Kovac zeigt die Richtung an, ruft aber kein neues Saisonziel aus. (Bild: imago/Jan Huebner)

Die Erleichterung war ihm ins Gesicht geschrieben. Niko Kovac musste nach dem 3:1-Sieg gegen Augsburg mehrere Male tief durchatmen. Noch in der Halbzeit haben wohl nur die kühnsten Optimisten ernsthaft daran geglaubt, dass sein Team nach einer ganz schwachen Vorstellung in den ersten 45 Minuten, am Ende als Sieger vom Platz gehen würde. Und doch kam es genau so. In der Halbzeitpause musste irgendetwas passiert sein, dass diesen Wandel möglich gemacht hat. „Wir haben das Spiel in der Halbzeit sachlich analysiert und den Jungs dargelegt, wo die Problemzonen waren“, erklärt der Trainer nach dem Spiel in seiner gewohnt ruhigen und sachlichen Art, die er auch nicht in seiner Pausenansprache ablegte: „Natürlich versucht man, das eine oder andere verbal zu unterstreichen, indem man den Ton etwas hebt und lauter wird. Aber geschrien habe ich nicht. Es bringt nichts, dann mit dem Dampfhammer draufzuhauen.“ Und auch ohne Schreien scheinen seine Worte bei den Spieler ihre Wirkung erzielt zu haben.

„Charakter in der Mannschaft stimmt“

Denn die zweite Hälfte war auf allen Ebenen kein Vergleich zu der lethargisch und ideenlos wirkenden ersten Halbzeit. Plötzlich spielte die Eintracht richtiges Powerplay und erzwang sich ihre Torchancen. Kovac führt dies vor allem auf eine Tatsache zurück: „Man sieht, dass der Charakter der Mannschaft stimmt. Sonst könnte man so in der Form in der Bundesliga nicht zurückkommen. Das zeugt von Charakterstärke“, ist er sich sicher. Diese Charakterstärke bewies sein Team nicht zum ersten Mal in dieser Spielzeit. Vor zwei Wochen gingen die Frankfurter im Heimspiel gegen Bremen gar mit einem 0:2-Rückstand in die Kabine und schafften es in den zweiten 45 Minuten noch, die Partie zumindest auszugleichen. „Gegen Bremen hatte sich der Knoten etwas gelockert, als wir endlich mal wieder Tore geschossen haben. Ich hoffe, dass er jetzt geplatzt ist. Vor allem auch im Hinblick auf das kommende Spiel in Gladbach“, meint der Kroate.

Spürbare Erleichterung

Beim Pokalhalbfinale am Dienstag hat die Eintracht nach dem Erfolgserlebnis von gestern keinen Grund mehr, so verunsichert aufzutreten, wie im ersten Durchgang gegen Augsburg. Kovac hatte für dieses Phänomen auch nach dem Spiel noch keine richtig Erklärung. Aber damit hielt er sich auch gar nicht mehr lange auf. Wer den 45-Jährigen kennt weiß, dass er in jeder Situation stets das Positive sucht und hervorhebt. Und so tat er es auch bei seinem Gesamtfazit zum gestrigen Spiel. „Die Mannschaft hat an sich geglaubt. Wir haben so gut wie nichts zugelassen während der 90 Minuten – abgesehen vom Gegentreffer. Von daher ist der Sieg okay und wir sind alle erleichtert.“ Erleichtert darüber, dass man nach zehn sieglosen Spielen in Folge endlich mal wieder gewonnen hat. Und erleichtert ob der Tatsache, dass man mit dem Dreier die 40-Punkte-Marke geknackt hat und der Klassenerhalt somit eigentlich in trockenen Tüchern sein sollte. Kovac bleibt dennoch vorsichtig. „Wir sind jetzt 13 Punkte weg von Ingolstadt. Augsburg hat ein sehr schweres Restprogramm. Rechnerisch ist noch alles möglich, aber irgendwie auch wieder nicht. Daher denke ich, dass wir es geschafft haben könnten“, sagte er und betonte dabei sehr stark den Konjunktiv in dieser Aussage.

Keine Korrektur des Saisonziels

Daher gibt er auch kein neues Ziel für die laufende Spielzeit aus. Er wolle nun erst einmal zum nächsten Spiel schauen. „Wenn wir das erfolgreich gestalten können, dann haben wir viel erreicht.“ Und darüber hinaus wolle man sehen, „was an Punkten noch übrig bleibt“. Denn das Restprogramm der SGE ist alles andere als leicht. Nächste Woche geht es nach Hoffenheim, bevor die vom Abstieg bedrohten Teams aus Mainz und Wolfsburg warten. Am letzten Spieltag geht es dann gegen Leipzig. Wenn seine Mannschaft in diesen Spielen so auftritt, wie gestern in der zweiten Halbzeit, dann könnten am Ende noch einige Punkte für die Eintracht übrig bleiben.

Matchwinner Fabián

Zumal sich der Trainer nun wieder auf einen wichtigen Leistungsträger verlassen kann: Marco Fabián. Der Mexikaner war gestern der Matchwinner und hat den Hessen während seiner Rückenverletzung enorm gefehlt. „Wir haben gesehen, wie wertvoll er in der Hinserie war. Die zweimonatige Verletzungszeit kann Eintracht Frankfurt nicht so richtig wegstecken“, befand auch Kovac und hatte noch ein Sonderlob für den 27-jährigen Mittelfeldspieler: „Marco geht mit seiner Art immer voran und zieht alle mit – auf dem Platz aber auch außerhalb. Deswegen ist er für unsere Mannschaft sehr wichtig.“

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4 Kommentare

  1. Kein neues Saisonziel auszurufen finde ich richtig.
    Damit setzt man die Mannschaft keinem unnötig und künstlich generiertem Druck aus.
    An erster Stelle steht jetzt direkt am Dienstag ohnehin erst mal das DFB-Pokal-Halbfinale, was ganz sicher jeder gewinnen will.
    Hierzu bedarf es keines Ziels, denn das Ziel ist klar vordefiniert und heißt Berlin.
    Wie auch immer das Spiel dann ausgegangen ist, wollen die Spieler das Restprogram BuLi mit Sicherheit auch so gut wie möglich bestreiten und von daher ist es vermutlich gar nicht notwendig noch mal ein neues Saisonziel zu erklären. Vielleicht spielen die Jungs ohne solche Vorgaben befreiter und lockerer auf. ForzaSGE

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  2. Das Saisonziel 49 Punkte hat nur belastet. Vorher hat man locker aufgespielt, danach war die Leichtigkeit dahin. Ich finde es besser von Spiel zu Spiel zu denken und einfach immer gewinnen bzw. Punkten zu wollen.

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  3. Wir haben spätestens seit dem Spiel gg. Bremen die Positionierung ohnehin nicht mehr vollständig in eigenen Händen. Gegen sämtliche direkten Konkurrenten von Platz 5 bis 12 haben wir bereits gespielt und fast immer Punkte liegen lassen. Wenn insbesondere die drei unmittelbaren Verfolger jetzt noch maximal punkten, können wir einen einstelligen Rang nur dann halten, indem wir ebenfalls Siege einfahren. Wenn ich nicht irre, wäre sogar mit vollen 12 Punkten je nach Ergebnislage der Mitbewerber nicht einmal mehr Rang 7 erreichbar. Wenn diese relativ ernüchternde Gesamtsituation jetzt nicht endlich für einen grundsoliden Realismus sowie eurotraumlose Nächte sorgt, weiß ich’s auch nicht mehr. Übrigens könnte bei dem heillosen Gerangel im BL-Saisonfinale insbesondere auch die Aufpolierung des Torverhältnisses für die eine oder andere zusätzliche Million an TV-Geldern durchaus hilfreich sein.

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