Lukas Hradecky gibt immer wieder die Richtung vor und ist ein wichtiger Faktor im Abstiegskampf.
Lukas Hradecky gibt immer wieder die Richtung vor und ist ein wichtiger Faktor im Abstiegskampf.

Kaum jemand hatte es mitbekommen, dass die Parade von Lukas Hradecky, die im Bereich der „Weltklasse“ angesiedelt werden konnte, eigentlich ein Muster ohne Wert war. Der Finne lenkte den kraftvollen Kopfball von Mats Hummels kurz nach Wiederanpfiff aus kürzester Distanz an das Lattenkreuz – doch einen kurzen Moment zuvor ertönte bereits der Pfiff des Schiedsrichters, der auf Foulspiel des Dortmunder Abwehrspielers erkannte. Hradecky freute sich dennoch, den Ball gehalten zu haben, wie er im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau zugab: „Für mich und das Selbstvertrauen war es dennoch wichtig.“ Die Nummer 1 der Eintracht erlebte einen schwierigen Nachmittag gegen den neuen Vizemeister. Die Borussia drückte permanent und spielte wie eine Handballmannschaft um den Strafraum der Hessen, die den Bus vor dem Tor geparkt haben, herum. „Es war nicht leicht, 90 Minuten konzentriert zu bleiben“, so Hradecky ehrlich.

Die Mauer der Hessen hielt stand und feierte anschließend erleichtert einen Dreier, den nur die wenigsten einkalkuliert hatten. Es ist das Ergebnis der harten Trainingsarbeit auf dem Platz, die sich peu á peu auszuzahlen scheint. Der Schlussmann bekommt seitdem weniger zu tun, die Mannschaft agiert kompakter und stemmt sich gemeinsam gegen den drohenden Abstieg. Dahinter steckt nicht nur Zufall, wie Hradecky erkannt hat: „Nein, man muss auch sehen, was das neue Trainerteam bewirkt und welche Energie es uns gegeben hat.“ Als Nachtreten gegen den ehemaligen Coach möchte er dies allerdings nicht verstanden wissen: „Ja, aber noch mal: Das soll nichts gegen Armin Veh sein. Beide haben einfach einen unterschiedlichen Stil.“

Der von Kovac scheint den Frankfurtern aktuell besser zu stehen. Der Übungsleiter steht für Disziplin und gegenseitigen Respekt: „Niko Kovac ist halt auch so ein Typ, der viel fordert und viel einfordert. Dafür steht er, das lebt er vor. Er hat die Zügel schon angezogen.“ Und erntet jetzt die ersten Früchte. Dabei sahen die Hessen bereits wie ein sicherer Zweitligist aus, nachdem 0:3 bei Bayer 04 Leverkusen verloren wurde. Doch dann kam acht Tage später das Nachbarschaftsduell gegen den 1. FSV Mainz 05 und die Wiederauferstehung einer bereits totgesagten Mannschaft.

Es war der Anfang einer Siegesserie, die sich in den darauffolgenden Wochen fortsetzte und aktuell Platz 15 beschert. Der neu geschaffene Zusammenhalt ist ein wichtiges Fundament für die maximale Punktausbeute aus den vergangenen drei Begegnungen. „Genau in solchen Spielen wie gegen Mainz und Darmstadt oder auch in diesem Verteidigungskampf gegen Dortmund braucht man diesen Teamgeist und die Bereitschaft, sich für den anderen zu opfern“, sieht Hradecky diese Eigenschaften als Grundstein für die Erfolge. Hieß es vor Wochen noch, dass diese Mannschaft keinen Teamgeist und Spirit habe, hat sich der Eindruck nun umgekehrt. „Elf Freunde müsst ihr sein“, hieß es das Jugendbuch von Sammy Drechsler im Jahr 1955.

„Man spielt lieber mit guten Freunden zusammen.“

Russ und Hradecky sind Stützen im Abstiegskampf.
Russ und Hradecky sind Stützen im Abstiegskampf.

Die Spieler stellten – in Anlehnung an diese Lektüre – Eitelkeiten zurück. Die Teamabende, der letzte fand am gestrigen Mittwoch statt, waren ein voller Erfolg, Hradecky erzählt, dass der größte Teil des Kaders anwesend war: „Es sind nicht immer alle da, einige haben Kinder oder mal eine andere Verpflichtung. Aber wir waren immer über 20 Spieler. Das ist schon beachtlich.“ Zusammen Fußball schauen, etwas essen, miteinander sprechen und „ein Weizen“ trinken – das Erfolgsrezept im Abstiegskampf? Für den Torhüter sind diese Faktoren unentbehrlich, um die schwierige Situation zu meistern: „Es ist für den Teamspirit einfach wichtig, dass man zusammensitzt und füreinander da ist. Das glaube ich auf jeden Fall. Denn klar ist auch: Man spielt lieber mit guten Freunden zusammen.“

Hradecky, der vor der Saison für 2,5 Millionen Euro kam, hat die Lücke, die der Abgang von Kevin Trapp gerissen hat, schnell geschlossen. Der 26-Jährige, der auch beim Eishockey eine prima Figur abgibt, überzeugte nicht nur mit starken Paraden und fußballerischer Klasse. Er hat die Leute im Verein mit seiner lockeren und humorvollen Art eingenommen. Der Finne mit slowakischen Wurzeln war es, der sich in der schwierigen Phase zum Verein bekannte und sagte, dass er mit in die 2. Liga gehen werde, wenn es schief gehen sollte. Hradecky bekräftigte dieses Aussage noch einmal: „Da geht es ja auch um Verantwortung. Ich bin ein großer Teil dessen, was passiert ist. Natürlich könnte jemand Interesse an mir haben, aber grundsätzlich steht meine Aussage dazu.“

Doch so weit muss es nicht kommen. Mit einem Punktgewinn am Wochenende gegen den SV Werder Bremen ist der Verbleib in der 1. Bundesliga gesichert. Hradecky möchte einfach nur noch, „dass Samstag vorbei ist.“ Das Team sei freilich inzwischen mental viel stärker und gefestigter. Selbst der Relegationsplatz, der vor drei Wochen noch als das höchste der Gefühle galt, wäre inzwischen eine Enttäuschung. Die Eintracht möchte in Bremen die Ziellinie überqueren und dann feiern – auch wenn es noch keine konkreten Planungen dazu gibt.

Der Schlussmann weiß, was ein Verbleib in der Beletage für die Region bedeuten würde: „Wir haben den tollsten Beruf der Welt. Hier vor 52 000 Leuten zu spielen, für diese Stadt, für diesen Verein, für diese Menschen, und sie jetzt hoffentlich glücklich zu machen – so etwas zu erleben, das ist das Beste, was es gibt. Das bedeutet mir alles. Das können Sie mir glauben. Wenn wir es schaffen sollten, würde sich das wie eine Meisterschaft anfühlen. Wenn du oben mitspielst, hast du ja positiven Druck. Aber in der Liga zu bleiben, da geht es um viel mehr.“

Durchschnittsnote 2,5: Hradecky überzeugt!

Am Samstag wollen die Fans den Klassenerhalt feiern.
Am Samstag wollen die Fans den Klassenerhalt feiern.

Sollte die Eintracht doch den Weg in die zweite Liga antreten müssen, war dies am wenigsten die Schuld des Torhüters, der von den SGE4EVER.de-Usern mit einer starken Durchschnittsnote von 2,5 bewertet wurde. Hradecky überzeugte mit konstant guten Leistungen und hielt die Hessen mit tollen Paraden oft im Rennen. Seine Patzer kamen meist dann – die 0:3-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach einmal rausgenommen – wenn die Niederlage schon besiegelt war. Der Sprung nach Deutschland ist dem Blondschopf überraschend schnell und scheinbar problemlos gelungen. Er selbst sieht sich nicht als Lautsprecher und ist froh, dass mit Marco Russ ein Akteur in der Kabine sitzt, der diese Rolle übernimmt. Dies sei wichtig für die Mannschaft, die so lange verunsichert auftrat und der so wenig gelang.

Am Samstag gilt es, den letzten Schritt zu machen: „Wir müssen es jetzt schaffen, dann können wir zwei Wochen mal abschalten, doch dann sollten wir uns wieder fokussieren – nicht, dass wir noch mal in solch eine Situation kommen.“ Hradecky versucht, das Positive aus dieser verkorkst verlaufenden Spielzeit herauszuziehen: „Man sagt ja, dass eine Mannschaft eine schwierige Phase durchstehen muss, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Ich hoffe, dass das stimmt.“

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14 Kommentare

  1. Lukas ist einer der besten (wenn nicht der beste) Käufe in den letzten Jahren.
    Super Saison – sympatisch – authentisch – null arrogant – intelligent – demütig.
    Da können sich viele unserer Schnitzel- Kicker eine große Scheibe abschneiden.

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  2. Ich habe diese geile Parade beim Kopfball von Hummels nicht übersehen und ich habe auch nicht verstanden, warum man immer wieder diese Aktion in der Wiederholung auf dieses Foul reduzierte. Die eigentliche Glanztat war nämlich in der Tat die Reaktion von Lukas, aber da hat der Kommentator nicht ein Wort drüber verloren. Keine Ahnung, wo Lukas diesen Reflex hergeholt hat, aber er war auf jeden Fall geil.

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  3. Lukas … einfach am Samstag zu null spielen und alles wird gut.

    Wie hoch ist denn etwa die Mehreinnahme, wenn wir Relegation spielen sollten? Könnten wir davon die Nichtabstiegsprämie der Kovac-Brüder und ein Jahresgehalt von Armin Veh bezahlen? Dann sollten wir uns das vielleicht mal überlegen. 🙂

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  4. Sollten wir nicht. Wenn wir am Samstag gewinnen und Hoffe sowie berlin verlieren , gewinnen wir 1-2 Plätze beim Fernsehgeld-Topf. Ist mehr Wert 😉

    Und Relegatio, das will doch keine Sau…..auer Nürnberg und Stuttgart 😉

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  5. Sollten die Tickets für eine evtl. Relegation nicht quasi Umsonst sein? Denke da wird der Verein nichts gewinnen – Ein Sieg wäre mir lieber, dann muss ich nicht so lange zittern. danke! 😀

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  6. @ Joe Das überzeugt mich. Also tüten wir in Bremen was ein. Die Null darf trotzdem stehen.

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  7. Zur Null ein paar Fakten von sportschau.de

    Zu Null: Hradetzky 8 Spiele Wiedwald 1
    Zahl der Gegentore Hradetzky 51 Wiedwald 65
    Torschüsse gehalten Hradetzky 71 Prozent Wiedwald 62
    Glanzparaden Hradetzky 12 Wiedwald 3

    Auch bei den Ballkontakten und den angekommenen Abwürfen/Abstoß/Abschlag/Pässe ist Lukas deutlich besser

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  8. @Joe:

    Danke, schöne Statistik! Aber BITTE: Hradecky!!! Mit TZ viermal hintereinander tut das echt in den Augen weh 😉

    Zu Lukas: Echt ein super Typ. Hat den Abgang von Trapp sehr schnell vergessen gemacht. Klar war Kevin auch unser Captain, aber fußballerisch gefällt mir Hradecky sogar besser. Und menschlich macht er einen super netten, lockeren, loyalen und bodenständigen Einduck. Einer der besten Transfers unter Hübner.

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  9. Sorry, hast recht. H R A D E C K Y . Ich schreib den Namne so selten, ist halt der Lukas;-)

    Wir wären mit Kevin happy und sind es mit Lukas. DIe geben sich nix, und sind beide einwandfreie Jungs.

    In der Tat sind das gute Transfers. In dieser Saison gehört auch Abraham dazu. Auch die Tatsache das beide mit in die zweite gegangen wären, spricht für sie. Ben Hatira hat das ja nicht gewollt.

    Was jetzt zählt ist morgen. EIn Sieg.

    Und dann Miro als Sportvorstand statt Bobic. Mit Spielerpass bei uns, wenns mal notwendig ist 😉

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  10. Viele tippem auf Bremensieg am Samstag.
    Grund. Heimvorteil. Eben im Radio den Owomoyela? (Evtl falsch geschrieben) dazu gehört.
    Den zeigen wir es am Samstag was unsere Mannschaft kann.

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  11. Sind meisten die, die wie er da auch gespielt hatten. Iron Mike hat auf Spox gesagt, dass wir drin bleiben und Bremen die Relegation macht. Guter Mann 😉

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