Alles Niko Kovac bei der Eintracht? Der Trainer steht permanent im Mittelpunkt des Geschehens.
Alles Niko Kovac bei der Eintracht? Der Trainer steht permanent im Mittelpunkt des Geschehens.

Zehn Monate liegt der Tag, an dem Niko Kovac Nachfolger von Armin Veh und somit neuer Trainer der Frankfurter Eintracht wurde, zurück. In den rund 310 Tagen hat sich im Klub einiges verändert: Die Spieler frühstücken jeden morgen gemeinsam, das Team hinter dem Team wurde komplett ausgewechselt, statt Heribert Bruchhagen zieht Sportvorstand Fredi Bobic im Hintergrund die Fäden und die Mannschaft, die auf dem Feld steht, ist nicht mehr zu vergleichen mit derjenigen, die im Frühjahr des vergangenen Jahres noch um Punkte gegen den Abstieg kämpfte. Der Coach selbst hat in diesem Zeitraum mächtig an Profil gewonnen. Vor seinem ersten Spiel gegen Borussia Mönchengladbach am 26. Spieltag saß er noch etwas verunsichert wirkend vor den Journalisten und hätte wohl das „Sport1-Doppelpass-Phrasenschwein“ bis zum explodieren füllen können. Von der Floskel der „elf Freunde, die ihr sein müsst“ bis hin zu „die Jungs müssen brennen“ ließ er nichts aus.

Von dieser Schüchternheit ist heute nur noch wenig zu erkennen. Kovac ist in seinen Formulierung konkret und in der Analyse messerscharf geworden. Die Gespräche mit ihm sind spannend, die Worte werden mit Bedacht gewählt – er weiß genau, was er sagen darf und wo er in die Falle treten könnte. Etwas lauter wird der Kroate nur, wenn ihm seine Spieler einen Grund dazu geben. Wie etwa bei der Trainingseinheit am Montag in Abu Dhabi passiert, als er seine Mannschaft wach rüttelte und sie permanent ermahnte. Mitdenken, nicht liegen bleiben, weitermachen – Ruhepausen auf dem Feld gibt es unter Kovac nicht mehr. Jedes noch so kleine Übungsspiel ist harte Arbeit, aus dem in der Vergangenheit oftmals sehr lockeren 5 gegen 2 ist eine intensive, konditions- und konzentrationsfördernde Übung geworden.

Die Eintracht hat sich in vielen Faktoren verbessert. Das Team ist handlungsschneller und noch klarer im Spiel nach vorne geworden, ferner wurde eine für den Gegner kaum zu überwindende Kompaktheit hergestellt. Nur gegen Hertha BSC (3:3) und den FC Bayern München (2:2) kassierten die Hessen mehr als einen Gegentreffer, generell gab es erst drei Niederlagen, allesamt in der Kategorie „unglücklich“ einzuordnen. Torhüter Lukas Hradecky konnte bereits siebenmal die Null halten. „Der Trainer sieht die kleinen Dinge, die wir verbessern können, und zeigt sie uns in den Besprechungen. Das macht er sehr gut“, lobt ihn der Keeper im „kicker“ und wird dabei von Abwehrchef David Abraham unterstützt: „Er hat uns wieder in die Spur geführt und leistet sensationelle Arbeit. Wir lernen so viel von ihm, er bringt uns so viel bei, das ist sehr wertvoll.“

Das Spiel der Eintracht ist dabei kein ästhetischer Leckerbissen, aber doch deutlich attraktiver geworden. Die Hessen kommen über die scheinbar so leichten Mittel und eine gewisse Variabilität in der Offensive zum Erfolg. Hinten steht die Abwehrkette dicht, es wird – basierend auf einer starken Grundkondition – hoch gepresst und vorne wechseln sich Akteure beim Tore schießen fleißig ab. Das Resultat liest sich mit 29 Zählern und Rang vier eindrucksvoll und wurde so nicht einmal von den sportlichen Verantwortlichen selbst erwartet. Doch wer nun an Ausruhen denkt, sieht sich schnell getäuscht. Kovac, den laut Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing „eine sehr große Bodenständigkeit auszeichnet“, denkt überhaupt nicht daran, die Zügel schleifen zu lassen. Er heizt den Konkurrenzkampf an und hat mit Ausnahme von Hradecky keine Stammplatzgarantien ausgesprochen.

Der 45-Jährige lebt die Disziplin vor und wird dabei von seinen alten Weggefährten beobachtet und in höchsten Tönen gelobt. Bayer 04 Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler soll, so lautete zumindest im Spätherbst ein Gerücht, die Entwicklung des ehemaligen Profis etwas genauer beobachtet haben. Insider des Klubs gingen gar davon aus, dass Roger Schmidt wohl nicht mehr Coach wäre, wenn sich eine Verpflichtung von Kovac hätte realisieren lassen können. „Niko kann mit Druck umgehen, gleich ob sportlicher oder medialer Natur“, analysiert Völler und zeigte sich beeindruckt, wie er die 0:3-Niederlage am 30. Spieltag der Vorsaison bewertete: „Er war ruhig und analytisch gegen Ende der vergangenen Saison nach der Niederlage bei uns, als es nicht mehr nach dem Klassenerhalt aussah.“ Inzwischen sei die Eintracht „neben Hoffenheim und Hertha eigentlich die Überraschungsmannschaft der Saison.“

Thomas Linke, Sportdirektor beim FC Ingolstadt, spielte von 2001 bis 2003 zusammen mit Kovac beim FC Bayern München. Bereits zu seinen Profizeiten habe ihn ausgezeichnet, „dass er sehr professionell und diszipliniert war.“ Der ehemalige Mittelfeldspieler habe sich damals schon intensiv mit Fußball befasst und sei als Kapitän der kroatischen Nationalmannschaft zur „Führungspersönlichkeit“ gereift. „Das sind Eigenschaften, die dazu befähigen, nach der aktiven Karriere als Trainer zu arbeiten“, so Linke, der seinem Weggefährten aus der Ferne einen „herausragenden Job“ attestiert. Ex-Profi Carsten Ramelow, der mit den Brüdern Niko und Robert erst bei Hertha BSC und später in Leverkusen zusammenspielte, kann die lobenden Worte nur bestätigen: „Der Erfolg ist ihnen nie zu Kopf gestiegen, das sind keine Typen, die abheben.“ Beide, analysiert Ramelow, „sind sehr fleißig und leidenschaftlich, haben eine große Willenskraft und sind mit sehr viel Herz dabei.“

Herzblut, Fleiß, Disziplin und Willenskraft: Es sind die Eigenschaften, die den „nicht zu überbietenden Fleißarbeiter“ (O-Ton Steubing) jetzt auch als Trainer in die Bundesliga zurückgebracht haben. Im Juli 2009 bei den RB Salzburg Juniors ging das Abenteuer los, das ihn inzwischen nach Frankfurt geführt hat. Der Vertrag läuft bis 2019 und die Hessen sind gewillt, die nächsten Jahre mit ihm zu verbringen. Schritt für Schritt nach ganz oben? Bereits als Spieler hat er es so gehandhabt und fuhr dann die Früchte der Ernte in Form von Titeln bei den Bayern ein (Weltpokalsieger 2001 und Doublegewinner 2003). Einen derart weiten Blick in die Zukunft verbietet sich Kovac, für den aktuell nur ein Ziel im Fokus steht: „Wir wollen so schnell wie möglich die 40 Punkte erreichen.“ Dass dies bereits im Februar passieren könnte, würde wohl auch nicht mehr als die große Überraschung deklariert werden.

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3 Kommentare

  1. Macht Kovac nicht übermenschlich.
    Er ist menschlich und genau das macht ihn so sympathisch.

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