir waren mehr als 8 Stunden komplett ohne Wasser und sonstiger Flüssigkeit,
    UND das bei diesen Temperaturen war unzumutbar, skandalös und glich einer  Katastrophe.

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  6. Das ist keine Katastrophe, das ist ein Skandal und vorsätzliche Körperverletzung und und und… der seines gleichen sucht, ich hoffe das Betroffene dagegen vorgehen können und ggf. mit Hilfe der Vereine Schadenersatz erhalten.
    Unfassbar

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  7. Ich habe vorsorglich vor dem Spiel viel getrunken ( 😉 ), aber die Situation war definitiv ein Skandal und für Manche echt hart. Auf dem Weg zur Innenstadt war dann nach dem Spiel nur gaaaaaanz vereinzelt irgendwo was zu bekommen, wie man sich vorstellen kann mit riesigen Schlangen. Kurz vor dem Hotel war dann wenigstens noch ein Kiosk mit Wasser, mindestens 2-3 km nach dem Stadion. Ich vertrage Hitze gut. Würde mich nicht wundern, wenn der ein oder andere echte Probleme bekommen hat.
    Lobend möchte ich hier noch Mal die Eintracht erwähnen. Auch Nachts haben sich Legenden wie Alex M. Fußballgott und Gerre (die ich selbst gesehen habe) unters Volk gemischt und geduldig jeden Fanwunsch (außer Wasser) erfüllt. Ganz dickes Lob!

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  8. Ich frag mich immer wie saudämlich die Stadionbetreiber sind. Da kannste doch mal richtig Geld verdienen. Ich bin da immer fassungslos mit wie wenig unternehmerischem Geschick da agiert wird. Grade bei Wasser kannst bei den Temperaturen doch mit studentischen Hilfskräften mal richtig absahnen. 100.000 x 3€ Gewinn pro Flasche mal 3 Flaschen pro kopf= 900.000 €. Locker machbar…

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  9. Offtopic: Burnley ist in die 2.Liga der englischen Liga abgestiegen. Dort spielt der in der Bundesliga bekannte Wout Weghorst, der unter Oliver Glasner klasse Jahre hatte. Evtl. eine Alternative für den Sturm?! Groß, bullig, treffsicher…

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  10. Auch schlimm war,dass ein riesen Bereich ums Stadion abgeriegelt war -auch nach dem Spiel. Keine Taxis,keine Busse ins Zentrum -nix. Nix mehr offen gehabt. Alle sind quasi schweigend und kaputt kilometerlang durch die Stadt getrabt. Die hätten Millionen mit Taxis verdienen können, aber Sevilla wird glaube ich 24 Uhr komplett abgeschaltet. Paar findige Spanier haben dann wenigstens Dosenbier verkauft nach dem Spiel auch wenn jeder nur Wasser wollte eigentlich. Die drei Dosen gingen auf jeden Fall runter wie beim Mallebiercontest.

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  11. Für die Pyro-Vorfälle wird es wohl noch Folgen von der UEFA für die Eintracht haben, mindestens finanziell, vielleicht aber auch gegen die Fans.

    Jetzt gehören in die Gegenrichtung an die UEFA eigentlich auch mal Strafen verteilt, nach allem was man hier liest. Das ist schon unmenschlich und ein leises „Entschuldigung“ der UEFA darf hier nicht reichen.

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  12. Ich kann dem Bericht leider 100% zustimmen.

    Mit Glück konnte ich mich dem ersten Polizeikessel entziehen. Ich stand vor einem Hotel in sicherer Entfernung. Plötzlich kamen zwei Fans durch die Polizeikette. Ein alter Mann und ein Junger, der ihn stützte. Der Alte war vollkommen entkräftet. In der Lobby habe ich nach Wasser gefragt. Sie hätten keines und der (bestückte) Getränkeautomat sei defekt. Ein Schlüssel für den Automaten um so an die Getränke zu kommen und Barzahlung war auf Nachfrage auch nicht möglich. Als nächstes fragte ich nach einem Becher etc. Hier war auch keiner aufzutreiben.
    Am Ende habe ich !!eine im Gebüsch vor dem Hotel gefundene leere Flasche!! auf der Toilette mit Seife ausgespült und konnte dem Mann so wenigstens von dem verchlorten Leitungswasser zu trinken geben.

    Ich bin noch immer sprachlos, ob all dieser Dreistigkeit.

    Nach dem Spiel habe ich unweit des Stadions noch eine geöffnete Bar gefunden die Bier zu deutschen Preisen verkauft hat. Das war wenigstens ein versöhnlicher Abschluss des Abends.

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  13. Wow, das macht einen echt fassungslos was ihr berichtet. Seit Ansetzung des Finales war allen Offiziellen klar, was da auf sie zukommt. Das traurige ist, dass man bei der UEFA noch nicht mal Hoffnung haben kann, dass sie aus diesem Vorfall Lehren ziehen.

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  14. Hatte mich schon gewundert über die Ranger Fans, dass da so gar nichts kam. Der Frust über die geplatzte Choreo war sicherlich groß. Ansonsten ein Wunder, dass es am Ende so friedlich blieb bei den Umständen und
    eine Schande, dass es am Ende keine Konsequenzen haben wird. Weder für die Veranstalter noch die UEFA.
    Kann man nur einmal mehr den Hut ziehen vor den Fans vor Ort für diese Stimmung und Unterstützung unter diesen Umständen! Der Titel ist ganz sicher auch einem Stück weit den Fans zu verdanken!

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  15. Definitiv großes Glück, dass es offenbar relativ wenige medizinische Vorfälle gab. Aber wirklich beschämend für die Veranstalter, das Catering so zu verkacken.

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  16. Und aus gegebenem Anlass!

    Scheiß Fußballkonstrukt Leipzig mit eurer „geschickten“ Werbeplatzierung.
    Kompletter Kontrast zu unserem Verein.

    Ich hoffe euer Österreicher hat irgendwann kein Bock mehr auf Fußball und Werbung und ihr verschwindet in der Versenkung.

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  17. Wegen der Getränke-Thematik frage ich mich schon, ob da nicht juristisch dagegen vorgegangen werden kann.
    Bei den Temperaturen keine Getränke und kein Wasser in den Toiletten. Das ist eigentlich mindestens fahrlässig.
    Das dürfte doch kein Problem sein und ich hoffe, dass es viele gibt, die da etwas machen.
    Ein absolutes Wunder, dass da nicht mehr passiert ist…

    Dass die Stadt und Großteile deren Gastro nicht die Umsätze von 150.000 Fans mitgenommen hat, ist absolut dumm und zeigt keinen wirklich großen Unternehmergeist. Für mich nicht nur unverständlich, sondern ich bin absolut fassungslos wie blöd man sein kann.

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  18. Jetzt stellt euch Mal vor beim Finale von beiden Seiten eine geile choreo ! Von 2 geilen fanlagern. Sind Bambusstöcke nicht nachhaltiger als Plastik ? Spass beiseite. Absolute frechheit, bin ja mittlerweile fast schon froh das Spiel „nur“ im Waldstadion verfolgt zu haben. Wahnsinn, da muss die UEFA auch endlich mal sanktioniert werden.

    Hoffe alle Beteiligten sind noch gut weggekommen. Und Gesund nach Hause zurück gekehrt.

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