Eintracht-Trainer Oliver Glasner hat noch viel Arbeit vor sich. (Bild: Heiko Rhode)

Es war sicher nicht der Start, den sich Neu-Eintracht-Coach Oliver Glasner vorgestellt hat: Aus im DFB-Pokal in der ersten Runde beim Underdog in Mannheim, kein Sieg aus den ersten drei Bundesliga-Spielen und dann immer wieder Unruhe im Verein. Erst die lange Suche nach einem neuen Stürmer und das Wechsel-Hick-Hack um Amin Younes, dann auch noch der Streik von Starspieler Filip Kostic.

Im Interview mit dem „Kicker“ betonte Glasner nun, dass er sich zwar nicht „wie im falschen Film“ gefühlt habe, die Aufgaben trotzdem nicht wirklich leicht gewesen seien: „Wie in jedem Job gibt es auch als Trainer Themen, die nicht so angenehm sind, aber erledigt und gelöst werden müssen. Natürlich wünscht man sich, dass alles entspannt und erfolgreich abläuft. Auf der anderen Seite weiß ich: Schwierige Phasen sind auch Chancen, sich neu zu finden, enger zusammenzurücken und Menschen besser kennenzulernen.“ Trotzdem habe er nach den ersten schwachen Wochen natürlich „nicht jeden Tag neun Stunden wie ein kleines Baby“ geschlafen.

Kostic als Teil des Teams

Dabei liegt derzeit natürlich der Fokus auch auf der Wiedereingliederung von Filip Kostic, der sich vor der Länderspielpause in den Streik begeben hatte, um einen Wechsel zu Lazio Rom durchzusetzen und hier auch das Auswärtsspiel bei Arminia Bielefeld verpasst hatte. Hier sei es jetzt wichtig ein klares Gespräch zu führen, um wieder Vetrauen zu schaffen, betonte der Österreicher. „Das Gespräch ist viel wichtiger als eine Strafe. Filip hat eine Chance verdient, und wir machen ihm die Tür auf. Wir alle haben ihn als netten, hochprofessionellen Kerl kennengelernt, der immer das Beste für Eintracht Frankfurt gegeben hat. Auch aus der Mannschaft heraus gibt es von Sebastian Rode und Martin Hinteregger klare Aussagen, dass die Tür offensteht und es hier eine gemeinsame Zukunft geben wird“, zeigte er sich optimistisch, dass Kostic bald wieder in den Kreis der Mannschaft zurückkehren könne.

Hier betonte er, dass er entgegen vieler anderer Meinungen sogar Ausstiegsklauseln befürworte und diese nicht sehr negativ sehe: „Wahrscheinlich ist eine Ausstiegsklausel bei Spielern sogar gut, weil es dann keine Thematik wie jetzt bei Filip gibt. Ist der Preis festgelegt, kann kein Spieler sagen: Hey, ich will, dass ihr mich billiger gehen lasst. Eine Ausstiegsklausel sorgt für völlige Transparenz. Ein Beispiel: Wenn es bei einem Spieler eine Ausstiegsklausel über 25 Millionen Euro gäbe, wäre er doch nie angefressen, wenn wir ihn nicht für 10 Millionen verkaufen würden. Einigt man sich mit dem anderen Klub bei 20 Millionen, ist es sogar „harmonischer“, weil du freiwillig um fünf Millionen heruntergegangen bist.“ Ihm sei interne Transparenz und Klarheit das Wichtigste, so der 47-Jährige.

Positive Gedanken als Antrieb

In der aktuellen Situation befürchten viele Fans und Experten einen rauen Herbst und Winter, sollte die SGE nicht bald wieder in die Erfolgsspur zurückkehren. Die nächste Chance hat die SGE am kommenden Wochenende beim VfB Stuttgart. Glasner sagte, dass er sich nicht mit negativen Szenarien beschäftigte. „Wer so denkt, hat nur Probleme. Ich mache mir über das Hier und Jetzt Gedanken, wie wir die Länderspielpause bestmöglich nutzen und Kristijan Jakic und Sam Lammers integrieren können.“

Wenn man die derzeitige Situation bei der SGE analysiert, so kommt man nicht um den großen Umbruch, den es im Kader gab, herum. Mit André Silva ging der Topangreifer der vergangenen Saison, dafür kamen mit Sam Lammers, Rafael Borré, Jesper Lindström, Jens Petter Hauge, Kristijan Jakic und Christopher Lenz gleich sechs neue mögliche Stammspieler zu den Hessen. Diese neuen Spieler in die Mannschaft zu integrieren ist die große Aufgabe Glasners. Bestes Beispiel sei die Partie in Bielefeld gewesen, wo die Eintracht eine komplett neue Offensive auf das Feld geschickt habe: „Bei uns fehlten in Bielefeld etwa 80 Prozent der Spieler, die vergangene Saison für die Tore und Torbeteiligungen sorgten. Die Offensive muss und wird sich neu finden. Wir haben viele Spieler mit Potenzial verpflichtet, aber auch die müssen in der Bundesliga Fuß fassen!“

Die Frage des System

Auch das System ist eine große Frage bei der SGE. Zu Beginn versuchte man es im von Ex-Coach Adi Hütter bevorzugten 3-5-2, zuletzt spielte die SGE mit Dreierkette und einem Stürmer. Durch Lammers ist nun auch ein 4-4-2 möglich. „Wir haben mehrere Optionen, eine davon ist das 4-4-2. Wir können auch mal etwas defensiver mit einer klaren Zehn auflaufen. Rafael (Borré, Anm. d. Red.) spielt in der kolumbianischen Nationalmannschaft übrigens ganz oft auf der rechten Seite im 4-4-2“, ließ sich Glasner hier nicht in die Karten schauen. Ihm sei aber auch eine gewisste Kontinuität wichtig: „Aber ich werde die Spieler nicht jede Woche auf eine andere Position stellen, da sie sich einspielen sollen. In der jetzigen Phase halte ich es auch nicht für klug, jede Woche das System zu wechseln, nur um zu zeigen, wie variabel wir sind. Es ist wichtig, Kontinuität reinzubringen. Das war auch der Hauptgrund, warum wir umgestellt haben: Mit einer Viererkette sind die Abläufe leichter zu trainieren. Es kann aber auch sein, dass wir mal in einem 3-5-2 mit offensiven Achtern spielen, die Raute im 4-4-2 gefällt mir ebenfalls sehr gut.“

Jakic als fehlender Baustein?

Nachdem vor allem die Offensive jetzt Spieler mit viel Tempo hat, erwarten viele ein Offensivpressing von der Eintracht. Der Österreicher betonte aber auch, dass dies gefährlich werden könne: „Ganz wichtig ist die Abstimmung, um hinten nicht anfällig zu sein. Da hatten wir in der ersten Hälfte in Dortmund Probleme, danach nicht mehr. Gegen Augsburg war es sehr gut. In Bielefeld war es in der Summe auch sehr in Ordnung. Nur haben wir dann den Faden verloren, weil wir die langen Bälle nicht mehr so gut verteidigten und die zweiten Bälle nicht schnell genug auflösten.“ Einer, der das hier fehlende Puzzleteil sein könnte, ist Neuzugang Kristijan Jakic, der als kampfstarker Sechser gilt. Glasner sieht dies ähnlich, auch wenn er angab, dass die beiden offensiveren Mittelfeldmänner Djibril Sow und Ajdin Hrustic ihre Sache zuletzt gut gemacht hätten. „Wir merkten schon, dass wir bei unserem defensiven Zweikampfverhalten noch Verbesserungspotenzial haben. Kristijan Jakic sorgte in Zagreb als alleiniger Sechser im 4-1-4-1 für eine sehr gute physische Präsenz. Er ist allerdings kein reiner Zerstörer, sondern auch sehr gut in der Ballannahme, Ballmitnahme und Spieleröffnung“, so der 47-Jährige.

Er selbst bezeichnet sich als perfektionistischen Trainer, weshalb es nie der Fall sein werde, dass seine Spieler seinen Stil vom Fußball genau so umsetzen könnten, wie er es sich vorstelle, verriet Glasner. Auch ein direktes Vorbild habe er nicht: „Ich versuche, von jedem etwas mitzunehmen. Gegen Ende meiner Spielerkarriere sorgte Jürgen Klopp in Dortmund für einen Aufschwung und begeisterte mich. Natürlich bin ich auch geprägt von RB und Ralf Rangnick, weil in Salzburg meine Trainerkarriere begann, als ich dort zwei Jahre als Co-Trainer arbeitete. Unsere Idee ist es, aktiv zu spielen, den Gegner unter Druck zu setzen und den Ball schnell laufen zu lassen.“

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7 Kommentare

  1. Haben wir uns nicht alle einen solchen besonnen, klaren , fokussierten , auf dem Boden gebliebenen und positiven Trainer gewünscht ? Auch wenn es den Ein oder Anderen Zweifler gab, da wir als SGE doch gerne einen emotionalen Kloppo an der Seitenlinie hätten und nicht einen so ruhigen und emotionslosen ( so wurde er vorab von dem Ein oder Anderen beschrieben ) …..so finde ich , haben wir uns dahingehend etwas getäuscht und bin froh diesen Mann als unseren Trainer zu haben. Der Erfolg kommt…..von ganz alleine, mit Zeit und Geduld ! Top Gespann um unser Team herum, kann nur erfolgsversprechend sein ! Forza SGE !

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  2. Hoffe nach den Ereignissreichen letzten Wochen das OG und sein Trainerteam jetzt in Ruhe arbeiten können.

    Das Thema FK und AY sollten die letzten Baustellen sein, die schnell abgearbeitet werden müssen und dann muss OG seine erste Elf finden.

    Wir hatten zwar in den letzten Jahren viele Umbrüche im Team, aber dieses Jahr kam noch einiges mehr hinzu, was uns wahrscheinlich bzw hoffentlich nur um ein paar Wochen zurück wirft.

    Die Mannschaft wurde stark verjüngt, und alle brauchen Zeit sich an den neuen Trainer und das neue System zu gewöhnen.

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  3. Für mich fängt (gefühlt) die Saison mit der Komplettierung des Kaders, bzw. der Lösungen zu Younes und Kostic an diesem Wochenende an.

    Ich habe mir zu den Transfers der vergangenen Monate, bzw. zur Politik Gedanken gemacht und folgendes erkannt (ich glaube erkannt zu haben). Die zentrale Person sehe ich in diesem Fall in Manga (nicht den Sportdirektoren), für eine noch erfolgreiche Ära der Eintracht.

    Säule 1
    Verpflichtung von Super-Talenten (Mischung aus vielversprechenden Nächster-Schritt Talenten 18-20 Jahre – Marke N’Dicka, Joveljic, Tuta, Akman, Matanovic, Ramaj und 16-17 Jährigen Anderthalb oder mehr Schritte Talenten wie Blanco, Ferri, Garcia, Hyryläinen, Bignetti oder Costa und Cunha)
    Motto: Sprungbrett Eintracht – kluger Zwischenschritt im Karriereaufbau

    Das Manga Team hat auch in den vergangenen Jahren junge Talente geholt, aber in diesem Jahr fand ich, dass wir ein nächstes Level erreicht haben, vor allem bei der Verpflichtung noch jüngerer Talente unter 18. Das wird eine wichtige Säule für eine nachhaltige Entwicklung des Vereis sein.

    Säule 2
    Verpflichtung von Supertalenten im zweiten Versuch – Supertalente, für die der Schritt zu groß war, Druck/zu starke Konkurrenz/Opfer der Verleihindustrie/Verletzungen etc. Spieler, an die wir unter normalen Umständen nicht rankommen würden. 20-24 Jahre – Mehrere X-ics, Silva, Hauge, Lammers
    Motto: Anlaufbahn Eintracht – Karrieresprung im zweiten Anlauf

    Auch das Prinzip verfolgen wir seit ein paar Jahren und ich freue mich auch dieses Mal auf Hauge und Lammers‘ Entwicklung. Carlos Vinicius/Sörloth wären ein ähnlicher Ansatz gewesen.

    Säule 3
    Verpflichtung von „No-Names“ aus kleineren Ligen
    Junge, erfolgsversprechende Spieler, die bereits Erfolge in kleineren Ligen zu verzeichnen haben, Spieler, die (für uns) jetzt erschwinglich sind, aber nicht mehr, wenn sie sich bei einem anderen Ligakonkurrenten durchsetzen, bzw. wenn sie noch eine weitere Saison erfolgreich in ihrer Liga spielten.
    19-22 Jahre – Haller, Kamada, Lindström, Ache, Hradecky, Rönnow, Sow
    Motto: Erste große Bühne – Eintracht Frankfurt

    Auch hier verfolgen wir weiterhin mit der Verpflichtung von Lindström (oder Hauge/Lammers die auch schon in der Heimat erfolgreich waren) einen Weg, der uns teilweise zum Erfolg geführt hat. Hier freue ich mich auch auf Lindströms Muskelmassenaufbau und Weiterentwicklung.

    Säule 5
    Verpflichtung von „gereiften Spätzündern“ oder bei anderen Vereinen zwar auf einem ansprechenden Niveau spielten, aber trotzdem unter dem Radar blieben und für uns zum Volltreffer werden. Stabilisatoren, die dazu beitragen, dass junge Spieler sich bei uns voll entfalten können.
    Letztens, in der Pressekonferenz mit Jakic, fragte doch einer sinngemäß, warum er so lange gebraucht habe, endlich mal in eine richtige Liga zu wechseln. (der ist erst 24….)
    Ich sah/sehe Abraham, Fernandes, KPB, HASEBE, Hinti? als solche Typen. In diesem Jahr vielleicht noch Lenz und Borré neben Jakic.
    Von Kohr hatte ich mir das erwartet – der Qualitätseinkauf, Aggressiv-Leader mit gutem Spiel nach vorne – letzteres fehlt leider, dafür ein bisschen zu viel kartenfordernde Aggressivität im Zweikampf. Was ich bisher in den (Promo)Videos von Jakic sah lässt mich hoffen, einen Kohr mit 1-2 Level mehr Technik nach vorne geholt zu haben. Ja, Jakic könnte so einer werden.
    Motto: Bühnen“reif“ bei Eintracht Frankfurt

    Eine weitere Säule sehe ich in Typen wie Chandler und Hinti, Hasebe, (Da Costa?) oder in der Vergangenheit auch Gaci oder Fernandes, die sehr viele soziale und integrierende Kompetenzen besitzen – So Innendesigner/ -architekten einer Wohlfühloase für Kostics, Kamadas, Jovics, Rebics, die dadurch ihr Leistungspotenzial zur Entfaltung bringen können.

    Ich sehe eigentlich, trotz der ersten Wochen, eine sehr gute Saison auf uns zukommen 🙂 – und die beginnt jetzt!

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  4. Ich muss an das Zitat von Daum denken:

    Das ist wie bei einem Elektriker, der hinkommt und nur einen Wackelkontakt beheben muß, weil eigentlich alles vorhanden ist. Er fügt die richtigen Stecker zusammen und plötzlich ist alles wieder unter Höchstspannung.

    Glasner der Elektriker

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