Sportdirektor Bruno Hübner (l.) steht voll und ganz hinter seinem Coach Niko Kovac.
Sportdirektor Bruno Hübner (l.) steht voll und ganz hinter seinem Coach Niko Kovac.

Stellen wir uns doch einmal vor, wir wären nach dem Spiel gegen den SV Darmstadt 98 zum urlauben auf eine einsame Insel geflogen und hätten uns für rund zwei Monate von allen Kommunikationsmöglichkeiten verabschiedet. Kein Smartphone, Fernseher oder Laptop. Die Frankfurter Eintracht rangierte Anfang Februar nach einem 2:0-Heimsieg im Hessenderby auf Rang Drei und die Europapokaleuphorie nahm fast schon hysterische Züge an. Der Blick auf die Tabelle nach der zweimonatigen Abstinenz würde somit wohl zu einem tiefen Stirnrunzeln und automatisch zu der Frage führen: Ist Niko Kovac noch der richtige Coach für die Hessen?

Die Bilanz der vergangenen neun Partien liest sich ganz nüchtern betrachtet besorgniserregend: Drei Unentschieden, sechs Niederlagen, 3:15 Tore, drei von 27 Punkten, ein mühsames 1:0 im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Arminia Bielefeld und somit das Abrutschen von Platz Drei auf Neun. Die Abstiegszone ist weiterhin auf dem Radar, wie Sportdirektor Bruno Hübner im Gespräch mit „Bild“ bestätigte: „Du musst dir immer Gedanken machen. So stabil sind wir noch nicht.“ Aktuell haben die Hessen sechs Spieltage vor Ende der Spielzeit neun Punkte Vorsprung auf Relegationsrang 16 und deren zehn auf den ersten direkten Abstiegsplatz.

Erste Anhänger haben daher am Freitagabend, als die Partie gegen den SV Werder Bremen mit 0:2 in die Kabine ging, ihrem angestauten Frust Luft gemacht und Kovac vor allem in den sozialen Netzwerken angezählt, selbst das Endergebnis von 2:2 sorgte nicht für große Zufriedenheit. Dabei haben die Ergebnisse haben viele, für den Trainer schwer zu steuernde Ursachen. Seine Mannschaft agierte phasenweise übermotiviert und hatte die Nerven nur schwer im Griff, wie zu viele Gelbe Karten und Platzverweise belegten, ferner fielen Stück für Stück Leistungsträger verletzungsbedingt aus und dazu gesellte sich noch noch eine „Tor- und Ergebniskrise“, wie Axel Hellmann die 486 Minuten lange Trefferlosigkeit beschrieb, hinzu. Hübner hat daher keine Angst, dass etwas an Kovac hängen bleibt, wenn alle vom Umfeld aufgebauten Träume platzen: „Überhaupt nicht! Dass in der Öffentlichkeit vielleicht diskutiert wird, habe ich an meiner Person erlebt. Aber intern Nullkommanull!“

Der Sportdirektor plant bereits die kommende Saison zusammen mit dem Übungsleiter, von dem er weiterhin sehr viel hält: „Ich bleibe dabei: Niko hat eine große Trainer-Karriere vor sich!“ Die Eintracht steht nach 28 Spielen auf dem Rang, den sie in der Summe wohl auch zurecht belegt. In der Hinserie liefen viele Partien so ab, dass den Hessen zur richtigen Zeit der entscheidende Treffer gelang und so auch schwächere Leistungen kaschiert werden konnten. In der Rückserie kamen jedoch viele Faktoren zusammen, die aufzeigten, wie schwierig und hart der Weg in die obere Tabellenhälfte tatsächlich ist. Die Ergebnisse drückten zwar nicht immer das aus, was der Zuschauer zu sehen bekam – und dennoch basiert das Abrutschen in der Tabelle nicht nur auf Zufall oder unglücklichen Umständen.

Es zeigte sich deutlich: Noch fehlen dem Kader Breite und Qualität auf entscheidenden Positionen. Branimir Hrgota und Ante Rebic liefern viele gute Ansätze ab, lassen allerdings vor dem gegnerischen Tor die letzte Konsequenz vermissen, auch Danny Blum konnte in der Rückrunde bei seinen wenigen Einsätzen in der Bundesliga noch keine Spuren hinterlassen. Immerhin steht die Defensive stabil und sollten die Vertragsverlängerung von Lukas Hradecky und eine Erweiterung des Leihgeschäfts bei Jesús Vallejo zustandekommen, dann kann der Fokus intensiv auf die Verstärkung der Offensivabteilung gerichtet werden. Ob auf den Flügeln, im Angriff oder im zentralen Mittelfeld: Auf vielen Postionen haben die Frankfurter ihre Schwächen, die es in den nächsten Spielzeiten konsequent auszumerzen gilt.

Eine Qualifikation für die Europa League könnte helfen, den finanziellen Freiraum weiter zu vergrößern. Hellmann ließ bereits durchblicken, dass der Gürtel nicht mehr ganz so eng geschnallt werden muss, wie es im vergangenen Sommer der Fall war. Vor einem Jahr standen die Verantwortlichen in der Pflicht, einen Überschuss in Millionenhöhe zu erzielen. Davon konnte sich die Eintracht nach der Last-Minute-Rettung jedoch erholen. Für Hübner und Co. gilt dennoch weiterhin, dass sie Fantasie und Kreativität bei der Suche nach neuen Akteuren zeigen müssen. Gestandene Bundesligaspieler oder bereits von anderen Klubs erspähte Toptalente sind derzeit jedenfalls noch unbezahlbar für die Eintracht.

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6 Kommentare

  1. Die Quali für die EL könnte den finanziellen Freiraum vergrößern. Da muss ich doch emol e bissi lache. Sollten wir tatsächlich in die EL stolpern, woran ich nicht glaube, muss man den Kader nicht nur qualitativ pimpen, sondern auch noch in der Breite aufstellen. Wohin das führt, haben diverse Vereine, die z.T. nicht mehr, oder bald nicht mehr in Liga 1 spielen, gezeigt. Bitte Platz 10 oder 11 und Pokalfinale und ich bin ein zufriedener Fußballkonsument.

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  2. Hübner wollte Kovac. Er hat ihn geholt.
    Er würde sich selbst schaden, wenn er Kovac kritisieren würde oder mehr.

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  3. „Immerhin steht die Defensiv stabil“ muss heißen: stand. Denn so stabil wie in der Vorrunde steht sie nicht mehr, wie jedes einzelne Gegentor der vergangenen Woche gezeigt hat. Diese Fehler dürfen beim Pokalhalbfinale nicht passieren. Hecking hat in Frankfurt erst mal üben lassen, wie Gladbach die Null hält, was ihm mit Glück gelungen ist. Dann hat er sich in Köln, wo er auf den Rängen saß, zeigen lassen, wo bei uns Löcher sind. Und Werder hat das nochmal bestätigt. In der Hinsicht muss etwas passieren, wenn die Fahrt nach Berlin gelingen soll.

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