17.04.2015, Fussball, 1. BL, Eintracht Frankfurt - Borussia MönchengladbachNicht wenige Eintracht-Fans haben sich gestern Abend verwundert die Augen gerieben: War das unsere Eintracht, über deren Passivität und Leidenschaftslosigkeit sich in jüngster Zeit viele Anhänger nicht ohne Grund aufgeregt hatten? Von der ersten Minute an prägten Kampf, Einsatz und Laufbereitschaft das Spiel der SGE; über 90 Minuten begeisterte die Mannschaft ihre Anhänger, auch wenn spielerisch nicht alles klappen wollte. Der Auftritt unterschied sich so grundlegend von den zuletzt gezeigten Leistungen, dass sich die Frage aller Fragen geradezu aufdrängen musste: Warum zeigt die Eintracht nicht in jedem Spiel diesen Einsatz? So viel sei bereits verraten: Auf diese Frage blieben die Akteure nach dem Spiel allesamt eine Antwort schuldig.

Was war nicht alles vor der Begegnung berichtet worden: Die Mannschaft habe mit der Saison abgeschlossen, wolle nur noch „austrudeln“, die verletzungsbedingten Ausfälle von Meier, Zambrano und Co.  seien nicht zu kompensieren, zwischen Trainer und Mannschaft stimme es nicht mehr etc. Wir sollten in dieser Spielzeit vor allem gelernt haben, dass journalistische Einschätzungen, Theorien und Spekulationen bei der Eintracht derzeit eine Halbwertzeit von maximal einer Woche haben. Zu unberechenbar ist das Auftreten der Mannschaft, zu unstet die Leistungskurve. Indiskutable und pomadige Spiele gegen verunsicherte Abstiegskandidaten werden von leidenschaftlichen Auftritten gegen deutlich stärker eingeschätzte Teams abgelöst. Und alle Kritiker von Trainer Thomas Schaaf, die dem früheren Bremer Halsstarrigkeit, stures Festhalten an seinen Prinzipien und taktische Inflexibilität vorgeworfen hatten, wurden gestern eines Besseren belehrt: Das verdiente 0:0 gegen den vermutlichen Champions League-Teilnehmer war auch das Verdienst von Thomas Schaaf, der sein Spielsystem so verändert hat, dass die flinken und stets gefährlichen Gladbacher große Probleme hatten.

17.04.2015, Fussball, 1. BL, Eintracht Frankfurt - Borussia MönchengladbachAls die Mannschaftsaufstellung bekannt gegeben wurde, reagierten viele Eintracht-Fans mit Kopfschütteln: Ausgerechnet Slobodan Medojevic und Aleksandar Ignjovski sollten die Wende nach zuletzt enttäuschenden Auftritten herbeiführen! Ausgerechnet die beiden Neuzugänge, die bislang so enttäuscht hatten und in der letzten Zeit überhaupt keine Rolle in den Planungen des Trainers spielten. Während die Berücksichtigung von Ignjovski angesichts der orientierungslosen Auftritte von Timothy Chandler in der Defensive nicht gänzlich überraschend kam, hatte mit dem Einsatz von Medojevic kaum jemand gerechnet. Dabei war die Überlegung des Trainers nachvollziehbar: Angesichts der Stärken der Fohlenelf musste es das Ziel sein, das Mittelfeld dicht zu machen und den variablen Gladbachern die Möglichkeit zu verwehren, Bälle in die Schnittstelle zu spielen. Um es vorweg zu nehmen: Schaafs Konzept ging voll auf. Nach anfänglichen Unsicherheiten steigerten sich die beiden Neuen immer mehr, v.a. Medojevic warf sich leidenschaftlich in jeden Zweikampf, ärgerte seine Gegenspieler und setzte Zeichen an seine Mitspieler. Auch wenn bei ihm spielerisch manches Stückwerk blieb, erfüllte er seine Hauptaufgabe – die Stabilisierung des zentralen Mittelfeldes und die Verdichtung der Räume – hervorragend. Ignjovski benötigte einige Zeit, um in die Partie zu finden – seine Stunde sollte erst in der zweiten Hälfte schlagen.

Bereits der Gesichtsausdruck von Haris Seferovic vor der Begegnung war ein Vorgeschmack darauf, was die Zuschauer erwarten sollten. Die Eintracht wollte ein anderes Gesicht, ein anderes Auftreten zeigen. Von Beginn an wurde ein hohes Pressing praktiziert, die Spieler kämpften um jeden Ball, attackierten den Gegner und ließen die Gladbacher Zentrale Xhaka und Kramer nicht zur Entfaltung kommen. Die Viererkette stand zumeist knapp hinter der Mittellinie und Hasebe und Medojevic machten die Räume eng. Da auch die offensiven Aigner, Valdez, Seferovic und Kittel immer wieder gut nach hinten arbeiteten, bot sich der Fohlenelf kaum einmal Platz, um ihr gefälliges Spiel aufzuziehen. Allerdings hatte Mönchengladbach im ersten Durchgang mehr vom Spiel und hätte durch Herrmann (11.) und Johnson (22.) in Führung gehen können. Die Eintracht hatte Gelegenheiten durch Seferovic (1., 19) und eine Großchance durch einen Kopfball von Nelson Valdez (34.) nach schöner Flanke von Ignjovski.

Nach dem Wechsel bot sich dann ein anderes Bild: Der SGE hatte der engagierte Auftritt in den ersten 45 Minuten offenbar Selbstvertrauen gegeben, die Mannschaft agierte sicherer, konnte den Spielfluss der Borussen immer wieder unterbinden und eigene Angriffe initiieren. Vor allem die zuletzt oft gescholtene Viererkette strahlte eine ungeheure Sicherheit aus. Die zentrale Figur im Defensivspiel der Hessen war gestern Bamba Anderson, der kaum einen Zweikampf verlor, eine überragende Passquote von 93 % aufweisen konnte und – ungewöhnlich für einen Verteidiger – häufiger gefoult wurde als er selbst gefoult hat. Leider wurde das einzige von ihm dokumentierte Vergehen mit gelb sanktioniert – mit der Folge, dass unser Brasilianer nächste Woche in Dortmund zusehen muss. Ebenfalls auf der Dortmunder Tribüne muss der zweite überragende Verteidiger am gestrigen Abend Platz nehmen: Bastian Oczipka. Der frühere Leverkusener zeigte sich sehr aufmerksam, passsicher und degradierte den zuletzt so stark auftrumpfenden Patrick Herrmann zum Statisten. Nach 56. Minuten prüfte er sogar mit einem strammen Schuss den guten Borussen-Torhüter Sommer.

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18 Kommentare

  1. Was Kittel in den letzten 3 Spielen gezeigt hat, ist schon echt erstaunlich. Respekt dafür, dass er nach der Verletzungsodyssee wieder zurück gekommen ist. Gestern hatte er eine Weltklassepassquote von 94%.

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  2. Allerdings steht hier Artikel fälschlicherweise, dass er 19 Jahre alt sein. Er ist 22 Jahre 😉

    Edit: Repariert endlich mal die Editierfunktion! Die geht ja bald schon ein halbes Jahr nicht mehr.

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  3. HNKN

    Daran bin ich wohl verantwortlich das Ralf Kittel fälschlicherweise mit 19 Jahre benennt.
    Hab Ralf mal als Depp bezeichnet als er Kittel zu negativ dargestellt hat.

    Sorry Ralf aber man soll Junge Spieler nicht voreilig abschreiben.

    Aber Stendera muss jetzt aufpassen das Kittel ihm nicht den Rang abläuft.

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  4. Ralf

    Ich find es ganz gut das du Medojevic Leistung besser darstellst als Sie anderen Wahrgenommen wird.

    Sein Stellungspiel empfinde ich als ein Genuß an.

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  5. Kann mir mal einer sagen, was es mit den Gladbachfahnen im SGE-Block auf sich hat.
    Hab das irgendwie nicht verstanden…

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  6. Sehr saubere Leistung der SGE. Bin sehr zufrieden, mit einem kaltschnäuzigen Vollstrecker hätten wir gestern sicher ein, wahrscheinlich aber zwei Tore erzielt. Einziger Wermutstropfen gestern.
    Wer es noch nicht einordnen konnte: Wenn Schaaf davon spricht, dass das System zunächst zweitrangig und die Annahme der Zweikämpfe auf dem Feld der primäre Parameter ist, der konnte gestern eine Lehrstunde zu diesem Thema erhalten.
    Schaafs Ahnung von Defensive ist so gut oder so schlecht wie es sich für ein altgedientes Kind der Bundesliga gehört. Sie ist zumindest viel besser und ausgeprägter als die meisten „der-konnte-das-schon-bei-Werder-nicht“ – Jünger glauben. Kommst du in die Zweikämpfe und schaffst du es nah am Mann zu bleiben, stehst du defensiv einfach gut. Punkt. Und diese Leistung ist Trainerunabhängig. Die Zehn Feldspieler auf dem Rasen haben diese Vorgaben umzusetzen. Sonst nehme ich gern Erklärungsversuche entgegen, wie wir es mit dem gleichen Team in einer Saison schaffen, reihenweise gute Spiele gegen Leverkusen, Gladbach, Dortmund, Wolfsburg oder Schalke hinzulegen und auf der anderen Seite solche Games wie gegen Stuttgart, Freiburg, Köln oder Hannover. Trainersache? Wohl kaum…

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  7. @6. sge1899
    Ich gehöre ja auch zu den Schaaf Kritiker und bleibe dabei er „er lässt grundsätzlich Hopp oder Dopp spielen“, seine Aussage gestern nach dem Spiel will ich nicht überbewerten, aber sagt alles aus „Schade das es kein 3:3 war“! Klar die meisten Fans finden das toll, aber man kann auch „einseitigen Eintracht Spektakel“ als Ziel haben. Warum nicht 2, 3,:0 gewinnen, bei nötiger Absicherung und taktischer Raffinesse (und zwar gegen Mannschaften auf Augenhöhe!). Gestern haben die Spieler läuferisch und kämpferisch alles aus sich rausgeholt, dass kann und wird nicht immer der Fall sein. Kittel hat mich erstmalig überzeugt, könnte echt was geben. Schade das gegen Dortmund wieder extrem umgestellt werden muss. Falls Djakpa spielt „bitte Extra-Kamera auf Schaaf“, bin gespannt wie er auf die unorthodoxen Flanken von Djakpa reagiert 🙂

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  8. Was ich einfach nicht verstehe ist die Tatsache, dass wir gegen die „guten“ der Liga einfach viel konzentrierter spielen. Anscheinend passen wir uns wirklich dem Gegner an. Enttäuscht war ich gestern von Seferovic. Was ist nur mit dem Jungen los. Oder besser gefragt: Sehen wir jetzt den wahren Seferovic? Viel zu viele Fehler und Handlungen ohne Sinn und Verstand. Schade! Ansonsten wurde der Kampf angenommen. Das hätte ich so nicht erwartet. Das gebe ich zu. Bin echt von einer klaren Niederlage ausgegangen. Aber durch die echt guten Leistungen u.a. von Kittel, Madlung und ab der 30. min auch von Ignjovski haben wir es echt geschafft auf Augenhöhe (und ab und an darüber hinaus) mit Gladbach zu sein. Uns fehlt dann eben doch vorne der Knipser, der aus 2 chancen, 3 Tore macht (kein schreibfehler :D) Wobei man sagen muss das der gladbacher keeper auch n guten Tag hatte bzw schon die ganze Saison über super Leistungen zeigt.

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  9. @HNKN: Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe es bereits korrigiert.

    @Koppweh: Du hast mich wirklich einmal als Depp bezeichnet? Ich kann mich gar nicht daran erinnern. Du siehst, ich bin gar nicht so nachtragend. 😉 Da ich eigentlich ein großer Freund der Kittelschen Spielweise bin, muss er schon sehr schlecht gespielt haben, wenn ich ihn negativ dargestellt habe.

    @sge1899: Sicherlich, die Einstellung der Spieler muss stimmen, der Wille muss da sein. Das war gestern alles in Ordnung. Gestern hatte ich aber endlich auch einmal den Eindruck, dass die Spieler auf den Gegner gut eingestellt waren, dass der Trainer einen Matchplan hatte und dass der Trainer während des Spiels mit der Einwechselung von Chandler und der Versetzung von Ignjovski ins Mittelfeld eine wichtige Stellschraube verändert hat. Ich hätte mir in manch anderem Spiel einen solchen Plan und eine Matchsteuerung gewünscht.

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  10. Wenn man die Tabelle sieht, muss man sich noch mehr über diese unsäglichen Leistungen in der Rückrunde ärgern. Besonders nachdem man gestern gesehen hat wie viel möglich ist, wenn die Mannschaft mal das mindestens tut was man verlangen kann: Laufen, aggressiv sein, kämpfen und die richtige Mentalität an den Tag legen.

    Auf Platz 6 sind es zwar 3 Punkte Abstand, aber auf Platz 13 nur noch 2 Punkte…

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  11. Uns bleibt genau EINE Chance auf Europa. Wir müssen gegen den BVB gewinnen. Tun wir das, glaub ich dran. Tun wir das nicht, ist es eh vorbei 🙂

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  12. Sehe ich ähnlich, zumal Hoffenheim nächste Wochenende gegen Hannover spielt.

    Hab vorhin Russ im Radio gehört und der hat natürlich auch nur von der EL geredet. „Egal, ob 6. oder 7. Platz. Hauptsache EL“. Dabei sollte man sich jetzt eher darauf konzentrieren einfach Punkte zu holen. Der Weg nach unten ist nämlich definitiv kürzer als der nach oben.

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  13. Ich sehe es so, wir haben von den letzten 5 Spielen jetzt 3 Endspiele um Europa – gegen Dortmund, Bremen und Hoppenheim…Wenn du nach Europa willst, musst du diese 3 Spiele gewinnen. Und nach der Leistung gestern bin ich leicht optimistisch für den Endspurt, ich bin halt eher der Glas-ist-halb-voll-Typ xD

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  14. Ralf, sicher wird Schaaf nicht nur gestern einen Matchplan ausgearbeitet haben. Wahrscheinlich wird dieser manchmal einfach schlecht umgesetzt oder der Plan des Gegner erweist sich als besser. Manchmal werden Spiele auch einfach durch individuelle Fehler verloren, was dann wenig mit dem Plan zu tun hat.
    Es ist auch so, dass jedes Team in einer Saison Gute und weniger gute Phasen hat. Das liegt mit Sicherheit daran, dass die Psychologie im Spitzensport so eine wichtige Rolle spielt. Schön wäre es, wenn die SGE jetzt einen guten Lauf startet. Das wäre genau zum richtigen Zeitpunkt. Vermutlich haben die „Vorredner“ Recht, wenn sie von einem Endspiel um Europa gegen den BVB sprechen. Das wird richtig spannend nächste Woche. Und richtig schwer.

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  15. Wieder mal vielen Dank für den Bericht Christopher! Das war gestern eine Klasse Mannschafts!! Leistung . Medo habe ich jetzt nicht so gut gesehen( fand Iggy im DM besser), aber vielleicht ist das ja eine Fehleinschätzung von mir, weil ich bereits ne Medo Brille aufhabe. Sevo sollte ja gestern eine etwas veränderte Aufgabe übernehmen, die er zwar mit schwacher Passquote, aber läuferisch Klasse Leistung absolviert hat. Mit Europa sollten wir endlich aufhören. Wir werden nicht absteigen…fertig. Das ist klasse und das Ziel mit dieser Mannschaft und deren realistischem Potenzial gewesen. Selbstvwenn wir uns nen Koffer aus Dortmund holen, werden wir die nötigen zwei Punkte ( oder den ein oder anderen mehr) noch holen und sollten uns nicht auf die EL , sondern um die frühzeitigere Kaderplannung kümmern. Vg an alle

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  16. Ich poste es mal hier rein:
    an den User adlertussi:
    Siehste, das hatte ich vor dem Spieltag gemeint. Wir werden noch Punkte holen (den ersten haben wir geholt); die anderen von ganz unten werden auch weiterhin nicht so viel gewinnen (haben wir auch erlebt).

    Daher war und bin ich mir seit mittlerweile schon 3 Spieltagen sehr sicher, dass wir den Klassenerhalt gepackt haben. :O)

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