Hätten Sie ihn erkannt? Den Blondschopf, der hier Martin Fenin beackert?
Hätten Sie ihn erkannt? Den Blondschopf, der hier Martin Fenin beackert?

Es war regnerisch und ungemütlich im Frankfurter Waldstadion an diesem 23. September 2008. Die Eintracht empfing den FC Hansa Rostock in der 2. DFB-Pokal-Runde und die Rollen waren klar verteilt. 18.300 Zuschauer sahen einen mauen Kick und ließen ihrem Unmut schon frühzeitig in Form von Pfiffen freien Lauf. Die Diskussion Caio oder Alex Meier erreichte zu diesem Zeitpunkt bereits ihren Höhepunkt und der Schuldige dafür, dass der Brasilianer nicht wie gewünscht zur Entfaltung kam, war ausgemacht: Trainer Friedhelm Funkel. In diesem Spiel brachte er Caio zur Halbzeit – und der Frankfurter Rekordeinkauf verschoss beim Stand von 1:1 in der Nachspielzeit einen Foulelfmeter. Die Folge: Rostock erzielte in der Verlängerung den Siegtreffer und triumphierte.

Ein Name, der damals auf dem Spielberichtsbogen und in der Startelf auftauchte, war wohl nur Insidern bekannt. Bastian Oczipka hieß der damals noch 19 Jahre alte Linksverteidiger. „Das werde ich nie vergessen“, erzählt er im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“. Inzwischen ist Oczipka 27 Jahre alt, ein gestandener Akteur mit 124 Bundesligaspielen für die Eintracht im Gepäck. Bei den Hessen zählt er nach über vier Jahren inzwischen zu den alten Hasen, nur Alex Meier und Bamba Anderson tragen das Trikot mit dem Adler auf der Brust noch länger. Oczipka fühlt sich sichtlich wohl in der Mainmetropole, obwohl es neben Höhen auch Tiefen gab. Derzeit überwiegt jedoch klar das positive Gefühl.

Oczipka bremst die Erwartungen des Umfelds bei Barkok

21 Punkte nach elf Spielen, fernab jeglicher Abstiegsangst und im Achtelfinale des DFB-Pokals: Bei der Eintracht läuft es so rund wie lange nicht mehr. Trainer Niko Kovac hat in kürzester Zeit an vielen Stellschrauben gedreht. 14 Tore wurden von zehn verschiedenen Schützen erzielt, dazu gab es erst neun Gegentore. Gegen den SV Werder Bremen durfte gar ein Bundesligadebütant treffen und sich in den Eintracht-Geschichtsbüchern verewigen: Aymen Barkok. „Das Tor ihm Auftrieb und Rückenwind geben, jetzt wird er erst so richtig reinkommen, er hatte ja vorher mehr oder weniger nur mittrainiert“, sagt Oczipka zu dem Raketenstart des 18-Jährigen. Er bremst allerdings zugleich die Erwartung: „Das muss man schon alles relativieren. Er wird jetzt in Zukunft sicher seine Einsätze bekommen, und dann liegt es an ihm, ob er sich behaupten und beweisen kann.“

Oczipka selbst hat diesen mühsamen Weg zwar hinter sich – und doch erlebte auch er noch im etwas gesetzteren Fußballeralter in diesem Sommer einen Neustart. Die vergangene Spielzeit lief bei ihm vieles mächtig schief. Er wurde häufig überrannt, spielte katastrophale Fehlpässe und entwickelte keinerlei Zug zum gegnerischen Tor. „In der letzten Saison war komplett der Wurm drin“, gibt der Linksfuß zu. Vergessen ist diese schwierige Phase, die letztendlich wohl dazu führte, dass heute „alle ein, zwei oder drei Prozent mehr geben“, wie Kovac bei der letzten Presserunde mutmaßte. Dazu kamen Neuzugänge, die für eine neue Mentalität sorgten und den Konkurrenzkampf deutlich erhöhten. Der Coach kann inzwischen rotieren und einigermaßen verkraften, dass zehn Akteure verletzungsbedingt ausfallen oder ein wichtiger Akteur wie Omar Mascarell seine Gelbsperre absitzen muss.

Die Eintracht als eklig zu bespielender Gegner

Die entscheidenden Veränderungen gab es allerdings im konditionellen und taktischen Bereich. Die Eintracht wirkt unberechenbar, sie beherrscht verschiedene Systeme und Varianten, die den Gegner immer wieder vor Probleme stellen. Dazu ist das Team topfit, was sich auch bei Oczipka auf die Leistung auswirkt. Die Frankfurter sind ein eklig zu bespielender Gegner, sie ist das, worauf die andere Mannschaft wenig Lust hat – bissig, laufstark, kompakt stehend und in der Lage dazu, in der Schlussphase noch einmal das Tempo zu erhöhen. Der Glaube an sich selbst spielt dabei eine wichtige Rolle, ferner kommt den beiden Außenverteidigern das neue System mit Dreierkette, die sich zu einem Fünferblock in der Arbeit gegen den Ball formiert, entgegen. „Wir stehen in der Defensive sehr stabil. Das hat uns in den letzten Jahren immer so ein bisschen gefehlt. Wir standen als Mannschaft nicht so gut, und die Abwehrspieler waren da oft das schwächste Glied in der Kette“, erinnert sich Oczipka an die Zeit, als auch er häufig im Blickpunkt der Kritik stand, zurück.

Auch Bastian Oczipka war in dieser Saison schon einmal für die Eintracht erfolgreich.
Auch Bastian Oczipka war in dieser Saison schon einmal für die Eintracht erfolgreich.

Dabei hat sich das Pensum für ihn und Timothy Chandler fast verdoppelt. Die beiden sind nicht nur für die Verteidungsarbeit verantwortlich, sondern schieben auch als offensive Flügelspieler permanent das Spiel nach vorne mit an. „Die Laufarbeit ist sehr intensiv, weil man zwei Positionen spielen muss“, so Oczipka. Bislang gelingt es dem Duo allerdings prächtig, wie die SGE4EVER.de-Durchschnittsnoten für ihn (3,08) und Chandler (2,73) zeigen. Nicht ganz so holperfrei läuft die Spielzeit bislang für Meier. Der Kapitän erzielte zwar schon vier Treffer, an seinem jahrelangen Status als unumstrittener Stammspieler wurde jedoch etwas gekratzt. Außer in der Medienlandschaft mag allerdings keine Unruhe aufkommen. „Ich sehe das nicht so dramatisch. Wir alle wissen, was wir an Alex haben“, stellt sich Oczipka hinter den Kapitän und hebt dessen Qualitäten hervor: „Er wird uns immer wieder helfen, weil er eine extreme Torgefahr ausstrahlt. Und wenn er auf der Bank ist, hat man auch ein ganz gutes Gefühl, weil man weiß, dass man nachlegen kann.“

Oczipka fordert: „Wir müssen eine Stabilität entwickeln!“

Gegen Borussia Dortmund am heutigen Samstagnachmittag wird der Frankfurter Toptorjäger höchstwahrscheinlich wieder von Beginn an auflaufen. Es wartet ein selbstbewusster Gegner, der die letzten drei Partien gewann, 14 Tore erzielte und am Dienstag in der Champions League einen 8:4-Rekordsieg gegen Legia Warschau feierte. Oczipka lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen: „Wir haben es gegen die großen Mannschaften hier zu Hause gut gemacht, auch gegen Bayern. Wir wissen, dass alles passen muss gegen Dortmund.“

Die aktuelle Form und der Verlauf der bisherigen Saison beweist jedoch, dass sich das Team nicht klein machen muss. Oczipka rechnet sich durchaus Chancen aus und blickt weiter voraus. „Wir müssen jetzt so viele Punkt wie möglich mitnehmen. Wir wissen, dass wir gerade einen Lauf haben. Wir wollen uns festsetzen“, so der Linksverteidiger, der dennoch die unteren Plätze nicht aus den Augen verliert und vor anderen Zeiten warnt: „Gerade nach der Winterpause, wenn es gegen Leipzig und andere Hochkaräter auswärts geht. Da kann man auch schnell in einen kleinen Negativtrend kommen.“ Das Rezept, damit dies nicht passiert, gibt es bereits: „Wir müssen eine Stabilität entwickeln. Und ich glaube, dass wir da auf einem ganz guten Weg sind.“

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4 Kommentare

  1. Ich hoffe, wir merken heute nicht, wie wichtig Omar für unser Spiel ist. Das ist meines Erachtens ein herber Ausfall. Bin gespannt, wie da umgestellt wird.

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  2. Otsche ist wie Omar vor allem stark in seiner Raumaufteilung. Während Innenverteidiger Manndeckung und Zweikampfstärke als erstes können sollten, sollten die anderen defensiven Akteure in der Abwehr und im Mittelfeld den Raum ’spielen‘ können. Und dazu muss die Mannschaft passen. Das hat Kovac super hinbekommen. Denke das es deswegen diese Jahr so gut klappt.

    Bin auch gespannt wie Kovac den Ausfall von Omar kompensiert. Mein Bauchgefühl sagt mir viele Tore mit einem Sieg für uns : 3 : 2

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  3. Das würde ich sofort unterschreiben. In meinem nächtlichen Traum bin ich beim Stand von 8:8 aufgewacht… Nach 5:1 Führung für die Eintracht:-)

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  4. @3 Respekt vor deinen Träumen 😀 Das muss man sich erstmal erabeiten, so Träume.. 🙂

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