Niko Kovac und sein Kapitän Alex Meier - in der Hinserie fanden sie nicht immer zusammen.
Niko Kovac und sein Kapitän Alex Meier – in der Hinserie fanden sie nicht immer zusammen.

Der Rasen wie gemalt, die Temperaturen im frühsommerlichen Bereich und eine Hotel, in dem der Trainer ob der Größe eine Karte und einen Kompass braucht. Niko Kovac will die Rahmenbedingungen im Trainingslager in Abu Dhabi allerdings nicht zum Urlaub machen nutzen. Im Gegenteil: Die Mannschaft muss in kürzester Zeit wieder an das Topniveau der Hinserie herangeführt werden. Das Programm der nächsten Monate schreit allerdings nach Umstellungen im eigenen Spiel. Auswärts geht es zu den Topmannschaften in der Branche, ins Waldstadion kommen die sogenannten „Kleinen“, mit denen sich die Hessen immer schwer taten. Der Coach will deshalb daran arbeiten, bestimmte Prinzipien umzusetzen, „die unabhängig vom System umgesetzt werden“ müssen. Kovac führt aus: „Wenn wir gegen eine massive Mannschaft anrennen, dann müssen wir über das Flügelspiel zum Erfolg kommen. Es geht darum, den Gegner auf die eine Seite zu locken, dann schnell auf die andere Flanke zu kommen, eine 1-gegen-1-Situation zu schaffen und den Gegner dann zu ‚überfahren‘.“

Ein zweites Prinzip ist die weitere Stabilisierung des Defensivverbunds: „Letztes und vorletztes Jahr hatten wir nach Saisonende zu viele Gegentore auf dem Konto. Wir sind hier aber auf einem guten Weg.“ Für die Spieler der Eintracht waren diese Veränderungen zunächst gewöhnungsbedürftig. Unter den Vorgängern Armin Veh und Thomas Schaaf wurde in den Spielzeiten zuvor eher luftig verteidigt, dem Kontrahenten häufig zu viel Platz gelassen, weshalb die letzte Konsequenz in den Zweikämpfen – sofern diese überhaupt angenommen wurden – fehlte. Alex Meier gibt bei „Bild“ zu: „Es hat schon ein paar Spiele gedauert, bis man sich daran gewöhnt hat und genau weiß, was der Trainer von einem erwartet. Dann stellt man das halt um. Aber das geht allen so.“

Die Spielweise sei jedoch nicht anders „als es vor 100 Jahren war und wie es in 100 Jahren sein wird. Das, was wir machen, ist kein Hexenwerk.“ Die meisten Treffer waren das Resultat der harten Arbeit, die Kovac permanent einfordert. Leidenschaft, hohe Einsatzbereitschaft, Laufstärk und vor allem der konditionelle Aspekt sorgten selbst bei Begegnungen gegen die Topmannschaften der Liga für Vorteile – vor allem in der Schlussphase. Die Hessen ließen sich von Rückschlägen selten zurückwerfen und antworteten ihrerseits wieder mit Wucht und einer gehörigen Portion Willenskraft. Das beste Beispiel dafür war das 2:2 am 7. Spieltag gegen den FC Bayern München. Die Frankfurter lagen unglücklich zurück, waren nach dem Platzverweis von Szabolcs Huszti gar in Unterzahl – und schlugen auf ihre Art und Weise zurück: Branimir Hrgota sah Timothy Chandler, der in den Strafraum zog und mit einem verunglückten Schuss die Brust von Marco Fabián traf, von wo aus der Ball über die Linie kullerte. Glück? Zufall? Möglich – aber vor allem war es ein Qualitätsmerkmal der Eintracht im zweiten Halbjahr 2016.

Verhältnismäßig wenig zum Erfolg konnte Kapitän Meier beitragen. Der 33-Jährige war in den vergangenen Jahren immer die Überlebensversicherung der Hessen, die von Ex-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen aufgestellte Formel „geht es Meier gut, dann läuft es bei der Eintracht“ brannte sich vor allem seit der Saison 2011/12 tief in die Köpfe des gesamten Klubs ein. In dieser Spielzeit musste der Frankfurter „Fußballgott“, der dennoch bereits viermal traf, auch schon draußen sitzen, wenn er fit war. „Die Wertschätzung sinkt ja nicht, nur weil ich zwei, drei Mal auf der Bank gesessen bin. Wenn ich mit einem jahrelang zusammenspiele, sage ich doch nicht plötzlich: ‚Der kann nichts’, nur weil er mal draußen sitzt. Ich weiß ja, was ich mit ihm schon erreicht habe“, macht er sich zwar keine Sorgen um seinen Status, fügt allerdings an: „Natürlich bin ich nicht zufrieden, wenn der Trainer mich auf die Bank setzt. Da ärgert man sich einen Tag und trainiert dann weiter. Bockig zu sein bringt ja nichts.“

Meier erlebte in einer Hinrunde voller Eintracht-Höhepunkte am 15. Spieltag gegen den VfL Wolfsburg einen rabenschwarzen Moment. Beim Stand von 0:1 verschoss der zur Pause eingewechselte Offensivmann scheinbar übermotiviert einen Elfmeter in die Wolken. Die Frankfurter konnten sich von diesem Schock nicht mehr erholen und verloren die erst dritte Partie in dieser Saison. „Der war schlecht“, gibt er selbstkritisch zu und kann verstehen, wenn Kovac nun anderen Akteuren vertraut: „Wenn ich nicht mehr schießen soll, dann schieße ich eben nicht mehr. Ich denke auch, wenn man zwei verschossen hat, wie ich jetzt, ist mal jemand anderes dran. Aber für den nächsten habe ich schon wieder eine Ecke im Kopf.“ Meier will dennoch wie gewohnt keinen Personenkult betreiben und rückt deshalb die Mannschaft in den Mittelpunkt: „Natürlich ist es schön, zu treffen, aber mir ist es lieber, ich schieß’ kein Tor und wir gewinnen als umgekehrt. Weil wir davon mehr haben.“

- Werbung -

6 Kommentare

  1. „Unter den Vorgängern Armin Veh und Thomas Schaaf wurde in den Spielzeiten zuvor eher luftig verteidigt“ Schöne Formulierung. Wenn die von Dir ist Christopher, gibts ein Sonderlob. Gefällt mir und beschreibt es gut 😉

    0
    0
  2. „Natürlich bin ich nicht zufrieden, wenn der Trainer mich auf die Bank setzt. Da ärgert man sich einen Tag und trainiert dann weiter. Bockig zu sein bringt ja nichts.“Wenn ich nicht mehr schießen soll, dann schieße ich eben nicht mehr. Ich denke auch, wenn man zwei verschossen hat, wie ich jetzt, ist mal jemand anderes dran. „„Natürlich ist es schön, zu treffen, aber mir ist es lieber, ich schieß’ kein Tor und wir gewinnen als umgekehrt. Weil wir davon mehr haben.“

    Ich finde das zeigt was Meier so wertvoll macht. Es geht ihm nicht um sich, sondern um das Team. Er ist so herzlich unaufgeregt. Und ( das ist eine Kleinigkeit , aber sagt für mich was aus) ist zusammen mit Lukas einer, der vo den trainingsspielen auch die Tore rumträgt. Bei anderen Mannschaften machen das die, die weiter unten angesiedelt sin in der Hierarchie.

    0
    0
  3. Denke Flum wechselt zu Düsseldorf statt zu St. Pauli. Die Gefahr mit Pauli abzusteigen ist mehr als groß und damit würde er gänzlich in der Versenkung verschwinden. Wünsche ihm alles gute, er war eine große Hoffnung für mich als er mit Rosenthal aus der „Freiburger-Schule“ kam. Man sieht, dass Spieler nicht überall automatisch funktionieren, wenn sie dann einen anderen Stellenwert haben.

    0
    0
  4. Über dieses Zitat von Kovac würde ich gerne mit ihm bei einem Bierchen diskutieren. „Verteidigung ist Handwerk, Angriff ist Kunst“! Klingt gut und ich denke, ich weiß auch wie er es meint, aber es ist auch Kunst Bälle ohne Foul zu gewinnen und vernünftig im Aufbauspiel zu sein. Im Angriff gilt man schon als Künstler, wenn man mal den Ball ins Tor bekommt. Das sieht man auch an den Noten die verteilt werden. Ein Siegtorschütze bekomt zuweilen Top-Noten, obwohl er vorher nicht aufgetaucht ist, oder 3 hundertprozentige versemmelt hat.

    0
    0
  5. Du wirst auch keinen Abwehrspieler finden der Welltfußballer wird. Das war früher mal 😉

    In der Tat gehört für mich im Angrif aber mehr Kreativität rein als in der Abwehr. Wobei ( da hast du recht ) die richtig guten Abwehrspieler auch Künstler sind. Wenn ein Spieler das timing beim tackling hat und gut ohne Fouls spielt , das ist klasse.

    0
    0
  6. @2 kann mich da nur anschließen .. die Arbeitseinstellung von Alex ist einfach top!
    Er muss für uns insbesondere in den Spielen gg die kleineren oder formschwachen Gegner seine Buden machen.
    Wenn es gg offensivstarke Teams geht bei denen es wichtiger ist kompakt zu stehen (wie bspw gg Leipzig gleich am Anfang) sehe ich ehrlichgesagt Hrgota in der Startelf vorne und Alex auf der Bank. Hrgota ist einfach schneller, damit wichtiger fürs Konterspiel und rennt als erster Verteidiger die Gegner auch viel effektiver an.
    AMFG ist da im Zweikampf oft zu zaghaft, daher bekommt er auch seit Jahren so wenige gelbe Karten..ausbaufähig 😀 😉
    Bei so Spielen wird m.E. Alex als Joker wichtiger sein, wenn die gegnerischen Verteidiger schon etwas müder sind oder wir hinten liegen.
    Sobald es für uns nach vorne gehen soll ist und der Gegner uns auch machen lässt, ist er natürlich unverzichtbar, weil er genau weiß, wie er wann wohin gehen…die freien Räume findet, Verteidiger bindet .. und dann im Abschluss natürlich unser Stärkster ist.
    Mut macht mir erstens, dass Alex in dem Halbjahr verletzungsfrei blieb (mit dem einen Spiel Ausnahme, aber nix wildes) .. und zweitens, dass Hrgota wieder in den Spielrhythmus gefunden hat. Von Brane erwarte ich jetzt nochmal nen Sprung in der Rückrunde.
    Man hat gesehen, dass bei beiden oft die offensiven Laufwege nicht passten .. das gilt aber für unser Offensivspiel insgesamt.
    Ist überhaupt nicht verwunderlich…da es Kovac zurecht erstmal wichtig war die Automatismen in der Defensive hinzubekommen. Und wie die Mannschaft das umsetzte war einfach der Hammer!

    Am Anfang war es ein Plus, dass wir schwer auszurechnen waren .. am Ende wussten alle, wie wir spielen werden. Wird verdammt wichtig werden zstzl. 4-2-3-1 und 4-4-2 einzuspielen. Insbesondere solange wir im Trainingslager 11:11 spielen können.
    Finds auch ziemlich nice, dass wir zwischen den Systemen während des Spiels varrieren können, wenn Hasebe einfach aufrückt .. das hab ich noch zu selten in der Vorrunde gesehen.
    Wenn es gelingt, das Umschaltspiel und Offensivspiel noch etwas zu verbessern fallen die Tore von ganz alleine. Denn torgefährliche und auch schnelle Spieler haben wir inzwischen schon ein paar in der Mannschaft:
    Meier, Hrgota, Gacinovic, Rebic, Fabián, Huszti, Tarashaj .. und dann noch Barkok und auch Besuschkow. Die haben es in der Hinrunde schon gut gemacht, aber ich glaub ich bin nicht der Einzige, der bei allen Genannten noch Potenzial nach oben sieht.
    Auch wenn man den Ball flach halten sollte, ich freu mich jetzt schon ziemlich auf die Rückrunde 🙂

    0
    0

Keine Kommentare mehr möglich.

- Werbung -