Hoffentlich in der Rückrunde wieder am Ball: Marc Stendera.
Hoffentlich in der Rückrunde wieder am Ball: Marc Stendera.

Mit dem Amtsantritt des neuen Sportvorstands Fredi Bobic hat sich in diesem Sommer vieles bei Eintracht Frankfurt verändert. Bobic hat der SGE gemeinsam mit Sportdirektor Bruno Hübner und Trainer Niko Kovac ein neues Gesicht gegeben. Auch wenn der Coach der Hessen immer wieder Demut von seinen Spielern und dem Umfeld einfordert, um nicht zu vergessen, dass man sich in der vergangenen Spielzeit nahe am Abgrund befunden hat, so tendiert man doch im Umfeld dazu, die Erlebnisse der letzten Rückrunde zu verdrängen. Diese Verdrängung führt dazu, dass man schnell auch mal vergisst, dass das Relegations-Rückspiel am 23. Mai neben der großen Erlösung auch eine tragische Figur hervorbrachte: Eintracht-Eigengewächs Marc Stendera.

Nach Jugendstationen beim OSC Vellmar und dem TSV Heiligenrode kam Stendera 2010 in die U17 von Eintracht Frankfurt. Seine guten Leistungen in der A- und B-Junioren Bundesliga Süd/Südwest blieben nicht unentdeckt und so konnte er bereits in der Rückrunde der Saison 2012/2013 sein Bundesliga-Debüt feiern und schaffte es bereits auf fünf Einsätze. Zu diesem Zeitpunkt war der zentrale Mittelfeldspieler gerade einmal 18 Jahre alt. Mittlerweile kommt der heute 20-Jährige bereits auf 62 Bundesliga-Einsätze, was ihn in seinem jungen Alter schon sehr erfahren macht. Insgesamt hat er inzwischen fünf Tore und acht Assists in seiner Bundesliga-Vita stehen. Gerade in der letzten Saison – in der schon mancher Fan einen schlimmen Ausgang der Saison erahnen konnte, da die Auftritte des Teams oftmals lethargisch und lustlos wirkten – war es Stendera, der sich als oftmals jüngster Spieler auf dem Platz, als ein echter Leader herauskristallisierte. Es war erstaunlich mit welcher Power er sich gegen die Niederlagen stemmte und wie er immer wieder versuchte, die Mannschaft mitzureißen und wachzurütteln. Natürlich gelang auch ihm in der vergangenen Saison nicht alles, aber man merkte in jedem Spiel, wie sehr sein Herz an Eintracht Frankfurt hängt und wie der drohende Abstieg ihn belastete.

Ohne Rücksicht auf das eigene Verletzungsschicksal: Marc Stendera mit Krücken in der Fankurve.
Ohne Rücksicht auf das eigene Verletzungsschicksal: Marc Stendera mit Krücken in der Fankurve.

Sinnbildlich dafür waren die Szenen nach dem 1:0-Erfolg im Relegations-Rückspiel in Nürnberg. Stendera, der im Rasen hängen blieb und früh ausgewechselt werden musste, humpelte mit Krücken in die Fankurve und feierte ohne Rücksicht auf das eigene Schicksal den Nichtabstieg. In diesem Augenblick wusste er längst, dass etwas Schlimmes passiert war, wie er auch im Interview bestätigte: „Ich wusste es direkt. Dass es jetzt das Kreuzband ist, das war nicht direkt klar. Ich hatte eher gehofft, dass es etwas mit dem Innenband ist, weil ich im Innenband auch Schmerzen hatte, aber leider hat sich dann ja schnell rausgestellt, dass es das Kreuzband war. Natürlich war ich sehr traurig darüber, dass ich raus musste und dass ich schon das Gefühl hatte, dass es was Schlimmeres ist, aber im Vordergrund stand für mich erst einmal, dass wir die Liga halten.“

Nun, gute fünf Monate später, ist die Reha im vollen Gange. Nahezu täglich befindet sich der Mittelfeldspieler von 10 Uhr bis etwa 15 Uhr im Sportzentrum: „Es geht mir gut. Ich liege voll im Plan. Das Knie macht ganz wenig Probleme, fast gar keine. All die Übungen, die ich machen kann, kann ich ordentlich durchziehen. Ich bin vollkommen zufrieden“, berichtete der 20-Jährige. Aktuell befindet er sich absolut im Zeitplan und glaubt sogar, dass er schon etwas weiter ist, als er zum jetzigen Zeitpunkt sein müsste: „Es gibt einen Isokinetiktest, den wir in der Reha durchführen. Anhand des Tests kann man sehen, wie viel Power der Muskel hat. Ich bin da wirklich schon relativ weit. Vielleicht schon weiter, als es sein sollte. Das ist aber auch eine Gefahr. Man sollte nicht übertreiben, sondern kontinuierlich weitermachen“, so der in Kassel geborene Bundesliga-Profi. Inzwischen kann der Mittelfeldregisseur sogar schon wieder lockeres Lauftraining auf dem Laufband absolvieren und macht zusätzlich viel Krafttraining: „Die Kraft ist für die Verhältnisse schon echt gut“, freut sich Stendera.

Sein Ziel ist weiterhin das Trainingslager zur Rückrunde: „Ich hoffe einfach, dass ich ins Trainingslager mitfahren kann. Ob es dann schon dafür reicht, dass ich ins Mannschaftstraining einsteige oder nicht, das ist jetzt schwer vorherzusagen. Natürlich würde man gerne einsteigen, um in der Rückrunde nicht von 0 auf 100 zu starten.“ Überstürzen möchte es der 20-Jährige trotzdem nicht und hält sich deshalb strikt an die Anweisungen des Arztes, wie er berichtete: „Man sagt zwar immer sechs Monate, aber im OP-Bericht steht zum Beispiel, dass der Arzt einen vor sieben oder acht Monaten gar nicht freigibt für das Mannschaftstraining. Auch wenn man vielleicht denkt, dass man schon so weit ist oder alle Tests danach aussehen, dass man soweit ist, hat es ja einen Sinn, dass es da drinsteht. Von daher richte ich mich auch danach.“ Eine Rückkehr in diesem Jahr ist damit gänzlich ausgeschlossen.

Für den Youngster ist es inzwischen der zweite Kreuzbandriss in seiner noch jungen Karriere, jedoch hilft die „Reha-Erfahrung“ nicht unbedingt in dieser schweren Zeit weiter, sondern ist eher ein Nachteil: „Einerseits weiß man zwar was auf einen zukommt. Andererseits ist es aber nicht einfacher, wenn man es weiß. Ich finde es ist eigentlich sogar schwerer, weil man weiß, was auf einen zukommt und wie man sich wieder quälen muss“, schilderte der gebürtige Kasseler. Trotzdem kämpft der Mittelfeldregisseur täglich für seine Rückkehr: „Es ist einfach eine Zeit, durch die man durch muss und die nicht schön ist. Aber wenn man sich darüber noch so viele Gedanken macht – man muss es einfach so angehen, dass man es mit Ehrgeiz macht und dann einfach versuchen, so schnell wie möglich zurückzukommen. Mir bleibt ja auch nichts anderes übrig. Ich muss es ja irgendwie durchziehen. Ich muss versuchen, den ganzen Rest auszublenden und einfach schauen, dass mein Knie wieder gut wird“, so der 20-Jährige.

Die Verlängerung des Vertrages war eine große Stütze für Marc Stendera. Die Eintracht-Verantwortlichen stehen voll hinter ihm.
Die Verlängerung des Vertrages war eine große Stütze für Marc Stendera. Die Eintracht-Verantwortlichen geben ihm alle Zeit für seine Genesung.

An zukünftige Probleme durch seine Verletzungshistorie verschwendet das Mittelfeld-Talent keinen Gedanken, sondern konzentriert sich voll auf die Reha: „Ich freue mich einfach irgendwann wieder mit der Mannschaft trainieren zu können.“ Viel Kraft und Ruhe hat dem Frankfurter auch die Verlängerung seines Vertrages gegeben, wie er erzählte: „Es hilft extrem, wenn man weiß, dass man Vertrauen vom Verein bekommt. Gerade wenn der Vertrag noch verlängert wird und man weiß, man muss jetzt nicht so schnell wie möglich zurückkommen, weil der Vertrag ausläuft und man unbedingt was zeigen muss. Stattdessen hat man viel Ruhe, die einem gegeben wird. So kann man sich wirklich konzentriert darauf vorbereiten, irgendwann zurückzukommen. Das ist natürlich wichtig, gerade für einen jungen Spieler.“

Der Mittelfeldspieler ist bei jedem Heimspiel im Stadion und freut sich über die bisherigen Auftritte seiner Mannschaftskollegen: „Das machen die Jungs bis jetzt echt gut. Klar gibt es mal Spiele, wie in Freiburg, in denen mal nicht alles klappt. Das ist aber normal. Ich glaube, bis jetzt haben sie es sehr ordentlich gemacht. Jetzt gegen Bayern haben sie es auch besonders gut gemacht. Ich freue mich, dass wir schon ordentlich Punkte geholt haben und ich hoffe, dass es einfach so weitergeht und dass die Jungs jede Woche zeigen, dass sie wirklich fit sind und was in ihnen steckt.“ Bleibt zu hoffen, dass Stendera in der Rückrunde auch endlich wieder am Ball sein kann und die Reha weiterhin nach Plan verläuft.

- Werbung -

Keine Kommentare

- Werbung -