Die SGE mit dem Europapokal – das Ziel vieler Träume. (Foto: Florian Bauer)

Gerade am heutigen Tag, an dem sich der große Triumph in Sevilla zum ersten Mal jährt, kommen die Fragen auf, wie es die Eintracht eigentlich innerhalb von gerade einmal sechs Jahren von einer abstiegsbedrohten Mannschaft, die sich gerade so in der Relegation in der Liga halten konnte, zu einer Mannschaft schaffte, die 2022 völlig verdient die Europa-League gewinnen und damit zum ersten Mal in die Champions-League einziehen konnte. Eine rasante Entwicklung, die im traditionellen Fußballgeschäft (ausgenommen der Investoren-Klubs) wohl ihresgleichen sucht. Eines war in den letzten Jahren zumindest immer gleich: Jeder noch so große Umbruch brachte am Ende keinen Zusammenbruch, sondern eine Verbesserung und Weiterentwicklung. SGE4EVER.de hat im Zuge des Jahrestags noch einmal auf die letzten erfolgreichen Jahre und ihren Ursprung zurückgeblickt:

2015/2016 – Relegation gegen den 1. FC Nürnberg

Haris Seferovic macht sich unsterblich und hält die Eintracht in der ersten Liga. (Bild: Heiko Rhode)

Eigentlich noch gar nicht so lange her, aber doch vom Gefühl her unendlich weit weg. In den letzten Jahren gab es für die Eintracht und ihre Entwicklung nur eine Richtung und die zeigte stetig steil nach oben. Nachdem man in der Saison 2015/2016 bei der zweiten Amtszeit von Ex-Trainer Armin Veh trotz schwacher Leistung lange mit einer Entlassung wartete und die Reißleine erst viel zu spät zog, sollte Niko Kovac als neuer Trainer kurz vor Saisonschluss eine echte Herausforderung bekommen. Kovac konnte dem verunsicherten Team zumindest von Beginn an eines eintrichtern: Fussball ist Arbeit. Es geht nur gemeinsam und mit Leidenschaft. Einer für alle und alle für einen. Auch wenn natürlich fussballerisch keine großen Sprünge zu erwarten waren, das Team zeigte mit Beginn der Zeit von Kovac ein völlig anderes Gesicht. Die Mannschaft, die über viele Monate leblos und schon so gut wie abgestiegen wirkte, konnte sich am Ende mit einer echten Willensleistung in die Relegation gegen den 1. FC Nürnberg retten. Nach einem mauen 1:1 im Hinspiel sollte das alles entscheidende Rückspiel in Nürnberg für die Entscheidung sorgen. In einem qualitativ sicher eher schlechtem Spiel, war es die Vorlage von Mijat Gacinovic auf den Torschützen Haris Seferovic, die den Abstiegskrimi beenden sollte. Die SGE hatte sich also trotz schlechter Ausgangssituation doch noch in der Liga gehalten und konnte sich mit neuem Personal auf allen Ebenen neu aufstellen. Ein Neuanfang, der bis heute das Fundament für den Erfolg der Hessen bildet.

2016/2017 – Niederlage im Pokalfinale gegen Borussia Dortmund

Schon 2017 erreichte die Eintracht das Pokalfinale. Die Hessen verloren allerdings knapp mit 1:2 gegen Borussia Dortmund.

Zur Saison 2016/2017 sollte in Frankfurt eine neue Ära beginnen. Heribert Bruchhagen, der die Eintracht nach vielen dunklen Jahren erfolgreich konsolidierte übergab an den neuen Sportvorstand Fredi Bobic. Wie schlecht es damals um die Finanzen der Hessen stand, macht das Transferbudget aus dieser Zeit deutlich. Bobic durfte in seiner ersten Saison gerade einmal zwei Millionen Euro in neue Spieler investieren – eine echte Mammutaufgabe.  Aber Bobic nahm die Challenge an und lamentierte nicht, im Gegenteil mit kreativen Leihgeschäften gab er der Frankfurter Mannschaft ein runderneurtes Gesicht. Egal ob Jesus Vallejo, Omar Mascarell oder Marius Wolf – sie alle kamen auf Leihbasis zur Eintracht und es zeigte sich sehr schnell, worauf Bobic gemeinsam mit Trainer Kovac besonderen Wert legte. So unbekannt die Spieler auch gewesen sind, sie hatten alle eine große Gemeinsamkeit: Sie zeichnete eine unglaubliche Mentalität aus. Wenn es fussballerisch auch Limits gab, der Einsatz und die Mentalität stimmte. Mit Kovac hatte Bobic zudem genau den richtigen Trainer, der aus dieser Multi-Kulti-Truppe eine echte Einheit formen konnte. Nach der Relegation im Vorjahr konnte die SGE diese Saison ganz ohne Abstiegssorgen auf dem elften Tabellenplatz beenden und schaffte es bis ins DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund. Die knappe 1:2-Niederlage fühlte sich aber bereits damals nicht wie das Ende der Geschichte an, denn die Eintracht sollte wiederkommen, um zu vollenden.

2017/2018 – Der Triumph im DFB-Pokal

2018 holt die Eintracht den DFB-Pokal nach Frankfurt und verabschiedet Ex-Trainer Niko Kovac mit dem Titel. (Bild: Heiko Rhode)

Nachdem Bobic zunächst vor allem auf unbekannte Leihspieler setzte, veränderte sich die Transferstrategie 2017 etwas. Mit Ante Rebic verpflichtete man einen Spieler, der trotz großem Talent mit seiner Karriere in einer Sackgasse zu sein schien. Auch Kevin-Prince Boateng eröffnete ein neues Muster bei den Transfers, indem man auch auf namhafte routinierte Spieler mit internationaler Erfahrung setzte – beide Wege sollten am Ende jedenfalls goldrichtig sein. Luka Jovic und Sebastien Haller entdeckte Bobic gemeinsam mit Scout Ben Manga ebenfalls bereits 2017, auch wenn ihre große Zeit etwas später kommen sollte. Kovac überzeugte auch in seiner zweiten Frankfurter Saison und die Eintracht war in aller Munde. Die Truppe machte den Fans große Freude und die Arbeit von Kovac wurde überall anerkannt. Auch dem FC Bayern München ist die außerordentliche Leistung nicht verborgen geblieben, weshalb im Frühjahr 2018 nach dem legendären „Stand-jetzt“ doch bekannt wurde, dass Kovac zu den Bayern wechseln würde. In der Liga folgte danach ein Absturz und die Saison wurde auf dem achten Tabellenplatz beendet, obwohl man lange Zeit alle Trümpfe für eine europäische Qualifikation in der Hand hatte. Als man dann bei der erneuten Teilnahme am DFB-Pokalfinale ausgerechnet auf den FC Bayern München treffen sollte, dem zukünftigen Arbeitgeber von Noch-Trainer Kovac, gab es nicht wenige, die große Zweifel hatten, ob Kovac für dieses Finale noch der richtige Trainer sein kann. Bobic ließ sich damals von allen Kritikern nicht beirren, hielt an Kovac fest und am Ende kann man sagen, dass das die beste Entscheidung war, die für die Hessen getroffen werden konnte. Kovac verabschiedete sich mit dem sensationellen Pokalsieg und der damit verbundenen Qualifikation für die Europa-League. Mit Gacinovic, Boateng, Rebic und vielen anderen Pokalhelden konnten die Frankfurter nach 30 Jahren endlich wieder einen Titel gewinnen.

2018 – 2021 Die Ära Hütter

Leider hat es 2019 nicht für das Finale der Europa-League gereicht. Man scheidet denkbar knapp im Elfmeterschießen gegen den FC Chelsea im Halbfinale aus. (Bild: Heiko Rhode)

Auf Kovac folgte bei der SGE Trainer Adi Hütter. Bobic hatte endlich mehr Spielraum auf dem Transfermarkt und Hütter gelang es auf Anhieb einer bis dahin sehr kampfbetonten Eintracht auch etwas spielerisches Leben einzuhauchen. Mit schnellem Umschaltspiel und der sich entwickelnden „Büffelherde“ (Rebic, Haller, Jovic) war die Eintracht offensivstark wie lange nicht. In der Europa-League konnte man bis ins Halbfinale gegen den FC Chelsea einziehen und scheiterte unglaublich dramatisch im Elfmeterschießen. Schon 2019 war man ganz nah am Finaleinzug und ähnlich wie beim Pokalfinale 2017 – es sollte auch dieses Mal nicht das Ende gewesen sein. 2020 folgte dann die Corona-Krise, die auch die Fussball-Welt auf den Kopf stellte. Ohne Zuschauer schied man in diesem Jahr aus der Europa-League gegen den FC Basel aus. Es folgte eine längere spielfreie Zeit und Fussball schien zu dieser Zeit einfach nebensächlich zu sein. Davon profitierte letztendlich auch Hütter, der genau wie Kovac von der Konkurrenz abgeworben wurde und sich zumindest nicht dem Unmut der Fans stellen musste. Es schien als würde plötzlich die gesamte Eintracht-Welt zusammenbrechen, denn neben Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing (Ruhestand) sollten eben auch Hütter (Borussia Mönchengladbach) und Bobic (Hertha BSC Berlin) den Verein verlassen. Ähnlich wie damals bei Kovac verspielte die Mannschaft nach Bekanntwerden der Abgänge in der Liga alles und verpasste die sicher geglaubte Champions-League-Qualifikation, konnte jedoch zumindest aufgrund der zuvor guten Punkteausbeute die Europa-League-Qualifikation erlangen.

2021 – Glasner übernimmt und führt die Eintracht zum Europa-League-Sieg

Grenzenloser Jubel nach dem Elfmeterschießen. (Bild: Florian Bauer)

Als neuen Sportvorstand verpflichtete die Eintracht Markus Krösche von Leipzig und als neuen Trainer Oliver Glasner vom VfL Wolfsburg. Mit André Silva verloren die Hessen zudem auch noch ihren Toptorjäger an Leipzig. Wieder einmal stand für die SGE ein großer Umbruch bevor und auch dieses Mal schienen die Frankfurter alles richtig gemacht zu haben, denn Glasner führte die Eintracht in seiner ersten Saison direkt zum Europa-League-Titel. Während die Hessen die Jahre zuvor vor allem über den Kampf und die Mentalität kamen, mit Hütter schon etwas stärker wurden im spielerischen Bereich, konnte Glasner auf diesem Fundament weiterarbeiten und brachte immer mehr schnelles Kombinationsspiel ins Spiel der SGE. Es war ein unglaubliches erstes Glasner-Jahr mit einer magischen Nacht im Camp Nou, einem packenden Halbfinale gegen West Ham United und dem legendären Finale gegen die Glasgow Rangers in Sevilla. Da die Mannschaft in der Breite nicht so gut besetzt war, wie sie hätte sein müssen, um auf allen Hochzeiten zu tanzen, hat man die Liga ein bisschen dem Europäischen Triumph geopfert, aber wer sich an die Bilder vom Römer erinnert stimmt vermutlich zu, dass dies im Nachhinein die richtige Entscheidung war, insbesondere weil man dadurch auch die Möglichkeit hatte zum ersten Mal Champions-League zu spielen. Es hätte vielleicht ähnlich erfolgreich weitergehen können, denn auch in dieser Saison sah es lange danach aus, als ob es den Hessen gelingen würde nach dem Erreichen des Champions-League-Achtelfinales, sich erneut für die Champions-League zu qualifizieren, aber interne Querelen und viel Unruhe sorgten dafür, dass ein für die Eintracht inzwischen typischer Rückrundenabsturz die Träume begraben hat. Auch Glasner wird die SGE nach der Saison verlassen und doch gibt es eine große Parallele zu 2018: Auch Glasner kann sich mit einem Titel von der Eintracht verabschieden. Und danach? Steht der nächste Umbruch an. Bisher kann man sagen, dass alle Umbrüche dazu führten, dass die Adlerträger sich noch einmal verbesserten, weiterentwickelten und selbst die prominenten Abgänge (Silva, Haller, Rebic, Jovic etc.) konnten immer verkraftet werden, auch wenn sich das Spiel der Eintracht durch die Abgänge immer auch etwas änderte. Wird man diese unglaubliche Glückssträhne bei den zu treffenden Entscheidungen fortsetzen können oder war es das erst einmal mit dem stetig steigendem Erfolg? Es wird in jedem Fall spannend sein die weiteren Entwicklungen zu beobachten. Der 18. Mai 2022 wird in jedem Fall für immer ein so besonderer Tag für alle Eintracht-Anhänger sein, weshalb sich diese Zeitreise zum Jubiläum in jedem Fall gelohnt hat, um sich noch einmal bewusst zu machen, was für eine unfassbare Reise man eigentlich hinter sich hat.

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10 Kommentare

  1. Mitgliedschaft gekündigt. Ist Markus Krösche raus, werde ich wieder Mitglied.

    Mein stiller Protest.

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  2. Warum machst du deine Mitgliedschaft von Krösche abhängig? Niemand steht über Eintracht. Du brauchst dann auch nicht wieder Mitglied werden

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  3. Der einzige Weg mit dem ich (als Mitglied!) zeigen kann, dass ich nicht einverstanden bin.

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  4. Und wenn man nicht wählen geht, dann ist man auch nicht schuld wenn die falsche Partei gewählt wurde oder was ?

    Entweder man ist eintracht Fan oder nicht.
    Ich habe auch nicht aufgehört eintracht Fan zu sein, als Heynckes Trainer war oder ekström Torchancen vergab als würde er dafür bezahlt …
    Oder als wir in die 2. Liga abgestiegen sind. Oder als wir gegen die Amateure des VfB in der ersten Runde des dfb pokals ausgeschieden sind.
    Wenn man nur eintracht Fan ist, wenn… oder… oder…

    Dann ist man Kickers Fan und gehört unter den Berg!

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  5. Vielleicht sollten die Mitglieder abstimmen wer Vorstand wird. Damit da nix schief geht auch wer Trainer wird, welche Spieler verpflichtet werden und welche Verträge verlängert werden. Wäre auch wichtig über Physios und die Rasenpfleger mit zu entscheiden. Wenn ich mir vorstelle das einer die Waden von Kolo Muani nicht richtig massiert, oder ein Grashalm zu lang ist. Aaah, grauenhafte Vorstellung. Da könnte ich nicht mehr ruhig schlafen…

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  6. Entschuldigung @5:

    Du hast keine Ahnung…. ich möchte die Bierpreise und -Marke entscheiden. Das ist das wichtigste an meinem Verein. Ansonsten ist es nicht mehr meine eintracht.
    Also alles ausser ebbelwoi „…“ ist unter meiner Würde. Und die Marke meiner Wahl zahlt auch das sponsoring was ich entscheide.

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  7. @laura Krüger
    ein Toller Artikel von Dir. Eine schöne Zeitreise und hoffentlich erdet es den einen oder anderen wieder, um zu sehen, wo wir herkommen!!

    Danke für die entfachte Gänsehaut von Dir und die Bilder in meinem Kopf, da ich die“Endspiele“ alle LIVE im Stadion erleben durfte!

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  8. @1
    Bleib zu Hause

    @Laura
    Toller Bericht. Eigentlich eine unfassbare Entwicklung wenn man sich Mal vergleichbare Vereine wie Köln, HSV, VFB, Werder, Lautern und Gladbach anschaut. Wenn man sich anschaut, dass Bobic mit nichts angefangen hat und jetzt (kommende) Nationalspieler auf unseren Zetteln stehen. Wahnsinn. Manchmal sollte man, wie Du Laura, sich einfach Mal zurücklehnen und die Zeit an sich vorbei ziehen lassen und in Ruhe den WAHNSINN genießen! DANKE!

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  9. @1 Du Hast schon Recht, wir haben es echt schwer als Eintracht-Fans.

    Immer wieder muss man aus dem Verein aus- und wieder eintreten. Ob Octagon, Ohms, Bobic, Skibbe, Funkel, Heynckes oder Magath, jedes Mal ausgetreten und wenn man gemerkt hat, es funktioniert doch, dann wieder eintreten oder warten, bis der auserwählte endlich gegangen ist, um dann wieder einzutreten.

    Genau so sieht Vereinstreue aus, so zeigt man, dass man den Verein liebt …..

    Davon abgesehen, sehr schöner Bericht !

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