BruchhagenDie Ära Heribert Bruchhagen bei Eintracht Frankfurt nähert sich mit großen Schritten dem Ende zu. Im österreichischen Windischgarsten besuchte der Vorstandsvorsitzende der Hessen sein letztes Sommertrainingslager. Eine „lame duck“ wird der 66jährige aber auch in seinen letzten 12 Monaten als Verantwortlicher bei Adlern nicht werden. Die Gedanken an einen ruhigen Ruhestand sind noch weit entfernt, wie er im Gespräch mit der „DPA“ verriet: „Die Alltagsgeschäfte laufen wie immer.“ Erst wenn ein Nachfolger gefunden wurde, wird sich wohl das Gefühl, bald in Rente gehen zu dürfen, einstellen. Wann genau dieser allerdings gefunden werde, wisse er aber noch nicht. Eine lange Einarbeitung werde es jedoch nicht geben: „Das dauert vielleicht ein, zwei Wochen. Dann gibt man die Verantwortung ab.“ Bei Entscheidungen, die über die am 30.06.2016 endende Amtszeit hinausgehen, möchte sich Bruchhagen aber deutlich zurückhalten. Die Suche nach einem neuen Mann müsse der Aufsichtsrat ohne ihn angehen: „Vielleicht will der Verein etwas Neues machen, den Schwerpunkt mehr auf Internationalisierung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit legen. Es könnte sein, dass sich die Eintracht anders ausrichten möchte. Das muss Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing entscheiden.“

Die Bundesliga jedenfalls wird mit Bruchhagen einen Mann verlieren, der meinungsstark und immer selbstbewusst aufgetreten ist – und damit auch polarisiert hat. Die eine Seite vermisst den knorrigen Ostwestfalen schon heute und hat Angst, dass die Eintrachtführung wieder in alte Muster verfallen könnte. Für die andere Seite aber geht einer, der als reaktionär und bremsend wahrgenommen wird. Bruchhagen selbst bezeichnet sich einfach nur als knallharten Realistist, der von großen Träumen nicht viel hält. Auch bei der Formulierung der Ziele für die kommende Spielzeit wagt der erfahrene Vorstandschef daher keine großen Sprünge: „Wir müssen einfach anerkennen, dass die sechs großen Vereine – Bayern München, VfL Wolfsburg, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und Schalke 04 – das Tabellenbild vorne prägen werden. Da muss man kein Prophet sein. Dahinter bewegen sich sechs bis acht Traditionsvereine, die alle hoffen, dass das Pendel nach oben ausschlägt. Das heißt, die realistische Ränge liegen für Eintracht Frankfurt zwischen Platz neun und zwölf.“ Die sportlichen Resultate in der vergangenen Spielzeit (43 Punkte, Platz 9) hätten gestimmt. Und die aktuell so gute Stimmung, die seit der Verpflichtung von Armin Veh vorherrsche, bedeute nicht gleichzeitig, dass auch der erhoffte und erträumte große sportliche Erfolg automatisch einkehre.

BruchhagenDie Frankfurter befinden sich nämlich in einem ganz harten Kampf um die begehrten Plätze. Ob Köln, Hoffenheim, Bremen, Hannover oder auch Stuttgart und Hamburg – sie alle haben sich verstärkt und wollen ihre Vorjahresplatzierungen – wenmöglich sogar deutlich – übertreffen. Trotzdem äußert Bruchhagen den großen Wunsch, möglichst viele Spiele auf seinem Tribünenplatz bis zum Ende mitzuerleben. In der Abstiegssaison 2011 verzog er sich häufig in die Stadionkatakomben, weil er es auf seinem Platz nicht mehr aushielt. Sollten die Hessen also im gesicherten Mittelfeld landen, wäre Bruchhagen sicherlich hochzufrieden. Mit Freude blickt der Vorstandschef dabei auf das Hessenderby gegen den SV Darmstadt: „Das ist in unserem Sinne. Die Partie wird sicherlich ausverkauft sein. Gegen Paderborn war das nicht so. Es ist also auch wirtschaftlich interessant. Sportlich sind die Darmstädter in der Liga krasser Außenseiter. Das wissen sie auch selbst.“

Von diesem Status ist der andere Nachbar inzwischen weit entfernt. Der 1. FSV Mainz geht in seine siebte Bundesligaspielzeit in Folge. Und immer wieder werden die Rheinlandpfälzer, die auch in diesem Sommer zwei ihrer Topspieler wieder für viele Millionen verkauften, als großes Vorbild bezeichnet. So sehr Bruchhagen dem Rivalen aus dem angrenzenden Bundesland den Erfolg auch gönnt, stellt er klar: „Es muss immer unser Ziel sein, die Mainzer zu überflügeln. Das ist der Anspruch von Eintracht Frankfurt.“ 34mal (und hoffenltich auch einige DFB-Pokal-Spiele) noch wird der Vorstandschef als aktiver Funktionär mitzittern bei der Eintracht. Aber auch nach Amtsende will Bruchhagen das Stadion weiterhin besuchen. Allerdings nur noch als Privatperson. Zum aktuellen Geschehen werde er sich dann nicht mehr äußern. „Ich werde den dann handelnden Personen keine Ratschläge erteilen.“ Typisch Bruchhagen eben.

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