Bruno Hübner prägte eine zehnjährige Ära des Erfolgs bei der Eintracht und wünscht sich zum Abschied die Qualifikation zur Champions League (Bild: Rhode)

Seit dem gestrigen Tag steht fest, dass Sportdirektor Bruno Hübner Eintracht Frankfurt zum Ende der Saison verlassen wird. Der gebürtige Wiesbadener wird dann zehn Jahre beim hessischen Traditionsclub angestellt gewesen sein. In dieser Zeit erreichte er einen Aufstieg, drei Qualifikationen zur Europa League und zwei Teilnahmen am DFB-Pokal-Finale in Berlin, bei dem 2018 eines gewonnen werden konnte. In der gestern kurzfristig anberaumten Pressekonferenz nahm er zur beidseitigen Entscheidung, den bis 30. Juni 2021 gültigen Vertrag nicht zu verlängern, Stellung.

Die Entscheidung des Abschieds reifte bereits vor drei Jahren

Bruno Hübner erklärte, dass er mit der Entscheidung, seinen Vertrag auslaufen zu lassen, zufrieden“ sei, und merkte dabei an, dass sie nicht von heute auf morgen gefallen“ wäre, sondern es ein Prozess war, der bei der Vertragsverlängerung 2018 begann. Zu diesem Zeitpunkt wünschte er sich bereits, die Möglichkeit zu haben, mit 60 Jahren etwas kürzer zu treten“ und verlängerte seinen Vertrag daher nur für drei Jahre. Vor knapp drei Wochen feierte Hübner seinen 60. Geburtstag und glaubt, dass er den Verein nach einer sehr, sehr positiven Zeit“ zum richtigen Zeitpunkt verlässt. Er betonte dabei, dass es ihm bisher immer gut gelungen“ sei, die Vereine zum richtigen Zeitpunkt zu verlassen. Er blickte dabei zurück auf seine Zeit beim SV Wehen Wiesbaden, den er von der Bezirksliga in die zweite Bundesliga führte, sowie auch auf sein knapp vierjähriges Intermezzo beim MSV Duisburg, mit dem er zum Abschluss das DFB-Pokal-Finale erreichte. Der scheidende Sportdirektor träume daher davon, seinen Abschied bei der Eintracht mit der Qualifikation zur Champions League ähnlich außergewöhnlich“ veredeln zu können.

Da war meistens so Dampf drauf, dass du auch auf der Piste angerufen worden bist.“

Der zweifache Vater erklärte, dass er dem Fußball in seinem ganzen Leben so verbunden gewesen wäre, dass er nie wirklich an sich persönlich denken konnte. Er würde bald gerne seine beiden Söhne bei den Spielen mal live begleiten“ und schlichtweg seine Zeit mit der Familie genießen. Die Zeit bei der Eintracht sei stets sehr intensiv gewesen und er könne sich nicht daran erinnern mal zwei, drei Wochen am Stück Urlaub gemacht“ zu haben: Da war meistens so Dampf drauf, dass du auch auf der (Ski-)Piste angerufen worden bist.“ Aktuell könne er sich daher nicht vorstellen, in Zukunft bei einem weiteren Verein in leitender Tätigkeit Verantwortung übernehmen zu wollen.

Hübner sucht keinen Nachfolger, sondern neue Spieler

Die Entscheidung zur Verkündung seines Abschieds sei auf den jetzigen Zeitpunkt gefallen, weil es nach Ansicht Hübners die Mannschaft verdient habe, Ruhe in der Personalie“ zu haben und man so besser den Fokus auf die kommenden drei Monate legen könne. Andererseits erachte er es als wichtig, dass sich der Verein nun frühzeitig Gedanken machen“ könne, um seine Position neu zu besetzen. Die Gespräche mit den Verantwortlichen der SGE seien dabei stets fair und gut abgelaufen“. Eine weitere beratende Tätigkeit bei der „mittlerweile so gut aufgestellten“ SGE erachte Hübner dabei nicht als notwendig. Bei der Suche nach einem neuen Sportdirektor sei er nicht beteiligt und wolle dies auch gar nicht. Es gebe im Aufsichtsrat und Vorstand sehr kompetente Leute“, die bereits Überlegungen anstellen würden wie man den Verein umstrukturiert.“ Eins zu eins sei er ohnehin nicht zu ersetzen:Der Verein erfindet sich immer neu.“ Dies bedeute jedoch nicht, dass er sich keine Gedanken mehr um die Zukunft der Eintracht machen würde, denn bei der Kaderplanung für die kommende Saison ist Hübner weiterhin involviert. Angesprochen auf André Silva ist Hübner zuversichtlich, dass dieser bei erfolgreicher Qualifikation zur Champions League trotz möglicher Angebote dem Verein erhalten bleiben würde, denn die Champions League-Hymne will jeder mal hören.“ Für einen Verbleib des Stürmer-Stars wäre es dementsprechend hilfreich, wenn wir ihm das bieten könnten.“

Marcel Daum war damals der Einzige, der irgendwo in der Ecke gesessen hat“

Rückblickend auf seine Anfänge bei der Eintracht bedankte sich der Sportdirektor explizit beim ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen, der ihn im Mai 2011 zur SGE lotste. Als Bruchhagen damals Hübner anrief, um ihn von der Tätigkeit bei der Eintracht zu überzeugen, befand sich der ehemalige Sportdirektor des MSV Duisburgs im Auto auf dem Weg zum Pokal-Finale gegen Schalke 04 und hatte seinen Vertrag beim MSV erst kurz zuvor um drei Jahre verlängert. Doch Hübner war von dem Anruf „positiv überrascht“ und entschied sich zwei Tage nach dem verlorenen Endspiel und Gesprächen mit weiteren Verantwortlichen für eine Festanstellung bei den damals frisch abgestiegenen Frankfurtern. „Marcel Daum war damals der Einzige, der irgendwo in der Ecke gesessen hat“, sodass er bezüglich der Neuausrichtung des Trainerteams und Kaders voll auf sich allein gestellt gewesen sei. Schmunzelnd berichtete er, wie er sich vor seinem Amtsantritt noch dachte: Ja! Jetzt haste endlich mal Geld, um zuzuschlagen“, musste dann aber relativ schnell feststellen, dass das nicht der Fall“ war. Nach dem geglückten Wiederaufstieg in Aachen und dem folgenden Platzsturm wollte er „die Fans beruhigen“, um nach einem Teilausschluss zu Beginn der Saison weiteren Sanktionen vorzubeugen, doch „es hat nicht einmal zwei Minuten gedauert und ich habe quer in der Luft gelegen.“ Auch wenn es manchmal nicht lief, wie erwartet: Die Tätigkeit bei der Eintracht habe ihm „einfach Riesenspaß gemacht.“

Hübner hatte „schon viel früher überlegt, Niko als Trainer zu holen“

Bruno Hübner lotste im März 2016 Niko Kovac an den Main und leitete damit den Klassenerhalt und den Pokalsieg ein (Bild: Rhode)

Die einzige Delle“ in seinen zehn Jahren bei der SGE sei Hübner zufolge die Saison 2015/2016 gewesen, in der der Abstieg erst durch die Relegationsspiele gegen den 1. FC Nürnberg abgewendet werden konnte. Die Anforderungen seien nach der Entlassung Armin Vehs hoch gewesen: Jeder hatte eine Erwartungshaltung, dass man zu diesem Zeitpunkt einen Trainer holt, der Abstiegskampf kennt, der die Bundesliga kennt, der schon mal eine Team-Mannschaft trainierte.“ Hübner entschied sich trotz dieser Erwartungen für den jungen, aufstrebenden Niko Kovac, der zuvor nur Salzburg Juniors und die kroatische Nationalmannschaft trainiert hatte. „Ich habe ja schon viel früher überlegt, Niko als Trainer zu holen“, erinnerte sich Hübner. Der Elan und die Überzeugung des damaligen Trainerneulings seien fantastisch gewesen. Zum derzeitigen Trainer Adi Hütter pflege Hübner eine ganz enge Beziehung.“ Für den Frankfurter Sportdirektor sei dies bei jedem Trainer der Eintracht der Fall gewesen und er sei dementsprechend stolz, dass es in seiner zehnjährigen Amtszeit nur vier Trainer“ bei den Hessen gegeben habe: Das Nadelöhr ist immer ein guter Trainer.“

Derzeit auf Augenhöhe“ mit den Bayern

Hübner habe der Mannschaft seine Entscheidung nicht mitgeteilt, denn er möchte keine große Aufregung“ um seine Person und die Mannschaft solle sich voll auf das kommende Spiel gegen den FC Bayern München fokussieren. Er sieht die SGE dabei in der derzeitigen Situation auf Augenhöhe: Wir spielen wirklich einen guten Fußball und Bayern ist ein bisschen unterwegs, ist überbelastet. Vielleicht schaffen wir wieder was außergewöhnliches.“ Früher seien Spiele bei den Bayern teilweise mit Reservemannschaften angetreten worden und man sagte sich: Das Spiel ist eh schon abgehakt.“ Für die Eintracht spreche derzeit, dass sie gereift und kompakt sei und aufgrund des Selbstvertrauens auch Rückstände wegstecken könne. Die Systemumstellung habe der Mannschaft gut getan und Hübner sehe keinen Grund, nicht mit breiter Brust in das Spiel zu gehen.

Hübner wehmütig: Mir fehlen unsere fantastischen Fans“

Auf die Fans muss die Eintracht im Spiel gegen die Bayern aufgrund der Corona-Pandemie weiterhin verzichten. Das nagt auch an Hübner, der die derzeitige Atmosphäre in den Stadien mit denen eines Freundschaftsspiels verglich: Mir fehlen unsere fantastischen Fans.“ Er wünsche sich nichts mehr, als dass wir wieder Fans rein bekommen in unser Stadion“ und bedauere dabei, dass die Fans diese gute Saison nur am Bildschirm erleben dürfen.“ Die Eintracht plane derweil zum Saisonende noch ein Abschlusstreffen mit Hübner. Dieser wünscht sich dabei eine Verabschiedung beim Essen und einem Gläschen Rotwein“, wenn es die pandemische Situation zulässt.

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15 Kommentare

  1. Die SGE in ihrem Lauf,hält weder Flick noch Brazo auf.
    Super Bruno,der Sieg am Samstag wird auch deinen Namen tragen!
    Die Mannschaft wird alles dafür geben!!!

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  2. Dank für ein Jahrzehnt gute Arbeit! Unaufgeregt und stets solide!

    Wenn man so guckt wat andere Vereine in dieser Zeit für ´ne Anzahl an Sportdirektoren durchgewunken haben können wir uns echt glücklich schätzen.
    Bleibt nur die Frage offen : Wer trägt jetzt die alte Frisur vom Jogi Löw auf?

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  3. ZITAT Der zweifache Vater erklärte,…..

    Liebe Redaktion Jeder weiss dass Herr Hübner 3 Söhne hat

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  4. @1 Ich tue mich ein wenig schwer mit so viel Optimismus für Samstag. Da kommt die beste Mannschaft der Welt und ich habe Angst, abgeschossen zu werden. Bin jetzt schon mega angespannt und wäre mit einem Remis schon sowas von zufrieden!

    Auch, wenn ich Deine Reime mag! 😀

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  5. Bruno Hübners eigentliche Leistung bei der Eintracht (natürlich nur aus der Sicht eines Außenstehenden) war für mich, seine Arbeit nach Bruchhagen. Da geht dein Fürsprecher und stärker Mann und es kommt ein Jüngerer, der ganz andere Vorstellungen hat und neben Managementkompetenz und einem tollen Netzwerk, auch eine gewisse Spieler-Vita mit sich bringt und dich ggf. dadurch wie das fünfte Rad am Wagen aussehen lässt. Wenn ich sehe, was auch derzeit für Konflikte auf Funktionärsebene bei anderen Vereinen ausgetragen werden, so ist Hübners Art, sich neu zu finden und sich gemeinsam mit Bobic voll in den Dienst des Vereins zu stellen, menschlich eine Herausforderung und eine Leistung, die ich ihm hoch anrechne. Danke Bruno.

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  6. Gude, Bruno find ich gut, fand ich gut. Es ist schade, dass er geht, aber er hat es sich auch verdient. Mit seiner ruhigen Art nach Außen hin und seiner tollen hessischen Aussprache hat er neben Fredi, Ben Manga und Axel Hellmann einer der Gründerväter der neuen SGE.
    Ich halte nicht sehr viel von Heiligsprechung, Denkmälern und Geschleime, aber er hat sich zu einer der wichtigsten Personen bei unserer SGE entwickelt.
    Hoffentlich ist sein Nachfolger keiner der Sorte Schneider, Brazzo oder Heidel.
    Fredi, Axel und Co werden schon eine umsichtig e Entscheidung treffen.
    Forza SGE

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  7. OT:
    Oh je hessenschau.de meldet das Silva gegen Bayern auszufallen droht. Durm ebenfalls.

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  8. Großer Dank an Bruno, ohne wenn und aber !
    Genauso richtig ist es aber auch von Bruno und vom Verein nach 10 gemeinsamen und erfolgreichen Jahren sich zu hinterfragen, wie kann, wie soll es weitergehen ? Privat mit 60 Jahren und gesicherter Existenz und ebenso als Verein.
    Alles hat seine Zeit und selbst Bruno schwärmt davon, wie sich unsere Eintracht entwickelt hat, vor allem hinter den Kulissen. Diese Entwicklung erlaubt aber auch keinerlei stillstand, neben dem Erhalt und Bewahren geht es Immer auch um neue,weitere, zeitgemäße Ideen und Lösungen (natürlich ohne das Erreichte aufs Spiel zu setzen).
    Unsere Eintracht macht das insgesamt in den letzten Jahren sehr gut und ausdrücklich nicht nur und schon garnicht allein FB, weshalb mir deshalb auch nicht Bange ist.
    Forza SGE !

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  9. Wenn Silva ausfällt, dann haben wir ein Problem. Ersetzen können wir ihn nicht, auch Jovic nicht. Dann muss es das Kollektiv richten. Das wäre wirklich sehr schade. 🙁

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  10. Sehe ich nicht so, Jovic wird ihn sogar sehr gut ersetzen. Hoffe er hält 70 – 80 min durch, dann kann Ilse den Vorsprung mit halten 😉

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  11. Also ggf. mit Jovic starten, da habe ich keine Bange. Und von der Bank kommt dann evtl. irgendwann Ache, der soll auch mal hoch motiviert mitwirbeln.

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