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David Abraham packt unter Beobachtung von Omar Mascarell (li.) die Grätsche gegen Ingolstadts Dario Lezcano aus. (Foto: Imago/Schiffmann)

Die Verteidigung als Trumpf

In der letzten Spielzeit glich die Abwehr von Eintracht Frankfurt in vielen Partien dem viel besagten Hühnerhaufen. Die Hintermannschaft der SGE war in der Vorsaison oft zu leicht auszurechnen und hat aufgrund dessen viele unnötige Gegentore kassiert, die eine Menge Punkte gekostet haben. Derzeit aber ist das Gegenteil der Fall. Die Verteidigung, so scheint es, ist momentan das Prunkstück der Eintracht. Dass Trainer Niko Kovac Abwehrarbeit vermitteln kann, hat sich schon gegen Ende der letzten Saison abgezeichnet. In relativ kurzer Zeit hat es der Kroate hinbekommen, dass die Mannschaft kompakter steht und auf dem Feld besser verschiebt als das noch unter seinem Vorgänger der Fall war. In der Vorbereitung auf die aktuelle Saison hat die Mannschaft das Verteidigen gemeinsam mit dem Trainer-Team anscheinend weiter perfektioniert, denn die Eintracht besticht im Moment mit einer disziplinierten und konsequenten Abwehrarbeit. Das war nicht nur beim 2:0-Auswärtsieg in Ingolstadt der Fall.

Denn gerade einmal zehn Schüsse auf das Tor hat die SGE in den bisher vier absolvierten Spielen in dieser Saison zugelassen. Man muss bedenken, dass mit Gegnern wie Schalke und Leverkusen gewiss nicht nur Laufkundschaft dabei war. Besonders die Werkself versteht es mit einem schnellen Umschaltspiel, die Abwehr der Gegner das eine oder andere Mal in Verlegenheit zu bringen. Doch Kovac’ Mannen verstehen ihr Handwerk in der Defensive bisher außerordentlich gut und wissen sich auch in brenzligen Situationen zu helfen. Zweimal hat man bereits zu Null gespielt. Genauso oft hat die Eintracht bisher einen Gegentreffer hinnehmen müssen. Eines davon war die glückliche Bogenlampe, die zur unverdienten Niederlage in Darmstadt führte, nachdem die SGE in diesem Spiel vorher nicht einen Torschuss der Lilien zugelassen hatte. Das spricht für sich. Die Defensive hält den Laden derzeit dicht und das in einer beeindruckenden Art und Weise.

Da wären zum Beispiel die beiden Außenverteidiger Timothy Chandler und Bastian Oczipka. Gegen Ingolstadt rannten beide unermüdlich ihre Seite rauf und runter. Sie zeigten den nötigen Biss, um gegen die Schanzer zu bestehen. Chandler, im Sommer noch auf dem Abstellgleis, gewann 75% seiner Zweikämpfe und auch der oft kritisierte Oczipka lies auf seiner Seite wenig zu und löste so manche Situation spielerisch. Beide verstanden es defensiv zu arbeiten und nach vorne Akzente zu setzen, auch wenn bei weitem noch nicht alles geklappt hat. Immerhin sprang dabei aber ein wunderschönes Tor durch Oczipka heraus, der das Selbstvertrauen hatte, den vom FCI zu kurz abgewehrten Eckball durch Marco Fabián, per Direktabnahme zum 2:0 in die Maschen zu dreschen. Tore waren am Dienstag sowieso nur den Abwehrspielern vorbehalten, denn den Führungstreffer markierte Innenverteidiger David Abraham, ebenfalls nach einer Fabián-Ecke, mit einem wuchtigen Kopfball kurz vor der Pause.

Es war das erstes Tor im Adler-Dress für den Argentinier. Nicht nur deshalb, sondern auch wegen seinen Leistungen, die er schon seit langer Zeit bringt, ist der Innenverteidiger nicht mehr aus der Kovac-Elf wegzudenken. Über Abraham braucht man eigentlich nicht viele Worte zu verlieren, denn man weiß, was er drauf hat und dass man sich auf ihn verlassen kann. Das gilt in diesem Ausmaß zwar noch nicht für den anderen Innenverteidiger Jesús Vallejo, doch ist dieser auf dem besten Weg, es seinem Kollegen gleich zu tun. Denn es ist schon beeindruckend wie der 19-Jährige es versteht, in seinen jungen Jahren seine Gegenspieler abzukochen. Dabei war der Spanier lange verletzt und kam deshalb nicht zu einer sorgenfreien Vorbereitung bei seinem neuen Klub. Dennoch erweckt er den Eindruck, als sei er schon immer da gewesen. Ihm gelang es gegen Ingolstadt eindrucksvoll seine bisher gezeigten Leistungen zu bestätigen. Er grätschte seine Gegner ab, gewann viele Laufduelle und hatte eine überragende Zweikampfquote von 100%. Dabei blieb er immer fair, denn der Spanier kam über die gesamten 90 Minuten ohne ein Foul aus.

Hat Trainer Niko Kovac die Abseitsfalle ausgepackt?
Hat Trainer Niko Kovac die Abseitsfalle ausgepackt?

Beachtlich ist neben den Einzelleistungen aber auch, wie die Viererkette der Abwehr gemeinsam agiert. Es fällt auf, dass die Gegner der Eintracht häufig in die Abseitsfalle tappen. Das könnte natürlich Zufall sein. Es könnte aber genauso sein, dass die Abseitsfalle ins taktische Repertoire der Hessen aufgenommen wurde. Denn in den bisher gespielten Partien, ließ die Eintracht ihre Gegner 20 mal ins Leere laufen. Das ist mit Abstand der Spitzenwert in der Liga. Natürlich ist die Abseitsfalle immer ein Tanz auf der Rasierklinge und sie wird auch mal nicht wie gewünscht zuschnappen, aber bis jetzt funktioniert sie einwandfrei. Das zeugt von Selbstvertrauen, das die Hintermannschaft der Eintracht derzeit zu haben scheint. Zudem ist es bei weitem auch nicht so, dass die Eintracht Beton anrührt und sich nur hinten reinstellt. Die Mannschaft war gegen Ingolstadt immer um Struktur bemüht und hat versucht, im Spiel nach vorne spielerische Elemente einzustreuen. Auch wenn das nicht immer von Erfolg gekrönt war und das Offensivspiel in dieser Phase der noch so jungen Saison sicherlich am meisten Steigerungspotenzial im Spiel der SGE besitzt.

Sollte es der Eintracht in Zukunft aber gelingen, ihre Leistung in der Abwehr zu konservieren, lässt sich auf diesem Fundament vieles aufbauen. Dann wird vielleicht auch die Offensive mehr und mehr in Schwung kommen. Gegen Ingolstadt fiel das nicht so ins Gewicht, denn die Abwehrspieler waren zur Stelle und machten den Sieg perfekt. Auch Torwart Lukas Hradecky, der natürlich genauso seine Verdienste an der Defensivqualität der Hessen hat, hatte nach dem Spiel nur lobende Worte für seine Vorderleute parat und sagte: „David und Jesús waren heute ausgezeichnet. Die haben einfach gut zusammengespielt. Das ist der Schlüssel zum Sieg gewesen.” Aber auch die Offensivspieler haben eine gute Abwehrarbeit verrichtet und die Hintermannschaft unterstützt. Der sonst blasse und glücklose Mijat Gacinovic zum Beispiel gewann fast 65% seiner Zweikämpfe. Auch Alexander Meier, dem im Spiel nach vorne auch nicht viel gelang, war sich nicht zu schade, nach hinten zu arbeiten und hat mehr als die Hälfte seiner Mann-gegen-Mann-Duelle für sich entschieden. Für einen Stürmer ein durchaus beachtlicher Wert.

Zudem ist in Ingolstadt wieder jeder für jeden gelaufen. Das macht auch die Statistik deutlich. Bis auf Ante Rebic, der mit einer Beckenkammprellung schon in der 13. Spielminute ausgewechselt werden musste, lief jeder Feldspieler aus der Startelf über zehn Kilometer. Auch das ist ein Verdienst von Kovac, der in der Vorbereitung sehr viel konditionelle Arbeit verrichten ließ. „Für uns läuft es momentan gut“, ließ Torwart Hradecky nach der Partie in Ingolstadt verlauten und verwies gleichzeitig mahnend darauf, dass man „weiter arbeiten und bescheiden bleiben“ müsse. Damit schlägt er in dieselbe Kerbe wie Trainer Kovac, der auf der Pressekonferenz nach dem Spiel sagte: „Wir sind im Moment auf einer kleinen Welle. Ich will das nicht hochhängen und immer schön demütig sein. Es darf jetzt nicht passieren, dass wir übermütig werden – das kann sonst in die ganz andere Richtung gehen.“

Kovac wird aber dafür sorgen, dass seine Mannschaft nicht abhebt, denn: “Man kriegt in der Bundesliga nichts geschenkt und muss gegen jeden Gegner hart arbeiten.” Also wird er in der kurzen Zeit bis zum Heimspiel gegen Hertha BSC Berlin wie immer einen Plan austüfteln, um möglichst auch gegen die Hauptstädter zu Punkten zu kommen. Diese waren bis zum Spiel am Mittwoch gegen Bayern München noch ohne Punktverlust geblieben. Gegen den Rekordmeister war die Alte Dame aber chancenlos unterlegen und hat mit 0:3 verloren. Das sollte für die Hertha aber kein Beinbruch sein, denn so etwas kann gegen Bayern bekanntlich passieren. Somit wird es für die Eintracht gegen den Hauptstadtklub unlängst schwerer als es gegen Ingolstadt der Fall war. Es wäre jedoch nicht ganz schlecht, wenn am Samstag gegen 17:20 Uhr bei der SGE hinten erneut die Null stehen sollte, denn wie sagte Hradecky so schön nach dem Spiel in Ingolstadt: “Wenn wir hinten zu Null spielen, dann machen normalerweise Alex und die da vorne ein Tor.“ Möge der Finne recht haben.

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11 Kommentare

Avatar 1. Adlersieg 22. September 16, 09:37 Uhr

Berlin, Berlin, wir schlagen auch Berlin.

Das wäre zu schön, um war zu sein...

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Avatar 2. Adlersieg 22. September 16, 09:41 Uhr

Das wäre zu schön, um wahr zu sein.

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Fallback Avatar 3. DM-SGE 22. September 16, 09:44 Uhr

"Bis auf Ante Rebic, der mit einer Beckenkammprellung schon in der 13. Spielminute ausgewechselt werden musste, lief jeder Feldspieler aus der Startelf über zehn Kilometer."

"Denn gerade einmal zehn Schüsse auf das Tor hat die SGE in den bisher vier absolvierten Spielen in dieser Saison zugelassen."

Das ist beachtlich. Nun kommen Hertha und dann Freiburg. Man darf also damit rechnen, dass wir nach den nächsten 2 Spielen noch auf einem einstelligen Tabellenplatz sein werden.

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Fallback Avatar 4. nicknackman 22. September 16, 10:03 Uhr

Der Tabellenplatz 4 nach den ersten Spieltagen kommt nicht von ungefähr. Alle im Verein haben bis dato super Arbeit gemacht und der momentane Erfolg ist bemerkenswert. Der sehr gute Bericht oben deckt es auf.....die Eintracht hat tolle Spielwerte erreicht. Ich hoffe, die Eintracht kann die Leistung in den nächsten Spieltagen bestätigen und man kann sich in der oberen Tabellenhälfte halten.
31 Punkte bis zum Klassenerhalt, diese Devise teile ich absolut mit Fredi Bobic und das wird auch bei mir bis zum letzten Spieltag so bleiben.
Auch Köln überascht mich, fegen mal einfach so S04 mit 3:1 aus dem eigenen Stadion (Veltins-Arena).

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Fallback Avatar 5. nicknackman 22. September 16, 10:17 Uhr

Und außerdem erinnere ich auch daran, dass wir letzte Saison auch auf dem 4 Tabellenplatz am gleichen Spieltag waren....was danach passierte ist jedem bekannt. Wir müssen auf der Hut sein und eifrig Punkte sammeln.

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Fallback Avatar 6. BenGore 22. September 16, 10:19 Uhr

Ich bin gespannt, wie lange das Team dieses Tempo und diese Intensität gehen kann. Gerade Fabian überrascht mich extrem mit seiner Laufbereitschaft und deinen Sprints und seiner Anspielbereitschaft. Der Junge hat die Vorbereitung genutzt und zahlt NK das Vertrauen voll und ganz zurück!

Obwohl es mich während des Spiels tierisch gestört hat, war es taktisch wohl höchst sinnvoll am Dienstag nach dem 2:0 Kräfte zu sparen und nur das Nötigste zu tun. Jetzt ein Punkt gegen Hertha BSE und wir reden von einem optimalen Saisonstart. Bei allen Siegen als verdienter Sieger vom Platz gegangen und auch bei der einzigen Niederlage das klar bessere (wenn auch ineffektivere) Team.

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Avatar 7. wutzespeck 22. September 16, 11:09 Uhr

Wertungsfreie Anmerkung: Es gibt einen kleinen Unterschied zum damaligen vierten Platz. Jetzt sind dafür zwei Punkte mehr notwendig.

Englische Wochen haben im Erfolgsfall den immensen Vorteil, dass man nicht so lange auf das nächste Highlight warten muss. Verfolgerduell im Waldstadion. Das hat was!

Und für den hoffentlich nicht eintretenden Fall der Fälle hätte man dann wieder eine Woche Zeit zum Wundenlecken bzw. zur perfekten Einstellung auf den kommenden Gegner (Freiburg, selbstverständlich AUSWÄRTSSIEG! :) ).

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Fallback Avatar 8. Eagle-Heart 22. September 16, 13:06 Uhr

Im Gegensatz zum letzten Jahr ist doch mit Kovac viel mehr Zug und Arbeit im Training. Außerdem ist die Konkurrenzsituation im Kader eine andere. Und Kovac lässt die anderen halt auch spielen im Gegensatz zu Veh. Wenn die Spieler nachlassen hat das Konsequenzen. Dann bekommen die erstmal drei Wochen ihre eigene Wohnung nicht zu sehen, weil die dann im Waldstadion übernachten müssen, um sich einzuschwören. :-)

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Fallback Avatar 9. AdlerMonkey 22. September 16, 13:08 Uhr

Alles super und Vieles richtig. Lasst es uns sauber einordnen: Ingolstadt und Schalke haben einen grottigen Start hingelegt, Leverkusen liefert im Ergebnis nichts von deren Potenzial ab momentan und Darmstadt wird dieses Jahr maximal ein Minimal-Hamster. Wir müssen uns nicht Kleinmachen, die 9 Punkte sind klasse und die Gesamteinstellung von Trainer und Team spiegeln endlich auch den Willen der Fans wieder. So kann was entstehen. Aber immer von Spiel zu Spiel denken: Jetzt gegen die extrem unbequeme Hertha. Bin gespannt, wie Dardai taktiert und ob seine Verletzten zurückkommen. Und wenn Kovac wieder mit einer angepassten Aufstellung den Schlüssel findet, gibts vielleicht die nächste Überraschung ... kann es kaum Abwarten!

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Fallback Avatar 10. smilo 22. September 16, 13:45 Uhr

Schöne Momentaufnahme zum Genießen, aber warten wir mal 8-10 Spieltagen ab...

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Fallback Avatar 11. HomerJay 22. September 16, 17:34 Uhr

"ließ... zu", nicht "lies... zu" :-)

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