Wie ist das 0:0 in Hamburg einzuschätzen? Bedeutet es einen Dämpfer nach dem rauschhaften 6:2-Sieg gegen den 1.FC Köln oder ist es ein Beleg, dass sich die Mannschaft im Vergleich zur Vorsaison weiterentwickelt hat? In einer ersten Analyse möchten wir den Versuch unternehmen, den Stellenwert dieses Unentschiedens zu untersuchen, und kommen zu dem Ergebnis, dass Trainer Armin Veh sehr wichtige Erkenntnisse gewonnen hat.

  1. Die SGE ist keine Spitzenmannschaft: Nur die kühnsten Träumer konnten davon ausgehen, dass dem Spektakel gegen Köln ein weiteres in Hamburg folgen würde. Dazu präsentiert sich der HSV in dieser Runde deutlich gefestigt und zeigte gestern zumindest im ersten Durchgang eine starke Leistung. Die Hessen hatten dem forschen Auftreten der Hansestädter lange Zeit nichts entgegenzusetzen, zeigten zu viel Respekt und waren im Spiel nach vorne zu zaghaft und mutlos. Gleichwohl: Die Eintracht ist weiter, als manche Pessimisten geglaubt hatten – und auch, wenn in der ersten Halbzeit manches daneben ging, war eine Verbesserung im Vergleich zum Auswärtsspiel in Stuttgart zu bemerken.
  2. Die Eintracht hat ihr Spielsystem gefunden: Im Vorfeld des Spiels waren Zweifel aufgekommen, ob die Raute auch bei Auswärtsspielen als Grundausrichtung taugt. Diesen Test hat das Team von Armin Veh bestanden: Nahezu über 90 Minuten gelang es der Mannschaft, ihre Ordnung beizubehalten und dem Gegner die Räume dicht zu machen.
  3. Die Eintracht hat ihre Stammformation gefunden: Die Rückkehr von Alex Meier brachte nicht nur eine Änderung des Spielsystems, sondern auch Verschiebungen innerhalb der Mannschaft mit sich. Während Aleksandar Ignjovski die sich bietende Chance zu nutzen scheint, ist Stefan Aigner erst einmal außen vor. Abgesehen von einem Luxusproblem in der Innenverteidigung (Russ und/oder Abraham und/oder Zambrano) stellt sich die Mannschaft in dieser Grundausrichtung fast von selbst auf.
  4. Wenn der Gegner das Zentrum dicht macht, bekommt die SGE Probleme: Es war gegen den HSV nicht zu erwarten. dass die Angreifer noch einmal so viel Platz bekommen würden wie gegen Köln. Den Hanseaten gelang es jedoch, die Frankfurter Spitzen, allen voran Luc Castaignos, fast völlig abzumelden und die Mitte dicht zu machen. In einer solchen Situation offenbart sich ein Problem der Raute: Die Lösung für die Umgehung des Zentrums hätte ein offensives Flügelspiel sein können, doch dafür fehlten den Hessen die Spieler. Weder Stendera noch Hasebe sind auf den Flügeln zuhause und die Außenverteidiger Ignjovski und Oczipka standen nicht so hoch wie noch gegen Köln. Der einzige ausgebildete Flügelflitzer – Stefan Aigner – schmorte 83 Minuten auf der Bank.
  5. Die Kreativität der Hessen hängt von ihrem Jüngsten ab: Es ist sicherlich ein wenig verkürzt dargestellt, aber man kann die These wagen: Spielt Stendera gut, dann spielt die Eintracht gut. Wie wichtig der 19-Jährige für die Adlerträger ist, merkt man, wenn er fehlt – wie gegen Wolfsburg oder Augsburg – oder nicht gut drauf ist – wie vor allem in der ersten Halbzeit gegen Hamburg. Bei aller Wertschätzung gegenüber Reinartz und Hasebe: Im zweiten Durchgang gingen die wenigen kreativen Impulse allesamt von Stendera aus, der mittlerweile unverzichtbar für das Spiel der Eintracht ist.
  6. Alex Meier ist auch ohne seine Tore wichtig: Fast wäre dem Rückkehrer auch im Spiel gegen den HSV wieder ein Treffer gelungen, aber Jaroslav Drobny, der Schlussmann der Hanseaten, hatte etwas dagegen. Doch auch ohne Torjubel: Der Lange hat auch gestern unter Beweis gestellt, wie wichtig er für die Mannschaft. Er war oft anspielbar, verteilte Bälle, arbeitete gut nach hinten und entschärfte bei Eckbällen fast jede Flanke per Kopf. Kein Zweifel: Meier ist fit und nimmt im Vergleich zum Vorjahr, als er in der Spitze aufgeboten wurde, viel mehr am Spiel teil.

Damit wollen wir es erst einmal bewenden lassen. Es ist deutlich geworden, dass das Spiel in Hamburg den Hessen gezeigt hat, wo sie derzeit stehen. Einer aufkeimenden Euphorie, die vor allem von Fans und Journalisten Besitz ergriff, wurden Zügel angelegt, allerdings präsentiert sich die Mannschaft deutlich gefestigter als noch vor Jahresfrist. In den drei bisherigen Auswärtsspielen zeigte sich das Team im Vergleich zu den teilweise erschreckenden Auftritten der Vorsaison deutlich verbessert (Alex Meier: „Schlechter als letzte Saison geht es auch nicht„). Am kommenden Mittwoch kann die Mannschaft bei Schalke 04 zeigen, wie reif sie mittlerweile ist.

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5 Kommentare

  1. Sorry Ralf, – Der Bericht ist mir doch etwas zu trübselig geschrieben.
    Wir haben einen wichtigen Punkt – Auswärts – geholt! Und wir haben – entgegen dem obigem Wortlaut – ein durchaus gutes Auswärtsspiel abgeliefert.
    Doch das allerbeste: Wir haben zu Null gespielt. Hradezky hat uns einen Punkt gerettet, und er hat zum ersten Male zu Null gespielt.
    Von mir ein ganz großes Lob an die Mannschaft.
    Es ist noch nicht allzu lange her, da haben wir solche Spiele (meist in den letzten Minuten) verloren. Hier hatte ich nie die Befürchtung, daß da noch etwas anbrennen könnte. Weiter so!

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  2. Labbadia hat die Eintracht gut analysiert. Er hat defensiv das Zentrum dicht gemacht und in der Ofensive die Linke Seite überladen, um gegen unsere Raute zu spielen. Das war gut gemacht von Hamburg gestern. Erst in der 2. HZ gab es phasenweise schöne Spielzüge von der SGE.

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  3. Habe grade leider kaum Zeit, daher erstmal nur eine kleine Anmerkung dazu:

    Sicherlich ist Stendera wichtig für uns, sogar sehr wichtig, aber gestern war das gar nix von ihm! Der für mich mit Abstand schlechteste Spieler auf dem Platz (ok, zusammen mit Luc) von uns; das kann er zum Glück wesentlich besser.

    Und grade weil wir auswärts mehr über die Außen kommen müssen zumeist (weil viele andere auch so spielen werden wie der HSV gestern gegen uns tippe ich; weil außer den Spitzenmannschaften keiner in der Lage ist, dass SPiel zu Hause selbst zu machen) ist für mich auf rechts ein Aigner nach wie vor beinahe unverzichtbar.

    Hasebe auf rechts (wenn auch mehr defensiv) ist zu wenig, das hat man gestern gesehen; da hat Iggy bei seinen wenigen Vorstößen öfters nach Hilfe gesehen – aber keiner war so richtig da (auch die gelobten Haris und Luc nicht zugegebenermaßen); da wäre ein Aigner Gold wert gewesen.

    Insgesamt stimmt es aber: Wir sind auf einem guten Weg, das sehe ich auch so.

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  4. Interessant finde ich die Tatsache das im HSV Forum man überwiegend der Meinung ist das wir (Eintracht) sehr gut gespielt haben und man mit dem Punkt eigentlich zufrieden ist.
    Das war letzte Saison noch anders.
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    Ich denke auch wie Libero das sich Bruno Labbadia in der Woche mehr Gedanken über uns gemacht hat als Armin über den HSV.
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    Ob Breitenreiter sein System umstellt wegen uns . Das wage ich zu bezweifeln.
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    Gegen Schalke werden wir wohl mehr Räume haben und mit einem geringeren Pressing rechnen können.

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  5. Mit einem torlosen Spiel war sicher nicht zu rechnen. Mit dem Punkt können wir leben. Ich hätte mir aber gwünscht, dass man früher auf die taktische Ausrichtung des Gegners eingeht und umstellt (zum Bespiel wie schon mehrfach angesprochen mit Aigner oder Waldschmidt). Gegen Schalke wird es mehr Räume geben. Bin gespannt, ob wir da mehr Chancen herausholen. Aber wie gesagt: der Punkt ist okay. Und früher häten wir in der letzten Minute noch verloren.

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